St. Marienkirche (Berlin-Karlshorst)

St. Marienkirche (Berlin-Karlshorst)
Kirche St. Marien und Pfarrhaus

Die katholische Pfarrkirche St. Marien (Unbefleckte Empfängnis) ist ein denkmalgeschützter Kirchenbau in neoromanischen Formen aus den Jahren 1935 bis 1937; sie befindet sich in der Gundelfinger Straße in Berlin-Karlshorst (Stadtbezirk Lichtenberg).

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

1900 bis 1935

Am Ende des 19. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung in den damaligen Randdörfern von Berlin schnell an und damit zogen auch immer mehr Christen hierher, für das Dorf Friedrichsfelde mit seinem Vorwerk (bzw. der Colonie) Karlshorst war es nicht anders. So musste – unter der Zuständigkeit der Kuratie von St. Mauritius aus dem Ortsteil Friedrichsberg von Berlin-Lichtenberg – ein geregelter Gottesdienst organisiert werden: in Friedrichsfelde gab es bereits katholische Gottesdienste in einer Knabenschule und ab 1906 auch die Kirche „Zum Guten Hirten“ sowie die alte evangelische Dorfkirche, die Karlshorster gingen also entweder nach Friedrichsfelde oder sie nutzten ab 1897 den vom Verein für Hindernisrennen in Karlshorst bereitgestellten Kaiserpavillon für ihre katholischen Gottesdienste (im Wechsel mit den evangelischen Christen der späteren Gemeinde Zur frohen Botschaft).

Bis 1909 hatte die katholische Gemeinde auf dem zuvor für 30.000 Mark gekauften Areal Gundelfinger Straße ein viergeschossiges Pfarrhaus bauen lassen, an welches eine kleine Kapelle (hofseitig) für Gottesdienste angebaut wurde. Nachdem die evangelische Kirchengemeinde Karlshorst 1910 ein eigenes Gotteshaus beziehen konnte, und 1922 eine Teilung der bisherigen katholischen Gemeinde „Zum Guten Hirten“ vollzogen wurde, gründete sich die selbstständige katholische Pfarrgemeinde St. Marien in Karlshorst.

1935 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges

Marienfigur über dem Eingang
Das Eingangsportal mit der Marienfigur

Ein 1925 neu ins Leben gerufener Kirchbauverein sammelte mehr als zehn Jahre Spenden und gab die Planung eines eigenen Kirchengebäudes neben dem Pfarrhaus in Auftrag. Nach den Entwürfen des Leipziger Architekten Clemens Lohmer erfolgte am 27. Oktober 1935 die Grundsteinlegung zu einem Neubau im neoromanischen Stil, dessen Ziegelsteine grau verputzt wurden und an der Hauptfassade und am Turm eine Verkleidung aus weiß-grauen Rüdersdorfer Kalksteinen erhielt. Bis zur Fertigstellung des Bauwerkes im Dezember 1936 wurden durch die Gießerei Petit und Gebrüder Edelbrok in Gescher vier Bronzeglocken mit einem besonders reinen Klang hergestellt und konnten am 2. August 1936 geweiht werden.

Das Gebäude besteht aus zwei Baukörpern, der eine ist das schlichte Kirchenschiff in Form einer mittelalterlichen Basilika mit einem vorgelagerten Querhaus (mit einer hölzernen Flachdecke sowie niedrigen Seitenschiffen im Inneren), der andere ist ein nach italienischem Vorbild gebauter 40 m hoher rechteckiger Campanile.

Über dem mittleren Portal des Haupteingangs begrüßt eine Marienfigur die Gläubigen oder Besucher der Kirche. Über den rechteckigen Pfeilern neben den drei rundbogigen Portalen stehen symbolhaft die vier Evangelisten; alle Figuren sind von dem Berliner Bildhauer Josef Dorls aus Muschelkalkstein angefertigt worden.

Der erste Gottesdienst im neuen Haus fand am 6. Dezember 1936 statt und die kirchliche Weihe erfolgte am 27. Juni 1937 durch den Bischof Konrad Graf von Preysing. Eine erste Orgel wurde angeschafft, jedoch bis zum Ausbruch des Krieges nicht aufgestellt.

Evangelist Matthäus Evangelist Markus Evangelist Lukas Evangelist Johannes Eine Glocke Die zweite Glocke

Im Jahre 1941, im Zweiten Weltkrieg, wurden drei der vier Glocken zur Herstellung von Kriegsgerät eingeschmolzen.

Kurz vor dem Kriegsende boten die Kirche und vor allem das Pfarrhaus Einheimischen und Flüchtlingen einigen Schutz vor Verfolgung und vor den Kampfhandlungen. – Bei einem Luftangriff im Januar 1944 sind die früheren bunten Altarfenster des Künstlers Egbert Lammers mit einer Kreuzigungsdarstellung zerstört worden.

Als der Zweite Weltkrieg beendet war, hatte die Siegermacht Sowjetunion große Teile von Karlshorst besetzt, die Einwohner vertrieben und richtete ihre Militäradministration in diesem Ortsteil ein. Auch die St.-Marienkirche wurde entweiht und von den Militärs überwiegend als Möbellager und als Kohlenbunker genutzt, wertvolle Kleinodien wie die Monstranz, der Abendmahlskelch und viele Orgelpfeifen „verschwanden“. Das recht stattliche Pfarrhaus war zuerst Bürogebäude für die SMAD, die Kapelle Offizierskasino und Kino, im Keller wurden Gefängnisräume eingerichtet.

Neubeginn ab 1949

Weihnachten 1949 erhielt die Kirchengemeinde das Gotteshaus und das Pfarrhaus zurück, unter der Leitung des Architekten Paul Zeh wurden nun beide Gebäude instand gesetzt. Im Pfarrhaus konnte am 8. August 1950 wieder ein Gottesdienst abgehalten werden. Aber erst nach zweieinhalb Jahren war die Renovierung der Kirche abgeschlossen, was am 23. März 1952 mit einem Weih-Gottesdienst begangen wurde.

Der Hochaltar und das silberne Altarkreuz waren vorhanden und konnten restauriert werden, aber Raumschmuck, Kirchengestühl und viele Orgelteile waren größtenteils verschwunden, wurden also für die Wiedereinrichtung gestiftet, angekauft oder neu angefertigt.

Aus älteren Kirchen haben Platz gefunden: eine Holzschnitzarbeit Anna selbdritt (um 1500 entstanden) sowie eine weibliche Heilige (Muttergottes) vom Ende des 15. Jahrhunderts, ebenfalls eine Schnitzfigur (Schnitzer und frühere Standorte unbekannt).

Besonders wertvoll ist eine Figurengruppe aus weißem Marmor („Noli me tangere“), die ihren ursprünglichen Platz auf dem Hochaltar in der Sankt-Hedwigs-Kathedrale in Berlin-Mitte hatte, nach 1945 in die Kapelle der Hedwigsgemeinde auf den Friedhof in Berlin-Hohenschönhausen verbracht wurde und seit 1985 nun hier in der Kirche in einer kleinen Seitenkapelle steht. Es handelt sich um ein Werk des italienischen Bildhauers Giovanni Marchiori aus dem Jahre 1750, das ein Treffen des auferstandenen Jesus mit Maria darstellt.

Anna selbdritt  Heilige  Maria und Jesus  Bild VII aus dem Zyklus „Der Kreuzweg“   kleine Schuke-Orgel 
Modernes Altarfenster
Die Kapelle am Pfarrhaus
Blick in das Kirchenhauptschiff von der Empore aus
Das Pfarrhaus in der Gundelfinger Straße, dahinter Turm der Kirche
Datei:StMaria Khst-Tafel.jpg
Gedenktafel für Berhard Lichtenberg am Pfarrhaus
Blick vom Glockenturm

Die frühere Gemäldeserie von Egbert Lammers, die Stationen des Kreuzweges illustrierend, und eine kleine neu gebaute Orgel der Firma Schuke auf der Empore vervollständigen die Ausgestaltung.

Das Pfarrhaus wurde 1970 weitgehend modernisiert, es erhielt eine Zentralheizung, Dach und Dachrinnen wurden erneuert, die Fassade frisch verputzt. Der Garten hinter der Kapelle wurde parkähnlich umgestaltet.

Eine umfangreiche Erneuerung des Kirchengebäudes erfolgte 1983, dabei erhielt der Turm ein neues Dach und ein goldenes Kreuz und der Innenraum wurde aufgefrischt.

Neu angefertigt wurden ein Altartisch nebst Ambo aus Aluminiumguss, ein Auftragswerk des Berliner Künstlers Paul Brandenburg, das 1985 durch Joachim Kardinal Meisner geweiht wurde.

Schließlich konnte 1991 mithilfe einer Spende eine Glocke auf Basis der bei der damaligen Gießerei noch vorhandenen Unterlagen nachgegossen (Name „Maria“, etwa 30 Zentner schwer) und im Kirchturm aufgehängt und am 1. September des Jahres geweiht werden. Gemeinsam mit der noch vorhandenen alten Glocke ist das Geläut mit der nahe gelegenen Kirche Zur frohen Botschaft melodisch abgestimmt.

In schönen Rot-, Gelb- und Blautönen leuchtet das dreiteilige Altarfenster, das im Jahre 1993 in Vorbereitung der Seligsprechung von Bernhard Lichtenberg eingebaut wurde. – Die Darstellung basiert auf Entwürfen der Berliner Künstlerin Helga Lignau-Sachs.

1998 wurden zunächst im Pfarrhaus wiederum umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt, aber auch die Kirche wurde weiter ausgeschmückt: Paul Brandenburg fertigte eine Kerzenbank für den Altarraum, einen Oster-Leuchter und eine Kredenz, wiederum aus Aluminiumguss.

Sonstiges

Im Leben der katholischen Gemeinde Karlshorst spielte der Kurator Bernhard Lichtenberg eine bedeutende Rolle. Kurzzeitig wohnte er im Pfarrhaus, bevor er in andere Kirchenämter berufen wurde. An sein Wirken erinnert eine in der Kunstschmiedewerkstatt Achim Kühn hergestellte Gedenktafel, die am 2. November 1996 feierlich enthüllt und gesegnet wurde.

2003 wurden die Pfarreien aus Karlshorst und Friedrichsfelde auf Anordnung des Erzbistums Berlin zur Vereinfachung der Verwaltung und zur Minderung finanzieller Probleme wieder zu einer Kirchengemeinde unter dem Namen „Zum Guten Hirten“ zusammengeführt, die beiden Gotteshäuser werden weiterhin betrieben und getrennte Gemeinderäume unterhalten.

Umfangreiches soziales Engagement der Gemeinde ist eine gern angenommene Hilfe für Kinder, Jugendliche, arme und alte einsame Menschen, besonders auch für zahlreiche polnische Katholiken, die seit den 1960er Jahren in Berlin als Hilfsarbeiter tätig sind. – Ein Bläserensemble erfreut seit 1969 mit seinen Auftritten.

Siehe auch

Kirche Zum Guten Hirten

Quellen

  • 100 Jahre Katholische Gemeinden in Friedrichsfelde und Karlshorst. 1906–2006, Festschrift, Hrsg. Katholische Kirchengemeinde Zum Guten Hirten, Berlin 2006
  • Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Hauptstadt Berlin II, Institut für Denkmalpflege im Henschelverlag, 1987
  • Jan Feustel Spaziergänge in Lichtenberg, Verlag Haude und Spener, 1996, ISBN 3-7759-0409-3
  • Katholische Kirche St. Marien aus dem „Wochenblatt“ für Lichtenberg vom 14. Juni 2006

Weblinks

52.48444444444413.5241666666677Koordinaten: 52° 29′ 4″ N, 13° 31′ 27″ O


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