- Balanitis xerotica obliterans
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Klassifikation nach ICD-10 L90.0 Lichen sclerosus et atrophicus N48.0 Leukoplakie des Penis
Balanitis xerotica obliteransN90.4 Leukoplakie der Vulva ICD-10 online (WHO-Version 2006) Der Lichen sclerosus (LS) ist eine chronisch entzündliche, nicht ansteckende Hauterkrankung, die vermutlich zu den Autoimmunerkrankungen zu zählen ist. Neuere Befunde weisen auf eine Autoantikörper-vermittelte Genese der chronisch entzündlichen Dermatose hin. In einer englischen Studie (Oyama, 2003) wurden bei 75% der untersuchten Patienten IgG-Autoantikörper gegen das extrazelluläre Matrixprotein-1 (ECM1) gefunden.
LS ist -bis auf die sogenannte extragenitale Form- (ca. 10 bis 15 %) vorwiegend genital lokalisiert.
Als Synonym wird für den LS der in der Literatur noch häufig zu findende Terminus Lichen sclerosus et atrophicus (LSA) genutzt. Die ISSVD (International Society for the Study of Vulval Disease) hat den kürzeren Begriff Lichen sclerosus festgelegt. Gelegentlich wird der LS auch als White spot disease oder Balanitis xerotica obliterans (BXO) bezeichnet. Die Kurzform für Lichen sclerosus ist LS.
Inhaltsverzeichnis
Häufigkeit und Geschlechterverteilung
Der LS ist eine seltene Erkrankung, die sowohl Frauen als auch Männer betrifft. Die genaue Anzahl an Betroffenen ist weitestgehend unbekannt. Das liegt zum einen an dem wegen ihrer Seltenheit so geringen Bekanntheitsgrad der Krankheit bei den Fachärzten und zum anderen an der Dunkelziffer an Erkrankten, die sich aus Gründen der Scham keinem Arzt anvertrauen. Frauen sind etwa 5- bis 7-mal häufiger betroffen als Männer. Kinder / Jugendliche können ebenfalls an LS erkranken.
Lokalisation
LS kann genital und extragenital auftreten. Mischformen aus genitaler und extragenitaler Form sind bekannt.
Extragenital
Bei dieser Form sind vor allem die oberen Extremitäten (Hände, Arme) und der Rücken vom LS gekennzeichnet.
Genital
Bei der Frau können Schamlippen, Klitoris / Klitorisvorhaut, sowie perianale (um den Anus herum) Regionen betroffen sein. Beim Mann sind Vorhaut und Eichel betroffen und eher selten die perianale Region.
Symptomatisch ist die porzellanartige Weißfärbung und die sklerotische Umwandlung (Verhornung) der betroffenen Haut zu pergamentartiger Konsistenz. Diese Veränderung ist ein sekundärer Prozess. Der entsprechenden Hautveränderung liegt eine Sklerose des unter der obersten Hautschicht liegenden kollagenen Bindegewebes zugrunde. Die sich daraus entwickelnde Atrophie ist bei Frauen durch Schrumpfung z. B. der Schamlippen (der großen oder kleinen Labien, der Klitoris und der Klitorisvorhaut) gekennzeichnet. Bei Männern entsteht durch die sklerotische Schrumpfung der Vorhaut eine Phimose (Vorhautverengung); gelegentlich ist dabei auch das erste Symptom eine Verklebung der Vorhaut mit der Eichel, was beim Geschlechtsverkehr zu Schmerzen und Blutungen führen kann. Alle diese Schrumpfungsprozesse wurden früher, je nach betroffenem Geschlecht als Kraurosis vulvae, bzw. Kraurosis penis bezeichnet. In der Medizin haben sich zur Unterscheidung der Geschlechter die Begriffe vulvärer LS bzw. peniler LS eingebürgert. Frauen leiden vor allem unter starkem Juckreiz. Begleitende bakterielle und mykotische (Pilzinfektion) Entzündungen können die pathologischen Hautveränderungen überlagern und führen dann zu zusätzlichen Beschwerden.
Männer können nach Entstehung einer Phimose die Vorhaut nicht mehr oder nur unter Schmerzen zurückziehen. Bei beiden Geschlechtern kann es durch LS zu einer Harnröhrenstriktur und somit zu einem schmerzhaften und behinderten Wasserlassen kommen, bei Frauen zu einer Vaginalstenose, die eventuell einen Geschlechtsverkehr nahezu unmöglich macht. Beide Ereignisse machen möglicherweise operative Eingriffe notwendig.
Kinder zeigen die gleichen Symptome. Bei Auftreten der Krankheit im Kindesalter ist jedoch in einigen Fällen eine komplette Remission (Normalisierung der Hautsymptome) beim Übergang in die Pubertät zu erwarten. Dies entbindet jedoch nicht von einer angemessenen Therapie.
Nur in wenigen Einzelfällen wurde über eine Spontanheilung im Erwachsenenalter berichtet, insbesondere von Betroffenen selbst und bei nicht gesicherter Biopsie-Diagnostik. Aus medizinischer Sicht ist Lichen sclerosus, wie alle chronischen Krankheiten nicht heilbar. LS verläuft in Schüben. Längere Phasen ohne offensive Symptome sind möglich. Die Therapie bleibt auf die Behandlung und Linderung der Symptome begrenzt.
Unterschieden werden eine atrophische und eine hyperplastische Variante beim Lichen sclerosus. Letztere zählte man früher (s. ältere Pschyrembel!) zu den fakultativen Präkanzerosen. Die Wahrscheinlichkeit einer Entartung zu einem bösartigen Hauttumor liege unter 5 % und betrifft insbesondere Frauen. Über bösartige Veränderungen beim Mann wurde bisher nur in Einzelfällen berichtet, jedoch häufen sich seit fünf Jahren die Berichte über die Entstehung eines Karzinoms. Ob ein bösartiger Tumor aus einem LS selbst entstehen kann oder ob der LS die Entstehung eines solchen begünstigt, ist umstritten. Wegen des erhöhten Karzinomrisikos ist eine 3-6 monatige ärztliche Kontrolle sinnvoll. Mischbilder von Lichen sclerosus, Lichen planus oder simplex (hyperplastisch) einschließlich der vulvären intraepithelialen Neoplasie (VIN I-III) sind in der Fachliteratur beschrieben worden.
Ursache
Die Ätiologie ist unbekannt. Es ist eine multifaktorielle Ursache anzunehmen, wobei eine der Komponenten eine genetische zu sein scheint, wie dieses für Autoimmunerkrankungen allgemein angenommen wird.
Diagnose
Der LS gehört in die Hand eines erfahrenen Dermatologen, Gynäkologen oder Urologen. Dieser stellt meist anhand des klinischen Bildes (Symptome) die Diagnose bzw. zumindest die Verdachtsdiagnose. Eine gesicherte Diagnose ist nur durch eine Biopsie möglich. Viele Betroffene warten Monate bis Jahre auf die 'richtige' Diagnose. Die Hautverfärbung und der Pruritus werden in einigen Fällen als Genital-Mykose fehlinterpretiert und kann deshalb nicht wirkungsvoll und gezielt therapiert werden.
Therapie
Mittel der Wahl ist die lokale Anwendung eines hochpotenten Kortisons (Wirkstoffklasse IV, z. B. Clobetasol-17-propionat). Eine neue Therapieform ist der Einsatz von Calcineurinantagonisten Tacrolimus, Pimecrolimus. Vereinzelt werden noch Thymus-Extrakte verordnet. Die Behandlung von Frauen mit Testosteron ist in den Hintergrund getreten, weil sie häufig mit einer nicht reversiblen Vermännlichung (Körperbehaarung, Bartwuchs, tiefe Stimme, Klitoriswachstum) einhergeht. In Einzelfällen wurden Retinoide (Vitamin A) angewandt. Studien zeigen weder für Testosteron noch für Retinoide eine signifikante Wirkung. Fetthaltige Salben und Öle unterstützen die allgemeine Hautpflege. Der chronische Verlauf und das "Einschmelzen der Vulva" kann bei einem durch Biopsie (Histologie)gesichertem LSA mit Pflegemitteln allein jedoch nicht aufgehalten werden. Eine jahrelang bestehende Atrophie (porzellanartige Weißfärbung und Schrumpfung) der Vulva ist auch mit Kortison oder Calcineurinantagonisten nicht rückgängig zu machen, wobei eine weitere Progression durch die topische Anwendung entsprechender Medikamente eventuell gestoppt, zumindest aber verlangsamt werden kann. Auf hautreizende Parfums, Seifen und Dusch- oder Intimwaschmittel sollte verzichtet werden. Die früher häufig durchgeführte Vulvektomie ist aufgrund einer hohen Rezidivrate heutzutage obsolet (NEILL et al. 2002). Unter dem Aspekt der hohen Rezidivrate muss ebenfalls eine Hauttransplantation gesehen werden.
Bei einer Phimose ist eine Zirkumzision anzuraten. Vielfach konnte mit einer Zirkumzision (Circumcision) die LS-Erkrankung beim Mann gestoppt werden.
Psyche
Viele LS-Betroffene erleben die Diagnose als Traumatisierung. Da LS vor allem den Genitalbereich betrifft und bei Frauen zu einer offensiven Veränderung (Schrumpfung, Wegschmelzen, Zerstörung) der äußeren Genitalien führen kann, ist LS für den Erkrankten selbst, aber auch für seine(n) Partner(in) eine psychische Herausforderung. Man braucht zum einen eine gewisse Anonymität bzw. Diskretion, zum anderen aber auch ggf. Unterstützung durch Gespräche oder die aktive Mitarbeit in Selbsthilfegruppen und den Austausch mit anderen Erkrankten. Eine Beeinträchtigung der Sexualität ist nicht nur sekundär durch die beim Sexualakt zusätzlich belastete Vulva-Haut und die damit verbundenen Schmerzen, sowie die pathologische Verengung des Scheideneingangs gegeben, sondern zusätzlich durch psychische Komponenten. In einigen Fällen hat sich eine Psychotherapie zur Verarbeitung von LS als effektiv erwiesen.
Weblinks
Literatur
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