Streß

Streß

Stress (engl.: Druck, Anspannung; lat.: stringere: anspannen) bezeichnet zum einen durch spezifische äußere Reize (Stressoren) hervorgerufene psychische und physiologische Reaktionen bei Tieren und Menschen, die zur Bewältigung besonderer Anforderungen befähigen, und zum anderen die dadurch entstehende körperliche und geistige Belastung.

1936 hatte der Mediziner Hans Selye den Begriff aus der Physik entlehnt, um die „unspezifische Reaktion des Körpers auf jegliche Anforderung“ zu benennen. Stress heißt in der Werkstoffkunde der Zug oder Druck auf ein Material (siehe Spannung, Materialermüdung).

Inhaltsverzeichnis

Zoologische Grundlage

Ausgangspunkt war die Auseinandersetzung eines Tieres mit einer akuten Gefahrsituation, zum Beispiel der Begegnung mit einem Fressfeind oder einem innerartlichen Aggressor oder einer physischen Gefahr wie Waldbrand etc. Das Tier muss dann in erhöhter Handlungsbereitschaft sein, was sowohl die Bereitschaft seiner Muskulatur und des Kreislaufs betrifft als auch seine zentralnervöse Aufmerksamkeit und Entscheidungsbereitschaft. Deshalb löst z. B. die Ausschüttung des Nebennierenhormons Adrenalin eine vegetative Wirkungskette aus, die letztlich den Blutdruck und den Blutzucker sowie den allgemeinen Muskeltonus erhöht.

Im Gehirn wird die relativ langsame Verarbeitung des Großhirns in seinem Einfluss zurückgedrängt und schematische Entscheidungsmuster des Stammhirns werden mit Vorrang genutzt. Dies geschieht durch veränderte Ausschüttungsmuster von dämpfendem Serotonin und anregendem Noradrenalin in den betreffenden Gehirnteilen. Das Tier kann dann rascher, wenn auch mit größerer Fehlerquote, reagieren. Die meist präzisere Einschätzung der Situation durch das Großhirn käme in der Gefahr oft lebensgefährlich langsam zustande.

Aus dem gleichen Grund muss die anfängliche Feststellung einer Gefahrsituation nicht bevorzugt über das Großhirn, sondern über schematisierte Auslösemuster erfolgen, auf die alte Stammhirn-Mechanismen reagieren: plötzlicher Schall oder plötzlicher Wechsel der Helligkeit, schrille Laute (Todesschreie) etc. Dies ist der Zusammenhang mit den unspezifischen Stressoren des menschlichen Alltags, die ständig eine körperliche Reaktion auf vermeintliche Gefahren erzeugen. Das Schädliche daran ist, dass diese Körperreaktionen nicht ihre natürliche Abarbeitung finden.

Stress beim Menschen

Definition: Eine Stressreaktion ist ein subjektiver Zustand, der aus der Befürchtung entsteht, dass eine starkaversive, zeitlich nahe und subjektiv lang andauernde Situation wahrscheinlich nicht vermieden werden kann. Dabei erwartet die Person, dass sie nicht in der Lage ist, die Situation zu beeinflussen oder durch Einsatz von Ressourcen zu bewältigen.

Unter Stress versteht man somit die Beanspruchung (Auswirkung der Belastungen auf den Menschen) durch Belastungen (Objektive, von außen her auf den Menschen einwirkende Größen und Faktoren). Diese können z. B. physikalischer Natur sein (Kälte, Hitze, Lärm, starke Sonneneinstrahlung etc.) oder toxische Substanzen (z. B. Zigarettenrauch stresst den menschlichen Körper). Auch psychische Belastungen sowie bestimmte eigene Einstellungen, Erwartungshaltungen und Befürchtungen können auf emotionaler Ebene Stressoren sein. Stress ist also die Anpassung des Körpers an diese Stressoren, bzw. seine Reaktion auf diese.

Stresstheorien

Verschiedene Stresstheorien haben versucht, den Zusammenhang zwischen Stressoren und Stressreaktion darzustellen. Die Modelle sind mit wachsendem Erkenntnisstand zunehmend komplexer geworden. In mancher Hinsicht stellen sie einfach verschiedene Definitionsversuche des weitläufigen Begriffskomplexes „Stress“ dar. Beispielhaft können benannt werden:

  • Notfallreaktion nach Walter Cannon (1914, 1932) (Hauptartikel: Fight-or-flight): Nach diesem Modell reagiert der Körper blitzartig durch die Herstellung einer „Flucht oder Angriffsbereitschaft“. Siehe oben unter Zoologische Grundlagen.
  • Allgemeines Anpassungssyndrom nach Hans Selye (1936): Dieses Modell ist das ursprüngliche Stresskonzept. Es stellt die Folgen punktuellen und chronischen Stresses dar. Mit Wahrnehmung eines (jeden) Stressors folgt eine Anpassungsreaktion. Nachgewiesen wurde, dass auf jede Anspannung- eine Entspannungsphase folgen muss, da nur bei ausreichender Erholung ein gleichbleibendes Niveau zwischen Ruhe und Erregung gehalten werden kann. Folgen in kurzen Abständen weitere Stressoren, wächst das Erregungsniveau weiter an.
  • Stressmodell von Henry: Dieses Modell unterscheidet spezifische physiologische Reaktionen je nach Stresssituation: Furcht (Flucht) führt zu Adrenalinanstieg; Ärger (Kampf) zu Noradrenalin- und Testosteronanstieg; Depression (Kontrollverlust, Unterordnung) zu Cortisolanstieg und Testosteronabfall.[1]
  • Transaktionales (oder kognitives) Stressmodell nach Lazarus (1974) (Hauptartikel: Stressmodell von Lazarus): Zusätzlich zu den oben genannten Modellen werden persönliche Bewertungsebenen eingefügt. Demnach wird Stress wesentlich von kognitiven Bewertungsprozessen mit bestimmt. Stress ist damit eine Interaktion zwischen der (individuellen) Person und der Umwelt. Es wurde nachgewiesen, dass Stress durch Einstellung und Erfahrung beeinflussbar ist.
  • Theorie der Ressourcenerhaltung nach Stevan Hobfoll (1988, 1998; Hobfoll & Buchwald, 2004) (Hauptartikel: Theorie der Ressourcenerhaltung): Die Theorie der Ressourcenerhaltung ermöglicht ein umfassenderes und stärker an den sozialen Kontext gebundenes Verständnis von Stress. Zentrale Annahme ist, dass Menschen ihre eigenen Ressourcen schützen wollen und danach streben, neue aufzubauen. Stress wird als eine Reaktion auf die Umwelt definiert, in der (1) der Verlust von Ressourcen droht, (2) der tatsächliche Verlust von Ressourcen eintritt und/oder (3) der adäquate Zugewinn von Ressourcen nach einer Ressourceninvestition versagt bleibt im Sinne einer Fehlinvestition.

Psychosoziale Stressfaktoren

Zu den schwer wiegenden Lebensereignissen, die bei Menschen Stress auslösen, gehören insbesondere:[2]

  • der Tod eines nahen Familienangehörigen und
  • Scheidung.

Weitere Stressfaktoren sind

  • chronische Konflikte in der Paarbeziehung[2]
  • Zeitmangel, Termindruck
  • Lärm
  • Geldmangel, Armut, Schulden, Überschuldung
  • fehlende Gestaltungsmöglichkeiten, mangelndes Interesse am Beruf und in der Freizeit
  • große Verantwortung
  • Mobbing am Arbeitsplatz, Mobbing in der Schule
  • Schichtarbeit (bewirkt eine Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus und gesundheitliche Probleme)
  • Ständige Konzentration auf die Arbeit (zum Beispiel bei Fließbandarbeit)
  • Angst, nicht zu genügen
  • Soziale Isolation, Verachtung und Vernachlässigung
  • Schlafentzug
  • Reizüberflutung
  • Krankheiten und Schmerzen, eigene und die von Angehörigen
  • Seelische Probleme, unterschwellige Konflikte
  • Schwerwiegende Ereignisse (beispielsweise ein Wohnungseinbruch, eine Operation, eine Prüfung)
  • auch (unausgleichbare) Unterforderung, Langeweile und Lethargie
  • Überforderung durch neue technische Entwicklungen (Technostress)
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Untersuchungen haben belegt, dass Frauen intensiver und länger auf Stresssituationen reagieren und grundsätzlich stressempfindlicher sind als Männer. Die Ursachen hierfür sollen jedoch nicht körperlicher sondern kognitiver Natur sein. Ursachen sollen sein:

  • geringere Fähigkeitsüberzeugung
  • geringere Kontrollüberzeugung
  • höheres Abhängigkeitsempfinden

Um ungesunden Arbeitsstress zu charakterisieren, haben sich zwei Modelle bewährt: Das Anforderungs-Kontroll-Modell von Karasek und Theorell (1990) [3] und das Modell nach Siegrist (1996)[4], zitiert nach[5]

Stressreaktionen

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Typische Stress-/Panik-/Krisen-Reaktionen bei:

  • Erwachsenen (Schwerpunkte)
    • Gehirn: Abbau von Gehirnmasse, Einschränkung der emotionalen Ebene, Durchblutungsstörungen im Gehirn
    • Gefühle: Traurigkeit, Ärger, Schuld, Vorwürfe, Angst, Verlassenheit, Müdigkeit, Hilflosigkeit, „Schock“, Jammern, Emanzipation, Erleichterung, Taubheit, Leere, Hoffnungslosigkeit, Deprivation, Demütigung, Steigerung des aggressiven Verhaltens, Bewegungsdrang, Gereiztheit, emotionsloses Denken,
    • Kognition: Ungläubigkeit, Verwirrung, Vorurteile, Konzentration, Halluzinationen, Depersonalisation, Vergesslichkeit.
    • körperlich: Übelkeit, Enge in Kehle und Brust, Übersensibilität bei Lärm, Atemlosigkeit, Muskelschwäche, Verspannung von Muskeln, Mangel an Energie, trockener Mund, Magen- und Darmprobleme, zeitbedingte Impotenz, Haarausfall, schlechtes Hautbild, rötliche Augen, verminderte Mimik, Herzstechen, Hörsturz, Gelenkschmerzen, Hautausschlag, Schwächung des Immunsystems, langfristige Störung des Verdauungsprozesses sowie erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzinfarkt.
    • Verhalten: verminderte Kreativität[6], Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Geistesabwesenheit, sozialer Rückzug, Träume über das Ereignis, Vermeidung von Nähe zu Tatort oder ähnlichen Situationen, Seufzen, Aktivismus, Weinen, Hüten von „Schätzen“
  • Kindern und Jugendlichen im:
    • Alter von 1 bis 5
      • Daumenlutschen, Bettnässen, Dunkelangst, Angst vor Tieren, Klammern, Nachtangst, Verlust der Darm- und/oder Blasenkontrolle, Verstopfung, Stottern/Stammeln, Appetitlosigkeit oder Heißhunger, Schwitzen
    • Alter von 5 bis 11
      • Irritiert sein, Jammern, Klammern, Aggressivität, Geschwisterrivalität, Alpträume, Dunkelangst, Schulangst, Fingernägel kauen, sozialer Rückzug von Gleichaltrigen, Interesselosigkeit, Konzentrationsmangel, Schwitzen
    • Alter von 11 bis 14
      • Schlafstörungen, Essstörungen, Rebellion daheim, mangelndes Interesse an Aktivitäten Gleichaltriger, Schulprobleme (z. B. Gewaltneigung, Rückzug, Interesselosigkeit, Mittelpunktsstreben), physische Probleme (z. B. Kopfweh, undefinierbare Schmerzen, Hautprobleme, Verdauungsprobleme, sonstige psychosomatische Beschwerden), Schwitzen
    • Alter von 14 bis 18
      • Psychosomatische Beschwerden, Störungen des Appetits und des Schlafes, hypochondrische Reaktionen, Durchfall, Verstopfung, Störungen der Menstruation, Steigerung oder Senkung des Energielevels, Desinteresse am anderen Geschlecht, Abnahme von Durchsetzungskämpfen mit Eltern, Konzentrationsmangel, Schwitzen

Stress-Sensibilisierung

Einflüsse wie Angst oder Stress können zu einer Stress-Sensibilisierung führen. Nach einer Sensibilisierung löst ein Stressor eine stärkere Stressreaktion aus als zuvor. Untersuchungen legen nahe, dass gerade Stress in jungen Tieren oder Menschen zu stärkere Sensibilisierung gegenüber Stress führen kann.[7] Eine Stress-Sensibilisierung wird auch mit der posttraumatischen Belastungsstörung in Verbindung gebracht.[8][9]

Die Dynamik von Stress und Erholung

Die Erholungsforschung betrachtet Erholung als »intentional gesteuerten Prozess, der die aktive Auseinandersetzung einer Person mit ihrer Umwelt ebenso umfasst, wie die grundsätzliche Kontrollierbarkeit des Erholungsprozesses« (Almer, 1996). In ihrem Zentrum steht die komplexe Interaktion zwischen Belastung und Erholung. Die wichtigsten Zusammenhänge skizziert Eichhorn (2006):

"1. Art und Dauer der Belastungsphase strahlen in die Erholungsphase aus. Je länger und stärker die Belastungsphase dauert, umso länger dauert es, bis man sich davon erholt und wieder fit in die nächste Belastungsphase hineingehen kann.

2. Nach einem stressigen Arbeitstag fühlt man sich zum einen innerlich überdreht und angespannt, zum anderen energie- und kraftlos. Im Extremfall hat man zu nichts mehr Lust. Nur noch Couch, Chips und TV. Fachleute sprechen von low-effort-activities, also Aktivitäten, die keine große Anstrengung erfordern. Ungünstig an ihnen ist: Sie sind kaum erholsam.

3. Belastung addiert sich auf. Ist man morgens um acht Uhr noch relativ locker, sieht es um elf oder fünfzehn Uhr schon wieder ganz anders aus. Das kann sogar dazu führen, dass man die nächste Belastungsphase nicht optimal erholt antritt, wenn beispielsweise Stress sogar die Qualität und Quantität des Schlafs beeinträchtigt. Dann ist man auch schneller wieder überlastet und benötigt in der Folge eine noch längere Erholungsphase. So kann sich ein gefährlicher Kreislauf hochschaukeln."

Ungünstige öffentliche Einstellungen in Bezug auf Stress und Erholung

Es fällt offensichtlich schwer, Stress kompetent zu bewältigen. Das zeigt eine Studie von Allmer (2003). Demnach möchten von 5.000 Befragten zwar 70 Prozent nach der Arbeit besser abschalten, die meisten wissen aber nicht wie. Das öffentliche Erholungsverständnis besteht in der Regel aus Urlaub, Liegestuhl und Nichtstun. Das ist aus mehreren Gründen gefährlich. Es reserviert Erholung ausschließlich für den Urlaub und assoziiert sie mit nichts tun. Vor diesem Hintergrund sind drei Fragen wichtig:

1. Erholen wir uns überhaupt gut im Urlaub?

2. Falls »ja«, wie lange hält der Erholungseffekt nach dem Urlaub an?

3. Fördern Liegestuhl und Nichtstun die Erholung?

Die Antworten auf alle drei Fragen sind ernüchternd. Zum einen geben 40 Prozent der Urlauber an, dass sie sich dort nicht wirklich erholen (Expedia 2008). Zum anderen gibt es Hinweise darauf, dass der Erholungseffekt nach Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nur kurz anhält. Bereits nach einigen Tagen ist er bei vielen schon wieder verflogen. Das entspricht auch dem subjektiven Erleben vieler Stressbetroffener. Schließlich sind Liegestuhl und TV nur wenig geeignete Erholungsaktivitäten. Im Gegenteil, TV am Abend scheint die Erholungsphase eher zu behindern (Eichhorn 2009 in press). In Bezug auf Erholungsaktivitäten ist auch ungünstig, dass die Laienpresse den Eindruck vermittelt, als sei Sport die einzig wirksame Erholungsmaßnahme. Dass Sport sehr wirksam ist, ist unbestritten, allerdings ist er nicht das Einzige, was man tun kann. Aber gerade nach einem stressigen Arbeitstag fällt es schwer, sich zum Sport aufzuraffen (siehe Abschnitt: Die Dynamik von Stress und Erholung). Das macht Sport für viele unattraktiv. Wenn also viele Menschen wenig für ihre Erholung tun, dann liegt das auch an mangelndem Wissen über wirkungsvolle Erholungsaktivitäten (Eichhorn, in press). Dabei gibt es noch zahlreiche andere Möglichkeiten, was man tun kann. Das sind insbesondere all jene Tätigkeiten, bei denen man gleichsam in eine andere Welt eintaucht. Und bei denen unser Geist zur Ruhe kommt, wie z.B. ein warmes Bad nehmen, im Garten arbeiten, im Chor singen, einen Kaffee mit der Freundin trinken, kochen, mit dem Hund spazieren gehen, lesen und vieles mehr. Wirksame Erholungsaktivitäten zeichnen sich dadurch aus:

- dass es uns hinterher besser geht,

- dass sie uns dabei helfen, loszulassen und zur Ruhe zu kommen (Eichhorn, 2006).

Positive Emotionen sind heute als Stresspuffer anerkannt. "So meinte Susan Folkman, Pionierin der Stressforschung schon 1997: „Wir müssen heute die Stresstheorie so ergänzen, dass wir positive Emotionen bei der Bewältigung von Stress stärker berücksichtigen“. Und Barabara Fredrickson, eine der wichtigsten Vertreterinnen zum Thema positive Emotionen, ergänzt: Stress und Überlastung lassen sich zwar nie vermeiden, positive Emotionen modifizieren jedoch die Stressantwort des Körpers auf belastende Ereignisse nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Zukunft"(zitiert bei Eichhorn, 2006).

Stressvermeidung

Vor der Stressbewältigung steht die aktive Vermeidung krank machenden Stresses mit professionellen Problemlösungen. Neben auf den einzelnen Mitarbeiter bezogenen individuellen Ansätzen stehen kollektive Ansätze, die strukturelle Stresserzeugung in Betrieben ausschalten sollen.

Im Bereich des Arbeitsstresses mussten Betriebsräte zunehmend Kompetenz aufbauen, die bei der Bewertung der Ressourcenausstattung von Projekten und der Arbeitsgestaltung eingesetzt wird. Unterstützung bieten auch Gewerkschaften[10], Berufsverbände und Beratungseinrichtungen[11]. Gesetzliche Grundlage zum Schutz von Arbeitnehmern gegen arbeitsbedingte Erkrankungen ist insbesondere das Arbeitsschutzgesetz im Zusammenwirken mit dem Betriebsverfassungsgesetz[12].

Die Erfassung von krank machendem oder tödlichem[13] Stress wirft automatisch Haftungsfragen auf. Das erschwert Messung und Vermeidung. Besonders motiviert bei der problemlösungsorientierten Stressforschung sind Krankenkassen und Berufsgenossenschaften, da ihnen durch Stress ausgelöste psychische Erkrankungen inzwischen spürbare Kosten bereiten.

Stressbewältigung

Die Feststellungen, die mit dem Transaktionalen Stressmodell sowie der Theorie der Ressourcenerhaltung einhergehen, bilden auch den Ausgangspunkt für Stressbewältigungstechniken. Man unterscheidet zwischen problembezogenen und emotionsbezogenem Bewältigungsstrategien (engl. Coping). Stress zeigt sich in kognitiven, emotionalen, muskulären, vegetativ-hormonellen und sozialen Reaktionen. Entsprechende Stressbewältigungstechniken dämpfen die Stressreaktionen bzw. versuchen, diese erst gar nicht entstehen zu lassen. Beispiele: Yoga, Autogenes Training, Biofeedback, Neurofeedback oder Mindmachine, Progressive Muskelrelaxation (PMR) oder Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion, Verinnerlichung von problem- bzw. emotionsorientierten Bewältigungsformen wie bei der Wahrnehmungslenkung oder positiven Selbstinstruktion, gruppenbezogene Bewältigungsstrategien wie Suche nach Unterstützung, Teambildung, rücksichtsvolles Verhalten oder aggressiv-antisoziales Coping, abgebildet im multiaxialen Copingmodell. Auch durch körperliche Betätigung wie im Sport kann Stress schneller vom Körper abgebaut werden.

Situation in Deutschland

In Deutschland ist laut dem Statistischen Bundesamt Herzinfarkt die häufigste Todesursache. Im Jahre 2005 starben ungefähr 190.000 Menschen an Folgen von Stress und damit verbundenen Folgen.

Medizinische Aspekte

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Stress wirkt sich auf die Psyche genauso aus wie auf die Befindlichkeit des Körpers. Es kann zu leichten und schweren Krankheiten kommen. Etliche Studien haben die negativen Effekte so genannter Stresshormone belegt. So kommt es bei Stress zu einer erhöhten Konzentration von Adrenalin, Noradrenalin oder Cortisol im Blut, was langfristig Schäden an den Blutgefäßen nach sich zieht. Durch eine Schutzreaktion des Körpers auf Stress kann es zu einer unnatürlichen muskulären Anspannung kommen (Dysponesis).[14] , was durch eine Chronifizierung z. B. auch zu Rückenschmerzen führen kann.

Jüngst konnten auch molekulare Veränderungen in den Körperzellen selbst festgestellt werden. In Stress-Situationen wird ein bestimmtes Protein in den Zellen aktiv, welches Entzündungen auslöst und Abbauprozesse in Gang hält. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass anhaltender Stress die Länge der Chromosomenenden (Telomere) negativ beeinflusst, was wiederum zu einer beschleunigten Alterung von Körperzellen führt. Dies könnte eine Ursache dafür sein, warum Menschen mit Stress anfälliger sind für Erkrankungen z. B. des Herz-Kreislaufsystems oder auch des Immunsystems. So konnte in einer Studie nachgewiesen werden, dass Stress allergische Reaktionen verschlimmert.[15]

Die gesundheitlichen Schäden durch Stress werden zur Zeit intensiv erforscht, verschiedene Studien deuten beispielsweise darauf hin, dass psychosozialer Stress wohl ein Risikofaktor für Herzkrankheiten ist. [16]

Eine spezielle Art des Stresses, das „Lampenfieber“, kann, je nach Stärke, positiv oder negativ wirken.

Unter dem Begriff PTBS (engl.: post-traumatic stress disorder; PTSD) wird die nachwirkende Belastung nach schweren stressenden Erlebnissen zusammengefasst.

Siehe auch

Literatur

Fachliteratur

  • Doyle, Christine F.: Work and Organizational Psychology, 2003, ISBN 0-415-20872-6; S. 111–158: A Study of Stress
  • Eichhorn, C.: Gut erholen – besser leben. Das Praxisbuch für Ihren Alltag. Stuttgart. Klett-Cotta. 2006. ISBN 3-608-94413-3
  • Eichhorn, C.: Erholungskompetenz - Basis für berufliche Höchstleistung. In Symposium Publishing. In press.
  • Hobfoll, S. E. (1998). Stress, culture, and community. New York: Plenum.
  • Hobfoll, S. E. & Buchwald, P. (2004). Die Theorie der Ressourcenerhaltung und das multiaxiale Copingmodell – eine innovative Stresstheorie.
    darin (S. 11–26): P. Buchwald, C. Schwarzer & S. E. Hobfoll (Hrsg.), Stress gemeinsam bewältigen. Göttingen: Hogrefe
  • Latniak, Erich; Gerlmaier, Anja: Zwischen Innovation und täglichem Kleinkrieg (Belastung von IT-Beschäftigten), IAT-Report 2006–04, ISSN 1619-1943
  • Lazarus, R. S. & Folkman, S. (1984). Stress, appraisal, and coping. New York: Springer.
  • Nitsch, J.R. (1981). Stress – Theorien, Untersuchungen, Maßnahmen, Bern: Huber
  • Palentien, C. (1997). Jugend und Stress – Ursachen, Entstehung und Bewältigung, Berlin: Luchterhand
  • Rensing, Ludger; Koch, Michael; Rippe, Bernhard; Rippe, Volkhard: Mensch im Stress – Psyche, Körper, Moleküle. 432 Seiten, 3 s/w Abb., 125 farb. Abb., 20 s/w Tab. Spektrum Akademischer Verlag 2005. ISBN 3-8274-1556-X
  • Scheuch, K. & Schreinicke, G. (1986). Stress – Gedanken, Theorien, Probleme, Berlin: Volk und Gesundheit
  • Schwarzer, R. (2000). Stress, Angst und Handlungsregulation, Stuttgart: Kohlhammer
  • Selye Hans, The Physiology and Pathology of Exposure to STRESS, ACTA. INC. Medical Publishers, 1950
  • Selye Hans, Einführung in die Lehre vom Adaptionssyndrom, Georg Thieme Verl., 1953
  • Semmer, N. & Udris, I. (1995). Bedeutung und Wirkung von Arbeit. In H. Schuler (Hrsg.), Lehrbuch Organisationspsychologie. 2. Aufl. Bern: Hans Huber.

Quellen

  1. Hermann Faller; Herrmann Lang: Medizinische Psychologie und Soziologie. Heidelberg: Springer 2006, ISBN 3-540-29995-5
  2. a b Auslöser und Risikofaktoren – Was Depressionen verursachen kann
  3. Fragebogen Karasek
  4. Fragebogen Siegrist
  5. Ärzte Zeitung Unangenehmer Arbeitsstress ist Gefahr für Herz und Gefäße, 15./16.12.2006, S. 12
  6. Manfred Spitzer: Selbstbestimmen. Gehirnforschung und die Frage: Was sollen wir tun?, 2003
  7. Stress: It's Worse Than You Think. In: Psychology Today. 2006. Abgerufen am 26. Juni 2008. (englisch)
  8. Vinuta Rau et al: Stress-induced enhancement of fear learning: An animal model of posttraumatic stress disorder (abstract). Centre National de la Recherche Scientifique, 2007. Abgerufen am 26. Juni 2008. (englisch)
  9. Jean-Michel Thurin: Stress et environnement: Histoire personnelle, Personnalité, Comportement, Psychopathologie, Support social et stress. Abgerufen am 26. Juni 2008. (französisch)
  10. IG Metall Internet – Arbeit und Gesundheit
  11. z. B. Sozialnetz Hessen
  12. Jens Gäbert, Brigitte Maschmann-Schulz: Mitbestimmung im Gesundheitsschutz, 2008, ISBN 978-3-7663-3498-5
    Michael Kittner, Ralf Pieper: Arbeitsschutzgesetz, 2007, ISBN 978-3-7663-3201-1
  13. siehe auch Karōshi
  14. Dysponesis - Chronische, unnatürlich Muskelspannung. [1]
  15. Stress verschlimmert allergische Reaktionen. [2]
  16. Alan Rozanski, MD; James A. Blumenthal, PhD; Jay Kaplan, PhD (1999) Impact of Psychological Factors on the Pathogenesis of Cardiovascular Disease and Implications for Therapy - In: Circulation, 99.

Weblinks

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