- Tea Time
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Die Britische Teekultur entstand bereits im 17. Jahrhundert und ist weit über Großbritannien hinaus bekannt. Hinter China und Irland liegt das Vereinigte Königreich mit einem jährlichen Konsum von rund 3,5 Kilogramm Tee pro Kopf weltweit auf Platz 3 der Teeländer. Das Teetrinken gehört zur typisch britischen Lebensart und ist fester Bestandteil der Trinkkultur. Vor allem der Nachmittagstee wird oftmals zelebriert und nach bestimmten Regeln serviert.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
England begann Mitte des 17. Jahrhunderts damit, Tee zu importieren, und zwar zunächst aus China. Er war damals so teuer, dass er nur für die Oberschicht erschwinglich war und als Statussymbol galt. Queen Anne (1665-1714) förderte die Popularität des Teetrinkens, indem sie, statt der bis dahin üblichen Biersuppe, zum Frühstück lieber Tee trank. Um 1700 gab es in etwa 500 Kaffeehäusern in England auch Tee, und nach 1750 wurden die ersten Teegärten (tea gardens) eröffnet, in denen Tee im Freien getrunken wurde. Während Frauen der Zutritt zu den Kaffeehäusern, wie auch in anderen Ländern, verwehrt wurde, standen ihnen die Teegärten offen. Und so spielten Orchester hier auch häufig zum Tanz auf. Das war der Beginn der Tanztees. Erst als 1783 die hohen Teesteuern gesenkt wurden, konnte sich auch die Mittelschicht, die bis dahin Kaffee getrunken hatte, Tee leisten. Etwas später folgten auch die Familien der Arbeiter. Das Handelsmonopol besaß die East India Company. Im 18. Jahrhundert wurde England zum Zentrum des europäischen Teehandels. Um den stetigen Devisenverlust durch die Tee-Importe zu verhindern, begann England im 19. Jahrhundert damit, Tee in seinen Kolonien anzubauen, wo er ebenfalls sehr gut gedieh.
Boston Tea Party
Die englischen Einwanderer hatten den Teegenuss auch in Nordamerika verbreitet, und die Neuenglandstaaten bezogen den Tee aus dem Mutterland England. Eine weitere deutliche Erhöhung der Teesteuer führte am 16.Dezember 1773 zur Boston Tea Party, bei der als Indianer verkleidete, empörte Kaufleute die englischen Handelsschiffe im Hafen von Boston stürmten und 342 Teekisten aus Protest ins Meerwasser warfen. Das war eine von vielen Krisen, die schließlich im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg mündeten.
Teezubereitung
Die englische Art der Teezubereitung ähnelt der ostfriesischen. Briten trinken fast ausschließlich schwarzen Tee, vorzugsweise unaromatisiert, obwohl der bekannte Earl Grey Tee nach einem Briten benannt ist. Bevorzugt werden kräftige Sorten, nicht unbedingt die hochwertigsten. Die Teeblätter werden lose in die Kanne gegeben und mit kochendem Wasser überbrüht, wo sie auch bleiben, so dass der Tee allmählich immer stärker wird. Aus diesem Grund wird mitunter zusätzlich heißes Wasser nachgegossen. Außerdem trinken die meisten Briten ihren Tee mit Milch, denn dadurch wird er milder. Die Frage, ob zuerst der Tee eingegossen wird oder die Milch, ist im Königreich eine Streitfrage zwischen den jeweiligen Anhängern der Prinzipien Milk-in-first (Mif) und Tea-in-first (Tif). Queen Elizabeth II. soll eine Tif-Anhängerin sein. Es gibt auch Briten, die ihren Tee mit Zitrone trinken.
Der Nachmittagstee
Die Einführung des Nachmittagstees (Afternoon Tea) wird in der Literatur oft der Duchess of Bedford, Anna Maria Stanhope (1783-1857), einer Hofdame von Queen Victoria, zugeschrieben, die zu ihren Nachmittagstees ausschließlich weibliche Gäste einlud. Einige Historiker nennen hingegen Katharina von Braganza (1638-1705), die portugiesische Gemahlin Königs Charles II., als dessen Urheberin. In Portugal war das Teetrinken zum Zeitpunkt ihrer Heirat im Jahr 1662 bereits sehr verbreitet, in England dagegen nicht. So brachte sie ein Teeservice mit in die Ehe und bat kurz nach ihrer Ankunft am Hof um Tee. Die überlieferte Antwort des Königs darauf war: "We don't drink tea in England but maybe some Ale will do" (Wir trinken in England keinen Tee, aber vielleicht tut es auch ein Bier). Katharina begnügte sich in der Folgezeit nicht mit Bier, sondern führte das Teetrinken und auch den Afternoon Tea im Palast ein. Und da das Königshaus dem Adel stets als Vorbild galt, ahmte dieser die neue Sitte bald nach. Wer den Nachmittagstee in dieser Form zuerst eingeführt hat, lässt sich letztlich nicht nachweisen.
Der Nachmittagstee ist eine komplette Zwischenmahlzeit, zu der stets auch Gebäck und Sandwiches serviert werden, der in Deutschland dem Nachmittagskaffee entspricht. Für den formellen Afternoon Tea gibt es feste Regeln, die zumindest in der Oberschicht nach wie vor beachtet und von einer Generation an die nächste weitergegeben werden (siehe Tee-Etikette). Die dazu gereichten Speisen bestehen gewissermaßen aus drei Gängen, wobei alle mit den Fingern gegessen werden: Der erste Gang besteht aus Sandwiches in verschiedenen Variationen, wobei Gurken-, Lachs- und Schinken-Sandwiches fast obligatorisch sind. Der zweite Gang sind Scones, weiche Teebrötchen, die grundsätzlich mit ungesüßter Schlagsahne oder Clotted Cream, und Marmelade serviert werden. Als dritter Gang werden Gebäck und kleine Süßigkeiten wie kandierte Früchte und Pralinen gereicht. Die Mahlzeit dauert mindestens eine Stunde.
In den unteren Schichten gab es zum Afternoon Tea früher nur Brot und Butter. Als geringwertig eingestufte Tees werden von Briten daher als Bread and Butter Tea bezeichnet. In sehr traditionellen britischen Familien hat sich die Tradition des Nachmittagstees bis heute gehalten, wird jedoch de facto nur noch am Wochenende zelebriert.
Der Begriff Teatime ist eher außerhalb Großbritanniens gebräuchlich, denn Tee wird hier zu jeder Tageszeit getrunken. Die klassische Zeit für den Afternoon Tea ist 16 oder 17 Uhr. Es gilt zudem als chic, sich zum Afternoon Tea in einem renommierten Hotel zu treffen. Dort wird er häufig zwischen 15 und 19 Uhr serviert. In Großbritannien werden jedes Jahr vom United Kingdom Tea Council die Hotels und Teehäuser prämiert, die nach Ansicht einer Jury den besten Afternoon Tea servieren, wobei es eine Extra-Auszeichnung für London gibt. Dieser Preis ist sehr begehrt. Im Jahr 2006 ging er in London an Claridge's und landesweit an Hazelmere's Café in Cumbria.
Tee-Etikette
Für Gastgeber und Gäste gelten bestimmte Vorschriften, die vor allem beim Afternoon Tea eine Rolle spielen. Hier eine Auswahl der wichtigsten Regeln:
- Bei einer Einladung zum Tee schenken sich die Gäste niemals selbst ein.
- Beim Umrühren des Tees sind klirrende Geräusche zu vermeiden.
- Der Henkel der Teetasse wird nur mit Daumen und Zeigefinger gehalten.
- Die Tasse wird mitsamt der Untertasse bis etwa in Kinnhöhe angehoben, so dass die Tasse beim Trinken nur minimal von der Untertasse angehoben wird. Das ist vor allem bei einem Reception Tea zu beachten.
- Der Tee wird in kleinen Schlucken getrunken und nie geräuschvoll geschlürft.
- Scones werden nicht halbiert, sondern gebrochen.
- Während des Tees wird nicht geraucht, da der Rauch das Aroma des Tees beeinträchtigt.
Teebrot
Als Teebrot (tea bread) oder Teekuchen (tea cake) werden in Großbritannien alle Hefegebäcke bezeichnet, die üblicherweise zum Tee gereicht werden, einschließlich verschiedener gewürzter Brote. Das typisch schottische Shortbread besteht aus Mürbeteig und gehört daher nicht dazu. Die bekanntesten Arten sind:[1]
- Currant bread, ein Oberbegriff für Früchtebrot
- Fat rascals, kleine Teekuchen aus Yorkshire mit Gewürzen und Rosinen, die warm mit Butter gegessen werden
- Fruit bread, Gebäck mit Trockenfrüchten
- Malt bread, ein weiches Malzbrot mit Rosinen, das mit Butter gegessen wird
- Spice bread, ein Oberbegriff für Brot, das Früchte und Gewürze enthält
Glossar
- Cream Tea: ursprünglich aus Südengland stammende einfache Variante des Afternoon Tea nur mit Scones, Schlagsahne und Marmelade.
- Early Morning Tea: der Tee, der von vielen Briten bereits vor dem Frühstück getrunken wird, oft noch im Bett.
- High Tea: eine Mahlzeit, die um 18 oder 19 Uhr serviert wird und eine Mischung aus Nachmittagstee und Abendessen darstellt. Sie wird am Esstisch (high table) eingenommen. Der High Tea wird meist nur zu besonderen Anlässen serviert, wenn Gäste eingeladen sind. Zum Tee werden in der Regel kalter Braten, kaltes Huhn, Salate, gekochtes Gemüse, Kuchen und Früchte gereicht. Das normale Abendessen, zu dem oft ebenfalls Tee getrunken wird, wird grundsätzlich nicht als High Tea bezeichnet, auch nicht die Tasse Tee nach dem Abendessen.
- Low Tea: andere Bezeichnung für den Nachmittagstee, der traditionell nicht am Esstisch, sondern im Salon an einem niedrigen Teetisch eingenommen wird.
- Light Tea: ein Nachmittagstee, zu dem nur einfache Scones gegessen werden.
- Reception Tea oder Formal Tea: ein Stehempfang, bei dem kein Sekt, sondern Tee gereicht wird. Dazu gibt es häufig Sandwiches.
- Royal Tea: ein Afternoon Tea, bei dem zusätzlich Champagner oder Sherry serviert wird.
- Savouries: kleine Sandwiches und Appetithäppchen, die zum Tee gereicht werden.
Fußnoten
- ↑ Alan Davidson, The Oxford Companion to Food, 2nd. ed. Oxford 2006, Artikel Tea bread, S. 789
Literatur
- M.D. King: Tea Time. Tradition, Zubehör und Rezepte, Verlag Ars edition, 12. Aufl. 1996, ISBN 3-760-73056-6
- Jane Pettigrew: Tea Time. Beliebte Rezepte aus dem Land der Teetrinker, Hugendubel Verlag, 4. Aufl. 1996
- Helen Simpson: The Ritz London Book of Afternoon Tea: The Art & Pleasures of Taking Tea, Ebury Press, 2006, ISBN 0-091-90994-5
Weblinks
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