- TS 16949
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Die Norm ISO/TS 16949 vereint existierende allgemeine Forderungen an Qualitätsmanagementsysteme der (meist nordamerikanischen und europäischen) Automobilindustrie. Sie wurden gemeinsam von den IATF-Mitgliedern entwickelt und zusammen mit der ISO als TS = Technische Spezifikation basierend auf der EN ISO 9001 veröffentlicht. [1]
Ca. 30% der mehr als 100 existierenden Autohersteller schließen sich diesen harmonisierten Forderungen der neun IATF-Mitglieder (BMW, Chrysler, Daimler, Fiat, Ford, General Motors, PSA, Renault, VW) an - aber gerade die großen asiatischen Autohersteller haben differenzierte, eigene Forderungen an die Qualitätsmanagementsysteme ihres Konzerns und ihrer Lieferanten.
Inhaltsverzeichnis
Historischer Hintergrund
Viele Lieferanten wurden von den Automobilherstellern (meist auch als OEMs bezeichnet) angehalten, ihr Qualitätsmanagementsystem nach den Regelungen ihrer eigenen Verbände, wie
- VDA (Deutschland)
- AIAG (Nordamerika),
- AVSQ (Italien)
- FIEV (Frankreich)
- SMMT (Großbritannien)
aufzubauen und zertifizieren zu lassen. So musste beispielsweise ein Lieferant für Daimler und Chrysler zwei verschiedene Zertifikate (VDA 6.1 für Deutschland und QS 9000 für Amerika) nachweisen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt an einen einzigen Autokonzern lieferte. Diese Fragwürdigkeit beschleunigte das Harmonisierungsbedürfnis.
Ursprünglich wollte man nicht nur die allgemeinen Forderungen an das Qualitätsmanagementsystem vereinheitlichen, sondern auch alle weiteren dazugehörigen Standards wie z.B. statistische Anforderungen. Hierbei konnte man aber, insbesondere durch länderspezifische gesetzliche Anforderungen, bis heute keine allgemeinen Lösungen finden. Man entschloss sich, nur die „ISO 9001:1994“ mit zusätzlichen automotiven Forderungen zu ergänzen und gab 1999 die erste Ausgabe der ISO/TS 16949 heraus. Da sich die ISO 9001 grundlegend mit Ihrer Version aus dem Jahr 2000 verändert hat, musste man kurzfristig auch diese TS dem neuen Standard anpassen, wodurch die bis heute gültige Version ISO/TS 16949:2002 (auch kurz TS2 genannt) erschien.
Der amerikanische AIAG hat auf Grund der Herausgabe dieser harmonisierten Forderungen seinen eigenen Standard, die QS 9000, zum 14. Dezember 2006 zurückgezogen. Die anderen IATF Mitglieder wollten ursprünglich gleiches tun, wie es aber scheint, entwickeln sie nach wie vor ihre eigenen Systeme (z.B. VDA 6.1) weiter.
Inhalt des Standards
Ziel des Standards ist es, die System- und Prozessqualität wirksam zu verbessern, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, Fehler und Risiken im Produktionsprozess und der Lieferkette zu erkennen, ihre Ursachen zu beseitigen und getroffene Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Im Zentrum steht nicht die Entdeckung, sondern die Vermeidung von Fehlern.
Die acht Hauptkapitel des Standards sind:
- Kap. 1-3: Vorwort und Allgemeines
- Kap. 4: Qualitätsmanagementsystem (allgemeine Anforderungen, Lenkung von Dokumenten und Aufzeichnungen)
- Kap. 5: Verantwortung der Leitung
- Kap. 6: Management von Ressourcen
- Kap. 7: Produktrealisierung
- Kap. 8: Messung, Analyse und Verbesserung
Die in der ISO 9001:2000 behandelte prozessorientierte Betrachtungsweise der Unternehmensabläufe steht im Vordergrund des Standards. Er sieht die Unternehmensprozesse in einer Prozesslandschaft, in der es Wechselwirkungen und Schnittstellen gibt, die das Qualitätsmanagementsystem erkennen, abbilden und regeln muss. Auch die Schnittstellen nach außen (zu Unterlieferanten, Kunden sowie zu entfernten unterstützenden Standorten innerhalb der eigenen Organisation (Remote Locations)) sind festzulegen. Der Standard unterscheidet zwischen kundenorientierten Prozessen, unterstützenden Prozessen und Managementprozessen. Dieser prozessorientierte Ansatz soll das Verständnis dafür verbessern, dass nicht ein isoliert betrachteter Prozess, sondern die Gesamtheit aller zusammenwirkenden Unternehmensprozesse die Qualitätsleistung eines Unternehmens entscheidend beeinflussen.
Eine wesentliche Forderung der ISO/TS 16949:2002 ist die Erfüllung von kundenspezifischen Forderungen (Customer Specific Requirements), die die Automobilhersteller zusätzlich an das Qualitätsmanagementsystem ihres Lieferanten stellen. Dies mag entscheidend zur weltweiten Anerkennung der TS2 durch die Hersteller beigetragen haben.
Zertifizierung
Die ISO/TS 16949:2002 kann in der gesamten Lieferkette der Automobilindustrie angewendet werden. Eine Zertifizierung erfolgt auf der Grundlage der von der IATF (International Automotive Task Force) herausgegebenen Zertifizierungsvorgaben (Rules). Das Zertifikat ist drei Jahre gültig und muss jährlich von IATF-zertifizierten Auditoren (3rd Party Auditors) akkreditierter Zertifizierungsgesellschaften bestätigt werden. Danach erfolgt die Re-Zertifizierung für weitere drei Jahre mit erneuter jährlicher Bestätigung.
Ein Zertifikat nach ISO/TS 16949 soll das Vertrauen des (potenziellen) Kunden in die System- und Prozessqualität eines (möglichen) Lieferanten begründen. Heute hat ein Lieferant ohne gültiges Zertifikat kaum eine Chance, einen Automobilzulieferer der 1. Reihe (Tier 1 Supplier) und schon gar keinen Automobilhersteller (OEM) mit Serienteilen zu beliefern.
Wirkungen
Alle OEMs (Original Equipment Manufacturer) haben diese Technische Spezifikation zum Standard erklärt. Ob sich damit die Qualität der Automobile verbessert, bleibt abzuwarten. Wenn diese Spezifikation hält, was ihre Protagonisten versprechen, sollte sich dies in einigen Jahren mit statistischer Signifikanz z.B. in einer sinkenden Anzahl von Rückrufaktionen niederschlagen.
Siehe auch
Weblinks
- International Organization for Standardization
- Deutsches Institut für Normung e.V.
- VDA Qualitätsmanagement Center
- DIN EN ISO 9001:2000 und ISO/TS 16949:2002 aus der Sicht des Zertifizierers
Literatur
- ISO/TS 16949:2002 Qualitätsmanagementsysteme. Besondere Anforderungen bei Anwendung von ISO 9001:2000 für die Serien- und Ersatzteilproduktion in der Automobilindustrie; VDA, zweite Ausgabe 2002
Einzelnachweise
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