- St. Petersburger Festung
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Die Peter-und-Paul-Festung (russisch Петропавловская крепость/ Petropawlowskaja Krepost) ist eine Festungsanlage aus dem frühen 18. Jahrhundert, die den Ursprung und das historische Zentrum der Stadt Sankt Petersburg bildet. Die auf einer Insel in der Newa gelegene Anlage beherbergt heute vor allem Ausstellungen und Museen und ist sowohl Touristenmagnet als auch Erholungsort für die St.-Petersburger. Die Festung ist zentraler Teil der zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärten St.-Petersburger Innenstadt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Festung, deren Grundsteinlegung am 16. Mai 1703 (nach dem julianischen, 27. Mai 1703 nach dem gregorianischen Kalender) als offizielles Gründungsdatum Sankt Petersburgs gilt, kam nie ihrer eigentlichen Bestimmung als militärische Anlage nach. Die Schweden, gegen die sie im Großen Nordischen Krieg vor allem schützen sollte, wurden in den folgenden Jahren militärisch geschlagen und stellten seitdem keine Gefahr mehr für das Russische Reich dar. Die Festung wurde ursprünglich von etwa 20.000 Männern aus Erdwällen und Holzbefestigungen in sechs Bastionen gebaut. Von 1706 bis 1740 wurde sie komplett aus Stein neu errichtet; sie hat seitdem die Form eines unregelmäßigen Sechsecks, dessen Ecken weiterhin von Bastionen geschützt werden. Bei dem von dem Schweizer Baumeister Domenico Trezzini geleiteten Bau starben, wie bei der gesamten Gründung St. Petersburgs, Hunderte der eingesetzten Zwangsarbeiter. Ab 1720 diente die Festung als Kasernenanlage und eines der berüchtigsten Gefängnisse des Zarenreiches. Von 1770 bis 1780 wurde die der Newa zugewandte Seite mit Granit verkleidet. Berühmtheit erlangte der aus Jaroslawl stammende Bauer und Dachdecker Pjotr Tjoluschkin im Jahr 1830, als er die durch einen Blitzschlag beschädigte Kirchturmspitze mit dem Engel mittels einer Strickleiter in sechswöchiger Arbeit reparierte.
War die Festung ein bedeutendes Symbol des Zarenreiches, war sie während der russischen Revolutionen ein Zentrum des Aufstandes. Während der Februarrevolution stürmten die Soldaten des Paulsregiments am 27. Februar (julianisch) das Gefängnis und befreiten die Gefangenen. Bei einem Putschversuch der Bolschewiki erklärte sich die 8.000 Mann starke Einheit in der Festung am 4. Juli (julianisch) 1917 mit den Bolschewiki solidarisch, ergab sich aber zwei Tage später kampflos den Regierungstruppen.
Der größte Teil der Anlage wurde 1924 zu einem Museum erklärt. Die Festung, die die ganze Haseninsel bedeckt, wurde während der Belagerung Leningrads im Zweiten Weltkrieg beschädigt, danach aber wieder restauriert.
1991 wurde im Komplex eine von Michail Schemjakin gestaltete Bronzeskulptur Peters I. aufgestellt, die für heftige öffentliche Diskussionen in der Stadt sorgte, da Peter mit disproportional kleinem Kopf und großen Füßen und Händen dargestellt ist. Trotzdem gilt das Denkmal mittlerweile als Glücksbringer für die Petersburger.
Gefängnis
Das Gebäude mit seinen zwölf Meter hohen Wällen und sechs Bastionen wurde schon früh als Gefängnis benutzt, in das insbesondere die politischen Gefangenen des Zarenreiches gesperrt wurden. In der Festung saßen viele berühmte Gefangene. Der erste war 1717 Alexei, der Sohn Peters des Großen; es folgten Teilnehmer des Dekabristenaufstandes, Fjodor Dostojewski, Maxim Gorki, Michail Bakunin, Peter Kropotkin, Alexander Iljitsch Uljanow, der Bruder Lenins. Ab 1872 befanden sich diese im neu gebauten Gefängnis in der Trubezkoi-Bastion. Die 36 Einzelzellen hatten jeweils ein in die Wand eingelassenes Eisenbett und einen Tisch sowie einen Schemel. Zusätzlich gab es einen Karzer. Sie dienten um 1880 als Untersuchungsgefängnis für die zahlreichen Inhaftierten der Narodnaja Wolja, die mehrere Attentate auf Alexander II. ausgeführt hatten, u.a. Wera Figner, Ljudmila Wolkenstein, Alexander Solowjow, Michail Frolenko.
Nach der russischen Februarrevolution 1917 befanden sich Hunderte von Funktionsträgern des Zarenreiches in dem Gefängnis, teilweise auch um sie vor dem Volkszorn zu schützen. Nach der Oktoberrevolution wurde die provisorische Regierung Kerenski hier inhaftiert - es handelte sich um die letzten Gefangenen in der Peter-Paul-Festung. Heute dient die Trubezkoi-Bastion als Museum, in dem unter anderem auch Wachsfiguren der berühmtesten Gefangenen ausgestellt werden.
Peter-und-Paul-Kathedrale
Auf dem Gelände der Festung befindet sich die von 1713 bis 1732 gebaute Peter-und-Paul-Kathedrale, in deren Innenraum die meisten russischen Zaren seit dem 18. Jahrhundert begraben liegen. Die Kathedrale wurde ebenfalls von Domenico Trezzini gestaltet. Ihr 122,5 Meter hoher Turm mit einem sieben Meter hohen Engelsstandbild auf der vergoldeten Spitze war für lange Zeit, wie von Peter dem Großen angeordnet, das höchste Gebäude der Stadt. Heute wird sie nur vom städtischen Fernsehturm übertroffen.
Der Innenraum wurde mit Trophäen aus dem Nordischen Krieg und Wandmalereien geschmückt. Die Särge der Zaren wurden aus weißem Marmor gestaltet, einzig Alexander II. und seine Frau bekamen Särge aus grünem beziehungsweise rotem Marmor, da man sie für die Befreiung der Leibeigenen in ihrer Regierungszeit besonders würdigen wollte. Seit 1998 befinden sich in einem angeschlossenen Raum die Gräber der letzten Zarenfamilie.
Ungewöhnlich für eine russisch-orthodoxe Kirche besitzt die Peter-und-Paul-Kathedrale eine Kanzel. Angeblich wurde diese nur einmal benutzt - um Leo Tolstoi 1902 zu exkommunizieren.
Angeschlossen an die Kathedrale ist die von 1896 bis 1908 gebaute Grabkapelle. In ihr wurden diverse Verwandte der Zaren beerdigt und auch heute dient sie - nach mehreren Rechtsstreitigkeiten - wieder als Begräbnisstätte der Familie Romanow. Vor der Kathedrale befindet sich der Friedhof der Kommandanten der Peter-und-Paul-Festung, eine der ältesten erhaltenen Friedhofsanlagen Russlands, in dem - sehr ungewöhnlich für die Zeit - sowohl Protestanten als auch russisch-orthodoxe Christen liegen.
Folgende Mitglieder der russischen Zarenfamilie sind in der Kathedrale begraben:
- Katharina Petrowna (1706 - 1708) – (Tochter von Zar Peter I.)
- Marfa Matwejewna Apraxina, Zarin von Russland (1664 - 11. Januar 1716) – (Gemahlin von Zar Fjodor III.)
- Großfürstin Natalia Petrowna (20. März 1713 - 27. Mai 1715) – (Tochter von Zar Peter I.)
- Großfürstin Margarita Petrowna (19. September 1714 - 7. Juni 1715) – (Tochter von Zar Peter I.)
- Charlotte Christina Sophia von Braunschweig-Wolfenbüttel (29. August 1694 - 2. November 1715) – (Gemahlin von Großfürst Alexej Petrowitsch)
- Großfürst Pawel Petrowitsch (13. Januar 1717 - 14. Januar 1717) – (Sohn von Zar Peter I.)
- Großfürst Alexej Petrowitsch (28. Februar 1690 - 7. Juli 1718) – (Sohn von Zar Peter I.)
- Großfürstin Maria Alexejewna (18. Januar 1660 - 31. März 1723) – (Tochter von Zar Alexej I.)
- Zar Peter I. der Große (9. Juni 1672 - 8. Februar 1725)
- Großfürstin Natalia Petrowna (31. August 1718 - 5. März 1725) – (Tochter von Zar Peter I.)
- Zarin Katharina I. (24. Februar 1685 - 17. Mai 1727)
- Großfürstin Anna Petrowna (7. Februar 1708 - 15. Mai 1728) – (Tochter von Zar Peter I.)
- Zarin Anna (8. Februar 1693 - 28. Oktober 1740)
- Zarin Elisabeth (29. Dezember 1709 - 5. Januar 1762)
- Zar Peter III. (21. Februar 1728 - 5. Juli 1762)
- Zarin Katharina II. die Große (2. Mai 1729 - 17. Februar 1796)
- Zar Paul I. (1. Oktober 1754 - 24. März 1801)
- Zar Alexander I. (12. Dezember 1777 - 19. November 1825)
- Louise von Baden, Zarin von Russland (24. Januar 1779 - 16. Mai 1826) – (Gemahlin von Zar Alexander I.)
- Sophia Dorothea Augusta Luisa von Württemberg, Zarin von Russland (25. Oktober 1759 - 5. November 1828) – (Gemahlin von Zar Paul I.)
- Großfürst Konstantin Pawlowitsch (9. Mai 1779 - 27. Juni 1831) – (Sohn von Zar Paul I.)
- Großfürstin Alexandra Michailowna (28. Januar 1831 - 27. März 1832) – (Tochter von Großfürst Michael Pawlowitsch)
- Großfürstin Anna Michailowna (27. Oktober 1834 - 22. März 1836) – (Tochter von Großfürst Michael Pawlowitsch)
- Großfürstin Alexandra Nikolajewna (24. Juni 1825 - 10. August 1844) – (Tochter von Zar Nikolaus I.)
- Großfürstin Maria Michailowna (9. März 1825 - 19. November 1846) – (Tochter von Großfürst Michael Pwlowitsch)
- Großfürstin Alexandra Alexandrowna (30. August 1842 - 28. Juni 1849) – (Tochter von Zar Alexander II.)
- Großfürst Michael Pawlowitsch (8. Februar 1798 - 9. September 1849) – (Sohn von Zar Paul I.)
- Zar Nikolaus I. (6. Juli 1796 - 2. März 1855)
- Charlotte von Preußen, Zarin von Russland (13. Juli 1798 - 1. November 1860) – (Gemahlin von Zar Nikolaus I.)
- Großfürst Nikolaj Alexandrowitsch (20. September 1843 - 24. April 1865) – (Sohn von Zar Alexander II.)
- Großfürst Alexander Alexandrowitsch (7. Juni 1869 - 2. Mai 1870) – (Sohn von Zar Alexander III.)
- Charlotte von Württemberg (9. Januar 1807 - 21. Januar 1873) – (Gemahlin von Großfürst Michael Pawlowitsch)
- Großfürstin Maria Nikolajewna (18. August 1819 - 21. Februar 1876) – (Tochter von Zar Nikolaus I.)
- Marie von Hessen-Darmstadt (8. August 1824 - 3. Juni 1880), Zarin von Russland – (Gemahlin von Zar Alexander II.)
- Zar Alexander II. (29. April 1818 - 13. Januar 1881)
- Cäcilie von Baden (20. August 1839 - 12. April 1891) – (Gemahlin von Großfürst Michael Nikolajewitsch)
- Großfürst Nikolaj Nikolajewitsch (8. August 1831 - 25. April 1891) – (Sohn von Zar Nikolaus I.)
- Großfürstin Alexandra Georgiewna (18. August 1870 - 12. September 1891) – (Gemahlin von Großfürst Paul Alexandrowitsch)
- Großfürst Konstantin Nikolajewitsch (21. September 1827 - 24. Januar 1892) – (Sohn von Zar Nikolaus I.)
- Großfürstin Katharina Michailowna (28. August 1827 - 12. Mai 1894) – (Tochter von Großfürst Michael Pwlowitsch)
- Zar Alexander III. (16. März 1845 - 1. November 1894)
- Großfürst Alexis Michailowitsch (28. Dezember 1875 - 2. März 1895) – (Sohn von Großfürst Michael Nikolajewitsch)
- Großfürst Georg Alexandrowitsch (9. Mai 1871 - 9. August 1899) – (Sohn von Zar Alexander III.)
- Großfürst Wladimir Alexandrowitsch (22. April 1847 - 17. Februar 1909) – (Sohn von Zar Alexander II.)
- Großfürst Michael Nikolajewitsch (25. Oktober 1832 - 18. Dezember 1909) – (Sohn von Zar Nikolaus I.)
- Alexandra von Sachsen-Altenburg (8. Juli 1830 - 6. Juli 1911) – (Gemahlin von Großfürst Konstantin Nikolajewitsch)
- Zar Nikolaus II. (18. Mai 1868 - 16. Juli 1918) – am 17. Juli 1998 bestattet
- Alexandra von Hessen (6. Juni 1872 - 16. Juli 1918) – (Gemahlin von Zar Nikolaus II.) am 17. Juli 1998 bestattet
- Großfürstin Olga Nikolajewna (15. November 1895 - 16. Juli 1918) – Tochter von Zar Nikolaus II., am 17. Juli 1998 bestattet
- Großfürstin Tatjana Nikolajewna (10. Juni 1897 - 16. Juli 1918) oder Großfürstin Maria Nikolajewna (26. Juni 1899 - 16. Juli 1918) – Tochter von Zar Nikolaus II., am 17. Juli 1998 bestattet
- Großfürstin Anastasia Nikolajewna (18. Juni 1901 - 16. Juli 1918) – Tochter von Zar Nikolaus II., am 17. Juli 1998 bestattet
- Großfürst Pawel Alexandrowitsch (3. Oktober 1860 - 30. Januar 1919) – (Sohn von Zar Alexander II.)
- Dagmar von Dänemark, Zarin von Russland (26. November 1847 - 13. Oktober 1928) – (Ehefrau von Zar Alexander III.) Sie wurde ursprünglich im Dom von Roskilde bestattet und am 28. September 2006 nach St. Petersburg überführt.
- Großfürst Kyrill Wladimirowitsch (12. Oktober 1876 - 12. Oktober 1938) – Sohn von Großfürst Wladimir Alexandrowitsch, ursprünglich in Coburg bestattet, 1995 überführt
- Großfürst Wladimir Kyrillowitsch (30. August 1917 - 21. April 1992) – (Sohn von Großfürst Kyrill Wladimirowitsch)
Museen
Der Festungsbau beherbergt heute diverse Museen, zum einen die Dauerausstellung zur Stadtgeschichte von 1703 bis 1924, zum anderen unter dem Namen Museum des alten Petersburg wechselnde Ausstellungen zu einem ähnlichen Themengebiet.
Direkt am Tor liegt eine weitere Ausstellungsfläche, in der abwechselnd internationale Fotografen ihre Werke zeigen. In den Kasematten befindet sich eine Druckerei, in der auf altem Originalgerät vor Zuschauern (und zum Verkauf) historische Drucke gefertigt werden.
Da sich von 1932 bis 1933 eine Forschungsstätte für sowjetische Luft- und Raumfahrt auf dem Gelände befand, ist hier heute ein Museum für Raketenbau und Raumfahrt untergebracht. Heute sind hier die nachgebildeten Konstruktionsbüros der Raketenbauer, Sputniks sowie kosmisches Zubehör wie etwa Original-Raumanzüge ausgestellt.
Ebenfalls auf dem Gelände ist ein Münzmuseum mit einer funktionsfähigen Münzprägeanstalt, in der bis heute russisches Kleingeld, Orden und Medaillen geprägt werden.
Sonstiges
Die Peter-und-Paul-Festung gilt bis heute als das Herz Sankt Petersburgs. Besonders nachdrücklich wird sie den Bewohnern der Stadt täglich um zwölf Uhr mittags in Erinnerung gebracht. Seit dem 18. Jahrhundert wird um diese Zeit eine Kanone abgefeuert, ursprünglich diente dies dazu, den Stadtbewohnern die genaue Uhrzeit mitzuteilen.
Der ebenfalls zur Anlage gehörende Sandstrand ist ein beliebtes Ausflugsziel. Im Sommer finden hier Beachvolleyball-Turniere, Theatervorführungen, Popkonzerte und Sandskulpturenwettbewerbe statt. Schwimmen ist zwar aufgrund der Wasserqualität der Newa verboten, dieses Verbot wird jedoch kaum beachtet. Im Winter werden anstelle von Sandskulpturen solche aus Eis gebaut und Eisschwimmen vom Strand aus ist durchaus nicht unüblich.
Die Abbildung von Peter-und-Paul-Festung wurde auch auf einer russischen Münze verewigt.
Weblinks
- Offizielle Homepage: http://www.spbmuseum.ru/peterpaul
- Domenico Trezzini: http://it.wikipedia.org/wiki/Domenico_Trezzini
- 3D-Panorama Festung vom Strand aus: http://www.3dmotion.ru/php/viewpano.php?c=201&p=926&L=de&mode=index
59.95027777777830.315833333333Koordinaten: 59° 57′ 1″ N, 30° 18′ 57″ O
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