Tanacetum balsamita

Tanacetum balsamita
Balsamkraut oder Frauenminze
Frauenminze

Frauenminze

Systematik
Ordnung: Asternartige (Asterales)
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Unterfamilie: Asteroideae
Tribus: Anthemideae
Gattung: Wucherblumen (Tanacetum)
Art: Balsamkraut oder Frauenminze
Wissenschaftlicher Name
Tanacetum balsamita
L.

Die Frauenminze (Tanacetum balsamita), auch Balsamkraut oder Marienblatt genannt, ist eine Heilpflanze aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae).

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die Frauenminze ist eine mehrjährige, krautige Pflanze mit kräftigem Wurzelwerk. Über ihr Rhizom bildet sie Ausläufer, die große Horste bilden. Die verzweigten und flaumig behaarten Stängel erreichen eine Wuchshöhe zwischen 80 und 150 Zentimetern. Die lederigen, ungeteilten, länglich bis eiförmigen, am Rand gesägten, bläulich-grünen Laubblätter werden bis zu 20 Zentimeter lang, sind lang gestielt und auf der Unterseite fein behaart.

Die erst spät im Sommer erscheinenden doldigen Rispen enthalten viele gelb-grüne Röhrenblüten, die einen Durchmesser von 4 bis 8 Millimetern haben und stark ätherisch riechen. Zungenblüten fehlen meist.

Die Pflanze enthält zahlreiche ätherische Öle, darunter Kampfer und Thujon.

Verbreitung

Diese Pflanzenart stammt ursprünglich aus dem Kaukasus, ist aber in Südeuropa als Archaeophyt eingebürgert worden und findet sich heute verwildert auch im deutschsprachigen Raum [1].

Verwendung als Garten- und Heilpflanze

Die erste Erwähnung dieser Art unter dem Namen costum [2] findet sich in der wohl im letzten Jahrzehnt des 8. Jahrhunderts [3] von Karl dem Großen erlassenen Landgüterverordnung Capitulare de villis vel curtis imperii [4]. Die Deutung des costum als Frauenminze geht auf Johann Friedrich August Kinderlings Anmerkungen zum Capitulare de villis aus dem Jahr 1799 zurück [5] und wurde nachfolgend von Kurt Sprengel [6], Anton Kerner [7], Rudolf von Fischer-Benzon [8], Hermann Fischer [9] und Heinrich Marzell [4]übernommen und bestätigt. Unter anderem die von spätmittelalterlichen Botanikern als costus (hortorum) bezeichnete Frauenminze diente als Ersatz für die „einst in der Heilkunde hochgeschätzte Kostwurzel" [4], die Indische Kostuswurzel (Saussurea costus), die in Europa nicht im Freiland gezogen werden kann. Gestützt wird die Vermutung, dass mit costum beziehungsweise costus die Frauenminze gemeint ist, durch die noch heute im Italienischen übliche Bezeichnung der Pflanze als erba costa, erba costina [4]; in Griechenland wird sie costus genannt [8]. In dem im frühen 9. Jahrhundert entstandenen St. Galler Klosterplan ist ein Beet für die Pflanze costo vorgesehen, eine weitere Erwähnung findet sich in dem im Jahr 827 abgefassten Lehrgedicht Liber de cultura hortorum (Hortulus) des Walahfrid Strabo innerhalb der Beschreibung der Pflanze Sclarea (Salvia Sclarea) [4]. Nach Stoffler geht zwar aus dem Hortulus „eindeutig hervor, daß Costus im Klostergarten gezogen wurde" [10], unklar sei jedoch, ob damit Tanacetum balsamita L. oder Tanacetum balsamitoides Schultz. Bip. gemeint sei.

Das erste neuzeitliche Kräuterbuch, das die Frauenminze erwähnt, ist das erstmals im Jahr 1539 erschienene Das Kreütter Buch, Darinn Underscheidt, Namen vnnd Würckung der Kreutter, Stauden, Hecken vnnd Beumen … von Hieronymus Bock, der nicht nur eine ausführliche Beschreibung der Pflanze liefert, sondern auch ihre Anwendung als innerliches und äußerliches Heilmittel beschreibt: In „wein gesotten vnnd getruncken“ helfe sie gegen verschiedene tierische Gifte, „stillet auch den bauchfluss/vnd das Grimmen im leib“, äußerlich angewendet als „Fomenta [Umschläge] und schweissbäder auss dem kraut“ sei die Frauenminze menstruationsfördernd und schmerzstillend; „Das kraut zerstossen vnd pflasters weiss auffgelegt/zertheilt die harten knollen/vnd andere geschwulst“ [11].

Conrad Gesner erwähnt im Jahr 1561 die Frauenminze in seinem Werk Horti Germaniae unter dem Namen ovaria (Eierkraut), wohl weil – wie Marzell annimmt – „die Blätter als Gewürz zu Eierspeisen in der Küche verwendet wurden“ [4]. Die Pflanze wurde ab dieser Zeit bis in das 19. Jahrhundert hinein regelmäßig in Arzneimittellisten erwähnt, geriet dann aber in Vergessenheit. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts beschrieb der Arzt M. Stirnadel [12] die wohltuende Wirkung der Frauenminze bei Gallenleiden.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Informationen zur Verbreitung des Forschungsprojekts „Prognosen zur Ausbreitung von Neophyten“, Universität Halle
  2. vgl. die Abdrucke zweier „Inventare Kaiserlicher Gärten aus dem Jahr 812“ und des Kapitel 70 des „Capitulare de villis (vel curtis) imperialibus“ in Rudolf von Fischer-Benzon: Altdeutsche Gartenflora. Untersuchungen über die Nutzpflanzen des deutschen Mittelalters, ihre Wanderung und ihre Vorgeschichte im klassischen Altertum, Kiel und Leipzig 1894 (Unveränderter Neudruck der Ausgabe Walluf bei Wiesbaden 1972), Seite 181–183
  3. Carlrichard Brühl: Capitulare de villis, in: Lexikon des Mittelalters, Band 2, München 2003, Spalte 1482
  4. a b c d e f Heinrich Marzell: Zur Geschichte des Frauenblattes (Crysanthemum balsamita L.), in: Centaurus. International Magazine of the History of Science and Medicine Band 1, Nummer 3, 1951, Seite 235–241
  5. in Paul Jakob Bruns: Beyträge zu den deutschen Rechten des Mittelalters aus den Handschriften und alten Drucken der akademischen Bibliothek in Helmstädt, Helmstädt, gedruckt bey C. G. Fleckeisen, 1799
  6. Curtii Sprengel: Historia rei herbariae, Band 1, Amsterdam 1807, hier Seite 219
  7. Anton Kerner: Die Flora der Bauerngärten in Deutschland. Ein Beitrag zur Geschichte des Gartenbaus, in: Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereins in Wien, Band 5, 1855, hier Seite 792
  8. a b Kapitel „Costum“ in: Rudolf von Fischer-Benzon: Altdeutsche Gartenflora. Untersuchungen über die Nutzpflanzen des deutschen Mittelalters, ihre Wanderung und ihre Vorgeschichte im klassischen Altertum, Kiel und Leipzig 1984 (Unveränderter Neudruck der Ausgabe Walluf bei Wiesbaden 1972), Seite 73
  9. Hermann Fischer: Mittelalterliche Pflanzenkunde, München 1929, hier Synonymenschlüssel auf Seite 286
  10. Hans-Dieter Stoffler: Der Hortulus des Walahfrid Strabo. Aus dem Kräutergarten des Klosters Reichenau, Sigmaringen 1996, hier Kapitel Costus, Seite 89–90
  11. Abdruck von fol. 62r mit einem Holzschnitt der Frauenminze (bzw. dem Frawenkraut) aus einer Ausgabe von Bocks Kreuter Buch von 1551 mit Transkription des gesamten Beschreibungstextes in: Heinrich Marzell: Zur Geschichte des Frauenblattes (Crysanthemum balsamita L.), in: Centaurus. International Magazine of the History of Science and Medicine Band 1, Nummer 3, 1951, Seite 239–240
  12. in: Hippokrates. Zeitschrift für praktische Heilkunde Band 5, 1934, Seite 420ff.

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