Taubstumme

Taubstumme

Taubstummheit, substantiviert aus dem Adjektiv taubstumm, bezeichnet die Unfähigkeit von Personen, zu hören und zu sprechen.

Das zusammengesetzte Adjektiv entstand erstmals etwa um 1775 in Leipzig, als Samuel Heinicke eine Schule für taube Kinder eröffnete. Vorher wurden entweder „taub“, „stumm“, „taub und stumm“, oder „taub, der stumm ist“ (Martin Luther) verwendet. Entsprechende Wortzusammensetzungen in anderen Sprachen (frz. sourd-muet, engl. deaf-mute, span. sordomudo etc.) entstanden ebenfalls gleichzeitig mit dem Beginn der Bildung tauber Kinder in diesen Ländern. Zusammen mit dem Wort „gehörlos“ verhalf „taubstumm“ dem Taubstummenlehrerberuf ein höheres standespolitisches Ansehen zu erlangen, indem ein Taubstummenlehrer über seine Arbeit sagen konnte, „Aus Taubstummen machen wir durch unsere Lehrkunst Gehörlose“. So werden auch taube Kinder zum Erlernen des Sprechens und Vermeiden der Gebärden mit dem Spruch „Wenn du gebärdest, denken (hörende) Leute, du seiest taubstumm. Du hast gelernt zu sprechen, also bist du nur gehörlos.“ motiviert.

Das Wort „taubstumm“ wird häufig insofern nicht korrekt gebraucht, als Taube durch gezieltes Sprechtraining durchaus eine – allerdings unterschiedlich ausgeprägte – Fähigkeit zum Sprechen erwerben können. Taubheit führt also nicht zwingend zur Stummheit. Da das Wort daher von den so bezeichneten Personen mitunter als abwertend empfunden wird, sollte seine pauschale Verwendung für taube Menschen vermieden werden.

Die zutreffende Bezeichnung lautet Taubheit oder Gehörlosigkeit.

Literatur

  • Hartmut Teuber: Hörgeschädigt, hörbehindert, gehörlos oder taub?. In: Das Zeichen, 1995, Nr. 31, S. 40-43.
  • Ernst Wasserzieher: Woher? Ableitendes Wörterbuch der deutschen Sprache. Dümmler Verlag, Bonn 1981, ISBN 3-427-83018-7, S. 412.

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