St.-Viktor-Dom

St.-Viktor-Dom
Der Xantener Dom
Grundriss des Langhauses
Innenansicht
St. Viktor mit dem Obelisk de Pauw
Südlicher Turm
Ausdehnung des Archidiakonats Xanten im 11. Jahrhundert
Das Viktorstift innerhalb Xantens im 15. Jahrhundert
Der "Obelisk de Pauw" auf dem Domplatz
Der Kreuzgang
Eine der Domorgeln
Der Matthiasaltar
Statue des heiligen Viktor an der Rückseite des Doms

Der Xantener Dom ist der katholische Dom der Stadt Xanten am Niederrhein und gilt als Größter Dom zwischen Köln und dem Meer. 1937 wurde dem Gotteshaus durch Papst Pius XI. der Titel einer Basilica minor verliehen, zudem ist die ehemalige Stiftskirche Propsteikirche.

Seinen Namen verdankt der Dom St. Viktor dem Märtyrer und Angehörigen der Thebäischen Legion Viktor von Xanten, der im 4. Jahrhundert im Amphitheater der Castra Vetera nahe dem heutigen Birten hingerichtet worden sein soll. Ähnlich der Legende Gereons von Köln zählt auch zur Legende Viktors die Kaiserin Helena von Konstantinopel, die die Gebeine des heiligen Viktor und seiner Legionäre geborgen und ihnen eine Kapelle errichtet haben soll. Bei modernen Ausgrabungen konnte die Existenz einer cella memoriae im 4. Jahrhundert nachgewiesen werden. Errichtet wurde die cella memoriae jedoch nicht für Viktor, sondern für zwei bei Ausgrabungen dort entdeckte männliche Bestattete, die später in der Krypta beigesetzt wurden.

Die Grundsteinlegung des Doms erfolgte im Jahr 1263 durch Friedrich und Konrad von Hochstaden. Der Bau dauerte 281 Jahre und wurde schließlich mit der Weihung der Heilig-Geist-Kapelle im Jahr 1544 vollendet. Seitdem besteht der Dom, wenn auch ursprünglich als dreischiffiges Langhaus mit Querschiff geplant, aus einem fünfschiffigen Langhaus in gotischem Stil. Im Gegensatz zu vielen anderen in dieser Zeit erbauten Kirchen besitzt St. Viktor keinen Chorumgang. Dem Chor sind stattdessen zwei Kapellenpaare angeschlossen, ähnlich der Liebfrauenkirche in Trier. St. Viktor enthält mit der Stiftsbibliothek Xanten eine der bedeutendsten kirchlichen Bibliotheken des Niederrheins.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Entstehung des Chorherrenstifts

Über Gräbern des 4. Jahrhunderts gab es mehrere Totengedächtnisräume. Im 6. Jahrhundert errichtete Bischof Everigisil von Köln am Ort eines verehrten Heiligen ein steinernes Oratorium, das dann sicher als christliches Gebäude gelten kann. Die erste Kirche aus karolingischer Zeit mit rechteckigem Chor, lässt sich für das Jahr 752 belegen. In dieser Zeit entstand um die Kirche herum ein Stift der Kanoniker, das, im Glauben, dass es über den Grabstätten Viktors und seiner Gefährten angelegt sei, ad Sanctos (zu den Heiligen) genannt wurde. Erst nach dessen Gründung entwickelte sich angrenzend der heutige Stadtkern, auf den die Bezeichnung ad Sanctos überging, die sich schließlich zum heutigen Ortsnamen entwickelte. Das Stift wurde zu einer Stadt in der Stadt und war nur durch ein Nord- und ein Südtor (von denen heute nur noch das südliche existiert, welches durch eine eigene Kapelle erweitert wurde) mit dem weltlichen Xanten verbunden.

Die karolingische Kirche wurde zu Beginn des 9. Jahrhunderts neu errichtet. Nur wenige Jahrzehnte später begann bereits der Bau einer dreischiffigen Kirche, welche jedoch im Jahr 863 durch Normannen zerstört wurde. Daraufhin wurde um das Jahr 967 ein ottonisch-romanischer Dom errichtet und durch den Kölner Bischof Folkmar geweiht. Dieser wurde nach Bränden im 11. und 12. Jahrhundert wiederhergestellt und im Jahr 1213 durch einen staufischen Westchor ergänzt.

Der Dom St. Viktor

1263 erfolgte schließlich die Grundsteinlegung zum Bau des Doms St. Viktor durch Erzbischof Konrad von Hochstaden und dessen Bruder Friedrich, der zu dieser Zeit Propst des Archidiakonats Xanten gewesen war. Bis 1437 wurde der östliche Teil bis zum Lettner errichtet, zwischen 1483 und 1519 der westliche Teil mit Anschluss an den Westchor des romanischen Doms. 1544 wurde schließlich die Heilig-Geist-Kapelle geweiht und der Dom vollendet, welcher fortan der Mittelpunkt eines Archidiakonates war, welches den gesamten unteren Niederrhein umfasste und sich gegenüber dem Erzbistum Köln eine gewisse Selbstständigkeit erhalten konnte. So wurde das Vermögen des Stifts durch das Stift selbst verwaltet und die Wahl des Xantener Propstes geschah weitestgehend ohne Einfluss des Bistums. Auch vom weltlichen Xanten blieb das Stift weitgehend unabhängig. So genoss das ringförmig um den Dom gelegene Stift über Jahrhunderte Immunität, die Gerichtsbarkeit lag in Händen des Propstes als Oberhaupt des Stifts, dessen Bedeutung auch anhand der sieben ehemals bestehenden Klöster verschiedener Orden deutlich wird.

Aufhebung des Stifts

1802 wurde das Kirchenstift unter französischer Besatzung durch Napoléon Bonaparte säkularisiert und der Obelisk de Pauw zu Ehren von Cornelis de Pauw auf dem Domplatz errichtet. Von 1857 bis 1868 wurden umfangreiche Renovierungen durchgeführt, auch mit Hilfe eines ab 1849 neu entstandenen Dombauvereins. Dieser löste sich jedoch nach Vollendung der Renovierung auf, so dass sich der Dom 1925 in einem mäßigen Zustand befand und eine ständige Dombauhütte eingerichtet wurde; seit 1928 existierte wieder ein Dombauverein.

Die Ausgrabungen der 1930er Jahre

Bei durch Walter Bader durchgeführten Ausgrabungen unter dem Chor des Doms wurde 1933 ein auf das 4. Jahrhundert datiertes Doppelgrab entdeckt und schließlich eine Krypta angelegt, welche 1936 durch den Bischof von Münster, Clemens August Graf von Galen, geweiht wurde. Hierbei konnten auch Überreste der Fußböden von mindestens sieben Vorgängerbauten nachgewiesen werden. Die im Doppelgrab erhalten gebliebenen Gebeine konnten allerdings nicht mit Namen in Verbindung gebracht werden. Da an diesen eine absichtliche Tötung nachgewiesen werden konnte, liegt in Verbindung mit der nachweisbaren Überbauung des Grabes jedoch die Vermutung nahe, dass die ursprüngliche cella memoriae nicht Viktor, sondern eben diesen namentlich Unbekannten gewidmet war. Dementsprechend ist die Legende des heiligen Viktor wahrscheinlich erst später entstanden und wurde auf die zurückliegende Geschichte übertragen.

Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und Wiederaufbau

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde der Dom durch alliierte Angriffe von Fliegerbomben getroffen und massiv beschädtigt. Der obere Teil des Nordturms stürzte in sich zusammen. Die Ausstattung des Domes, darunter auch die kunstvollen Fenster, wurde jedoch schon vor Beginn der Angriffe aus dem Dom entfernt, um diese vor der Zerstörung zu bewahren. Der anschließende Wiederaufbau ab 1947 konnte, vor allem dank Walter Bader, innerhalb von nur 19 Jahren bis 1966 abgeschlossen werden. Großen Wert legte man hierbei auf eine möglichst originalgetreue Wiederherstellung in allen Einzelheiten. Bislang konnten jedoch noch nicht alle Objekte wieder an ihren ursprünglichen Platz gesetzt werden. Es handelt sich dabei vor allem um Skulpturen der Außenmauer, aber auch um Wandteppiche und Gemälde des Innenraums. Diese werden bis zu ihrer Restaurierung in einem Saal ähnlich einem Museum ausgestellt. Bereits im Sommer 1948 war der Westteil des Langhauses als Notkirche hergerichtet worden, so dass dort erstmalig wieder Gottesdienste abgehalten werden konnten.

Errichtung der Gedenkstätte für neuzeitliche Märtyrer

1966 wurde die Krypta unter dem Dom erweitert und Opfer des Nationalsozialismus in dieser beigesetzt. So befinden sich dort Urnen mit Asche aus den Konzentrationslagern Auschwitz, Bergen-Belsen und Dachau. Ebenfalls in der Krypta befinden sich die Gräber Heinz Bellos, Karl Leisners und Gerhard Storms. Aschenurnen, Erinnerungsstücke und Schrifttafeln erinnern an Wilhelm Frede, Nikolaus Groß und Johannes Maria Verweyen. Am 28. Januar 2006 wurde auch eine Reliquie des Bischofs Clemens August Graf von Galen, der in Xanten und Münster gegen den Nationalsozialismus gepredigt hatte, in die Xantener Krypta übergeführt.

Ausstattung

Der Hochaltar

Der Hochaltar als bedeutendstes Heiligtum des Domschatzes enthält die Gebeine des heiligen Viktor in einem edelsteinbesetzten Schrein, welcher heute zu den ältesten erhaltenen Schreinen im Rheinland zählt. Seit 1128 werden die mutmaßlichen Gebeine des heiligen Viktor in diesem Schrein aufbewahrt. An den Seiten des Schreins wurden Büsten, welche den heiligen Viktor und Helena abbilden, errichtet. In den Flügeln des Altars befinden sich Gemälde des Kölner Malers Barthel Bruyn d.Ä. aus dem Jahr 1534, auf denen verschiedene Ereignisse aus den Legenden um Viktor und Helena dargestellt werden. Weitere von Bruyn angefertigte Gemälde sind im gesamten Dom zu finden und bilden neben Heiligen und Angehörigen der Kanoniker auch Xantener Bürger ab.

Im Chor wurde von 1396 bis 1400 ein Lettner errichtet, der den Hochaltar vom Gemeindealter trennt. Dieser blieb nach der Säkularisation durch das Eingreifen von Karl Friedrich Schinkel im Jahr 1815 erhaltern.

Weitere Altäre

Bis heute sind 24 meist aus Holz geschnitzte Altäre erhalten, welche vor allem im 15. Jahrhundert am Niederrhein gefertigt worden sind. Am meisten hervorzuheben sind von diesen der Märtyreraltar, der Marienaltar, der Martinusaltar und der Antoniusaltar. Der Märtyreraltar wurde 1525 als dreiteiliges Retabel in Antwerpen gefertigt und beinhaltet verschiedene Darstellungen der Passion Christi und aus dem Leben Marias. Der Marienaltar aus dem Jahr 1536 wurde durch Heinrich Douvermann aus Dinslaken hergestellt. Die Predella des Altars mit der Darstellung der Wurzel Jesse gilt noch heute als ein Meisterwerk der Handwerkskunst und stellt wie auch der Märtyreraltar verschiedene Ereignisse aus dem Leben Marias dar. Der Martinusaltar wurde bereits im Jahr 1477 geweiht, die Skulptur des heiligen Martin auf seinem Pferd musste jedoch später erneuert werden. Ebenfalls nachträglich hinzugefügt wurden die mit zahlreichen Gemälden ausgefüllten Altarflügel. Der Antoniusaltar besitzt im Kontrast zu den bereits genannten Altären keine Aufteilung in verschiedene Darstellungen. Stattdessen enthält er in mehreren Nischen Skulpturen, welche unter anderem Maria Magdalena und den heiligen Antonius darstellen. Das Retabel auf dem Altar wurde um das Jahr 1500 im Dom aufgestellt. Weiterhin gibt es in St. Viktor den Helenaaltar, den Matthiasaltar und zahlreiche weitere Altäre im Stil des Barock.

Skulpturen

An den Pfeilern des Mittelschiffs wurden 28 Skulpturen aus Stein angebracht, welche um das Jahr 1300 angefertigt worden waren und deren Motive von Darstellungen der Verkündigung über die Abbildung von Heiligen bis zur Abbildung Viktors und Helenas reichen. Aus dem 15. Jahrhundert stammen die Skulpturen der vier Kirchenväter und des heiligen Martin, des heiligen Cornelius und abermals des Schutzpatrons Viktor. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden schließlich die Skulpturen des Heiligen Christophorus, der Heiligen Drei Könige und der Maria hinzugefügt.

Die Stiftsbibliothek

Auch die im Jahr 1547 eingerichtete Stiftsbibliothek blieb größtenteils erhalten. Diese befindet sich über dem Kreuzgang im Innenhof des Doms, die dort aufbewahrten Bestände an historischen Schriften wurden zu großen Teilen erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Folge der Säkularisierung von den ehemals um Xanten gelegenen Klöstern an die Bibliothek übergeben. Weitere Teile des ehemaligen Bestandes befinden sich heute außerhalb der Bibliothek, beispielsweise die älteste erhaltene Handschrift des Stifts aus der Palastschule Karls des Großen aus dem 9. Jahrhundert in Brüssel. Andere Teile der Bibliothek wurden unter Napoléon nach Paris gebracht, weitere kamen nach Bonn, Köln und Münster.

Literatur

  • Walter Bader, Herbert van Bebber: Sechzehnhundert Jahre Xantener Dom. DuMont, Köln 1964.
  • Hans Peter Hilger: Der Dom zu Xanten und seine Kunstschätze. Mit neuen Beiträgen zu Domschatz, Archiv und Bibliothek von Udo Grote. Langewiesche, Königstein im Taunus 2007 (3., verbesserte Auflage der von Udo Grote und Heinrich Heidbüchel überarbeiteten und erweiterten 2. Auflage). ISBN 978-3-7845-5242-2
  • Reinhard Karrenbrock, Holger Kempkes: St. Viktor zu Xanten. Propsteigemeinde St. Viktor, Xanten 2002. ISBN 3980740110
  • Thomas Otten: Die Ausgrabungen unter St. Viktor zu Xanten – Dom und Immunität (= Rheinische Ausgrabungen 53). Zabern, Mainz 2003. ISBN 3805331487
  • Ingo Runde: Xanten im frühen und hohen Mittelalter. Sagentradition - Stiftsgeschichte - Stadtwerdung (= Rheinisches Archiv 147). Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2003. ISBN 3412154024
  • Heike Hawicks: Xanten im späten Mittelalter. Stift und Stadt im Spannungsfeld zwischen Köln und Kleve (= Rheinisches Archiv 150). Verlag Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2007, ISBN 3412029068

Weblinks

51.6622222222226.45388888888897Koordinaten: 51° 39′ 44″ N, 6° 27′ 14″ O


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