Staatskapitalismus

Staatskapitalismus

Es existieren mehrere Definitionen zum Begriff Staatskapitalismus:

Inhaltsverzeichnis

Definitionen

Eine häufige Erklärung von Staatskapitalismus innerhalb marxistischer Literatur ist, dass es sich um ein soziales System handelt, in dem Kapitalismus (Lohnarbeit in der Produktion und Profitmaximierung) mit Staatseigentum an den Schlüsselindustrien kombiniert ist. Das Buch Class Theory and History von A. Resnick und Richard D. Wolff untersucht die Möglichkeit von Staatskapitalismus in der ehemaligen UdSSR und setzt damit ein Streitthema fort, das innerhalb der marxistischen Theorie im 20. Jahrhundert auf das Heftigste debattiert wurde. Der größte Teil dieser Auseinandersetzung fand unter Trotzkisten statt und findet seine Ursprünge schon in der Linken Opposition in der UdSSR. Der bedeutendste Befürworter der sowjetischen Staatskapitalismustheorie ist der Trotzkist Tony Cliff (International Socialist Tendency). Dieser Lesart zufolge sind auch die Revolten und Aufstände in den staatssozialistischen Regimes Mittel- und Osteuropas als Klassenkämpfe im marxistischen Sinne zu verstehen.[1]

Während der Periode nach Stalins Tod und Maos Verkündung seines „Marxismus-Leninismus“ haben viele ausländische Maoisten, besonders Charles Bettelheim, die Sowjetunion (jedoch nicht die Volksrepublik China) häufig als staatskapitalistisch bezeichnet. Diese Anschuldigung muss man jedoch als Teil des Revisionismusstreits innerhalb der ausländischen Marxisten-Leninisten verstehen, die Chruschtschow und seine Nachfolger als Revisionisten und Konterrevolutionäre beschimpften. Nach Maos Tod und der Entmachtung seines Machtzirkels, der Viererbande, erweiterten viele - auch Maoisten - die Anschuldigung des Staatskapitalismus auf China.

Eine alternative Definition ist, dass Staatskapitalismus eine enge Beziehung zwischen dem Staat und den privaten Unternehmern bedeutet. In dieser Beziehung produzieren private Kapitalisten für einen zugesicherten Markt. Ein Beispiel hierfür stellt die Militärindustrie dar, in der unabhängige Firmen für den Staat produzieren und nicht dem Konkurrenzkampf des Marktes unterworfen sind (Permanente Rüstungswirtschaft). Viele, darunter auch Tony Cliff, sehen dies als Werdegang des modernen Weltmarktes mit "normalem" Kapitalismus (auch teilweise staatskapitalistisch) auf der einen Seite und kompletten Staatskapitalismus, wie in der ehemaligen UdSSR und ihren Satellitenstaaten auf der anderen Seite. Diese Entwicklung wurde in den 1980er Jahren mit dem Kollaps der UdSSR und mit weiten Privatisierungsmaßnahmen in Europa und der Dritten Welt stark eingeschränkt.

Beide Definitionen wurden beeinflusst von Diskussionen zwischen Marxisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, besonders durch Nikolai Bucharin, der in seinem Buch Imperialismus und Weltwirtschaft die Theorie vertrat, dass fortgeschrittene „imperialistische“ Länder staatskapitalistisch wären und die Möglichkeit verwarf, dass sie zu ihrer ehemaligen Form zurückkehren könnten.

Einzelnachweise

  1. Duncan Hallas: The class struggle in Eastern Europe

Siehe auch

Literatur

  • Tony Cliff - Staatskapitalismus in Rußland, Sozialistische Arbeitergruppe Frankfurt 1975
  • Stephen A. Resnick, Richard D. Wolff - Class Theory and History ISBN 0-415-93317-X

Weblinks


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