T.Euro

T.Euro

Teuro ist ein Kofferwort im deutschen Sprachraum, zusammengesetzt aus teuer und Euro. Der Begriff wird umgangssprachlich für die Währung Euro verwendet, da es nach der Euro-Bargeldeinführung am 1. Januar 2002 eine weit verbreitete Wahrnehmung gab, dass sich die Preise von Waren und Dienstleistungen nach Einführung des Euro deutlich verteuert hätten.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung der tatsächlichen Teuerung

Allgemeines

In Deutschland betrug die offizielle Inflationsrate im Jahr der Bargeld-Euro-Einführung 1,9 %. Bei Waren und Dienstleistungen des täglichen Gebrauchs gibt das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft den Preisanstieg im ersten Quartal mit 4,8 Prozent an. Die Differenz ergibt sich daraus, dass:

  • in den drei folgenden Quartalen große Preiserhöhungen durch den Wettbewerb nach unten revidiert wurden
  • der Warenkorb für die offizielle Statistik zu großen Teilen aus Faktoren (etwa Mieten, Strom, Wasser) besteht, die im Alltag nicht dermaßen wahrgenommen werden, die sich bei der Umstellung auf den Euro aber nicht wesentlich verteuerten oder gleichzeitig sogar sanken.

Wenn im Sinne der Euro-Fairness bei der Währungsumstellung auch häufig „krumme“ Preisauszeichnungen zu sehen waren (z. B. € 0,46 für DM 0,89), so wurden die neuen Preise in Euro auch vielfach auf die bereits aus DM-Zeiten geläufigen Schwellenpreise (z. B. € 0,49) festgelegt. Die Preise wurden dabei zumeist angehoben und in Einzelfällen auch geringfügig gesenkt.

Seitens der damaligen deutschen Bundesregierung lag ein Versprechen vor, niemand müsse „durch die Einführung des Euro mehr bezahlen als vorher“. Daher begann der Einzelhandel bereits Monate vor der Euro-Bargeldeinführung die Preise für eine Reihe von Gütern anzuheben. Dadurch konnten diese Einzelhändler später nach der Euro-Umstellung durch Abrunden noch für einige Zeit mit Preissenkungen werben, auch wenn die Waren noch immer teurer waren als zuvor. Auch wurde bisweilen bei gleich bleibendem Verkaufspreis der Verpackungsinhalt unauffällig verringert – z. B. von 500 g Inhalt auf 400 g oder von 375 g auf 325 g – bei ansonsten unverändertem Erscheinungsbild der Umverpackung.

Diese Wahrnehmung betrifft letztlich kleine Rundungsbeträge im Cent-Bereich. Dem Euro wird oft angelastet, dass Produkte inzwischen etwa soviel kosten wie seinerzeit in DM. Dies liegt daran, dass die jährliche Teuerungsrate nicht einbezogen wird und dieser Effekt zu DM-Zeiten auch zu beobachten war, jedoch der Bürger keinen Fixpunkt durch ein Basisjahr hatte (siehe Teuro#Falsche_Umrechnung).

Am häufigsten waren inflationäre Tendenzen bei Frischwaren, bei Kino-Eintrittskarten, Dienstleistungen und in Gaststätten festzustellen.

Verbraucherpreisindex

Teuerungsraten vor und nach der Bargeldeinführung des Euros zum 1. Januar 2002 in Deutschland (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Monat Veränderung zum
Vorjahresmonat
Monat Veränderung zum
Vorjahresmonat
Jan. 2001 1,4% Jan. 2002 2,1%
Feb. 2001 1,8% Feb. 2002 1,8%
Mär. 2001 1,8% Mär. 2002 2,0%
Apr. 2001 2,2% Apr. 2002 1,5%
Mai. 2001 2,7% Mai. 2002 1,2%
Jun. 2001 2,5% Jun. 2002 1,0%
Jul. 2001 2,2% Jul. 2002 1,2%
Aug. 2001 2,2% Aug. 2002 1,2%
Sep. 2001 2,0% Sep. 2002 1,1%
Okt. 2001 1,8% Okt. 2002 1,3%
Nov. 2001 1,5% Nov. 2002 1,2%
Dez. 2001 1,6% Dez. 2002 1,2%
Zusammensetzung des deutschen Warenkorbes (Insgesamt 750 Güter, Stand 2004)
Bestandteil 1995 2000 2005
01 Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke 13,1% 10,3% 10,4%
02 Tabakwaren, alkoholische Getränke 4,2% 3,7% 3,9%
03 Bekleidung, Schuhe 6,9% 5,5% 4,9%
04 Wohnung, Wasser, Gas, Brennstoffe 27,5% 30,2% 30,8%
05 Einrichtungsgegenstände 7,1% 6,9% 5,6%
06 Gesundheit, Pflege 3,4% 3,5% 4,0%
07 Verkehr 13,9% 13,9% 13,2%
08 Nachrichtenübermittlung 2,3% 2,5% 3,1%
09 Freizeit, Kultur, Unterhaltung 10,4% 11,0% 11,6%
10 Bildungswesen 0,7% 0,7% 0,7%
11 Hotel, Restaurants 4,1% 4,7% 4,4%
12 Andere Waren und Dienstleistungen 6,1% 7,0% 7,4%
Quelle: Statistisches Bundesamt

Nach dem Verbraucherpreisindex des deutschen Statistischen Bundesamtes betrug die Teuerung in Deutschland für die ersten zweieinhalb Jahre seit Einführung des Euro-Bargelds im Januar 2002 insgesamt 3,3 %. In den zweieinhalb Jahren zuvor – den letzten der DM – stiegen die Verbraucherpreise um insgesamt 4,3 %.

Mitte des Jahres 2001 verzeichnete der Verbraucherpreisindex einen deutlicheren Anstieg der Preise in Deutschland im Vergleich zu den Vormonaten. Dieser lag jedoch weit unter den Steigerungsraten, die Anfang der 1990er Jahre verzeichnet wurden (bis zu 6,3 % Anstieg des Preisindexes im Vergleich zum Vorjahresmonat).

Auch ist zu bemerken, dass schon im 2. Quartal 2002 eine deutliche Korrektur einsetzte. Fälle deutlicher Preissteigerung wurden durch den Markt zumeist nach unten korrigiert.

Gründe für die Wahrnehmung einer höheren Teuerung

Die tatsächliche Preisentwicklung erklärt nicht in vollem Umfang die von der Bevölkerung wahrgenommene umfassende Verteuerung von Produkten. Teilweise lässt sich die Beobachtung der scheinbar hohen Inflation auch auf Wahrnehmungsfehler durch die Bevölkerung zurückführen.

Gefühlte Inflation

Als gefühlte Inflation bezeichnet man eine Preisniveausteigerung, die zwar von den Käufern eines Gutes angenommen wird, jedoch in der Realität nicht zu beobachten ist. Bezogen auf die Euro-Einführung zeigt sich, dass sich zwar solche Güter merklich verteuert haben, deren Preise im Fokus der Öffentlichkeit stehen (z. B. Gaststätten), gleichzeitig jedoch die Preise solcher Güter kaum gestiegen sind, die im Alltag weniger wahrgenommen werden.

Falsche Umrechnung

Jährliche Preisveränderungsraten in Deutschland von 1965 bis 2004

Der offizielle Umrechnungskurs betrug 1,95583 Deutsche Mark zu 1,00 € bzw. 13,7603 Österreichische Schilling zu 1,00 €. Die von den Menschen üblicherweise verwendeten Umrechnungskurse waren bzw. sind jedoch 2 (für die D-Mark) und 14 (für den Schilling). Demnach werden beispielsweise in Deutschland Produkte, die einen Euro kosten als 2 D-Mark teuer wahrgenommen – dies erklärt eine Abweichung zwischen tatsächlicher und wahrgenommener Inflation von mehr als zwei Prozent.

Zudem wird aus der Erinnerung der heutige Preis eines Produktes mit seinem Preis aus dem letzten DM-Jahr verglichen. Damit ist die jährliche Teuerung beim DM-Preis nicht, jedoch beim heutigen Preis in Euro voll enthalten. Daher nehmen die Verzerrungen der Wahrnehmung jedes Jahr zu - der falsche Eindruck eines Teuro wird folglich von Jahr zu Jahr immer größer und zwar genau um den Faktor der jährlichen Teuerungsraten.

Die Inflation zur Zeit der DM lag im Durchschnitt über der Teuerungsrate des Euro. In sofern ist der Euro in Wahrheit stabiler als es die DM je war. Wenn man zum Beispiel das Jahr 1948 als Basisjahr (Einführung der DM) nimmt, dann entsprach die Kaufkraft von einer DM 35 Jahre später (1983) der Kaufkraft von nur noch 0,38 DM. Die Inflationsrate betrug in diesem Zeitraum durchschnittlich knapp 3 Prozent. In der Zeit von 2000 bis 2007 betrug die durchschnittliche Inflation dagegen 1,7 %.

Ausbreitung des Kunstworts

Entgegen weit verbreiteten Ansichten ist „Teuro“ keine Wortschöpfung des Nachrichtenmagazins Focus, obgleich besagtem Magazin für die vermeintliche Leistung 2002 der „Medienpreis für kreative Wortschöpfungen“ verliehen wurde. Urheber ist jedoch das Satiremagazin Titanic, das bereits im Februar 1997, also kurz nach der Entscheidung für den endgültigen Namen der neuen Währung, vor dem ganz, ganz dummen Wortspiel in den Plappermäulern von Kabarettisten und Moderatoren [1] warnte.

Das Kunstwort ist sowohl in Deutschland als auch in Österreich zum Wort des Jahres für 2002 gewählt worden.

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen am Euro teilnehmenden Ländern hat der Volksmund den Euro umbenannt. Das spanische Äquivalent für Teuro ist Redondo und stammt von redondear = aufrunden.

Literatur

  • Peter Vanderbrueggen: Die Eurolüge. Vom Unsinn der europäischen Währungsunion. Rotbuch Verlag, 1997, ISBN 3-88022-638-5. 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. www.zeit.de Die Teuroristen

Wikimedia Foundation.

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