Tagesgeldhandel

Tagesgeldhandel

Der Tages- und Termingeldhandel (auch Geldhandel genannt) ist ein Teilgebiet des Geldmarktes. Man versteht darunter unbesicherte Kredite bzw. Geldanlagen mit einer Laufzeit von einem Tag bis zu einem Jahr. Aufgrund der strengeren regulatorischen Vorschriften für Banken erfolgt der Tages- und Termingeldhandel unter Banken immer mehr auf gedeckter Basis im Repomarkt.

Tages- und Termingeldhandel findet mehrheitlich über elektronische Handelssysteme statt sowie auch über auf diesem Gebiet spezialisierte Broker. Marktteilnehmer sind hauptsächlich Banken, welche oft als Market-Maker auftreten, sowie Versicherungen, Pensionskassen, Fondsgesellschaften, große Unternehmen, staatliche Institutionen und die Zentralbanken.

Der Geldmarkt ist einer der wichtigsten Pfeiler unseres Finanzsystems überhaupt, da sich hier die verschiedenen an den Finanzmärkten tätigen Teilnehmer ihre Liquidität tauschen. Die täglich gehandelten Volumen bewegen sich im US-Dollar und Euro im dreistelligen und im Britischen Pfund und Schweizer Franken im zweistelligen Milliardenbereich.

Zentrale Drehscheibe für den Tages- und Termingeldhandel ist die entsprechende Zentralbank der jeweiligen Währung. So hat grundsätzlich jede Bank in ihrer Heimwährung ein Clearing-Konto bei der jeweiligen Zentralbank, über das der gesamte Zahlungsverkehr abgewickelt wird. Die Zahlungen aus Tages- und Termingeldgeschäfte unter Banken erfolgen i.R. durch Belastung des Clearing-Kontos des Geldgebers bzw. Gutschrift auf das Clearing-Konto des Geldnehmers. Sind Industrie- oder Handelsunternehmen involviert, erfolgt die Zahlungsabwicklung über das Clearing-Konto der kontoführenden Bank. Bei Fremdwährungen erfolgt die Zahlungsabwicklung über das entsprechende Clearing-Konto der Korrespondenzbank der jeweiligen Gegenpartei(en).

Der Zweck, am kurzfristigen Tages- und Termingeldhandel teilzunehmen, ist in erster Linie das Cash Management. Jedes wirtschaftlich tätige Unternehmen hat grundsätzlich einen Kapitalbedarf oder einen Kapitalüberhang sowie einen kontinuierlichen Liquiditätsfluss, der sich aus der laufenden Geschäftstätigkeit ergibt. Währenddessen ein langfristiger Kapitalbedarf bzw. Kapitalüberhang über längere Zeit finanziert bzw. angelegt wird, ist die kurzfristige Liquiditätslage durchaus großen Schwankungen ausgesetzt. Der Ausgleich dieser Schwankungen erfolgt über den Tages- und Termingeldhandel.

Beispiel:
Ein Unternehmen hat am heutigen Tag Gehaltszahlungen in Höhe von 10 Mio EUR zu leisten. Der Zahlungseingang aus dem Verkauf einer Dienstleistung in Höhe von 12 Mio EUR ist jedoch nicht wie prognostiziert am heutigen Tag auf dem Bankkonto eingegangen. Statt wie in der Liquiditätsplanung prognostiziert, ergibt sich damit für den heutigen Tag kein Liquiditätsüberhang von 2 Mio EUR, sondern ein Liquiditätsbedarf von 10 Mio EUR. Der Geldhändler nimmt daher 10 Mio EUR bei seiner Geschäftsbank als Overnight auf, um diese kurzfristige Unterdeckung auszugleichen.


Beim Tagesgeld unterscheidet man:

  • Overnight-Geschäft, auch kurz Overnight genannt, bei dem das Geld zwischen den Kontrahenten von heute auf morgen über Nacht verliehen wird. Das Geld wird noch am selben Tag dem Konto des Geldnehmers gutgeschrieben und am nächsten Tag dem Geldgeber inklusive Zinsen zurückgezahlt. Um den damit verbundenen Zahlungsverkehr abwickeln zu können, werden Overnight-Geschäfte in der Regel nicht später als 14 Uhr getätigt. Im Interbankenhandel tätigen Banken unter sich auch nach diesem Zeitpunkt Overnight-Geschäfte um ihre Position glattzustellen.
  • Tom/Next-Geschäft, wird mit T/N abgekürzt und in der Langform als Tomorrow-against-Next-Day bezeichnet. Die Geldhändler vereinbaren damit am heutigen Tag, dass der eine Kontrahent dem anderen von morgen bis übermorgen Geld zur Verfügung stellt. Am übernächsten Tag erhält der Geldgeber seinen Kapitalbetrag inklusive Zinsen zurück.
  • Spot/Next-Geschäft ist in der Langform Spot-against-Next-Day. Geldnehmer und Geldgeber einigen sich über eine Geldleihe, die mit der eigentlich marktüblichen Valuta-Usance des übernächsten Tages an den Geldnehmer gezahlt wird und am darauffolgenden Werktag an den Geldleiher inklusive Zinsen zurückgezahlt wird.


Als Termingeld wird dagegen alles bezeichnet, bei dem der Geldnehmer den Betrag für mehr als einen Tag ausleiht. Geschäftsbeginn ist üblicherweise am übernächsten Tag (Marktusance). Die Rückzahlung erfolgt zum vereinbarten Termin inklusive Zinsen. Die Laufzeit ist nur in Ausnahmefällen länger als ein Jahr.

Beispiel:
Ein Unternehmen muss am übernächsten Werktag eine Leistung in Höhe von 12 Mio EUR zahlen. Aus der Liquiditätsprognose ist erkennbar, dass damit für die nächsten 14 Tage auf den Girokonten des Unternehmens immer ein Mindestfehlbetrag von 8 Mio EUR resultiert. Erst dann erfolgt ein Zahlungseingang, der diese Auszahlung kompensiert. Der Geldhändler nimmt daher bei seiner Geschäftsbank ein Termingeld in Höhe von 8 Mio EUR für genau diesen Zeitraum auf. Darüber hinausgehende Liquiditätsengpässe wird er über Tagesgeldgeschäfte in Form von Overnight-, Tom/Next- oder Spot/Next-Geschäften abdecken. Der Geldhändler hätte auch die Möglichkeit, nur über Tagesgeldgeschäfte diesen Liquiditätsbedarf auszugleichen. Er ginge damit aber ein höheres Marktpreisrisiko ein, da Tagesgeldzinssätze in Abhängigkeit von der jeweils am Markt gehandelten Gesamtliquidität i. d. R. stärker schwanken als der Terminsatz.


Eine Mischform zwischen Tages- und Termingeld stellt das Callgeld dar. Callgelder haben keinen festen Rückzahlungstermin, sondern sind jederzeit auf 48 Stunden abrufbar bzw. können jederzeit auf 48 Stunden aufgestockt werden. Auch ist die Verzinsung nicht fest, sondern kann jederzeit ebenfalls auf 48 Stunden angepasst werden. Das Callgeld ist dadurch in seinem Wesen je nach Handelsrichtung einem Kontokorrent bzw. einem Kontokorrentkredit sehr ähnlich.

Das Zinsniveau im Tages- und Termingeldhandel orientiert sich in erster Linie am Leitzins der Zentralbank und schwankt je nach Angebot und Nachfrage um diesen herum.


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