- Starrkrampf
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Klassifikation nach ICD-10 A33 Tetanus neonatorum A34 Tetanus während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbettes A35 Sonstiger Tetanus ICD-10 online (WHO-Version 2006) Tetanus, auch Wundstarrkrampf genannt, ist eine häufig tödlich verlaufende Infektionskrankheit, welche die muskelsteuernden Nervenzellen befällt und durch das Bakterium Clostridium tetani ausgelöst wird. Die resistenten Sporen des Bakteriums kommen nahezu überall vor, auch im Straßenstaub oder in der Gartenerde. Die Infektion erfolgt durch das Eindringen der Sporen in Wunden. Unter anaeroben Bedingungen, d.h. unter Sauerstoff-Abwesenheit, vermehrt sich das Bakterium und sondert Giftstoffe (Toxine) ab: Das proteolytische Toxin Tetanospasmin schädigt die muskelsteuernden Nervenzellen und verursacht dadurch die typischen Lähmungen und Muskelkrämpfe. Das Toxin Tetanolysin ist herzschädigend.
Inhaltsverzeichnis
Toxinwirkung
Tetanolysin ist hämolysierend und kardiotoxisch, aber für die typischen Symptome der Krankheit unbedeutend. Wichtiger ist Tetanospasmin, das über periphere Nervenbahnen in das Zentralnervensystem gelangt. Dort greift es Proteine an, die zur Freisetzung der Neurotransmitter (Glycin und GABA) der Renshaw-Zellen im Vorderhorn des Rückenmarks nötig sind. Damit unterliegen die alpha-Motoneuronen keiner Kontrolle mehr und es kommt zu tonischen (andauernden) und klonischen (zuckenden) Verkrampfungen der quergestreiften (Willkür-)Muskulatur.
Die Erstentdeckung des „Tetanustoxins“ wird Knud Faber 1899 zugeschrieben und war die Voraussetzung für die erfolgreiche Impfstoffentwicklung.
Symptome
Die Inkubationszeit beträgt zwischen drei Tagen und drei Wochen, in seltenen Fällen kann sie auch mehrere Monate betragen.
Zuerst treten grippeähnliche Symptome wie Kopfschmerz, Schwindel, Unruhe, Gliederzittern, Mattigkeit, Ermüdungserscheinungen, Muskelschmerzen und Schweißausbrüche auf. Anschließend kann durch eine Kieferklemme (Trismus) der Mund nicht mehr geöffnet werden und es entsteht ein durch Verkrampfung der mimischen Muskulatur grinsender Gesichtsausdruck, das sogenannte „Teufelsgrinsen“ (Risus sardonicus). Im weiteren Verlauf kommt es zu einer tonischen Muskelanspannung der langen Rückenmuskulatur (Opisthotonus), die oft den Nacken absteigend verläuft und zu schmerzhafter Überstreckung, unbehandelt sogar zu Wirbelbrüchen führen kann. Danach folgen tonische und zuckende (klonische) Muskelkrämpfe in Armen, Beinen, Kehlkopf und Zwerchfell. Die Krämpfe dauern 1 bis 2 Minuten und werden von kleinsten äußeren Reizen (akustisch, optisch, mechanisch) ausgelöst. Unbehandelt folgt Tod durch Erstickung.
Gefühl und Bewusstsein (Sensorium) sind nicht beeinträchtigt, weshalb diese Erkrankung unbehandelt leidvoll ist. Eine direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.
Diagnostik
Die Diagnose von Tetanus wird aufgrund des typischen klinischen Befundes gestellt. Eine Erkrankung ist unwahrscheinlich, wenn eine vollständige Grundimmunisierung vorliegt und fristgemäße Auffrischimpfungen durchgeführt wurden. Zur Absicherung der Diagnose kann ein Toxinnachweis mittels Neutralisationstest im Tierversuch (Maus) unter Verwendung von Wundmaterial des Patienten durchgeführt werden. Der kulturelle Erregernachweis gelingt meist nicht.
Verbreitung
In Deutschland gibt es im Durchschnitt knapp 15 Fälle pro Jahr, von denen ca. 25 % zum Tod führen (bei älteren Menschen sogar 55 %). In Ländern mit feuchtwarmem Klima und geringerer Impfquote treten hingegen jährlich bis zu 50 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner auf. Ein besonderer Risikofaktor ist hier die Nabelinfektion, die auftritt, wenn Kinder unter unzureichenden hygienischen Bedingungen geboren werden oder, wie in manchen Völkern traditionell üblich, zur Wundversorgung Erdpasten auf den Nabel aufgetragen bekommen. Nach WHO-Schätzungen sterben weltweit jährlich über eine Million Menschen an der Krankheit.
Behandlung
Gegen die ausgebrochene Erkrankung gibt es keine echte kausale Behandlung. Weil sich die Tetanustoxine über die Nervenscheiden ausbreiten, sind sogar hohe Serumgaben (fremde Antikörper, passive Immunisierung) über die Blutbahn umstritten. Ein gründliches Ausschneiden der Wunde, unter Umständen eine Amputation, sorgt dafür, dass der Tetanuserreger sich nicht weiter vermehrt, da man eine weitere Toxinproduktion in der Wunde unterbinden muss.
Eine symptomatische, an den Krankheitszeichen orientierte Behandlung kann in milden Fällen die durch akustische und optische Reize auslösbaren Krämpfe vermeiden, indem der Kranke in einem abgedunkelten und schallgeschützten Raum untergebracht wird und starke Beruhigungsmittel erhält. In allen schweren Fällen aber wird eine medikamentöse Muskelerschlaffung (Muskelrelaxation) zusammen mit maschineller Beatmung erforderlich.
Nach Erreichen eines ausreichenden Antikörperspiegels klingen die Symptome ab und man kann nach 4 bis 8 Wochen die maschinelle Beatmung beenden. Trotz moderner Intensivmedizin bleiben gelegentlich Folgeschäden, die einer weiteren Behandlung bedürfen.
Die überstandene Erkrankung hinterlässt ohne zusätzliche aktive Impfung keinen ausreichenden Antikörpertiter, so dass eine erneute Erkrankung möglich ist. Umso wichtiger ist die vorbeugende Impfung.
Vorbeugung
Impfung
Eine Impfung gegen Tetanus ist verfügbar und wird empfohlen. Experten der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) raten zur vorbeugenden Immunisierung gegen Tetanus mit einem Toxoidimpfstoff, da auch kleine, besonders tiefe Verletzungen zur Erkrankung führen können [1]. Diese erste Immunisierung kann nach Vollendung des 2. Lebensmonats im Rahmen von Diphtherie-Keuchhusten-Wundstarrkrampf-Kombinationsimpfungen erfolgen. Ein vollständiger Schutz ist aber erst nach drei Impfungen vorhanden. Meist wird auch bei Erwachsenen eine Kombinationsimpfung gegen Tetanus und Diphtherie durchgeführt (Nachimpfung nach einem Monat, dann nach einem Jahr).
Die Grundimmunisierung findet im Säuglingsalter statt. Im 5. und 6. Lebensjahr kommt es zu einer Auffrischung. Der vollständige Impfschutz ist für etwa 10 Jahre wirksam; nach deren Ablauf ist eine aktive Auffrischimpfung (Boosterung) erforderlich.
Mittlerweile steht ein immunochromatografischer Schnelltest zur Verfügung, der in 10 Minuten den aktuellen Tetanus-Immunstatus ermittelt. Dadurch können Über- und Unterimmunisierungen vermieden werden.
Simultanimpfung
Nach einer Verletzung wird, sofern kein oder unzureichender Impfschutz besteht, sowohl eine aktive als auch passive, also eine simultane Immunisierung notwendig [1]. Diese besteht aus einer Injektion eines durch Formol abgeschwächten, aber immunogenen Toxins - Toxoid, beispielsweise (Tetanol®) aber auch einem kombiniertem Tetanus-Diphtherieimpfstoff, und einer Injektion von mit menschlichen Antikörpern gegen den Tetanuserreger angereichertem Serum (Tetagam®, Tetanobulin®). Die passiv wirkende Serumgabe soll das Zeitintervall bis zum Eintritt der Antikörperbildung überbrücken, die von der aktiven Toxoidgabe angeregt wurde. Zur genauen Indikationsstellung bez. der Simultanimpfung siehe Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (s.u.: "RKI Merkblatt Tetanus").
Im Anschluss erfolgen weitere aktive Wiederholungsimpfungen nach einem von der STIKO der Bundesärztekammer anerkannten Schema, um einen langfristig wirksamen Schutz vor Tetanus zu erzielen.
Wundreinigung
Da die Keime Anaerobier sind, also nur unter Sauerstoffmangel wachsen, ist die Reinigung einer Wunde sogar bei Schürfwunden nötig. Abgestorbenes Gewebe, in dem der Sauerstoff aufgebraucht ist, soll entfernt werden, eventuell chirurgisch (siehe Wundbehandlung).
Meldepflicht
Tetanus ist nach dem deutschen Infektionsschutzgesetz nicht meldepflichtig. In einigen deutschen Bundesländern besteht jedoch eine Meldepflicht oder die Einführung einer solchen wird diskutiert. Auskünfte erteilen dazu die obersten Gesundheitsbehörden der jeweiligen Bundesländer.
Tetanus bei Tieren
Pferde
Pferde reagieren besonders empfindlich auf das Tetanustoxin, weshalb 90 % der erkrankten Pferde sterben. Pferde erhalten deshalb nach der ersten Impfung nach 6–12 Wochen als auch nach 12 Monaten eine Boosterung (Grundimmunisierung). Eine Auffrischung sollte alle 2 Jahre erfolgen.
Literatur und Quellen
- Werner Lang und Thomas Löscher (Hrsg.): Tropenmedizin in Klinik und Praxis. 3. Aufl. Thieme, Stuttgart, New York, 2000, S. 287–290. ISBN 978-3137858034
- Marre R, Mertens T, Trautmann M, Vanek E (Hrsg.): Klinische Infektiologie. Urban & Fischer Verlag, München, Jena, 2000, S. 235–237. ISBN 978-3437217401
- Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e. V. (DGPI): Handbuch Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 4. Aufl. Futuramed-Verlag, München, 2003, S. 665–668. ISBN 3923599900
- Chin J (ed): Control of Communicable Diseases Manual. American Public Health Association, 2000:491–496
- M. Dietel, J. Dudenhausen, N. Suttorp: Harrisons Innere Medizin. – Dt. Ausg. der 15. Aufl., ABW Wissenschaftsverlag, Berlin, Leiben, 2003; S. 1012–1014. ISBN 978-3936072105
- RKI: Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut/Juli 2003. Epid Bull 2003; 32: 245–260
- RKI: Hinweise für Ärzte zum Aufklärungsbedarf bei Schutzimpfungen/Januar 2004. Epid Bull 2004; 6: 33–52
- RKI: Impfpräventable Krankheiten in Deutschland bis zum Jahr 2000: Tetanus. Epid Bull 2002; 7: 51
Weblinks
- Tetanus – Informationen des Robert Koch-Instituts
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