Tachyonen

Tachyonen

Tachyonen (von griechisch tachýs „schnell“) sind hypothetische Elementarteilchen, die sich schneller als das Licht bewegen. Diese Teilchen werden als superluminar bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Tachyonen als theoretische Möglichkeit

Bilaniuk, Deshpande und E.C.G. Sudarshan wiesen 1962 darauf hin, dass es für die Gleichungen der speziellen Relativitätstheorie mehrere Lösungsmöglichkeiten gibt. Eine davon entspricht der ganz normalen Materie, die sich mit Unterlichtgeschwindigkeit bewegt. Eine andere würde Teilchen erlauben, die sich ständig mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen und niemals bis auf Lichtgeschwindigkeit abgebremst werden können. Die Tatsache allein, dass es diese mathematische Lösungsmöglichkeit für die Gleichungen gibt, bedeutet jedoch nicht, dass Tachyonen auch real existieren müssen.

Für diese Einteilung von Teilchen in drei Klassen fand Gerald Feinberg (1967) folgende Wortprägungen:

  • Tardyonen: Teilchen, die sich (immer) langsamer als mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen
  • Luxonen: Teilchen, die sich (immer) mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen
  • Tachyonen: Teilchen, die sich (immer) schneller als mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen

Bei ansteigender Geschwindigkeit eines Tachyons verliert es Energie. Geht die Energie gegen 0, wird seine Geschwindigkeit sogar unendlich (transzendenter Zustand). Bei Tardyonen hingegen muss Energie hinzugefügt werden, um eine Geschwindigkeitssteigerung hervorzurufen.

Eigenschaften von Tachyonen

  • Ihre Geschwindigkeit ist größer als die Vakuumlichtgeschwindigkeit c.
  • Imaginäre Ruhemasse, d. h. das Quadrat ihrer Masse ist negativ. Das folgt aus der relativistischen Formel für die Masse (siehe Artikel "Ruhemasse") - damit diese reell bleibt, muss die Ruhemasse imaginär sein. Da einer rein imaginären Ruhemasse bisher keinerlei physikalische Entsprechung zuzuordnen ist, sind Tachyonen möglicherweise eine mathematische Kuriosität ohne reale Bedeutung.
  • Ein elektrisch geladenes Tachyon müsste immer eine Tscherenkow-Strahlung anregen, da sich das Tachyon immer mit einer höheren Geschwindigkeit als der Lichtgeschwindigkeit des durchquerten Mediums bewegt.
  • Im Gegensatz zu unterlichtschnellen Teilchen, in denen die Ereignisse auf der Weltlinie für jeden Beobachter die gleiche Zeitordnung besitzen, hängt die zeitliche Reihenfolge verschiedener Ereignisse auf der Tachyon-Weltlinie vom Bezugssystem ab.

Theoretische Beobachtung

Könnte man Tachyonen sehen (bzw. messen), und ginge man gleichzeitig von der Annahme aus, dass diese Teilchen sich schneller als das von ihnen ausgehende Licht fortbewegen würden, sähe sie ein Beobachter erst, wenn sie an ihm vorbeigeflogen sind. Ähnlich wie bei Flugzeugen, die schneller fliegen als der Schall und ihre eigene Geräuschkulisse überholen, bewegen sich die Tachyonen schneller als das Licht und überholen somit ihre optische Abbildung. Daher würde man das Tachyon, nachdem es an einem vorbeigeflogen ist, gleich doppelt sehen. Einmal in der Richtung, in der es fliegt, und einmal in der Richtung, aus der es gekommen ist. Beide Abbildungen würden sich vom Beobachter entfernen.

Die Abbildung des sich nähernden Teilchens erführe dabei eine enorme Blauverschiebung; die des sich entfernenden eine Rotverschiebung.

Kann es tatsächlich Tachyonen geben?

Durch die experimentellen Befunde kann man Tachyonen mit elektrischer Ladung ausschließen, da sie durch Tscherenkow-Strahlung sehr leicht nachweisbar wären. Ebenso können Tachyonen mit Farbladung ausgeschlossen werden, die der starken Wechselwirkung unterliegen. Schwach wechselwirkende, nicht oder nur gravitativ bzw. durch hypothetische andere Kräfte wirkende oder wechselwirkende Tachyonen können jedoch vom experimentellen Standpunkt her nicht ausgeschlossen werden.

Sind Neutrinos Tachyonen?

Seit den 1980er Jahren befassen sich einige Physiker mit der These, dass Neutrinos Tachyonen sind. Eine Möglichkeit, diese These zu belegen oder zu widerlegen, liegt in der direkten Massenbestimmung, z.B. durch Ausmessung der Endpunktenergie beim Tritiumzerfall.

Neueste Messungen (Beobachtung von Neutrinooszillationen) weisen darauf hin, dass Neutrinos jedoch eine von Null verschiedene Ruhemasse besitzen und sich damit stets langsamer als das Licht bewegen.

Die Messung eines negativen Massenquadrats konnte auf einen (bis dahin unbemerkten) Oberflächen-Effekt des Detektorkristalls zurückgeführt werden.

Tachyonen und Stringtheorie

In der Stringtheorie gibt es viele Modelle, die Tachyonen enthalten. Die meisten Fachwissenschaftler vertreten jedoch den Standpunkt, dass die wenigen verbleibenden Modelle sich gerade durch das Fehlen von Tachyonen als Kandidaten für das physikalisch zutreffende Modell empfehlen.

Konsequenzen der rückläufigen Zeit

Falls Wechselwirkungen zwischen den Tachyonen und den Tardyonen nachgewiesen werden könnten, würde das bedeuten, dass Botschaften aus der Zukunft in die Vergangenheit übermittelt werden könnten. Zeitparadoxa wären die Folgen.

Tachyonen in Esoterik und kommerzielle Anwendungen

Im Internet werden viele esoterische Produkte beworben und kommerziell vermarktet, die mit angeblicher „Tachyonen-Energie“ (auch teilweise „Urenergie“ genannt) in unbekannter Weise durchsetzt seien und positive Auswirkungen auf den Träger haben sollen. Bisher konnten solche Behauptungen wissenschaftlich nicht bestätigt werden.

Literatur

  • Bilaniuk und Sudarshan Tachyons Physics Today Bd. 22, Mai 1969, S.43, sowie Leserbrief Diskussion in der Dezember Ausgabe 1969
  • Sudarshan The theory of particles traveling faster than light 1, Symposium on theoretical physics and mathematics Bd. 10, 1970, 129
  • Gerald Feinberg Possibility of faster than light particles Physical Review Bd. 159, 1967, S. 1089
  • Narlikar Cosmic tachyons American Scientist, September 1978
  • Schulman Tachyon paradoxes, American Journal of Physics 1971, S.481
  • Rüdiger Vaas: Tunnel durch Raum und Zeit, Franckh-Kosmos, Stuttgart 2006 (2. Aufl.), ISBN 3-440-09360-3 (mit einem ausführlichen Kapitel über Tachyonen)
  • Stephen Blaha: Physics beyond the light barrier - the source of parity violation, tachyons, and a derivation of standard model features. Pingree-Hill Publ., Auburn 2007, ISBN 0-9746958-7-4

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