Sterndeutung

Sterndeutung

Als Sterndeuter wurde in der Antike ein Berufsstand bezeichnet, welcher aus heutiger Sicht etwa zwischen Mitte von Astronomie und Astrologie zu liegen käme.

Andrea Alciati: Astrologos, 1531

Die Sterndeuter waren die führenden Astronomen ihrer Zeit, und ihr – heute nur mehr von der Astrologie verwendetes – System der Notation war zu einem Gutteil eine astronomische Symbolsprache, um komplexe Zusammenhänge darzustellen. Die Sterndeutung an sich war eine Mischung aus Kalenderrechnung und religiösen Paradigmen.

Im Sprachgebrauch der ersten vor- und nachchristlichen Jahrhunderte werden diese sternkundigen Berater und Wissenschaftler meist als Chaldäer bezeichnet; sie waren häufig von persischer Herkunft, hatten aber ihr Wirkungsfeld von Mesopotamien und Arabien bis Anatolien und die Mittelmeerküsten.

In der Region Babylons hatten die Chaldäer traditionell auch eine religiöse Funktion - vor allem weil die damals noch unerklärlichen Planetenbahnen mit ihren seltsamen Schleifenbewegungen als Willensäußerungen von Gottheiten gedeutet wurden, die es zu ergründen galt. Seit Johannes Kepler sind diese jährlichen Planetenschleifen am Sternhimmel leicht erklärbar - als ein perspektivischer Effekt durch die Erdbahn.

In Israel und anderen Wohngebieten von Juden war es verpönt, Sterndeuterei zu betreiben, wodurch das Wort „Chaldäer“ einen sehr negativen Beigeschmack bekam.

Der Bericht des Matthäus (Kap.2) über den Stern von Betlehem nennt die (vermutlich drei) Sternkundigen deshalb Magoi (Μάγοι), was inzwischen durch die Wortverwandtschaft zum Magier ebenfalls einen anderen Klang bekam. Der Sprachwissenschaftler und Alttestamentler Fridolin Stier (1902-1981) übersetzt das Wort Magoi deshalb mit Sternkundige.

Die Sterndeutung erlebte im Hochmittelalter im Kontext der Alchemie eine Renaissance. Der letzte bedeutende Astronom, der auch Sterndeuter war, ist Johannes Kepler selbst: Sein Brotberuf war Astrologe am Hof zu Prag und später für Albrecht von Wallenstein. Gleichzeitig erkannte er aber auch die Unzulänglichkeiten der Sterndeutung und begründete eine Astronomie, die sich strengen wissenschaftlichen Grundsätzen verpflichtet fühlt. Dies hinderte ihn jedoch nicht, auch weiterhin alljährlich seine beim einfachen Volk beliebten Prognostica zu veröffentlichen.

Die Geschichte der Sterndeutung verläuft in anderen Kulturen, insbesondere der islamischen, indischen und chinesischen Astronomie, relativ analog von mystischer zu wissenschaftlicher Orientierung und spielt heute auch anderswo nurmehr in der Volkskunde eine Rolle.

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