Stenopelix valdensis

Stenopelix valdensis
Stenopelix
Spekulative Rekonstruktion von Stenopelix
Zeitraum
Unterkreide
145 bis 140 Mio. Jahre
Fossilfundorte
Systematik
Dinosaurier (Dinosauria)
Vogelbeckensaurier (Ornithischia)
Cerapoda?
Marginocephalia?
Pachycephalosauria?
Wissenschaftlicher Name
Stenopelix
Meyer, 1857
Art
  • S. valdensis Meyer, 1857

Stenopelix (übersetzt „enges Becken“) ist eine nur durch spärliche Funde bekannte Gattung von Vogelbeckensauriern (Ornithischia), möglicherweise aus der Gruppe der Pachycephalosauria oder Ceratopsia.

Von Stenopelix wurde bislang nur ein Exemplar, und von diesem nur Teile des Rumpfskelettes gefunden. Der Schädel, der zweifellos eine genaue Systematisierung ermöglichen würde, ist nicht bekannt. Stenopelix war mit rund 1,5 bis 2 m Länge relativ klein. In dem einzigen gefundenen Exemplar – das von einem fast vollständig ausgewachsenen Tier stammte - ist der erhaltene Teil der Wirbelsäule 97 cm lang und der Schwanz 55 cm, der Hals fehlte. Er lief biped auf den Hinterbeinen. Er wird häufig in Anlehnung an Psittacosaurier oder Pachycephalosaurier rekonstruiert.

Die fossilen Überreste von Stenopelix wurden 1855 bei Obernkirchen in Niedersachsen gefunden, bekannt durch seinen Bau-Sandstein. Die Fundstelle waren die Sandsteinbrüche des Harrl[1], einem westlichen Ausläufer der Bückeberge, in dem kurz zuvor schon Krokodilfossilien (und Schildkrötenpanzer) gefunden worden waren und später Dinosaurierfährten. 1857 wurde Stenopelix vom Frankfurter Paläontologen Hermann von Meyer (1801-1869) erstbeschrieben.[2]. Einzig bekannte Art ist S. valdensis (der Zuname bezeichnet die Formation, das Wealden). Er wird in die Unterkreide (Berriasium) auf ein Alter von 145 bis 140 Millionen Jahre datiert. Damals waren dort Sümpfe eines großen Fluß-Mündungsdeltas ins nördlich gelegene Unterkreidemeer, die auch Kohleablagerungen hinterließen.

Die systematische Einordnung von Stenopelix ist seit seiner Erstbeschreibung umstritten. Von Franz Baron von Nopcsa wurde er 1917 in einer eigenen Familie (Stenopelyxidae) eingeordnet und 1923 den Hypsilophodontidae (Gazellendinosauriern) zugeordnet. Alfred Romer ordnete sie 1946 in die Nähe der Psittacosaurier ein. Bei einer Neuuntersuchung des Skeletts durch Hermann Schmidt (Münster) in den 1960er Jahren konnte Stenopelix eindeutig den Ornithischia zugeordnet werden, aufgrund der Entdeckung der Postpubis-Verlängerung des Schambeins, einem typischen Merkmal der Ornithischia. In den 1970er Jahren fanden Teresa Maryanska und Halszka Osmolska Ähnlichkeiten des Stenopelix Skeletts mit durch polnische Expeditionen in der Mongolei neu gefundenen Pachycephalosauriern (Dickkopfschädeldinosaurier) fest[3]. Beispiele für die Ähnlichkeiten waren nach diesen Autoren: im Bau des Beckens hatte das Schambein (Pubis) keinen Anteil an der Hüftgelenkspfanne (Acetabulum) (was aber von Sues und Galton widerlegt wurde[4]) und die starken kaudalen Rippen (die Sues und Galton dann als Sakralrippen identifizierten). Die Pachycephalosaurier sind aber bis auf Yaverlandia aus der Unterkreide (rund 110 Mill. Jahre) der Isle of Wight[5], nur aus der Oberkreide Ostasiens und Nordamerikas bekannt. Peter Galton (der Erstbeschreiber von Yaverlandia) ordnete 1976 deshalb Yaverlandia und Stenopelix in dieselbe Gattung ein. Nach einer Neuuntersuchung der Fossilien mit Hans-Dieter Sues 1982 sahen beide in Stenopelix dagegen einen der bisher ältesten bekannten Vorfahren der Ceratopsier. Wegen seiner Größe ist er unter diesen am ehesten mit den Psittacosauriern vergleichbar.[6] Im Gegensatz zu den Psittacosauridae (und Protoceratopsidae) war der Oberschenkel (Femur) von Stenopelix länger als das Schienenbein (Tibia), das Becken war aber ähnlich: kurzer Fortsatz am Präpubis, hinterer Fortsatz am Pubis kurz, fehlender Processus obturator (das sonst als ein Schlüsselmerkmal der Ornithischia gilt). Möglicherweise läßt er sich auch in die Nähe gemeinsamer Vorfahren der Pachycephalosaurier und Ceratopsier einordnen, die beide heute als verwandt angesehen und zu den Marginocephalia zusammengefasst werden. Andere Wissenschaftler wie Robert Sullivan halten die Funde für zu spärlich für eine systematische Zuordnung und führen ihn als „Ornithischia incertae sedis[7].

Das Exemplar befand sich in der Sammlung von Max Ballerstedt (1857-1945), dem Nestor der Dinosaurier-Fährtenforschung in den Bückebergen, im Gymnasium Adolfinum Bückeburg und kam in den 1970er Jahren an das Geologisch-Paläontologische Institut der Universität Göttingen, wo 2008 im Geologischen Museum auch eine Nachbildung aufgestellt wurde.

Literatur

  • Teresa Maryańska, Ralph E. Chapman und David B. Weishampel: Pachycephalosauria. In: David Weishampel, Peter Dodson und Halszka Osmólska (Hrsg.): The Dinosauria. University of California Press, 2004. ISBN 0-520-24209-2., S. 464-477.
  • Robert M. Sullivan: A taxonomic review of the Pachycephalosauridae (Dinosauria: Ornithischia). In: New Mexico Museum of Natural History and Science Bulletin 35 (2006): S. 347-365 PDF
  • Hermann Schmidt „Stenopelix valdensis H.v.Meyer, der kleine Dinosaurier des norddeutschen Wealden“, Paläontologische Zeitschrift Bd.43, 1969, S.194-198
  • Hans-Dieter Sues, Peter Galton „The systematic position of Stenopelix valdensis from the Wealden of North Western Germany“, Palaeontographica, Abt.A, Bd.178, 1982, S.183-190
  • Ernst Probst, Raymund Windolf Dinosaurier in Deutschland, Bertelsmann 1993, S.211-217 (Abbildung des Fundskeletts S.212, Rekonstruktion S.219).

Weblinks

Anmerkungen und Verweise

  1. dort ruhte allerdings seit den 1860er Jahren der Abbau
  2. “Beiträge zur näheren Kenntnis fossiler Reptilien“, Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, 1857, S.532, “Stenopelix valdensis, ein Reptil aus der Wealden Formation Deutschlands``, Paläontologische Zeitschrift, Bd.7, 1859, S.25-34. Die Einordnung als Dinosaurier erfolgte durch Ernst Koken 1887.
  3. Maryanska, Osmolska „Pachycephalosauria – a new suborder of ornithischian dinosaurs“, Palaentologia Polonica Bd.30, 1974, S.45-102
  4. siehe den in der Literatur angegebenen Artikel von Sullivan
  5. und einer umstrittenen Zuordnung von Ferganocephale aus dem Mittleren Jura Kirgisiens, von dem aber nur Zähne bekannt sind
  6. vgl. auch Robert Carroll „Paläontologie und Evolution der Wirbeltiere“, Thieme Verlag 1993, S.324.
  7. Carroll „Paläontologie und Evolution der Wirbeltiere“, Thiemig 1993, Anhang, ordnet ihn nach Galton/Sues als „Ceratopsia incertae sedis“ ein

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