- Sumpfherzblatt
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Sumpf-Herzblatt Systematik Klasse: Dreifurchenpollen-
Zweikeimblättrige (Rosopsida)Ordnung: Spindelbaumartige (Celastrales) Familie: Herzblattgewächse (Parnassiaceae) Gattung: Herzblatt (Parnassia) Art: Sumpf-Herzblatt Wissenschaftlicher Name Parnassia palustris L. Das Sumpf-Herzblatt (Parnassia palustris) ist eine Pflanzenart der Gattung Herzblatt (Parnassia) und in Mitteleuropa der einzige Vertreter[1] der Familie der Herzblattgewächse (Parnassiaceae). Es wird auch als Studentenröschen bezeichnet. Es ist die am weitesten verbreitete Art der Gattung Parnassia; das Verbreitungsgebiet umfasst weite Teile des nördlichen Eurasiens und Nordamerikas. Die Blüten täuschen den Besuchern Nektar weitgehend nur vor, bieten ihnen jedoch in der Blütenmitte einen Platz zum Aufwärmen.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Die ausdauernde krautige Pflanze erreicht je nach Standort Wuchshöhen von fünf bis 30 Zentimetern. Das Rhizom ist aufrecht und nicht selten verzweigt, mit rosettiger Beblätterung an der Spitze.
Die 2-12 herzförmigen Grundblätter des Hemikryptophyten sind gestielt, ganzrandig und werden zwischen ein und vier Zentimeter lang. Sie sind wie der Rest der Pflanze kahl. Der kantige Stängel hat in der unteren Hälfte meist ein sitzendes, tief herzförmiges, stängelumfassendes Blatt, das gelegentlich fehlen kann. Selten sind auch zwei Stängelblätter vorhanden.
Am einköpfigen Stängel sitzt eine 10 bis 30 Millimeter breite, weiße Blüte. Die fünf eiförmigen, zwischen 8 und 15 Millimeter langen Kronblätter besitzen deutlich eingesenkte, farblose Längsadern, die dunkler erscheinen. Die fünf Nektarschuppen werden etwa 0,3-mal so lang wie die Kronblätter und stehen vor diesen. Die Nektarschuppen sind spatelförmig mit meist 7-15 fächerförmig spreizenden, zur Mitte hin längeren Fransen. Von diesen endigt jede in einer kugeligen, gelblichen und glänzenden, nicht sezernierenden Drüse. Die fünf Staubblätter, mit kurzen, dicken Filamenten und breiten, gelblichen Antheren, wechseln mit den Nektarschuppen ab. Die fünf Kelchblätter sind abstehend und am Grund verbunden. Sie sind kürzer als die Kronblätter. Der Äquatordurchmesser der Pollenkörner beträgt 18 bis 33 µm. Die Blütezeit ist von Juli bis September.
Der oberständige, eiförmige Fruchtknoten setzt sich aus vier verwachsenen Fruchtblättern (synkarp) zusammen. Die vier sitzenden, kommissuralen Narben bilden an der Frucht einen mehr oder weniger deutlichen Schnabel. Selten kommen auch Fruchtknoten mit drei Fruchtblättern bzw. 3 Narben vor. Die 5 bis 12 Millimeter langen Früchte sind fachspaltig sich öffnende, eiförmige Kapseln, die zahlreiche 1,1 bis 1,7 mm lange, braune Samen enthalten. Die Samen haben eine feine Netzstruktur, sind länglich und oft auch etwas gekrümmt, mit breitem Flügelrand. Durch den Flügelrand gelten die Samen als Ballonflieger, generell gilt die Pflanze als ein Wind- und Tierstreuer. Da die Samen kein Nährgewebe enthalten, werden die Keimlinge vermutlich durch einen Pilz ernährt (mykotroph).
Das Hypokotyl erreicht zusammen mit den nicht einmal halb so langen Kotyledonen eine Länge von etwa 0,25 mm des insgesamt 0,7 mm langen Embryos. Die auffälligen palisadenartigen Epidermiszellen sind etwa doppelt so groß wie die Zellen der darunter gelegenen Schichten. Durch die vielen Ähnlichkeiten mit den Samen des Wald-Geisbartes (Aruncus dioicus) gilt dies auch als Paradebeispiel der Konvergenz nicht näher verwandten Arten.
Blütenökologie
Die Blüte ist streng vormännlich. Von den fünf äußeren Staubblättern reift jeden Tag eines heran. Das Staubblatt biegt sich hierbei nach oben und innen, und senkt sich dann rückwärts auf die noch geschlossenen Narben herab. Da sich die Staubbeutel nach oben öffnen, werden die Insekten, die meist die Blütenmitte besuchen, auf ihrer Unterseite eingestäubt. Danach biegt sich das Staubblatt nach außen und der Staubbeutel wird abgeworfen. Es folgt das nächste Staubblatt. Die zwei Narben öffnen sich erst, wenn alle Staubblätter abgeworfen sind, wodurch die Fremdbestäubung gesichert ist.[2]
Das Sumpf-Herzblatt ist eine sogenannte Fliegentäuschblume; H. Müller hat für die Alpen 43 Fliegenarten[2] als Bestäuber nachgewiesen. Die gelben Köpfchen auf den Nektarblättern sehen Nektartröpfchen täuschend ähnlich, sind jedoch von fester Konsistenz. Durch die sehr gut gelungene Täuschung werden die Köpfchen auch in aktueller Literatur fälschlich als zuckerfreie, glänzende Wassertröpfchen[3] beschrieben. Fliegen (Brachycera) lassen sich davon oft täuschen und lecken an den vermeintlichen Nektartröpfchen. Zusätzlich bevorzugen Fliegen meist gelbe oder weiße Farben bei Blüten. Die dunkleren Adern der weißen Kronblättern leiten die Bestäuber somit direkt zur Blütenmitte.
Während der ersten Tage werden jedoch auch Nektar und Duftstoffe aus zwei Vertiefungen an der scheibenförmigen Basis der Nektarblätter abgesondert. Die Pflanze täuscht somit wesentlich mehr Nektar vor als verfügbar ist. Die parabolspiegelartigen, weißen Kronblätter sammeln und fokussieren das Sonnenlicht, so dass die Blüten an kalten Tagen gern von Insekten als Platz zum Aufwärmen aufgesucht werden, die dabei die Bestäubung durchführen. In Griffelnähe, also etwa im Brennpunkt, sind die Temperaturen etwa 1,4 bis 2,9 °C höher als in der Umgebung.[3] Entsprechende Eigenschaften wurden auch bei einer weißblühenden Mohnart der kanadischen Arktis und einer Unterart der Silberwurz nachgewiesen.
Aber auch eine Selbstbestäubung ist möglich. Diese kann unter anderem durch die ungeflügelten Männchen von Fransenflüglern (Thysanoptera) erfolgen, die sich aus den in die Blüte gelegten Eiern entwickeln.[3]
Vorkommen
Das Sumpf-Herzblatt hat eine nordisch-eurasiatische, zirkumpolare Verbreitung. Das Areal reicht hierbei von Island über Japan bis zur James Bay in Kanada. In Europa ist die Pflanze nur im Süden selten, wo sie auf Gebirgsregionen beschränkt ist. So bilden die Pyrenäen in Europa die südliche Grenze. In den Rocky Mountains ist das Sumpf-Herzblatt bis Wyoming und North Dakota, Minnesota und Michigan verbreitet. Die Pflanze gedeiht von der Ebene bis ins Gebirge und steigt in Oberbayern bis 2320 m, in Tirol bis 2530 m, im Unter-Engadin bis 2650 m und im Wallis (Gandegghütte) schließlich bis 3005 m Seehöhe.
Als Standort werden sumpfige Wiesen, Quellfluren und Flachmoore bevorzugt. Das Sumpf-Herzblatt gedeiht aber auch auf Böschungen (etwa Straßenböschungen), die bei Regen aus dem Graben Wasser ziehen können. Es bevorzugt sickerfeuchte, etwas kalkhaltige Böden, aber auch feuchte Kalkmagerrasen. Das Sumpf-Herzblatt ist die Kennart der Pflanzengesellschaft (Assoziation) des Herzblatt-Braunseggensumpfes (Parnassio-Caricetum fuscae Oberd. 57 em. Görs 77) innerhalb der Kleinseggengesellschaften der Nieder- und Zwischenmoore (Scheuchzerio-Caricetea fuscae (Nordhag. 37) Tx. 37). In der alpinen Region wächst die Pflanze häufig im Rostseggenrasen (Caricion ferrugineae Lüdi 1921).
Innere Systematik und Genetik
In Deutschland ist nur eine diploide Sippe mit Chromosomenzahl: 2n = 18[4] beheimatet. Es existiert jedoch auch eine tetraploide Sippe (2n = 4x = 36) die in Europa eine mehr nördliche Verbreitung aufweist.[5] Die Verbreitung der Sippen scheint hierbei lose mit den Grenzen der würmeiszeitlichen Vergletscherung zusammenzuhängen. Untersuchungen auf den Britischen Inseln mit den vorkommenden Varietäten var. palustris und var. condensata zeigten, dass bei beiden auch Pflanzen mit zweifachem bzw. vierfachem Chromosomensatz vorkommen und dies somit kein brauchbares Unterscheidungsmerkmal der Varietäten darstellt.[6]
Gelegentlich werden auch die Unterarten obtusifolia und neogaea angeführt. Nach den umfangreichen Untersuchungen von Ulla-Maj Hultgard hat sich eine Unterscheidung in Unterarten oder Varietäten als nicht haltbar erwiesen. Generell zeigt sich diese Art wenig veränderlich[7].
Äußere Systematik
Parnassia palustris ist die Typus-Art der Gattung. Innerhalb der Gattung bildet sie mit einigen amerikanischen sowie mit den in der neuweltlichen Arktis, in Grönland und Nordost-Sibirien vorkommenden Arten die Sektion Parnassia.
Naturschutz und Gefährdung
Das Sumpf-Herzblatt ist nach der deutschen Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt. Bis 1988 bestanden die Gefährdungsfaktoren in Deutschland vor allem in der Entwässerung und Aufforstung von Moorstandorten, Kultivierung von Mooren und dem Trockenlegen von Feuchtwiesen, aber auch in der Absenkung des Grundwasserspiegels sowie Auffüllung feuchter Senken. Heute hält die Gefährdung vor allem durch Eutrophierung der Böden durch Immissionen und Düngereintrag an. Diese Veränderungen führen zu einer raschen Verdrängung der konkurrenzschwachen Art.
In Deutschland ist das Sumpf-Herzblatt auf der Roten Liste mit 3+ gefährdet angeführt. Für die Bundesländer reicht die Gefährdung von 1 (Berlin und Hamburg) bis 3 (Bayern)[8]. In Österreich ist die Art im Gebiet der Böhmischen Masse, im nördlichen und südöstlichen Alpenvorland sowie im pannonischen Gebiet gefährdet. In Oberösterreich gilt das Sumpf-Herzblatt nach Oö. NSchG 2001 als vollkommen geschützte Pflanze. In der Schweiz gilt die Art als nicht gefährdet.[9]
Schädlinge
Auf den Blättern wachsen verschiedene parasitische Pilze: Synchytrium aureum erzeugt winzige Gallen. Der Schlauchpilz Mycosphaerella parnassiae ruft orangerote Flecken hervor. Weitere Pilzparasiten sind der Rostpilz Puccinia caricina var. uliginosa, sowie der imperfekte Pilz Septoria parnassiae
Namensherkunft
Das lateinische Artepitheton palustris bedeutet 'sumpfig' und bezieht sich auf den Standort. Der Gattungsname wurde von Linné eingeführt, der sich auf die Benennung der Art als Gramen parnassi albo simplici flore (übersetzt: „Gras des Parnass mit weißer einfacher Blüte“) durch Caspar Bauhin bezog. Damit handelt es sich um die Anspielung auf eine Pflanze, die auf dem Berg Parnass wachsen soll.[10] Der deutsche Name Sumpf-Herzblatt ist als zweigliedriger Büchername in Anlehnung an den wissenschaftlichen Namen gebildet und verweist ebenfalls auf den Standort. Zu gebräuchlichen Volksnamen zählen neben Herzblatt, das sich auf die herzförmigen Grundblätter bezieht, noch Einblatt, Pinnblatt, Herzblümchen, Sternli, Herbströslin u.v.a.m. Die Bezeichnung Studentenröschen soll sich, wie die gleichlautende Bezeichnung für noch andere spät blühende Pflanzen, auf die Blütezeit Anfang September beziehen, wenn die Studenten wieder die Universität besuchen.[11]
Verwendung
Die Pflanze findet heute keine Verwendung mehr, wurde früher jedoch unter der Bezeichnung Herba et Flores Hepaticae albae seu Parnassiae offizinell als Mittel gegen Herzklopfen geführt. Weiters wurde versucht, Augenkrankheiten, Leberleiden und Durchfall mit ihr zu kurieren. Weitere Verwendung fand sie als Diureticum und sie wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Russland als Mittel gegen Epilepsie eingeführt. Als volkstümliches Mittel fand die Pflanze in Bier gekocht Verwendung gegen Magenbeschwerden.
Belege
Soweit nicht unter Einzelnachweisen angegeben, basiert der Artikel auf folgenden Unterlagen:
- Hans. J. Conert u.a. (Hrsg.): Gustav Hegi. Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band 4 Teil 2A: Spermatophyta: Angiospermae: Dicotyledones 2 (2). Blackwell 1995, S. 231-235. ISBN 3-8263-3016-1
- Xaver Finkenzeller: Alpenblumen, München 2003, ISBN 3-576-11482-3.
- Dankwart Seidel: Blumen, München 2001, ISBN 3-405-15766-8
Einzelnachweise
- ↑ Fischer, M. A., Adler, W. & Oswald K.: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol, Linz, 2005, S. 425. ISBN 3-85474-140-5
- ↑ a b Dieter Heß: Alpenblumen - Erkennen - Verstehen - Schützen, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, S. 258-260. ISBN 3-8001-3243-5
- ↑ a b c Düll/Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands, 6. Auflage, Quelle & Meyer Verlag, S. 347. ISBN 3-494-01397-7
- ↑ Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. 8. Auflage, Ulmer, Stuttgart 2001, S. 495. ISBN 3-8001-3131-5
- ↑ R. J. Gornall, J. E. Wentworth: Variation of the chromosome number of Parnassia palustris in the British Isles. New Phyotologist, Band 123, 1992, S. 383–388. doi:10.1111/j.1469-8137.1993.tb03749.x
- ↑ J. E. Wentworth, R. J. Gornall: Cytogenetic evidence for autopolyploidy in Parnassia palustris. New Phyotologist, Band 134, 1996, S. 641–648. doi:10.1111/j.1469-8137.1996.tb04929.x
- ↑ Hans. J. Conert u.a. (Hrsg.): Gustav Hegi. Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band 4 Teil 2A: Spermatophyta: Angiospermae: Dicotyledones 2 (2). Blackwell 1995, S. 233. ISBN 3-8263-3016-1
- ↑ Florweb.de, Zugriff am 10.11.2008
- ↑ Rote Liste Schweiz 2002
- ↑ Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3. Auflage, Birkhäuser, Basel 1996 (Nachdruck), S. 452. ISBN 3-937872-16-7
- ↑ Heinrich Marzell: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen Bd. 3 Stuttgart: Hirzel 1977. Nachdruck 2000 ISBN 3-88059-982-3
Weblinks
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