- TRAMaturgie
-
Die Mainzer Straßenbahn ist eine Straßenbahn in Mainz, die seit 1904 elektrisch betrieben wird.
Inhaltsverzeichnis
Liniennetz
Linie Linienweg 50 Finthen Römerquelle – Finthen Gemarkungsgrenze – Gonsenheim Kapellenstraße – Turmstraße (Bahnhof Waggonfabrik) – Hauptbahnhof – Pariser Tor – Hechtsheim Jägerhaus – Hechtsheim Bürgerhaus 51 Finthen Poststraße – Finthen Gemarkungsgrenze – Gonsenheim Kapellenstraße – Turmstraße (Bahnhof Waggonfabrik) – Hauptbahnhof – Pariser Tor – Hechtsheim Jägerhaus – Hechtsheim Bürgerhaus 52 Bretzenheim Bahnstraße – Agentur für Arbeit – Hauptbahnhof – Pariser Tor – Hechtsheim Jägerhaus – Hechtsheim Am Schinnergraben Geschichte
Am 15. Juli 1904 fuhren die ersten Wagen der „Städtischen Straßenbahn“ elektrisch durch Mainz und lösten damit die seit 1883 betriebene Pferdebahn ab. Die erste Linie ging vom Gutenbergplatz über Schillerplatz – Hauptbahnhof – Kaiserstraße – Boppstraße und Bismarckplatz nach Mombach. Die „Ringbahn“ kam am 1. September hinzu, die die Innenstadt vom Hauptbahnhof über Kaisertor – Fischtor – Höfchen und Schillerplatz umrundete. Am gleichen Tag liefen die Mombacher Wagen über die Neubrunnenstraße bis zum Neubrunnenplatz. In schneller Folge kamen weitere Strecken hinzu: Vom Straßenbahnamt zum Kaisertor und vom Hindenburgplatz durch Bauhof- und Schusterstraße zum Höfchen (ab 20. Oktober), dann zum Neutor (ab 1. Dezember) und schließlich weiter bis nach Weisenau (ab 21. Dezember). Am 1. Januar 1905 erreichten die ersten Wagen den Kasteler Bahnhof und verdrängten die letzten Pferdebahnen. Damit war die erste Ausbaustufe beendet und 40 Triebwagen versahen den Dienst auf den drei Linien.
Streckenausbau
1906 wurde die Strecke Straßenbahnamt – Ingelheimer Aue eröffnet, im Jahr darauf die Strecken Kastel – Kostheim und Waggonfabrik – Gonsenheim. Die erste elektrische Straßenbahn über die Große Bleiche fuhr ab 1916. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs übernahm die Mainzer Straßenbahn 1919 die Dampfbahnen der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft (SEG). Wesentlich ausgebaut und auf Elektrobetrieb umgestellt wurde das Netz in den 1920er Jahren durch die Elektrifizierung der Dampfbahnstrecken Gonsenheim – Finthen und Münsterplatz – Alicenplatz – Bretzenheim. Zudem erfolgte 1923 die Eröffnung der Strecke Schillerplatz – Gaustraße – Hechtsheim unter Mitbenutzung der ehemaligen Dampfbahnstrecke ab Jägerhaus. Ein Jahr später eröffnete die Linie zum Städtischen Krankenhaus, die allerdings nach drei Jahren Betrieb 1927 bereits wieder eingestellt wurde. Im selben Jahr erreichte das Mainzer Straßenbahnnetz mit der Inbetriebnahme der Strecke nach Kostheim/Siedlung seine größte Ausdehnung. 1931 wurde die Boppstraßen-Linie stillgelegt, 1943 die SEG-Linien 6 und 9 durch die Stadtwerke Mainz und Wiesbaden übernommen. Zwei Jahre später kam es kurz vor Kriegsende zur kriegsbedingten Stilllegung des Betriebes vom 27. Februar bis 28. Juli mit endgültiger Einstellung des Betriebes auf der Großen Bleiche und vom Hindenburgplatz über Bauhof- und Schusterstraße zum Höfchen.
Nachkriegszeit - Heute
1946 wurde die neue Linie zur Universität eröffnet, nach Wiederherstellung der Rheinbrücke fand ab 1950 wieder durchgehender Straßenbahnverkehr nach Kostheim, Wiesbaden und Wiesbaden-Schierstein statt. Die Linien 6 und 9 nach Wiesbaden und WI-Schierstein wurden 1955 auf Busbetrieb umgestellt, ein Jahr später wurde auch die Universitäts-Linie durch Busse ersetzt. Wiederum zwei Jahre später verkehrten die letzten Straßenbahnen über die Rheinbrücke nach Kostheim. Es folgte 1963 die Einstellung der Strecken Schillerplatz – Höfchen – Weisenau, Waggonfabrik – Mombach, auf der Kaiserstraße und zwischen Höfchen und Liebfrauenplatz. Zwei Jahre später wurde mit der Einstellung des Betriebes vom Straßenbahnamt über Kaisertor zum Liebfrauenplatz der Tiefpunkt der Mainzer Straßenbahngeschichte erreicht.
Mehrere Umbauten des Netzes folgten mit der Eröffnung der Strecke Gemarkungsgrenze – Finthen/Römerquelle 1977, der Strecke Jägerhaus – Hechtsheim/Dornsheimer Weg 1989 und der Eröffnung der Strecke Hechtsheim/Dornsheimer Weg – Bürgerhaus 1997 bei gleichzeitiger Stilllegung der Strecke Straßenbahnamt – Ingelheimer Aue. Im Rahmen des Umbaus des Vorplatzes am Mainzer Hauptbahnhof wurde auch eine Gleisverbindung geschaffen, die einen Verkehr von Bretzenheim nach Hechtsheim ermöglicht. Beim folgenden Fahrplanwechsel wurde die Linienführung entsprechend geändert, so dass auch der Streckenabschnitt vom Bismarckplatz bis zum Straßenbahnamt nur noch betrieblichen Zwecken dient; paradox dabei ist der Umstand, dass ausgerechnet das Straßenbahnamt und das angegliederte Depot heute für Fahrgäste nicht mehr per Straßenbahn erreichbar ist. Im Jahr 2000 wurden die verbliebenen Mainzer Straßenbahnlinien mit neuen Nummern versehen: aus 8 wurde 52, aus 10 und 11 wurden 50 und 51.
Mit einem großen Erlebnistag begingen die Mainzer Straßenbahn am 3. Juli 2004 ihren 100. Geburtstag. 2007 wurde die zweigleisige Trasse zwischen Gemarkungsgrenze und Finthen, Poststraße mit einem Bürgerfest und einem Korso historischer Straßenbahnen eröffnet. Ebenfalls durch zweigleisigen Ausbau wurde die „traditionelle“ Engstelle in der Gaugasse beseitigt.
Die Mainzer Straßenbahn wird heute von den Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) betrieben.
Bezeichnungen der Linien
In den ersten beiden Jahrzehnten des Bestehens der Straßenbahn waren Liniennummern in Mainz nicht üblich. Man bezeichnete die Linien mit Farben (Rot für Weisenau, Grün für Mombach, Blau für die Ring- bzw. Rundbahn, Gelb für Gonsenheim usw.). Die Triebwagen besaßen neben dem drehbaren Richtungsschild auf dem Dach links und rechts je eine Signallampe, die entsprechend der jeweiligen Linie farbiges Licht bei Dunkelheit zeigte.
Da die Farben nicht ausreichten, wurden diese auch kombiniert: Nach Finthen fuhr man Rot mit Gelb, nach Hechtsheim Weiß mit Blau usw. Für Fremde war dieses, auch andernorts weit verbreitete System, nur schwer durchschaubar, so dass man ab 1919 auch in Mainz Nummern einführte. Sie reichten schließlich von 1 bis 13, jedoch waren 6 und 9 ausgespart, weil die beiden SEG-Linien von Wiesbaden nach Mainz schon früher diese Nummern besaßen.
Ab 1929 verwendete man auch Buchstaben: Nun gab es die Linie E (für „Einsatzwagen“) und eine Zeit lang kursierten auch die Linien 4a und 4b. Hierbei gaben die Buchstaben über die jeweilige Fahrtrichtung der Rundlinie Aufschluss.
Die meisten Liniennummern blieben für viele Jahre oder gar Jahrzehnte ihrer Strecke fest zugeordnet: die „1“ war von 1919 bis 1963 die Nummer der Strecke nach Weisenau und anschließend bis 2000 die entsprechende Busliniennummer. Die „7“ verband man von 1920 bis 1963 mit Mombach. Die Linie nach Bretzenheim hatte von 1923 bis 2000 die Nummer „8“. Die „10“ war Finthen von 1922 bis 2000 zugeordnet.
Einen Wechsel gab es dagegen bei der Nummer „11“: sie verband von 1923 bis 1945 Hechtsheim mit der Innenstadt. Dann wurde die Liniennummer anders vergeben, bevor 1958 der alte Zustand wiederhergestellt wurde, der bis 2000 andauerte.
Am längsten behielt jedoch die Linie „6“ aus Wiesbaden ihre Bezeichnung. Ihr Entstehungsjahr scheint 1906 oder 1909 gewesen zu sein. Seitdem verbindet sie Wiesbaden mit Mainz, wenn auch die Endpunkte in beiden Städten gewechselt haben. Bei der Reform des Liniennetzes im Jahr 2000 behielten sie und Linie „9“ die bisherige Nummer bei. Die übrigen Mainzer Binnenlinien erhielten nach Absprache mit Wiesbaden Nummern zwischen 50 und 99.
Das Liniennetz war historisch gewachsen. So bot sich die Chance, die Strecken den neuen Infrastrukturen und Kundenwünschen anzupassen. Die neuen Liniennummern entstanden aus zwei Gründen:
- Der Rhein-Nahe-Nahverkehrsverbund teilte dem Verkehrsverbund Mainz-Wiesbaden bei der Vereinheitlichung der Bezeichnungen die Liniennummern 1–99 zu.
- Die ESWE aus Wiesbaden behielt im Jahr 2000 ihr Liniennetz bei, so dass die damaligen Verkehrsbetriebe sich entschlossen, die Liniennummern 50-99 zu nutzen.
Aus diesem Grund erhielten die Straßenbahnen neue Liniennummern, die mit 50 beginnen. Da mit einem größeren Netzausbau und der Einführung weiterer Linien wohl nicht zu rechnen ist, erschien die Auslassung einer Nummer (der 53) zwischen der höchsten vergebenen Liniennummer für Straßenbahnen (52) und der niedrigsten Liniennummer für reine MVG-Buslinien (54) ausreichend.
Die Straßenbahn über den Rhein
Zwischen dem linksrheinischen Mainz, dem rechtsrheinischen Stadtteil Kastel und weiteren rechtsrheinischen Orten bestanden seit alters her Verkehrsbeziehungen. Dienten zunächst Schiffsbrücken oder Lokalboote dem Verkehr, so verbesserte die 1885 eröffnete feste Rheinbrücke die Verbindung erheblich.
1886 nahm die Pferdebahn zwischen dem Mainzer Centralbahnhof und dem damals wichtigen Bahnhof in Kastel ihren Betrieb auf, aber auch elektrische Straßenbahnen konnten die Brücke nutzen.
Bereits drei Monate vor den Mainzer Straßenbahnen waren es Bahnen der SEG aus Wiesbaden die als erste elektrisch über die Brücke fuhren.
Bis 1912 musste für das Überqueren der Brücke ein „Brückengeld“ entrichtet werden. Die Einnehmerei hatte der hessische Staat verpachtet, die Einnahmen flossen indessen ihm zu. Für die Straßenbahnfahrgäste war das Brückengeld in den Fahrpreis eingerechnet und wurde jährlich pauschal abgeführt. Alle Kaponnieren (auch die beiden auf der Kasteler Seite) verschwanden bei der Verbreiterung der Brücke 1933/34.
Da Gleise und Fahrleitungen jedoch Besitz der Stadt Mainz waren, musste die SEG für ihre Fahrten ein Benutzungsentgelt entrichten und auch den benötigten Fahrstrom aus dem Mainzer E-Werk bezahlen. Dieser Zustand blieb so zur Übergabe der Linien 6 und 9 an die beiden Stadtwerke im Kriegsjahr 1943.
Die Straßenbahn als Werbefläche
Pferdebahn, Dampfbahn und elektrische Straßenbahn waren finanziell nicht gut ausgestattet. So wurden von den privaten Eigentümern, aber auch später von dem Straßenbahnamt, mögliche Nebeneinnahmen gesucht. Diese konnten in der Regel nur durch Verpachtung von Werbeflächen erzielt werden. Anfang der 1920er Jahre erschien die „Plattform-Reklame“: Große Blechtafeln wurden an den Vorder- und Rückseiten der Straßenbahnen installiert, wenig später wurden auch Werbeflächen auf dem Dach eingerichtet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging man noch einen Schritt weiter und machte die Straßenbahn selbst zur fahrenden Werbung: Einer der ältesten noch vorhandenen Wagen erhielt ein „Sperrholzkleid“ und verkehrte nun als fahrende Werbefläche.
Fahrzeuge
Zur Erstausstattung kamen 1904/05 40 Triebwagen zur Auslieferung. Die Anfangs völlig offenen Plattformen wurden ab 1909 nach und nach teilweise verschlossen. Die letzten Fahrzeuge blieben bis zu 50 Jahre im Einsatz, einen Teil davon baute man im Laufe der Jahre zu Beiwagen um. 1907 erfolgte eine Nachlieferung von weiteren sechs, nur leicht verbesserten Wagen.
Für die Gonsenheimer Linie stellte man 1907 zehn dieser Wagen in Dienst. Die Plattformen waren vollständig geschlossen, so dass die Fahrzeuge bald im Volksmund „Glaswagen“ genannt wurden. Die letzten Exemplare gingen nach 51 Jahren „außer Dienst“. Zwischen 1915 und 1917 lieferte erstmals die Waggonfabrik Gebr. Gastell in Mainz-Mombach Fahrzeuge für die Mainzer Straßenbahn. Nach Zukäufen in den Jahren 1925, 1929, 1950 und 1952 wurden sechs Westwaggon-Gelenkwagen erworben, die ab Ende 1958 zunächst ausschließlich zwischen Hechtsheim und Finthen liefen. Mit einer acht Wagen umfassenden Serie aus 1965 konnten die letzten Vorkriegswagen ausgemustert werden.
Mehr als 90 Jahre lang mussten die Fahrgäste beim Einsteigen einen großen Höhenunterschied überwinden. Die Größe der elektrischen Fahrmotoren erforderte zwangsläufig eine bestimmte Höhe des Wagenkastens und auch des Fußbodens. So ergaben sich meist wenigstens zwei Stufen, ehe man den eigentlichen Fahrgastraum zum Sitzen erreichte. Nur unwesentlich änderte sich dies in den neun Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts. Schließlich versuchten die Konstrukteure, die Einstiegshöhe zu verringern, entwickelten kleinere Motoren, neuartige Getriebe und besannen sich, dass man die umfangreiche übrige elektrische Ausrüstung nicht unter dem Wagenfußboden, sondern auch auf dem Wagendach unterbringen könne. Dort waren sie vor Schmutz, Staub und vor allem vor zu viel Wasser sicherer als „unterflur“. Jetzt war es möglich, die Einstiege und meist auch den ganzen Wagenfußboden deutlich abzusenken, Stufen ganz zu vermeiden und die Fahrzeuge dadurch auch für gehbehinderte Fahrgäste zugänglich zu machen. Die Verkehrsbetriebe als Vorgänger der MVG erkannten schnell die Vorteile für die Fahrgäste und auch, dass schnelles Ein- und Aussteigen die Fahrzeiten deutlich vermindern könne. So fiel es 1995 nicht schwer, bei der Modernisierung des Wagenparks ganz auf „Niederflur“ zu setzen.
Seit Ende 1996 verkehren nun 16 Gelenktriebwagen, die vollkommen niederflurig und daher bei den Fahrgästen – vor allem bei älteren und behinderten – beliebt sind. Abends und an Wochenenden verkehren daher ausschließlich diese modernen Fahrzeuge, um dem Mobilitätsbedürfnis dieser Personengruppen besonders entgegen zu kommen. Zuvor hatte es über 20 Jahre gedauert, bis die erste „Verkehrsinsel“ entstand, so dass das Einsteigen an den Haltestellen etwas leichter war. An den Strecken auf „besonderem Bahnkörper“, wo die Straßenbahnen ihre eigenen Trassen besitzen, wurde ab den 1980er Jahren konsequent mit der Anlage von Hochbahnsteigen begonnen, so dass man fast ebenerdig einsteigen konnte.
In den ersten zwanzig Jahren des Bestehens der Straßenbahn mussten sich die Fahrgäste mit Holzbänken oder -sitzen begnügen. Längsbänke waren zunächst die Regel, doch bald gab es auch Quersitze, deren Rückenlehnen sich teilweise entsprechend der Fahrtrichtung umlegen ließen. Da Heizungen fehlten, behalf man sich im Winter mit Sitzkissen auf den Bänken und Friesvorhängen an den Fenstern.
Ab 1927 erschienen die neu gelieferten Triebwagen mit Polstersitzen, überzogen mit Leder, und auch Heizungen machten jetzt das Fahren bei kühler Witterung angenehm. Nun besaßen alle neu in Dienst gestellten Fahrzeuge überwiegend Quersitze und nur noch wenige Längsbänke und diese meist in Türnähe. Dem Zug der Zeit und den Kosten folgend, löste nach dem Zweiten Weltkrieg Kunstleder den natürlichen Rohstoff ab. Inzwischen sind Stoffpolster – meist Plüschbezüge – Standard in allen Fahrzeugen.
Straßenbahndepot
Zum Abstellen und zur Pflege der Straßenbahnen errichtete man 1904 auf einem Grundstück in der Neustadt Ecke Rheinallee/Kaiser-Karl-Ring – damals am Rand der Stadt – Wagenhallen, Werkstätten und auch eine Verwaltung für die Städtische Straßenbahn. Auf acht Gleisen konnten nachts bis zu 60 Wagen abgestellt werden. Schon 1908 musste man die Halle, die für die Mainzer das „Depot“ war, verlängern, um auch die Wagen der Gonsenheimer Linie unterbringen zu können. Nach Umstellung der Dampfbahnlinien nach Bretzenheim, Hechtsheim und Finthen reichte auch sie nicht mehr aus und eine zweite Wagenhalle entstand 1927 längs des Kaiser-Karl-Rings mit sieben Gleisen. Nur 17 Jahre stand sie dort, ehe 1944 Luftangriffe sie einschließlich des dort untergebrachten Wagenparks total zerstörten. Auch die 1904/08 errichtete alte Wagenhalle wurde dabei sowie in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs erheblich beschädigt.
1949 wurde die zerstörte Halle wieder in Betrieb genommen. Hallen und Werkstätten entsprachen im Lauf der Zeit nicht mehr den modernen Anforderungen. So konnten die neu hinzugekommenen Wagen nicht mehr in der Lackiererei überholt werden, weil diese nur für kurze Fahrzeuge ausgelegt war. Ähnlich war es in der beengten Hauptwerkstatt, die keinen Platz ließ, um die Gelenkwagen dort instand zu setzen, ganz zu schweigen von den schwierigen Arbeitsbedingungen für das Werkstattpersonal. Darum entschloss man sich Anfang der 1970er Jahre zum Abriss der alten Gebäude und zum grundlegenden Neubau auf dem vorhandenen Gelände. Ab 1975 konnten die ersten Bauabschnitte dem Betrieb übergeben werden. Abstellhalle, Werkstätten, Leitstelle, Teile der Verwaltung und Sozialräume einschließlich Fahrschule sind nun unter einem Dach vereint und bieten Straßenbahnen und Bussen eine langfristige Bleibe.
Derzeitige Situation
Seit der einstimmigen Grundsatzentscheidung des Mainzer Stadtrates im Jahr 2003 für den Erhalt der Straßenbahn erfolgen Investitionen in das bestehende Straßenbahnnetz.
Der eingleisige Streckenabschnitt in Bretzenheim wurde im Herbst 2003 nach 75 Jahren saniert. Im Sommer 2004 wurde die Gaustraße, die mit stündlich 32 Straßenbahnzügen in der Spitze und über 15.000 Fahrgästen am Tag den Engpass im Netz in Mainz darstellte, zweigleisig ausgebaut.
Die neue Umsteigehaltestelle am Hechtsheimer Mühldreieck verbessert das Zusammenwirken von Bus und Straßenbahn im Interesse eines kundenorientierten und wirtschaftlichen öffentlichen Verkehrs in Mainz.
Im Jahr 2007 wurde die Strecke nach Mainz-Finthen, Poststraße, zweigleisig ausgebaut.
Planungen
Zurzeit steht ein Ausbau zum neuen Fußballstadion (Coface-Arena) am Europakreisel und von Bretzenheim aus zum Lerchenberg zur Diskussion.[1]
Liniennetzchronik
Ab 16. April 1950
Linie Linienweg 1 Weisenau-Höfchen-Hauptbahnhof-<Bismarckplatz/Kaisertor>-Ingelheimer Aue 2 Universität-Hauptbahnhof-Höfchen-Kastel Bahnhof 3 Steig-Höfchen 5 Hechtsheim-Hauptbahnhof-<Kaisertor/Bismarckplatz>-Strassenbahnamt 6 Mainz Hauptbahnhof-Kaisertor-Wiesbaden Hauptpost 7 Mombach-Hauptbahnhof-Höfchen-Kostheim Ort 8 Bretzenheim-Hauptbahnhof-Höfchen-Kostheim Siedlung 9 Mainz Hauptbahnhof-Kaisertor-Biebrich-Schierstein 10 Hauptbahnhof-Bismarckplatz-Waggonfabrik-Gonsenheim-Finthen Die Linien 6 und 9 waren Gemeinschaftslinien mit Wiesbaden. Die Linien 1 und 5 fuhren zwischen Hauptbahnhof und Strassenbahnamt gegenläufig über Kaisertor und Bismarckplatz, sodass die 5 ohne Nutzung eine Gleisschleife oder Wendeanlage enden konnte.
Alle Linien fuhren, außer Linie 6 und 9, alle 20 Min; 6 und 9 alle 15 Min; Sonntags Vormittags und Abends alle 30 Min Linie 3 Abends und Sonntag Vormittag kein Betrieb
Ab 15. Juni 1956
Linie Linienweg 1 Weisenau-Höfchen-Hauptbahnhof-<Bismarckplatz/Kaisertor>-Ingelheimer Aue 2 Hauptbahnhof-Höfchen-Kastel Bahnhof-Kostheim Ort 3 Hauptbahnhof>Kaisertor>Brückenkopf>Höfchen>Hauptbahnhof 4 Hauptbahnhof>Höfchen>Brückenkopf>Kaisertor>Hauptbahnhof 5 Hechtsheim-Hauptbahnhof-<Bismarckplatz/Kaisertor>-Strassenbahnamt 7 Mombach-Hauptbahnhof-Höfchen-Kostheim Siedlung 10 Hauptbahnhof-Bismarckplatz-Waggonfabrik-Gonsenheim-Finthen 11 Kostheim Ort-Kastel-Höfchen-Hauptbahnhof-Waggonfabrik-Kapellenstrasse(-Finthen) Die 3 und 4 bilden eine gegenläufig fahrende Ringlinie. Die Linie 1 und 5 behielten dieselbe Strecke wie 1950.
Dampfbahn
von 1891 bis 1923 gab es in Mainz zwei Dampfbahnlinien, die die Stadt mit Vororten verband:
Die Linie 1 verlief ab dem 12. August 1891 auf der Strecke Fischtor - Große Bleiche - Zahlbach - Hechtsheim. Am 21. September 1891 kam eine Abzweigung Zahlbach-Bretzenheim dazu.
Die Linie 2 verlief ab dem 17. August 1892 auf der Strecke Fischtor - Große Bleiche - Binger Tor - Gonsenheim - Finthen.
Wegen der Elektrifizierung wurde ab dem 6. Februar 1916 der Streckenabschnitt Fischtor - Große Bleiche nicht mehr befahren. Die Linien begannen nun am Münsterplatz / Binger Straße.
Die Linie 2 wurde am 30. April 1922 und die Linie 1 am 3. Februar 1923 endgültig eingestellt.
Besonderheiten
Seit dem Ausbau 2004 ist die Steigung in der Gaustraße mit 9,549 %[2] die steilste Streckenführung einer Straßenbahn ohne Steighilfe (beispielsweise Zahnradbahn oder Seilbahn) in Deutschland. Davor hatte die Würzburger Straßenbahn die steilste Streckenführung.
Die Straßenbahnfreunde Mainz e. V. veranstalten in Kooperation mit der Mainzer Verkehrsgesellschaft mbH unter dem Titel TRAMaturgie seit 2007 Stadtführungen in Oldtimer-Straßenbahnen. Dabei stehen abwechselnd Stadt- und Verkehrsgeschichte (Strecke, Fahrzeuge) im Fokus. Befahren wird das gesamte 20 km lange Streckennetz. Neben den Erläuterungen werden auch historische Aufnahmen und Pläne gezeigt.[3][4][5][6][7] Hierfür werden drei Fahrzeuge verwendet:
- Triebwagen 93: der 1929 von Westwaggon Werk Gebr. Gastell in Mainz-Mombach gebaut und 1996 von den Verkehrsbetrieben der Stadt Lódz in Polen restauriert wurde. Das Fahrzeug hat 22 Sitzplätze.
- Triebwagen 97: als so genannter Aufbauwagen 1950 von Westwaggon in Köln-Deutz gebaut. Dieses Fahrzeug verfügt ebenfalls über 22 Sitzplätze.
- Gelenktriebwagen 226: der letzte von Westwaggon im Werk Gebr. Gastell in Mainz-Mombach gefertigte Straßenbahnwagen mit heute 38 Sitzplätzen.
Die erste Fahrt fand am Sonntag, 22. April 2007 statt und ging vom Mainzer Hauptbahnhof nach Mainz-Bretzenheim.
2008 standen die Führungen ganz im Zeichen der Feier „125 Jahre ÖPNV in Mainz“ und es kam auch ein Linienfahrzeug, Gelenktriebwagen 276, Baujahr 1984, zum Einsatz.
Literatur
- Jubiläumsbroschüre: Wenn der Funke überspringt!, Erscheinungsdatum: 3. Juli 2004, Herausgeber: Mainzer Verkehrsgesellschaft mbH, Redaktion: Harald Neise (MVG), Dirk Weismüller (MVG)
- Wilhelm Huber: Das Mainz-Lexikon. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 2002, ISBN 3-87439-600-2
- Harald Neise: Mainz und seine Straßenbahn 1883 – 1983. 1983
- Harald Neise: 111 Jahre Mainzer öffentlicher Personennahverkehr 1883 – 1994. 1994
- Günther Herbst: 125 Jahre Mainzer Straßenbahn 1883 – 2008: Die letzten 14 Jahre 1994 – 2008. 2008
Weblinks
- Nahverkehr Mainz-Wiesbaden, Informationen zum ÖPNV in den Nachbarstädten
- Straßenbahnfreunde Mainz
- Mainzer Verkehrsgesellschaft
- Landeshauptstadt Mainz: Sightseeing mit der Elektrisch
Einzelnachweise
- ↑ http://www.strassenbahnfreunde-mainz.de/html/streckenausbau.html
- ↑ Vermessung der Mainzer Verkehrsgesellschaft (Betriebsleiter und Infrastrukturzuständiger)
- ↑ Frankfurter Rundschau vom 24. März 2007
- ↑ Allgemeine Zeitung Mainz vom 24. April 2007
- ↑ Mainzer Rhein-Zeitung vom 7. August 2008
- ↑ Mainzer Wochenblatt vom 2. August 2007
- ↑ Bretzenheimer Kurier vom September 2008
Stadt Frankfurt (Geschichte · Fahrzeuge · Museum · Ebbelwei-Expreß · Lieschen) | FTG | Waldbahn | FOTG | Offenbach | FLAG | Bad Homburg | Poststraßenbahn | Hanau | Mainz | Wiesbaden | Eltville–Schlangenbad | Darmstadt
Wikimedia Foundation.