Stephen W. Hawking

Stephen W. Hawking
Stephen Hawking

Stephen William Hawking, CH, CBE (* 8. Januar 1942 in Oxford, Vereinigtes Königreich) ist ein englischer Astrophysiker und seit 1979 Inhaber des Lucasischen Lehrstuhls für Mathematik an der Universität Cambridge, den einst Sir Isaac Newton und Paul Dirac innehatten.

Stephen Hawking lieferte bedeutende Arbeiten zur Kosmologie, wobei seine Forschung vor allem auf dem Gebiet der Physik der Schwarzen Löcher angesiedelt ist. Durch populärwissenschaftliche Bücher über moderne Physik ist er auch einem breiten Publikum außerhalb der Fachwelt bekannt geworden.

1963 wurde bei Hawking Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) diagnostiziert, seit 1968 ist er auf einen Rollstuhl angewiesen; wobei allerdings die Vermutung nahe liegt, dass er an einer anderen neurodegenerativen Erkrankung leidet, da die durchschnittliche Lebenserwartung von ALS bei 3-5 Jahren liegt und Hawking seit über 40 Jahren mit der Erkrankung lebt; ein Wert, der selbst bei extremer und dauerhafter therapeutischer Begleitung eher unwahrscheinlich scheint. Durch einen Luftröhrenschnitt 1985 verlor er die Fähigkeit zu sprechen und ist für die verbale Kommunikation auf die Benutzung eines Sprachcomputers angewiesen, den er mit seinem rechten Wangenmuskel steuert.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werdegang

Ausbildung und Studium

Hawkings Eltern Isobel Hawking (Wirtschaftswissenschaftlerin) und Frank Hawking (Tropenmediziner) waren vor der Geburt ihres Sohnes vorübergehend aus dem Londoner Stadtgebiet (Stadtteil Highgate) nach Oxford gezogen, um so der Bedrohung durch deutsche Bombardierung durch die Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg zu entgehen. 1950 zog die Familie erneut um, diesmal nach St Albans nördlich von London, wo er ab 1953 die St. Albans School besuchte.

Der Wunsch des Vaters war es, dass sein Sohn Medizin studieren sollte, um in seine Fußstapfen als Arzt zu treten. Hawking konzentrierte sich daher in Leistungskursen auf Drängen seines Vaters auf Chemie und belegte Mathematik nur als Nebenfach. Noch vor dem Schulabschluss nahm er probeweise an einer Aufnahmeprüfung für die Universität Oxford teil, die er mit Auszeichnung bestand und die ihm überraschend ein Studien-Stipendium gewährte.

Hawking wollte an die Universität Cambridge wechseln, um dort Kosmologie zu studieren, ihm fehlte allerdings die dafür notwendige Examensnote. Aus diesem Grund trat er zu einer mündlichen Prüfung an, die er 1962 mit Bestnote bestand.

Wissenschaftliche Arbeit

Stephen Hawking schloss sein Bachelorstudium an der Universität Oxford 1962 ab. Wenig später wechselte er zu Trinity Hall an der Universität Cambridge, wo er seine Promotion über theoretische Astronomie und Kosmologie begann und 1966 abschloss. Nach seiner Doktorarbeit wurde er Research Fellow und später Professorial Fellow am Gonville and Caius College der Universität Cambridge.

Berühmt wurde er in den 1960er Jahren für den Beweis – gemeinsam mit Roger Penrose – der notwendigen Existenz von Singularitäten in der Allgemeinen Relativitätstheorie unter sehr allgemeinen Voraussetzungen. Für diese Arbeit gewann er 1966 den angesehenen Adams Prize der Universität Cambridge. Er wechselte an das Institut für Theoretische Astronomie in Cambridge, wo er bis 1973 blieb. Danach arbeitete er am Institut für angewandte Mathematik und Theoretische Physik und begann mit seiner quantenmechanischen Interpretation der Schwarzen Löcher.

1974 entwickelte er das Konzept der „Hawking-Strahlung“, nach der schwarze Löcher in der Quantenfeldtheorie (je nach der Masse des schwarzen Lochs mehr oder weniger schnell) zerstrahlen. Anschaulich kann man sich dies als Folge der Vakuumpolarisation vorstellen: im Vakuum werden ständig Teilchen-Antiteilchen-Paare erzeugt und es gibt eine effektive Strahlung, wenn eines dieser Teilchen im schwarzen Loch verschwindet, das andere aber entkommt.

In den 1980er Jahren entwickelte Hawking mit Jim Hartle einen Zugang zur Quantengravitation und deren Kosmologie über eine euklidische Wegintegralformulierung. Dabei wird in der mathematischen Wegintegralformulierung (ursprünglich von Richard Feynman für die Quantenfeldtheorie entwickelt), die über alle möglichen Konfigurationen von Raum-Zeiten („Wege“) (gewichtet mit einem exponentiellen Faktor der von der Wirkungsfunktion abhängt) summiert, ein auch in der Quantenfeldtheorie üblicher Trick angewandt, das Wegintegral wird zu imaginären Zeiten fortgesetzt, so dass die Metriken, über die summiert wird, eine Signatur wie bei der Metrik eines euklidischen Raumes statt des Vorzeichens des Minkowski-Raums wie in der Allgemeinen Relativitätstheorie bekommen. Nach Hartle und Hawking beinhaltet das einen no boundary proposal („ohne Grenzen“), der es ermöglicht die Big-Bang-Singularität auf der Zeitachse zu umgehen. Dieser Zugang zur Quantenkosmologie ist außerhalb der Hawking-Schule, die konsequent daran festgehalten hat, nicht unumstritten.

„The Black Hole Information Loss Problem“

Auf der 17. „General Relativity“ Konferenz in Dublin 2004 kündigte Hawking an, das Black Hole Information Loss Problem gelöst zu haben, stieß aber auf Kritik. Das Problem besteht darin, dass schwarze Löcher, die nur durch wenige Quantenzahlen beschrieben werden, aber Materie (Informationen) „verschlucken“ und nur, wie Hawking gezeigt hatte, thermisch strahlen (die einzige „Information“ dabei ist ihre Temperatur und Entropie, die proportional ihrer Oberfläche ist), Informationen vernichten, oder anders ausgedrückt in der Quantenmechanik zu einer „nicht unitären“, die Wahrscheinlichkeiten nicht erhaltenden Zeitentwicklung führen. Die Frage ist dann, ob es nicht doch einen Ausweg gibt, der die Informationen erhält. John Preskill hatte mit Hawking 1997 eine Wette abgeschlossen, dass es in der Quantengravitation einen solchen Ausweg gibt, Hawking hatte dagegen gehalten. In seiner Rede auf dem Kongress wechselte Hawking seinen Standpunkt und meinte, dass Informationen doch erhalten bleiben, was er mit einer Wegintegral-Formulierung der Quantengravitation in nicht-trivialen Topologien bewiesen zu haben glaubte.

Populärwissenschaftliche Schriften und Rezeption

1981 erhielt Hawking die Einladung, an einer Kosmologietagung im Vatikan teilzunehmen. Hier stellte er sein Konzept vor, laut dem das Universum keine Grenzen haben soll und begeisterte damit seine Zuhörer. In diesem Vortrag stellte er das All zugleich als ein Phänomen dar, das einfach vorhanden ist und dementsprechend keines Schöpfergottes bedarf.

„Wenn das Universum einen Anfang hatte, können wir von der Annahme ausgehen, dass es durch einen Schöpfer geschaffen worden sei. Doch wenn das Universum wirklich völlig in sich selbst abgeschlossen ist, wenn es wirklich keine Grenze und keinen Rand hat, dann hätte es auch weder einen Anfang noch ein Ende; es würde einfach sein. Wo wäre dann noch Raum für einen Schöpfer?[1]

1988 erschien mit Eine kurze Geschichte der Zeit das erste populärwissenschaftliche Buch Hawkings, in dem er die Theorien zur Entstehung des Universums, zur Quantenmechanik und zu Schwarzen Löchern darstellt. Das Buch wurde weltweit ein Bestseller und verkaufte sich in Millionenauflage.

Als erfolgreicher wissenschaftlicher Autor schrieb Hawking zudem weitere populärwissenschaftliche Werke.

Privatleben

Während seines Studiums in Oxford begannen die ersten Anzeichen für seine Erkrankung, die sich während seiner Studienzeit 1963 bis 1965 in Cambridge verstärkten. Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) begann, sein Nervensystem zu zerstören. Sein Gehirn war davon allerdings nicht betroffen. Durch die Diagnose zu neuer Leistung angespornt, begann Hawking 1965 seine Doktorarbeit bei Dennis Sciama und heiratete Jane Wilde, mit der er drei Kinder bekam. Da seine Hand zu dieser Zeit schon Lähmungserscheinungen zeigte, wurde seine Dissertation von unterschiedlichen Helfern geschrieben. Seit 1968 ist er zur Fortbewegung auf den Rollstuhl angewiesen.

Bei einem Besuch des Forschungszentrums CERN in Genf erlitt Hawking 1985 eine Lungenentzündung, die in seinem Zustand lebensbedrohlich war. Es kam zu einer Atemnot, die nur durch einen Luftröhrenschnitt überwunden werden konnte; dabei verlor Stephen Hawking die natürliche Sprachfähigkeit.

1990 erfolgte die Scheidung von Jane Wilde. Seitdem lebte Hawking mit seiner Pflegerin Elaine Mason zusammen, die er 1995 heiratete. Sie begleitete ihn während seiner Lehr- und Forschungstätigkeit sowie auf Forschungsreisen. 2006 trennten sich Hawking und Mason.

Hawking bei einem Parabelflug

Am 26. April 2007 wurde Hawking ein Herzenswunsch erfüllt: Er durfte an einem Parabelflug der NASA teilnehmen, der ihn kurzzeitig in den Zustand der Schwerelosigkeit versetzte und den er mit großer Begeisterung aufnahm. Kurz vor Beginn des Manövers wurde Hawking von Helfern aus seinem Rollstuhl gehoben und auf Schaumstoff gelegt. Den Schwebezustand hat der Physiker augenscheinlich gut verkraftet. Seinen Ärzten zufolge hat Hawking eine „unglaubliche Kondition“. Herzschlag und Blutdruck seien „normal und perfekt“ gewesen, hieß es bei der BBC. Die Piloten wiederholten das Manöver acht Mal und ließen den Astrophysiker so insgesamt vier Minuten die Schwerelosigkeit genießen. Außerdem soll ihn dieser Parabelflug auf einen geplanten suborbitablen Flug bei Virgin Galactic im Jahr 2009 vorbereiten. Milliardär Richard Branson versprach, die dafür notwendigen Kosten in Höhe von 100.000 Pfund zu übernehmen.[2]

Sprachcomputer

Nach seinem Luftröhrenschnitt konnte er lediglich durch Hochziehen einer Augenbraue kommunizieren. Zur Verständigung zog er diese immer hoch, wenn jemand auf den richtigen Buchstaben auf einer Tafel gedeutet hatte. Danach benutzte er einen Sprachcomputer. Mit einem Taster in der Hand konnte er aus einer Liste von Begriffen von einem Bildschirm wählen, die dann an einen Sprachgenerator geschickt wurden. So brachte er es auf bis zu fünfzehn Wörter in der Minute.

Hawking am 5. Mai 2006 während einer Pressekonferenz in der Bibliothèque nationale de France

Inzwischen ist seine Hand zu schwach dafür. Deshalb hat er nun einen Infrarotsensor an seiner Brille, der durch ein Kabel mit dem Sprachcomputer verbunden ist. Der Sensor sendet einen Infrarotstrahl aus, der unterschiedlich reflektiert wird, je nachdem, ob Hawking seinen rechten Wangenmuskel anspannt. Dadurch wird der Schalter ausgelöst und eine Auswahl auf dem Bildschirm bestätigt.

Trivia

In Angriff der Borg – Teil 1 der Science-Fiction-Serie Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert wirkte Hawking auf eigene Bitte hin mit. Er stellte als einzige Person im Star-Trek-Universum sich selbst dar, wobei er in einer Holodecksimulation zusammen mit Data (Brent Spiner), Isaac Newton (John Neville) und Albert Einstein (Jim Norton) Poker spielt – und gewinnt. Die Szene dauert knapp drei Minuten. Als er das Set des Maschinenraums mit dem Warpkern im Zentrum besichtigte, soll er sinngemäß gesagt haben: „Ich arbeite daran“.

Dies trifft auch auf einen Kinofilm zu, den Hawking über sich und seine Thesen veröffentlichen will. Unter dem Titel Beyond the Horizon arbeitet er derzeit mit Leonard Mlodinow am Drehbuch und wird selbst die Hauptrolle spielen.[3]

Hawking hatte in mehreren Folgen der Zeichentrickserien Die Simpsons, Futurama und Family Guy Gastauftritte und lieh auch für diese die Stimme seines Sprachcomputers aus. Auch in der TV-Serie Cosmo und Wanda hat Hawking einen Gastauftritt. In der ARD-Sendung „Beckmann“ sagte er außerdem, dass Die Simpsons „das Beste im amerikanischen Fernsehen“ seien.

Auch wurde er in dem Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds verewigt.

In dem Song Keep Talking der Gruppe Pink Floyd auf dem Album The Division Bell spricht Stephen Hawking mit seinem Sprachcomputer den einleitenden Satz For millions of years mankind lived just like the animals. Then something happened which unleashed the power of our imagination. We learned to talk. (deutsch: „Seit Millionen Jahren lebten die Menschen wie die Tiere. Dann passierte etwas, das die Kraft unserer Vorstellung entfesselte. Wir lernten zu sprechen.“).

Auch auf dem Album Crack the Skye der Progressive Metal-Band Mastodon werden Stephen Hawkings Theorien über das Wurmloch als ein Thema behandelt.

In den Büchern der Hyperion-Saga von Dan Simmons werden Raumschiffe mit dem sogenannten Hawking-Antrieb auf Überlichtgeschwindigkeit beschleunigt. Eines der Schiffe trägt den Namen HS Stephen Hawking.

Unter dem Titel Hawking – Die Suche nach dem Anfang der Zeit gibt es eine TV-Biographie (GB 2004). Sie befasst sich mit den Jahren seines Studiums in Oxford; mit der Zeit also, als die ersten Symptome seiner Erkrankung auftauchten und er seine Doktorarbeit begann (1962–1965).

Der Name des Rappers MC Hawking ist eine Parodie auf Stephen Hawking.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • mit George Ellis The Large Scale Structure of Spacetime, Cambridge 1973
  • Hawking on the Big Bang and Black Holes, World Scientific 1993 (Sammlung seiner wissenschaftlichen Arbeiten)
  • General Relativity: An Einstein Centenary Survey (Hrsg., gemeinsam mit W. Israel), Cambridge 1979, darin Hawking The path integral approach to quantum gravity
  • Quantum Cosmology, Les Houches Lectures 1984
  • Quantum Mechanics of Black Holes, Scientific American Februar 1977
  • The Edge of Spacetime, in Davies (Hrsg.) The New Physics 1989
  • The occurence of singularities in cosmology 1-3, Proceedings of the Royal Society, A, Band 294, 1966, S. 511, Band 295, 1966, S. 490, Band 300, 1967, S. 107
  • mit Roger Penrose The singularities of gravitational collapse and cosmology, Proceedings of the Royal Society A, Bd. 314, 1970, S. 529-548
  • Particle Creation by black holes, Communications in Mathematical Physics Bd.43, 1975, S.199
  • Eine kurze Geschichte der Zeit (Original: A brief history of time, 1988), rororo 1991, ISBN 3-499-60555-4.
  • Einsteins Traum. Expeditionen an die Grenzen der Raumzeit (Original: Black Holes and Baby Universes and Other Essays), rororo 1996, ISBN 3-499-60132-X.
  • Eine sechsteilige BBC-Reihe (300 Minuten insgesamt), 1997 (Titel darunter)
    • Teil 1: Sehen ist Glauben,
    • Teil 2: Am Anfang von Raum und Zeit
    • Teil 3: Kosmische Alchemie
    • Teil 4: Der Joker: Dunkle Materie
    • Teil 5: Schwarze Löcher und noch darüber hinaus
    • Teil 6: Eine Antwort auf alles
  • mit Roger Penrose Raum und Zeit, rororo 2000, englisch The Nature of Space and Time Princeton 1996 (getrennte Vorlesungen von Penrose und Hawking)
  • Das Universum in der Nussschale. (Original: The Universe in a Nutshell), Erweiterte Neuausgabe Dtv 2003, ISBN 3-423-33090-2.
  • Hawking – Die Suche nach dem Anfang der Zeit (Fernsehfilm, Großbritannien 2004, ARTE, Regie: Philip Martin)
  • Die kürzeste Geschichte der Zeit, Rowohlt, 2005, ISBN 3-498-02986-X.
  • Der geheime Schlüssel zum Universum, cbj-Verlag (ein wissenschaftliches Kinderbuch, geschrieben gemeinsam mit seiner Tochter Lucy Hawking), 2007, ISBN 978-3-570-13284-5.

Literatur über Stephen Hawking

  • Hubert Mania (Hg): Das große Stephen-Hawking-Lesebuch, Rowohlt, Reinbek 2003. ISBN 3-498-04488-5.
  • Michael White, John Gribbin: Stephen Hawking − Die Biographie, Rowohlt, Reinbek 1995. ISBN 3-499-19992-0.
  • Rüdiger Vaas: Hawkings neues Universum − Wie es zum Urknall kam, Kosmos, Stuttgart 2008. ISBN 9783440113783.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zitiert aus: Stephen Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit; Kap. 8
  2. Stephen Hawking plans to see space “, Telegraph.co.uk, 9.01. Zugriff am 12.05. 
  3. NETZEITUNG PEOPLE: Stephen Hawking arbeitet an Kinofilm
  4. Prizes, Awards & Fellowships


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