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Telekommunikationsüberwachung – abgekürzt auch TÜ oder TKÜ genannt – ist die im Strafverfahrensrecht und Polizeirecht übliche Bezeichnung für die Überwachung von Telekommunikationsvorgängen und -inhalten. Dazu zählen das Abhören von Telefongesprächen und das Mitlesen von E-Mails, Kurzmitteilungen (SMS) und Telefaxen.
Rechtsgrundlage für die Überwachung sind – je nach Anlass und Ziel der Überwachungsmaßnahme – entweder die Polizeigesetze der Länder, § 100a der Strafprozessordnung (der in der Praxis mit Abstand häufigste Fall), das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses oder der § 23 a des Zollfahndungsdienstgesetz.
Die Telekommunikationsüberwachung ist ein Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis. Eine Überwachung kann zum Zweck der Strafverfolgung angeordnet werden. In einigen Bundesländern kann eine die Überwachung auch zum Zweck der Gefahrenabwehr angeordnet werden. Zur Anordnung sind nur Richter befugt (bzw. seit 2008 auch „das Gericht“), bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung auch durch die Staatsanwaltschaft ergehen, wobei die richterliche (gerichtliche) Anordnung unverzüglich nachzuholen ist. Ergeht diese dann nicht innerhalb von 3 (Werk-)Tagen, gilt die Maßnahme als nicht genehmigt und ist unverzüglich einzustellen. Eine erste empirische Untersuchung zur Wirksamkeit von Richtervorbehalten haben Backes/Gusy/Begemann/Doka/Finke (2003) vorgelegt.
Inhaltsverzeichnis
Legal Interception
Legal Interception (auch: Lawful Interception) ist der englische Fachausdruck für ein Leistungsmerkmal, das alle technischen Einrichtungen öffentlicher Netze bieten müssen: eine Möglichkeit, dass sich befugte staatlichen Stellen wahlfrei auf bestimmte Verbindungen aufschalten und den dort laufenden Verkehr abhören. So müssen beispielsweise Vermittlungsstellen des Telefonnetzes dies ermöglichen, unabhängig davon, ob es sich um herkömmliche Technik oder IP-Telefonie handelt. Während es sich dabei in der älteren Technik noch um Gesprächsklinken handelte, an die Telefone gestöpselt wurden, handelt es sich heute um automatische IT-Verfahren. Den Betreibern der öffentlichen Netze werden die Kosten, die durch die Bereitstellung der Aufschaltemöglichkeiten entstehen, nicht ersetzt. Die Bereitstellung ist ab einem Kundenkreis von über 10.000 Kunden allerdings verpflichtend, um eine Lizenz der Bundesnetzagentur zu erhalten und den Betrieb aufrecht zu erhalten.
Quellen-Telekommunikationsüberwachung
Durch die zunehmende Verbreitung verschlüsselter Kommunikation wird die Überwachung der Telekommunikation zunehmend erschwert. Einige Ermittlungsbehörden reagierten darauf mit einer von ihnen als „Quellen-Telekommunikationsüberwachung“ (Quellen-TKÜ) bezeichneten Maßnahme. Dabei wird auf dem Computer, mit der die zu überwachende Kommunikation getätigt wird, ein Programm installiert, welches die Kommunikation vor der Verschlüsselung mitschneidet und an die Ermittlungsbehörde übermittelt. Die technische Umsetzung ähnelt dabei derjenigen des Bundestrojaners, allerdings wird - laut Mitteilung der Bundesregierung - nur die Kommunikation überwacht und keine weiteren Daten erhoben. Inwieweit diese Quellen-TKÜ durch die Gesetze zur Telekommunikationsüberwachung rechtlich legitimiert ist oder einen unzulässigen Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen darstellt, ist umstritten.
Präventive Telekommunikationsüberwachung
Siehe Hauptartikel: Präventiv-polizeiliche Telekommunikationsüberwachung
Kompetenz- und Servicezentrum Telekommunikationsüberwachung
Am 1. April 2008 hat beim Bundeskriminalamt ein Aufbaustab mit der Zielsetzung die zersplitterte Telekommunikationsüberwachungs-Landschaft der 38 Sicherheitsbehörden und den ca. 80 Überwachungsanlagen des Bundes und der Länder zu harmonisieren und zu bündeln seine Arbeit aufgenommen.[1] Als erste Schritte eines mehrstufigen Auf- und Ausbaus plant das Bundesministerium des Innern bis Mitte 2009 die technischen Vorgänge beim Bundesverwaltungsamt auf einer technischen Plattform zu konzentrieren. Diese neue Organisationsstruktur soll den Wissensträgern der Bundesbehörden künftig ermöglichen räumlich und organisatorisch eng zusammenzuarbeiten. Gegründet werden, um dem technologischen Wandel besser begegnen zu können, im Kern der neuen Organisationsstruktur
- ein Kompetenzzentrum-TKÜ (CC-TKÜ) zur Bündelung der Konzeptions-, Planungs- und Forschungsaktivitäten,
- ein Servicezentrum-TKÜ (SC-TKÜ) als Dienstleister zum Aufbau und Betrieb der informationstechnologischen Infrastruktur für die teilnehmenden Behörden.
Das Trennungsgebot von Polizei und Nachrichtendiensten wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da technische Vorkehrungen getroffen werden, dass die Ausleitung von Telekommunikationsinhalten und Verkehrsdaten nur an den beantragenden Bedarfsträger erfolgt. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, aüßerte sich über die Zusammenlegung dennoch besorgt. Es bestehe, wie viele Erfahrungen belegen würden, die Gefahr „dass diese Daten letztendlich doch zusammenlaufen könnten“.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ bundestag.de: Antwort der Bundesregierung, Drucksache 16/10050 – Aufbau neuer Strukturen des Bundes zur Telekommunikationsüberwachung
Literatur
- Backes, Otto/ Gusi, Christoph/ Begemann, Maik-Carsten/ Doka, Siiri/ Finke, Anja (2003): Wer kontrolliert die Telefonüberwachung? Eine empirische Untersuchung zum Richtervorbehalt bei der Telefonüberwachung, Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag
Weblinks
- Paragraph 100a der StPO
- Bundesverfassungsgericht: Entscheidung vom 27. Juli 2005 zur Telekommunikationsüberwachung in Niedersachsen
- Dokumentation zum Thema „Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten in der Telekommunikation“ bei heise.de
- Referat zur präventiven TKÜ am Beispiel des § 34a SOG M-V
- Vorratsdatenspeicherung, Anonymität und digitale Freiräume Podcast des Chaos Computer Clubs
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