Subjektive Wahrscheinlichkeit
- Subjektive Wahrscheinlichkeit
-
In der subjektiven Wahrscheinlichkeitsauffassung - auch Subjektivismus - gilt Wahrscheinlichkeit als Maß für die Sicherheit der persönlichen Einschätzung eines Sachverhaltes. Diese Sichtweise steht damit im Gegensatz zu den objektivistischen Wahrscheinlichkeitsbegriffen wie Determinismus, Propensität oder Frequentismus, bei denen Wahrscheinlichkeit entweder Ausdruck eines Messfehlers oder prinzipieller physikalischer Eigenschaften der Welt darstellt.
Bayes'scher Wahrscheinlichkeitsbegriff
Die wichtigste Strömung des wahrscheinlichkeitstheoretischen Subjektivismus ist die Bayes'sche Wahrscheinlichkeitstheorie. Ähnlich wie beim Wetten, kann die persönliche Sicherheit als Odds-Ratio dargestellt werden. Ohne Vorwissen sind Hypothese und Alternative gleich wahrscheinlich (p=0,5). Kann aus vorhandenem Vorwissen, z. B. durch vorangegangene Experimente, eine A-priori-Wahrscheinlichkeit geschätzt werden, wird dieses Wissen mittels der Bayesschen Statistik in die Berechnung der Wahrscheinlichkeit einbezogen. Die A-priori-Wahrscheinlichkeiten können aber ebenso aufgrund von Expertenwissen oder Intuition geschätzt werden[1].
Wahrscheinlichkeitsbegriff von de Finetti
Bruno de Finetti erweiterte den Bayes'schen Ansatz[2]. Danach ist Wahrscheinlichkeit stets Ausdruck unserer unzureichenden Information.
Sowohl der Bayes'sche Begriff als auch der Ansatz von de Finetti erlauben es, Wahrscheinlichkeit unabhängig von objektiv vorhandenem Zufall zu sehen. Damit können auch Aussagen wie "Auf dem Mars gab es früher Leben" als Wahrscheinlichkeitsaussagen behandelt werden, im Gegensatz zu den objektivistischen Ansätzen (wie etwa die Kopenhagener Deutung), die von einer physikalischen Gesetzmäßigkeit ausgehen, die mit einer Tendenz (Propensität) zu einem bestimmten Ergebnis führt. Frequentistische Ansätze können diese Bewertung nur dann leisten, wenn die Möglichkeit zum wiederholten Experiment besteht. Allerdings wird in der subjektivistischen Wahrscheinlichkeitsauffassung das Symmetrieprinzip abgelehnt, da ein Experiment in Wirklichkeit nie exakt wiederholbar ist.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ David MacKay: Information Theory, Inference, and Learning Algorithms, ISBN 0-521-64298-1
- ↑ Bruno de Finetti: Wahrscheinlichkeitstheorie. Oldenbourg (München) 1981
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
subjektive Wahrscheinlichkeit — ⇡ Wahrscheinlichkeit, die als quantitativer Ausdruck des Überzeugtheitsgrades eines Subjektes, z.B. eines Experten, numerisch festgelegt wurde. Bei der Festlegung von s.W. sind die Axiome der ⇡ Wahrscheinlichkeitsrechnung zu beachten. Anwendung z … Lexikon der Economics
Wahrscheinlichkeit — Die Wahrscheinlichkeit ist eine Einstufung von Aussagen und Urteilen nach dem Grad der Gewissheit (Sicherheit). Besondere Bedeutung hat dabei die Gewissheit von Vorhersagen. In der Mathematik hat sich mit der Wahrscheinlichkeitstheorie ein… … Deutsch Wikipedia
Wahrscheinlichkeit — Wahr|schein|lich|keit 〈f.; ; unz.〉 das Wahrscheinlichsein, vermutete Richtigkeit, annähernde Gewissheit ● die Wahrscheinlichkeit, dass die Verschütteten tot sind, ist leider groß; aller Wahrscheinlichkeit nach wahrscheinlich * * *… … Universal-Lexikon
Induktion (Denken) — Der Ausdruck Induktion (von lateinisch inducere, „herbeiführen, veranlassen, einführen“) wird klassischerweise als Gegenbegriff zu Deduktion verwendet. Während eine Deduktion, so die klassische Auffassung, aus gegebenen Voraussetzungen schließt,… … Deutsch Wikipedia
Induktionslogik — Der Ausdruck Induktion (von lateinisch inducere, „herbeiführen, veranlassen, einführen“) wird klassischerweise als Gegenbegriff zu Deduktion verwendet. Während eine Deduktion, so die klassische Auffassung, aus gegebenen Voraussetzungen schließt,… … Deutsch Wikipedia
Induktionsprinzip — Der Ausdruck Induktion (von lateinisch inducere, „herbeiführen, veranlassen, einführen“) wird klassischerweise als Gegenbegriff zu Deduktion verwendet. Während eine Deduktion, so die klassische Auffassung, aus gegebenen Voraussetzungen schließt,… … Deutsch Wikipedia
Induktionsschluss — Der Ausdruck Induktion (von lateinisch inducere, „herbeiführen, veranlassen, einführen“) wird klassischerweise als Gegenbegriff zu Deduktion verwendet. Während eine Deduktion, so die klassische Auffassung, aus gegebenen Voraussetzungen schließt,… … Deutsch Wikipedia
Religionsphilosophie — Die Religionsphilosophie beschäftigt sich auf philosophische Art und Weise mit der Religion. Sie versucht, systematisch und rational Antwort zu geben auf Fragen nach dem Wahrheitsgehalt religiöser Aussagen, nach dem Wesen der Religion und ihrer… … Deutsch Wikipedia
Wahrscheinlichkeitsauffassungen — verschiedene Konzeptionen zum Wesen einer ⇡ Wahrscheinlichkeit, die in den verschiedenen Anwendungsfeldern der ⇡ Wahrscheinlichkeitsrechnung zur numerischen Konkretisierung von Wahrscheinlichkeitswerten herangezogen werden. 1. Der klassischen W.… … Lexikon der Economics
Induktion (Philosophie) — Schematische Darstellung eines vermuteten Zusammenhangs von Theorie, Empirie, Induktion und Deduktion Induktion (von lateinisch inducere, „herbeiführen, veranlassen, einführen“) bedeutet seit Aristoteles den abstrahierenden Schluss aus… … Deutsch Wikipedia