Supraleitung

Supraleitung

Supraleiter sind Materialien, deren elektrischer Widerstand beim Unterschreiten einer kritischen Temperatur Tc sprunghaft auf einen unmessbar kleinen Wert fällt.

Ein Magnet schwebt über einem mit flüssigem Stickstoff gekühlten Hochtemperatursupraleiter (ca. −197 °C).
In diesem Fall schwebt ein keramischer Hochtemperatursupraleiter über einem Magnetband, wie es als Haftband an Kühlschränken benutzt wird.
Flyingsuperconductor.ogg
Video des Supraleiters YBCO, über einer Magnetschiene schwebend

Inhaltsverzeichnis

Supraleiter

Die Temperatur Tc, unterhalb der ein Material supraleitend ist, heißt Sprungtemperatur oder kritische Temperatur. Ihr Wert ist materialabhängig und kann durch (von außen anliegende) Magnetfelder gesenkt werden. Sie sinkt beim so genannten kritischen Magnetfeld Hc(0) bei Typ-I-Supraleitern bzw. Hc2(0) bei Typ-II-Supraleitern bis auf nahezu Null Kelvin.

Es handelt sich beim Übergang zur Supraleitung im Nullfeld um einen kontinuierlichen Phasenübergang.

Mit der Supraleitung geht der Meißner-Ochsenfeld-Effekt einher, wonach Magnetfelder bis zu einer bestimmten Stärke aus dem Leiter verdrängt werden. Aufgrund des verschwindenden Widerstandes kann sich im Inneren eines Supraleiters bis zu einer kritischen Feldstärke kein Magnetfeld ausbilden. Ein von außen angelegtes Magnetfeld induziert einen Kreisstrom, der im Inneren des Supraleiters ein entgegengesetztes Feld aufbaut, welches das äußere kompensiert. Aufgrund des nicht vorhandenen elektrischen Widerstandes wird der Kreisstrom nicht mehr schwächer, das Magnetfeld bleibt erhalten. Durch den Effekt kann eine kleine supraleitende Probe im Magnetfeld zum Schweben gebracht werden.

Einteilung

Beispiele supraleitender Materialien
Substanz Sprungtemperatur
in K
Sprungtemperatur
in °C
Wolfram [1] 0,012 −273,139
Gallium [1] 1,091 −272,059
Aluminium 1,14 −272,01
Quecksilber [1] 4,153 −268,997
Tantal [1] 4,483 −268,667
Blei [1] 7,193 −265,957
Niob [1] 9,5 −263,65
AuPb 7,0 −266,15
Technetium 11,2 −266,07
MoN 12,0 −261,15
PbMo6S8 15 −258,15
K3C60 19 −254,15
Nb3Ge 23 −250,15
La2CuO4 35 −238,15
MgB2 39 −234,15
Cs3C60 40 −233,15
Bi2Sr2CaCu2O8 92 −181,15
YBa2Cu3O7-x; x ~ 0,2 [2] 93 −180,15
Bi2Sr2Ca2Cu3O10 110 −163,15
HgBa2Ca2Cu3O8+x [2] 133 −140,15

Je nach ihrem Verhalten im Magnetfeld unterscheidet man Supraleiter vom Typ I und II, auch erster und zweiter Art genannt.

Supraleiter 1. Art

Magnetische Feldlinien werden in Supraleitern 1. Art bis auf eine dünne Schicht an der Oberfläche vollständig aus dem Inneren verdrängt. Das Magnetfeld nimmt an der Oberfläche des Supraleiters exponentiell ab; das charakteristische Maß der Oberflächenschicht ist die so genannte (Londonsche) Eindringtiefe. Man bezeichnet diesen Zustand auch als Meißner-Phase. Ein Supraleiter 1. Art wird normalleitend, wenn entweder das äußere Magnetfeld einen kritischen Wert Bc oder die Stromdichte durch den Supraleiter einen kritischen Wert Jc überschreitet. Die meisten metallischen Elemente zeigen dieses Verhalten und haben eine sehr niedrige Sprungtemperatur im Bereich weniger Kelvin. (Ausnahmen sind die nicht supraleitenden Alkali- und Erdalkalimetalle sowie Kupfer, Silber und Gold.)

Bei Typ-I-Supraleitern wird die Supraleitung durch eine Paarbildung von Elektronen (Cooper-Paare) im Leiter erklärt. Bei der normalen elektrischen Leitung entsteht der elektrische Widerstand durch Wechselwirkungen der Elektronen mit Gitterfehlern des Kristallgitters und Gitterschwingungen. Darüber hinaus können auch Streuprozesse der Elektronen untereinander eine wichtige Rolle spielen. Durch die Kopplung der Elektronen im Supraleiter zu Cooper-Paaren wird die Energieabgabe an das Kristallgitter unterdrückt und so der widerstandslose elektrische Stromfluss ermöglicht. Die beiden einzelnen Elektronen sind Fermionen, die sich zu einem bosonischen Cooper-Paar zusammenschließen, und dabei einen makroskopischen Quantenzustand einnehmen (vgl. auch Suprafluidität).

Die vollständige Theorie zur Beschreibung der Typ-I-Supraleiter beruht auf quantenphysikalischen Effekten, die mit der BCS-Theorie im Rahmen der Vielteilchentheorie entwickelt wurden.

Supraleiter 2. Art

Supraleiter 2. Art befinden sich nur bis zu einem unteren kritischen Magnetfeld Bc1 in der Meißner-Phase, verhalten sich also wie Typ I, darüber können magnetische Feldlinien in Form so genannter Flussschläuche in das Material eindringen (Schubnikow- oder Mischphase, auch Vortex- oder Flussschlauch-Zustand), ehe der supraleitende Zustand bei einem oberen kritischen Magnetfeld Bc2 vollständig zerstört wird. Der magnetische Fluss in den Flussschläuchen beträgt immer ein ganzzahliges Vielfaches des magnetischen Flussquants:

\Phi_0\,=\,h\,/\,(2\,e)\,=\,2{,}07\,\cdot\,10^{-15}\,\mathrm{Vs}

Fließt ein Strom mit der Dichte J durch den Supraleiter, so übt er auf die Flussschläuche eine Lorentz-Kraft

 F_L\,=\,J\,\cdot\,\Phi_0\,\cdot\,l (l = Länge des Flussschlauchs)

senkrecht zu J und dem Magnetfeld B aus. Daher wandern die Flussschläuche mit der Geschwindigkeit v quer durch das Material. Dabei verschwinden die Schläuche an einem Rand und bilden sich am gegenüberliegenden Rand neu. Diese Feldbewegung verursacht wiederum eine Lorentz-Kraft FQ, welche nach der Lenzschen Regel dem Strom entgegengerichtet ist. Diese Gegenkraft bewirkt einen Spannungsabfall, es entsteht also ein elektrischer Widerstand im Supraleiter.

Um das zu verhindern, können in das Kristallgitter gezielt Störstellen (Pinning-Zentren) eingebaut werden, welche die Flussschläuche bis zu einer bestimmten Grenzkraft festhalten. Erst wenn die Lorentz-Kraft FL diese Grenze übersteigt, kommt es zur Drift und damit zum so genannten Flux-flow-Widerstand. Supraleiter mit einer großen Grenzkraft bezeichnet man als harte Supraleiter.

Die Supraleiter zweiter Art sind theoretisch nicht so gut verstanden wie die Supraleiter erster Art. Zwar wird auch in diesen Supraleitern die Bildung von Cooper-Paaren angenommen, ein allgemein akzeptiertes Modell zur ihrer vollständigen Beschreibung existiert jedoch noch nicht.

Beispiele für Typ-II-Supraleiter sind die keramischen Hochtemperatursupraleiter. Zwei wichtige Gruppen sind YBaCuO (Yttrium-Barium-Kupferoxide) und BiSrCaCuO (Bismut-Strontium-Kalzium-Kupferoxide). Weiterhin zählen die meisten supraleitenden Legierungen zum Typ II, so die für MR-Magnete verwendeten Niob-Aluminium-Legierungen.

Eigenschaften

Supraleiter, mit geringfügigen Unterschieden zwischen 1. und 2. Art, besitzen neben dem praktischen Verlust des elektrischen Widerstandes und dem Verdrängen von Magnetfeldern aus ihrer Struktur noch einige andere Eigenschaften. Die meisten lassen sich mit der BCS-Theorie oder der für die Supraleitung benutzten Gibbs-Funktion der freien Enthalpie erklären. Die freie Enthalpie der jeweiligen Phase kann man über verschiedene Beobachtungsparameter (z. B. Druck, Temperatur, magnetischen Feld) berechnen. Die Gibbs-Funktion ist in diesem Fall durch ein Minimum festgelegt, d. h. die supraleitende Phase wird instabil im Vergleich zur normalleitenden Phase, wenn die freie Enthalpie der supraleitenden Phase größer ist als die der normalleitenden (und umgekehrt).

Ein so genanntes kritisches Magnetfeld Bc, bei dem die Supraleitung zusammenbricht, kann als Funktion der Umgebungstemperatur T betrachtet werden. In der Nähe des absoluten Nullpunktes muss Bc aufgewendet werden, um die supraleitende Phase zu zerstören. Beim Erreichen der Übergangtemperatur Tc bricht die supraleitende Phase auch ohne ein äußeres Magnetfeld zusammen. Die Funktion des äußeren kritischen Magnetfeldes kann in guter Näherung durch

B_c(T)=B_c(0)\cdot \left(1- \left(T/T_c \right)^2 \right)

beschrieben werden. Die Erklärung für den Zusammenbruch der Supraleitung bei ausreichend hohen Magnetfeldern liegt in der Bindungsenergie der Cooper-Paare. Wenn den Cooper-Paaren eine Energie zugeführt wird, die größer ist als ihre Bindungsenergie, dann brechen sie auf – was den Übergang in die normalleitende Phase beschreibt. Die Umgebungstemperatur muss entsprechend niedriger sein, um diesen Vorgang mit der Kondensation von Cooper-Paaren zu kompensieren. Die kritische Energie kann nicht nur durch magnetische Felder erzeugt werden. Zur Umgebungstemperatur wurden auch Funktionen mit dem Druck (1.) und elektrischen Feldern (2.) gefunden. Da das Aufbrechen von Cooper-Paaren endotherm ist, kann man durch ein Magnetfeld Bc und einen darin befindlichen Stoff im Supraleitenden Zustand die Umgebung des Supraleiters abkühlen. Als technische Anwendung ist dieser Kühlprozess per Entmagnetisierung jedoch uninteressant.

  1. Bei sehr hohem Druck sinkt im allgemeinen die kritische Umgebungstemperatur. Allerdings gibt es teilweise auch umgekehrte Abhängigkeiten. Diese Anomalie einiger Stoffe kommt durch eine strukturelle Umwandlung des Leiters durch den hohen Druck zustande. Die kritische Temperatur des Stoffes kann bei zunehmendem Druck zuerst sinken, dann kommt es bei einem bestimmten Druck zur Bildung einer Modifikation, die plötzlich höhere Übergangstemperaturen aufweist. Zu diesen Hochdrucksupraleitern gehören auch Stoffe bei denen bisher nur bei hohem Druck ein Übergang in die supraleitende Phase beobachtet wurde.
  2. Legt man eine Spannung an einen Supraleiter an, so zerstört dieses elektrische Feld ab einer bestimmten Stärke die Supraleitung.

Das Volumen eines Stoffes in der normalleitenden Phase Vn (bei Temperaturen T > Tc) ist kleiner als das Volumen in der supraleitenden Phase Vs (T < Tc). Ist T = Tc so entsprechen sich beide Werte ungefähr (Vs = Vn). Dies ist deshalb interessant, da während der Übergangsphase beide Phasen S und N nebeneinander im Leiter existieren. Um dieses Phänomen zu erklären, sind allerdings intensivere Überlegungen notwendig.

Die spezifische Wärmekapazität der Elektronen erhöht sich beim Übergang vom normal- in den supraleitenden Zustand bei Tc für Typ-I/II-Supraleiter sprunghaft (Rutgers-Formel). In klassischen Supraleitern verringert sie sich im supraleitendem Zustand exponentiell mit der Temperatur, da Cooper-Paare keine Wärme aufnehmen können und so nur noch Elektronen zur Wärmekapazität beitragen, die über die Energielücke angeregt werden (siehe auch Boltzmann-Faktor). Die Wärmekapazität der Phononen (Gitterschwingungen) bleibt beim Übergang in den supraleitenden Zustand unverändert.

Der supraleitende Zustand hat wenig Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit. Man muss diesen Einfluss für zwei Arten von Stoffen betrachten. Zum einen Stoffe, bei denen Wärme vor allem über das Gitter weitergegeben wird, was einen Großteil von Leitern ausmacht. Diese Wärmeleitung wird in der Nähe von Tc durch die starken Interferenzen an den Übergängen zwischen S- und N-leitenden Schichten behindert, bei T < Tc jedoch durch die fehlende Wechselwirkung mit den Elektronen im Vergleich zur normalleitenden Phase besser. Bei Stoffen, in denen die Elektronen einen großen Anteil an der Wärmeleitung haben, wird diese logischerweise schlechter. Es wurde in dieser Beziehung darüber nachgedacht, Supraleiter als über ein kritisches Feld steuerbare Schalter für Wärmeströme einzusetzen.

Hochtemperatursupraleitung

Tc einiger Hochtemperatursupraleiter
Substanz Sprungtemperatur in K Sprungtemperatur in°C
La1.85Ba0.15CuO4 35 −238,15
YBa2Cu3O7 [2] 93 −180,15
Bi2Sr2Ca2Cu3O10 110 −163,15
HgBa2Ca2Cu3O8 [2] 133 −140,15
Hg0.8Tl0.2Ba2Ca2Cu3O8
(Momentaner Rekordhalter)
138 −135,15

Hauptartikel: Hochtemperatursupraleitung

Die Hochtemperatursupraleitung (HTSL) wurde erst 1986 entdeckt. So wird eine Klasse von keramischen Supraleitern (Kuprate) mit besonders hohen Sprungtemperaturen genannt, für die ihre Entdecker Bednorz und Müller 1987 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurden.

Besonders für die Technik interessant sind HTSL, die eine Sprungtemperatur von über 77 K (Siedetemperatur von Stickstoff) erreichen und damit eine kostengünstige Kühlung ermöglichen. Der bekannteste Vertreter ist das Yttriumbariumkupferoxid mit der Formel YBa2Cu3O7-δ, das auch als YBaCuO, YBCO oder 123-Oxid bezeichnet wird. Supraleitfähigkeit wird für δ = 0,05 bis 0,65 beobachtet.

Als HTSL werden solche mit einer Sprungtemperatur > 23 K bezeichnet. Dies ist die höchste Sprungtemperatur der konventionellen metallischen (Legierungs-)Supraleiter.

Theorie

Die Londonschen Gleichungen

Ohne auf die Träger des Suprastromes einzugehen, leiteten Fritz und Heinz London 1935 eine Beschreibung der Supraleitung her. Die London-Gleichungen beschreiben den widerstandslosen Transport und den Meißner-Ochsenfeld-Effekt.

Ginsburg-Landau-Theorie

Eine phänomenologische Beschreibung von Supraleitung gelang Witali Ginsburg und Lew Landau im Jahr 1950. Sie beschrieben den Übergang vom normal leitenden zum supraleitenden Zustand durch einen „Phasenübergang zweiter Ordnung“. In der Ginsburg-Landau-Theorie wird als Ordnungsparameter die makroskopische Wellenfunktion des supraleitenden Zustandes benutzt.

BCS-Theorie

Eine mikroskopische Beschreibung der Supraleitung wurde 1957 von John Bardeen, Leon N. Cooper und John R. Schrieffer vorgestellt. Mit der so genannten BCS-Theorie lassen sich konventionelle Supraleiter sehr gut beschreiben. Details sind im dortigen Artikel nachzulesen.

Anwendungen

Erzeugung starker Magnetfelder

Ein bedeutendes Anwendungsfeld ist die Erzeugung starker konstanter oder nur langsam variierender Magnetfelder. Der ohmsche Widerstand der Spulenwicklungen konventioneller Elektromagnete erzeugt große Wärmemengen und damit einen großen Energieverlust.

Für diese Anwendung werden nur klassische Supraleiter (SL) verwendet, im Wesentlichen Legierungen von Niob. Diese erreichen höhere magnetische Feldstärken. Für Hochtemperatur-Supraleiter (HTSL) fehlen z. Z. noch die geforderten Fertigungstechniken. Die Herstellung starker, supraleitender Spulen erfordert das Ziehen von kilometerlangen, nur wenige Mikrometer dünnen Leiterfäden. Klassische SL bestehen aus Metalllegierungen, mit denen dies möglich ist. HTSL haben jedoch physikalische Eigenschaften, welche denen von Keramiken sehr ähnlich sind. Daher kann man bisher noch nicht die gewünschten Fäden herstellen.

Die Supraleitung ermöglicht es, die von einem hohen Strom durchflossenen Feldspulen in sich zu schließen, woraufhin der Strom im Prinzip unendlich lange verlustfrei in der Spule erhalten bleiben kann. Zum Laden der in sich geschlossenen Spule wird ein kurzes Teilstück der Spule über die Sprungtemperatur geheizt. Dadurch wird die Spule geöffnet und kann über Zuleitungen geladen werden. Wenn die gewünschte Stromstärke erreicht ist, wird der Heizer abgeschaltet. Die Spule ist dadurch wieder in sich geschlossen. Bei dauerhaftem Betrieb können die elektrischen Anschlüsse nach dem Laden der Spulen mechanisch entfernt und der Behälter der Spule verschlossen werden. Zur Erhaltung des Feldes ist dann nur ein regelmäßiges Nachfüllen der Kühlmedien Flüssighelium und Flüssigstickstoff erforderlich. Ein gutes Beispiel hierfür bietet ein NMR-Gerät.

Die größte Störung ist das so genannte Quenchen (engl. to quench = abschrecken). Dabei bricht lokal die Supraleitung zusammen. Da diese Stelle nun normalleitend ist, wirkt sie als elektrischer Widerstand. Sie heizt sich sehr schnell auf, wodurch sich der Widerstand erhöht und der normalleitende Bereich weiter vergrößert. So wird innerhalb kurzer Zeit die Spule entladen. Da die im Magnetfeld gespeicherte Energie recht groß ist, kann dieser Vorgang bei fehlenden Sicherheitsschaltungen zur Zerstörung der Spule führen. Supraleiter sind ideal diamagnetisch. Daher kann ein Strom nur an seiner Oberfläche fließen. Um also große Stromstärken ohne Überschreiten der Grenzstromdichte zu erreichen, muss man viele sehr dünne SL-Fäden parallel schalten. Durch Einbetten dieser Fäden in Kupfer wird erreicht, dass beim Quenchen der Strom vom normalleitenden Kupfer aufgenommen wird. Damit wird eine Zerstörung des Leiters wirksam vermieden.

In folgenden Aggregaten werden solche Spulen verwendet:

Mikrowellen in supraleitenden Kavitäten

Für Teilchenbeschleuniger gibt es hochfrequente Felder zur Beschleunigung der Teilchen. Auch hierfür werden Supraleiter verwendet, obwohl die kritische Feldstärke mit der Frequenz deutlich absinkt. Ab einer kritischen Frequenz werden die Cooper-Paare direkt durch Photonenabsorption aufgebrochen. Dann sinkt die kritische Feldstärke auf Null. Die einzige Möglichkeit diese Grenze weiter zu verschieben ist eine tiefere Kühlung.

Zum Beispiel werden in dem TESLA-Projekt supraleitende Kavitäten aus reinem Niob entwickelt. Vorteil und Nachteil des Systems ist die geringe Dämpfung. So ist der Wirkungsgrad besonders hoch, gleichzeitig werden aber parasitäre Moden nicht gedämpft.

Energietransport und Umwandlung

Bei Supraleitern zweiter Art zum Transport höherer elektrischer Ströme besteht die Schwierigkeit, dass diese Materialien beim Übergang in den Normalzustand nicht wie die Metalle zu normalen, guten elektrischen Leitern werden, sondern – in guter Näherung – zu Isolatoren. Wenn ein solcher stromführender Supraleiter in den Normalzustand wechselt (zum Beispiel durch Überschreiten der maximalen Stromdichte), so wird der durch die Leitungsinduktivität kurz weiterfließende Strom das Material nach dem Jouleschen Gesetz erhitzen, was bis zur vollständigen Zerstörung des Supraleiters führen kann. Daher ist es notwendig, solche Materialien, beispielsweise als mikroskopisch dünne Fäden, in einen normalen Leiter einzubetten. Die Schwierigkeit, aus diesen keramikartigen Materialien dünne Fäden zu ziehen, ist eines der Haupthindernisse für den Einsatz bei höheren Stromstärken.

Es ist jedoch denkbar, dass Hochtemperatursupraleiter als Kurzschlussstrombegrenzer in Energieverteilungsnetzen eingesetzt werden. Dabei bewirkt eine erhöhte Stromdichte im Kurzschlussfall, dass der Supraleiter zuerst in den Mischbereich und anschließend in den normalleitenden Bereich übergeht. Der Vorteil gegenüber Kurzschlussstrombegrenzungsdrosseln ist, dass ein Spannungsabfall während des Normalbetriebes nur stark vermindert auftritt. Ferner kann als Vorteil gegenüber Sicherungen und KS-Begrenzern mit Sprengkapseln festgehalten werden, dass der supraleitende Zustand ohne Austausch von Betriebsmitteln wieder erreicht wird und ein Normalbetrieb kurze Zeit nach dem Fehlerfall wieder möglich ist.

Da unter Verwendung hoher Spannungen auch auf klassischen Leitungen elektrische Energie effizient übertragen werden kann, sind Supraleiter hier kaum konkurrenzfähig. Durch die im Vergleich zu konventionellen Leitungen höhere erzielbare Stromdichte lässt sich jedoch mehr elektrische Leistung auf gleichem Raum übertragen. Daher werden supraleitende Kabel dort eingesetzt, wo durch Erhöhung des Bedarfs bei begrenztem baulichen Raum Erweiterungen vorgenommen werden müssen. In Tokio werden derzeit normale Stromkabel gegen HTSL-Kabel mit Stickstoffkühlung ausgetauscht.

Es lassen sich verlustarme Transformatoren herstellen, die bei gleicher Leistung deutlich verminderte Abmessungen und Masse haben und somit beispielsweise im mobilen Betrieb (Lokomotiven) Vorteile erbringen. Darüber hinaus kann auf eine umweltgefährdende Ölkühlung verzichtet werden. Durch eine gute thermische Isolierung ist es möglich, die Transformatoren mit Kältemaschinen zu betreiben.

Annähernd verlustfreie Elektromotoren mit Hochtemperatursupraleitern ermöglichen ebenfalls eine Steigerung des Wirkungsgrades und eine deutliche Volumen- und Gewichtsersparnis gegenüber klassischen Motoren.

Mechanische Lager auf Basis der Supraleitung

Unter der Verwendung von supraleitenden Lagern lassen sich Energiespeicher für die kurzfristige Speicherung elektrischer Energie konstruieren. Diese Speicher dienen insbesondere der Kompensation schneller Lastschwankungen der Verbundnetze. Mit Hilfe der Lager werden Schwungräder reibungsfrei gelagert, die die Energie speichern.

Magnetischer Energiespeicher auf Basis der Supraleitung

In SMES (supraleitender magnetischer Energie-Speicher) wird mit supraleitenden Spulen Energie gespeichert. Die Energie ist sehr schnell abrufbar und wird daher für die Kompensation schneller Lastschwankungen in Stromnetzen (Flickerkompensator) oder als Pulsgenerator für kurze, intensive Pulse eingesetzt.

Messtechnik

Der Josephson-Effekt sowie SQUIDs erlauben die Messung kleinster Magnetfelder.

Geschichte

Bevor Experimente bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt durchgeführt werden konnten, gab es verschiedene Theorien, wie sich der elektrische Widerstand in diesem Temperaturbereich verhalten würde, so z. B. dass der Widerstand stark ansteigen würde oder dass er ein bestimmtes Niveau nicht unterschreiten würde.

Der Effekt der Supraleitung wurde erstmals 1911 vom Niederländer Heike Kamerlingh Onnes entdeckt. Er beobachtete, dass Quecksilber unterhalb von 4,19 Kelvin sprungartig seinen elektrischen Widerstand verlor. Obwohl die Quantenmechanik damals noch neu war, postulierte er bereits, dass die Supraleitfähigkeit nur quantenmechanisch erklärt werden könne.

Die erste phänomenologische Deutung der Supraleitung kam von den deutschen Physikern Fritz London und Heinz London in den 1930er Jahren.

Im Jahr 1950 entstand die erfolgreiche phänomenologische Ginsburg-Landau-Theorie. Eine quantenmechanische Theorie der Supraleitung wurde erst im Jahre 1957 von den US-amerikanischen Physikern John Bardeen, Leon N. Cooper und John R. Schrieffer (BCS-Theorie) gegeben, wofür ihnen 1972 der Nobelpreis für Physik verliehen wurde.

Im Jahre 1986 publizierten der deutsche Physiker Johannes Georg Bednorz und der Schweizer Karl Alex Müller (beide waren am IBM-Forschungszentrum bei Zürich beschäftigt) ihre Entdeckung der Hochtemperatursupraleitung, wofür sie bereits 1987 den Nobelpreis erhielten. Eine Theorie über das Zustandekommen dieser Art Supraleitung steht noch aus.

Die russischen Physiker Witali Ginsburg und Alexei Alexejewitsch Abrikossow erhielten 2003 den Nobelpreis für ihre Forschungen über die verschiedenen Typen von Supraleitern (Supraleiter 1. und 2. Art).

Im August 2005 wurde der weltweit erste Generator mit Hochtemperatur-Supraleiter (HTS) im Systemprüfhaus für Großantriebe der Siemens AG in Nürnberg erfolgreich in Betrieb gesetzt. Der Generator leistet rund 4000 kVA bei 3600 U/min.

Siehe auch

Medien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Charles Kittel: Introduction to Solid State Physics. 7. Auflage. Wiley, New York 1996, ISBN 978-0471111818. 
  2. a b c d F. Schwaigerer, B. Sailer, J. Glaser, H. J. Meyer: Strom eiskalt serviert: Supraleitfähigkeit. In: Chemie in unserer Zeit. 36, 2002, S. 108–124 (doi:10.1002/1521-3781(200204)36:2<108::AID-CIUZ108>3.0.CO;2-Y). 

Literatur

  • James F. Annett: Superconductivity, superfluids, and condensates. Oxford Univ. Press, Oxford 2005, ISBN 978-0-19-850756-7. 
  • Peter J.Ford: The rise of the superconductors. CRC Pr., Boca Raton 2005, ISBN 0-74840-772-3. 
  • Werner Buckel, Reinhold Kleiner: Supraleitung – Grundlagen und Anwendungen. 6. Auflage. Wiley-VCH, Februar 2004, ISBN 978-3-527-40348-6. 
  • A. V. Narlikar: Frontiers in superconducting materials. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-24513-8. 
  • Gernot Goll: Unconventional superconductors. Springer, Berlin 2006, ISBN 3-540-28985-2. 
  • Andrei G. Lebed: The physics of organic superconductors and conductors. Springer, Berlin 2008, ISBN 978-3-540-76667-4
  • Gernot Krabbes: High temperature superconductor bulk materials: fundamentals - processing - properties control - application aspects. Wiley-VCH, Weinheim 2006, ISBN 3-527-40383-3
  • David A. Cardwell, David S. Ginley : Handbook of superconducting materials. Institute of Physics, Bristol 2003, ISBN 0-7503-0898-2
  • J. R. Schrieffer, M. Tinkham: Superconductivity. In: Reviews of modern physics. Nr. 71, 1999, S. 313–317 (doi:10.1103/RevModPhys.71.S313). 

Weblinks

Deutsch

Englisch

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