Tafelladen

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Tafel ist die Bezeichnung für eine gemeinnützige Hilfsorganisation, die qualitativ einwandfreie Lebensmittel, die im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verwendet und ansonsten vernichtet würden, an Bedürftige verteilt. Der Vorteil liegt in einer schnellen und unbürokratischen Hilfe und der Vorbeugung von Fehlernährung, Mangelernährung und Unterernährung. Die Lebensmittelindustrie spart Abfallbeseitigungskosten.

Die Tafeln sind meist auf Gemeindeebene organisiert, was sich in Bezeichnungen wie Hamburger Tafel oder Hannöversche Tafel niederschlägt.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung der Tafeln

Die Ausgabestelle der Uetersener Tafel

In Deutschland gibt es über 800 Tafeln, die in der Regel mit ehrenamtlichen Helfern verwertbare Lebensmittel einsammeln, die Hersteller oder der Handel als unverkäuflich aussortierten. Diese Waren – in geringerem Umfang auch Waren des täglichen Bedarfs – verteilen über 1.700 Ausgabestellen in sozialen Einrichtungen oder Tafel-Läden an Bedürftige. Die Abgabe erfolgt kostenlos oder gegen einen symbolischen Betrag. Die Finanzierung der Tafel-Arbeit läuft ausschließlich über Mitglieder, Sponsoren und Spender. Als privat organisierte Initiativen erhalten die Tafeln keine Mittel von Bund oder Ländern, mitunter jedoch von Kommunen.

Die Idee der Tafeln stammt aus Amerika: 1963 hatte John van Hengel in Phoenix/Arizona die erste „Food Bank“ gegründet - ein großes Lagerhaus vor allem für längerfristig lagerfähige Lebensmittelspenden. 1983 nahm in New York die Organisation City Harvest ihre Arbeit auf, nach deren Vorbild später die deutschen Tafeln entstanden. Der Großteil der deutschen Tafeln ist dem Bundesverband „Deutsche Tafel e. V.“ angeschlossen. Entsprechend den Grundsätzen des Bundesverbandes sind Tafeleinrichtungen überkonfessionell, stehen keiner Partei nahe, helfen allen Menschen, die es brauchen und treten nicht in Konkurrenz miteinander.

Ein Fahrzeug der Hamburger Tafel

Die Tafeln versorgen derzeit bundesweit ca. 1 Mio. Personen[1] im Schnitt einmal pro Woche mit 3,4 Kilogramm Lebensmitteln. Die Tafeln können und wollen dabei keine Vollversorgung bieten - verteilt werden nur gespendete Waren. Mit über 32.000 ehrenamtlichen Helfern gelten die Tafeln in Deutschland als eine der größten sozialen Bewegungen der heutigen Zeit.

Als Beispiel sei hier die Zwickauer Tafel beschrieben: 2005 sammelten insgesamt 39 ehrenamtliche Helfer mit zwei Fahrzeugen von 74 Betrieben je Monat ca. 30 Tonnen Nahrungsmittel, die portioniert und verteilt werden.

Neben der Verteilung von Nahrungsmitteln zur Selbstversorgung zuhause unterhalten 17 % der Tafeln Suppenküchen. Im Einzelfall bietet man weitere Hilfen an. So werden entweder regelmäßig gebrauchte Bekleidung (z. B. Dresden) oder teilweise sporadisch gebrauchte Spielzeuge (z. B. Speyer), Schulranzen (z. B. Cuxhaven) verteilt oder Kochkurse geboten (z. B. Pirmasens). Ein Viertel der Bedürftigen, die zu den Tafeln kommen, sind Kinder und Jugendliche. Viele Tafeln bieten daher inzwischen spezielle Kinder- und Jugendprojekte an, z. B. kostenlose Schulspeisung, Kindercafés, Hausaufgabenhilfe, finanzielle Unterstützung bei Klassenfahrten, Weihnachtsfeiern für bedürftige Kinder etc.

Die erste deutsche Tafel entstand 1993 in Berlin durch die Initiativgruppe Berliner Frauen e. V. Die Zahl der Tafeln in Deutschland ist in den letzten Jahren stark gewachsen:

Jahr Anzahl der Tafeln
1994 4
1995 35
1996 70
1997 90
1998 100
1999 210
2000 270
2001 300
2003 320
2004 400
2005 540
2006 657
2007 749
2008 (Stand: Dezember 2008) 808[2]

2006 waren ein großer Teil der abgabebereiten Supermärkte, Großmärkte, Bäckereien und Metzgereien erfasst - so dass neue Tafeln speziell in ländlichen Gebieten, wo es nur noch wenige Einzelhandelsbetriebe gibt, kaum noch gegründet werden können. Um künftig weitere Lebensmittelspenden zu erschließen, denkt der Bundesverband der Tafeln über die Beteiligung an einem größeren System zum Abfluss von nicht benötigten Überschüssen und zur Einspeisung von EU-Lagerbeständen nach, das den Arbeitstitel „Food Bank“ (deutsch: Lebensmittelbank) trägt. Diese Lebensmittelüberschüsse gehen heute an den Tafeln und anderen Hilfsorganisationen vorbei.

Im europäischen Ausland gibt es eine Vielzahl von Lebensmittelbanken, die ähnliche Aufgaben wahrnehmen wie in Deutschland die Tafeln, nämlich Lebensmittel einsammeln und an soziale Institutionen abgeben. Die erste deutsche Lebensmittelbank gründete sich, unabhängig von der Tafel-Bewegung, in Aachen. An diesem und einem künftig geplanten Netz von drei bis vier Lebensmittelbanken wollen sich die Tafeln gegebenenfalls beteiligen. Sie selbst werden jedoch nach eigener Auskunft keine eigene Lebensmittelbank gründen.

Kritik

Die Umsetzung der sozialen Idee durch einen streng organisierten Bundesverband ist umstritten. Zumal dem im Hintergrund agierenden Unternehmen McKinsey vorgeworfen wird, mit den Tafeln politisch tätig zu werden: Es soll ein schlanker Staat propagiert werden, der nicht für Sozialleistungen aufkommen muss. Hierzu soll eine auf Spenden basierte, privatwirtschaftliche soziale Unterstützung aufgebaut werden. Gegenüber dieser haben Bedürftige keine einklagbaren Rechte.[3] Falsch ist auch die Vorstellung, die in der Öffentlichkeit propagiert wurde, es existierten Orte, an denen ein Schein-Bedürftiger erscheinen und sich gratis Essen abholen könne, so dass Wohlhabende dies missbrauchen könnten. Tatsächlich geben die Tafeln Lebensmittel ausschließlich an Multiplikatoren, wie Restaurants und Selbsthilfegruppen weiter, die dann eine zwar kleine aber existierende Gebühr von mindestens 1,50 EUR erheben. Immerhin ein Betrag für den ein Student schon in der Mensa essen kann. Absolut kostenloses Essen gibt es dann nur in Kirchen oder anderweitig an missionarischen Zielen interessierten Organisationen, was vom Hilfesuchenden möglicherweise große Verstellung verlangt.

Unabhängige Tafeln

Über 94 % der lokalen Tafeln sind im Bundesverband Deutsche Tafel e. V. organisiert. Die Münchner Tafel ist seit ihrer Gründung 1994 unabhängig vom Bundesverband „Deutsche Tafel e. V.“.

Tiertafel Deutschland

Die Tiertafel Deutschland ist ein 2006 von Claudia Hollm gegründeter eingetragener Verein, der kostenlos Futter und Sachmittelspenden, sowie Beratung für die Haustiere von Bedürftigen (in der Regel SGB II, resp. XII-Empfängern) organisiert. Es existieren bisher Tiertafeln in Brandenburg, Hamburg und Hessen. Weitere sind in Planung, so. z. B. in Berlin.

Die Tiertafeln haben mit der Tafel-Organisation, wie sie im obigen Artikel beschrieben wird, nichts zu tun. Im Gegenteil: Die Tafeln in Deutschland wehren sich ausdrücklich gegen den Namen Tiertafel, da sie den Begriff Tafel - den Bedürftigen soll eine edle Tafel gedeckt werden, um Respekt und Wertschätzung gegenüber den betroffenen Personen auszudrücken - für Tiere unpassend empfinden. "Essen ist etwas anderes als fressen", sagt ein Vorstandsmitglied des Bundesverbands deutsche Tafel e.V.

Verwandte Themen

  • Containern - die illegale Mitnahme von Lebensmitteln aus Entsorgungscontainern von Supermärkten.

Weblinks

Quellen

  1. Nettelstroth: Eine Million Menschen werden in Deutschland über Tafeln mit Lebensmitteln versorgt in: Märkische Allgemeine vom 29. Januar 2009
  2. Entwicklung der Tafeln in Deutschland - Die Tafeln in Zahlen
  3. Telepolis Artikel vom 26. Juli 2005

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