Sputnik-1

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Sputnik 1

Sputnik 1 (russisch Спутник für Begleiter (der Erde)) war der erste künstliche Erdsatellit. Mit ihm begann am 4. Oktober 1957 die Ära der Weltraumfahrt.

Der Satellit war zwar von der Sowjetunion für den Verlauf des Internationalen Geophysikalischen Jahres (IGY)(1957-58) angekündigt worden, doch rechnete die westliche Fachwelt erst Mitte 1958 mit der Fertigstellung der sowjetischen Entwicklungen und wurde durch den Start überrascht.

Inhaltsverzeichnis

Überraschung mitten im „Kalten Krieg

US-Präsident Eisenhower hatte Ende Juli 1955 die Entwicklung eines amerikanischen Erdsatelliten in Auftrag gegeben, worauf die UdSSR vier Tage später, am 1. August 1955, eine ähnliche Entwicklung ankündigte. Dies war von der Weltöffentlichkeit teilweise als Propaganda-Coup für die Überlegenheit des marxistisch-wissenschaftlichen Systems über den Kapitalismus (Mitteilung Herbst 1955) angesehen worden.

Der erfolgreiche Start am 4. Oktober 1957 um 19:28:34 GMT von einer großen Startrampe in Baikonur (Kasachische SSR) überraschte daher alle Welt. Die Trägerrakete R-7 des Satelliten war eine Weiterentwicklung militärischer Interkontinentalraketen durch den Konstrukteur Sergei Pawlowitsch Koroljow.

Die Leistungsfähigkeit sowjetischer Raketen war für die Militärs der westlichen Welt ein zusätzlicher Grund zur Sorge. Das politische Klima zwischen den Großmächten USA und UdSSR hatte sich in den Vorjahren verschlechtert. In der folgenden Zeit wurde massiv in Verteidigungs- und Angriffswaffen investiert.

Wie erst viel später im Westen bekannt wurde, sollte ursprünglich ein als Objekt D bezeichneter Forschungssatellit (später als Sputnik 3 bekannt geworden) mit umfangreicher wissenschaftlicher Ausrüstung und etwa 1300 kg Gewicht den Anfang machen. Dessen Entwicklung geht auf einen Bericht Über künstliche Erdsatelliten zurück, den Koroljow am 26. Mai 1954 beim damaligen Verteidigungsminister Dmitri Fjodorowitsch Ustinow einreichte. Die eigentlichen Pläne stammen von einem Freund Koroljows, Michail Tichonrawow, der sich schon seit 1947 mit der Möglichkeit eines Erdsatelliten beschäftigt hatte und frühzeitig auch Koroljow dafür begeistern konnte. Zusammen mit Mstislaw Keldysch, Walentin Petrowitsch Gluschko und Michail Lawrentjew schaffen sie es, am 30. Januar 1956 die Genehmigung für den Bau des Satelliten zu erhalten. Dessen Entwicklung kommt als rein ziviles Projekt jedoch nur schleppend voran, da er von einflussreichen Stellen in Regierung und Militär als unwichtig eingestuft wird, auch wenn Nikita Chruschtschow sich dem Projekt bei einem Besuch im Februar 1956 im Versuchskonstruktionsbüro Nr. 1 in Podlipki, wo Koroljow ihm ein Modell vorführt, nicht abgeneigt zeigt.

Zusätzlich ist die zur Verfügung stehende Rakete zu diesem Zeitpunkt noch nicht leistungsfähig genug, um einen Satelliten dieser Masse in den Weltraum zu tragen. Die Ankündigung von Eisenhower 1955 und der Start einer Jupiter-C am 20. September 1956 lassen Koroljow jedoch vermuten, dass die Amerikaner ihm zuvorkommen könnten. So schlägt er kurzerhand den Bau zweier einfacher Satelliten (PS 1 und PS 2, prostoi sputnik = einfacher Satellit) als Übergangslösung vor, was von den zuständigen Stellen genehmigt wird (wahrscheinlich wurde die Genehmigung zum Bau am 25. November 1956 und zum Start am 5. Januar 1957 erteilt). Nach nur wenigen Wochen Entwicklungs- und Bauzeit unter persönlicher Beaufsichtigung durch Koroljow werden die Satelliten fertig. Der Start von PS 1 ist für den 6. Oktober 1957 vorgesehen, wird jedoch (wieder wegen Befürchtungen Koroljows, dass die Amerikaner ihm zuvorkommen könnten) um zwei Tage vorverlegt[1][2].

Bauart und Bahn von Sputnik 1

Dieser Sputnik (späteres Synonym für alle sowjetischen Satelliten, auch der Kosmos-Serie und anderer „Sputniks“) wog 83,6 kg (und damit fünfmal mehr als der US-Explorer 1 vom 31. Januar 1958) und war eine mit Stickstoff gefüllte, hochglanzpolierte Aluminiumkugel (2 mm starkes Blech aus der Aluminiumlegierung AMg6T) von 58 cm Durchmesser, aus der zwei Antennenpaare (je 2,4 m bzw. 2,9 m lang) ragten.

Der Satellit trug zwei Funksender vom Typ D 200 mit einem Watt Leistung für codierte Kurzwellensignale (in ihnen waren Innendruck und -temperatur verschlüsselt) auf einer Frequenz von 20,005 und 40,002 MHz, die 21 Tage funktionsfähig blieben. Des Weiteren enthielt er drei Silber-Zink-Akkus und das Wärmeregulationssystem DTK 34, das mit Ventilatoren und Sensoren für Innen- und Außentemperatur ausgestattet war. Über die Innentemperatur wurde so eine Innendruckmessung realisiert (Temperaturabfall bei Drucksenkung), wodurch Beschädigungen der Außenhülle durch Mikrometeoriten festgestellt werden konnten. Es wurden mehrere Exemplare im Versuchskonstruktionsbüro Nr. 1 in Podlipki bei Moskau gebaut.

Die Umlaufbahn von Sputnik 1 verlief anfänglich in einer um 65,1° gegen den Erdäquator geneigten Bahn mit einer Flughöhe zwischen 215 und 939 km (siehe Peri- und Apogäum) und einer Umlaufzeit von 96,2 min. Durch die bremsende Wirkung der Ionosphäre - deren Dichte und Obergrenze man bis dahin stark unterschätzt hatte - sank die Bewegungsenergie des Satelliten und damit seine Bahnhöhe kontinuierlich. Nach 92 Tagen trat Sputnik 1 in die dichteren Atmosphärenschichten ein und verglühte am 4. Januar 1958.

Die anfänglich stark elliptische Flugbahn hatte vor allem zwei Gründe:

  • Erstens beherrschte man die Steuerungstechnik für Raketen noch nicht genau genug. Um die geplante Bahnhöhe mit auch nur 100 km Genauigkeit einzuhalten, darf die tatsächliche Endgeschwindigkeit der obersten Raketenstufe nicht mehr als einige Promille vom Sollwert abweichen. Für solche Abweichungen sorgt schon ein nicht vollständig gleichmäßiger Abbrand im Triebwerk, wodurch entweder einige Promille des Triebstoffs oder des Oxydators in der Raketenhülle verbleiben.
  • Zweitens wollten die Wissenschaftler die äußerste Erdatmosphäre und geophysikalische Effekte nicht nur in einer Höhe erforschen, sondern in einem größeren Höhenbereich über der Erdoberfläche.

Die große Bahnneigung von 65° hatte einen größeren energetischen Effekt als die Wahl der Bahnellipse, allerdings in ungünstigere Richtung: Bei einem Satellitenstart bekommt die Trägerrakete abhängig vom Breitengrad des Startplatzes einen Anteil an der Erdrotation mit - am Äquator immerhin 465 m/s oder 6 Prozent der Startgeschwindigkeit (7,5 Kilometer pro Sekunde). Diese Geschwindigkeit kann man sich bei einem Start in östlicher Richtung - der aus diesem Grund üblichen Startrichtung für Raumfahrzeuge - zunutze machen, um Treibstoff und damit Startmasse einzusparen.

Je weiter entfernt vom Äquator ein Start erfolgt, desto geringer wird die wirksame Rotationsgeschwindigkeit. Hierin hatten die USA einen kleinen Vorteil gegenüber der Sowjetunion, nämlich die geringere geographische Breite ihrer Abschussrampen, jedoch waren die amerikanischen Raketen um mehr als zwei Drittel schwächer.

Ein Vorteil größerer Bahnneigungen ist allerdings, dass ein Satellit einen größeren Bereich der Erdoberfläche abdeckt als bei äquatornahen Bahnneigungen.

Darüber hinaus hatte die große Apogäumshöhe von fast 1000 km über der Erde auch den propagandistischen Nebeneffekt, die in Sachen Himmelsmechanik (siehe 1. Grund) nicht bewanderte Weltöffentlichkeit in Staunen zu versetzen. Eine so große Höhe klingt schließlich viel beeindruckender als z.B. eine für stabile Bahn von 200 km Höhe, obwohl der Energieaufwand zum Erreichen dieser Bahnen sich kaum unterscheidet.

Das Sputniksignal

Sputnik.ogg
Das Sputnik-Signal

Die „piepsenden“ Signale des Sputnik konnten an sich auf der ganzen Welt empfangen werden, wenn der verwendete Empfänger für die schwachen 1-Watt-Signale empfindlich genug war.

Im westlichen Europa konnte dabei ein Astronom den ersten Erfolg verkünden: Heinz Kaminski von der Volkssternwarte Bochum. Die gute Presse und die vielen Anfragen, die mit diesem Erfolg in den ersten Tagen der Raumfahrt verbunden waren, trugen wesentlich zum Entstehen des späteren Bochumer Instituts für Weltraumtechnik bei.

Erste Bahnspuraufnahme der Trägerrakete von Sputnik 1

An der Schulsternwarte Rodewisch (Sachsen) wurde der Sputnik am 8. Oktober 1957 erstmals mit Hilfe eines Fernglases gesehen. Hier entstand am 13. Oktober 1957 auch die erste Fotografie der Trägerrakete von Sputnik 1.

Der „Sputnikschock

Die Tatsache des ersten Sputnik-Starts machte aller Welt klar, dass die Sowjetunion nun in der Lage war, mit ihren Raketen nicht nur den Weltraum zu erreichen, sondern auch jeden Punkt auf der Erde. Dies löste in der westlichen Welt ein starkes Gefühl der Bedrohung aus, weil die sowjetischen Interkontinentalraketen jenen der USA offenbar überlegen waren.

Folgen des Sputnik

Das Wort Sputnik gehört zu den hundert Wörtern, die für das zwanzigste Jahrhundert als besonders bezeichnend angesehen werden.

Hinsichtlich der technisch-fachlichen Bildungspolitik hatte der Sputnikschock sehr positive Folgen: Er führte nicht nur in Industrie und Verwaltung zu Umstrukturierungen, sondern auch in vielen Schulen und Hochschulen zu Initiativen der Beobachtungs- und Weltraumtechnik und zur Gründung zahlreicher Vereine und Messprogramme für an Raumfahrt und Astronomie interessierte Laien.

In vielen Staaten - besonders in der damaligen Sowjetunion, in den USA und in der DDR - entstanden Studienprogramme und Schulfächer für Astronomie. In den USA entstand die Moonwatch-Organisation des SAO zur genauen optischen Beobachtung von Erdsatelliten, an der bis 1975 etwa 200 Beobachterteams mitwirkten (zehn davon in der Bundesrepublik Deutschland und drei in Österreich). Ähnliche Gruppen entstanden in der Sowjetunion, Großbritannien und Japan.

In vielen Ländern entstanden Serien von Rundfunkprogrammen über Fragen des Weltraums - und natürlich Science-Fiction-Filme und -Bücher. Die „Marsianer-Saga“ erlebte einen ungeheuren Aufschwung, und wie zu Zeiten von Schiaparelli anno 1877 und seinen Nachfolgern glaubten 90% der Fachleute an Leben auf dem Mars. Auch das Leben auf dem Mond wurde nicht gänzlich ausgeschlossen. Letzteren sah man schon „im Jahre 2000“ als mit ständigen Raumstationen besiedelten Himmelskörper - und als sich in den 1960er-Jahren der Mond als völlig lebensfeindliche Welt entpuppte und der Mars als tote Wüste, waren nicht nur wissenschaftliche Laien enttäuscht.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.russianspaceweb.com/sputnik_design.html
  2. Flieger Revue 10/2007, ISSN 0941/889X

Literatur

  • R. Wallisfurth: Russlands Weg zum Mond. Econ-Verlag Düsseldorf-Wien 1964
  • H. Giese: Raumfahrttechnik. BI-Taschenbuch 1962.

Weblinks


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