Sultan al-Hakim Biamrillah

Sultan al-Hakim Biamrillah

al-Hākim bi-amri ʾllāh, Abū ʿAlī al-Manṣūr (arabischالحاكم بأمر الله , أبو علي المنصور ‎, DMG al-Ḥākim bi-amri ʾllāh, Abū ʿAlī al-Manṣūr ‎ ; * 985; † 13. Februar 1021, Regierungszeit: 996–1021) war der sechste Kalif der ägyptischen Fatimiden, einer schiitischen Dynastie, die sich auf Fatima, einer der Töchter des Propheten Mohammed, zurückführen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Mit dem Tod seines Vaters Al-Aziz (975-996) kam al-Hākim minderjährig auf den Kalifenthron der Fatimiden. Zunächst verhinderte der slawische Eunuch Bardschuwan mit Hilfe türkischer Söldner die Erneuerung des Einflusses der Berbertruppen aus Ifriqiya auf die Regierung. Nach der Ausschaltung anderer Thronanwärter und Konkurrenten übernahm er selbst die Regentschaft. Wenn Bardschuwan auch die Macht der Fatimiden im Inneren des Reiches festigen konnte, so musste er in Nordsyrien im Kampf gegen Byzanz einige Rückschläge hinnehmen. So musste er nach byzantinischen Feldzügen in Syrien einen Waffenstillstand auf 10 Jahre mit Byzanz abschließen (1001).

Im März 1000 wurde Bardschuwan im Auftrag von al-Hākim ermordet, worauf dieser persönlich die Regierung übernahm. Zunächst konnte er sich dem Ausbau des Reiches widmen, doch wurde die Herrschaft der Fatimiden durch den Aufstand des Abu Rakwa in der Cyrenaika (1004–1005) erschüttert, zumal sich dieser als Vorkämpfer der sunnitischen Muslime gegen die schiitische Ketzerei der Fatimiden darstellte. Zwar wurde die Rebellion niedergeschlagen, doch erfolgte nun eine verstärkte Annäherung al-Hakims an die Sunniten, die 1009 in der zeitweiligen Gleichstellung des sunnitischen mit dem schiitischen Islam gipfelte. Nachdem 1013 auch ein Aufstand der Beduinenstämme in Palästina niedergeschlagen worden war, konnte die Oberhoheit der Fatimiden nach dem Sturz der Hamdaniden 1015 auch auf Aleppo ausgedehnt werden.

Zerstörung der Grabeskirche

Kirche des Heiligen Grabes Jesu Christi

Im Bestreben den Islam unter der Bevölkerung zu festigen und unislamische Gewohnheiten zu bekämpfen, erließ er seit 1004 mehrere Dekrete, die sich u. a. gegen den Alkoholkonsum der Muslime richteten. Von diesen Anweisungen waren auch die jüdischen und christlichen Minderheiten betroffen, deren bisherige große Freiheiten auf das in anderen muslimischen Ländern übliche Maß zurückgeführt wurden. So durften von diesen Minderheiten keine öffentlichen Prozessionen mehr durchgeführt werden. Auch versuchte al-Hākim verstärkt, die überwiegend von Christen dominierte Verwaltung zu islamisieren, indem er die christlichen Beamten zur Annahme des Islam nötigte. Zu einer erheblichen Verschlechterung der Beziehungen zu den Christen führte die Plünderung und Enteignung christlicher Kirchen seit 1008. Die Zerstörung der Grabeskirche in Jerusalem am 18. Oktober 1009 sollte später ein Auslöser für die Kreuzzüge der Europäer nach Palästina werden. Diese Maßnahmen erfolgten vor allem zur Behebung der Finanzprobleme.

Während die Maßnahmen gegen die Christen weitgehende Zustimmung der Muslime erlangten, wurde al-Hākim wegen der Vergottung durch die Drusen auch unter den Muslimen ein umstrittener Herrscher. Als die Drusen 1019 al-Hākim öffentlich als Gott verehrten, kam es zu schweren Pogromen gegen die Drusen. Bis heute ist das Verhältnis von al-Hākim zu den Drusen nicht sicher geklärt. Vielleicht ist in diesem Zusammenhang auch die nicht aufgeklärte Ermordung von al-Hākim am 13. Februar 1021 zu sehen. Nachfolger von al-Hākim wurde dessen Sohn az-Zakir (1021–1036), der sich zunächst unter der Regentschaft von Sitt al-Mulk befand.

Würdigung

Auch wenn die Geschichtsschreibung der Christen und der Sunniten die Regierung al-Hākims abwertend betrachtet, kann al-Hākim als bedeutender Herrscher angesehen werden, der vor allem bei der Förderung der Wissenschaft große Verdienste erlangt hatte. So ließ er 1005 das „Haus der Weisheit“ (dār al-hikma) in Kairo errichten, das sich in der Folgezeit zu einem Zentrum der Wissenschaft entwickelte. Dabei wurde besonders die Astronomie gefördert um mit der Erforschung des Himmels und der Gestirne, der Astrologie und dem Aberglauben im Volk den Boden zu entziehen. Unter dem Astronomen Ibn Yūnus aṣ-Ṣafadi wurden die „Hakimschen Tafeln“ erstellt, welche eine Sammlung des gesamten astronomischen Wissens der muslimischen Welt darstellte und später auch in Europa weite Verbreitung fand. Allerdings vernachlässigten schon al-Hākims Nachfolger die Förderung dieses Zentrums der Wissenschaft.

Die Fatimiden betrachteten Ismael, einen Sohn des sechsten Imam, als ihren Erlöser. Der Sultan betrachtete sich als Manifestation Gottes auf Erden, und sein Tod im Jahre 1021 wird von seinen Anhängern als Übergang in einen Zustand der Verborgenheit verstanden, aus dem er nach 1000 Jahren wieder zurückkehren wird, um die Herrschaft über die Welt anzutreten.

Nachdem al-Hākim bi-amri ʾllāh „in die Verborgenheit“ ging, entwickelten die beiden schiitischen Gelehrten Hamza ibn ʿAlī und Mohammed al-Darazī die theologische Lehre der Drusen, worin der Kalif al-Hākim als Inkarnation Gottes gilt.

Literatur

  • Heinz Halm: Die Fatimiden, in: Ulrich Haarmann: Geschichte der Arabischen Welt, C. H. Beck 2004 ISBN 3-406-47486-1
  • Heinz Halm: Die Kalifen von Kairo, C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-48654-1
  • Johanna Awad-Geissler: Die Schattenkalifin. Droemer, München 2007

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