Bambuseae

Bambuseae
Bambus
Systematik
Klasse: Einkeimblättrige (Liliopsida)
Unterklasse: Commelinaähnliche (Commelinidae)
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Unterfamilie: Bambusgewächse (Bambusoideae)
Tribus: Bambus
Wissenschaftlicher Name
Bambuseae
Kunth ex Dumort.
Bambus am Lijiang in China

Bambus (Bambuseae) ist eine vielgestaltige Tribus aus der Unterfamilie der Bambusgewächse (Bambusoideae). Es sind grasartig wachsende verholzende Taxa mit schlanken, holzigen, nicht selten verzweigten, oft meterlangen Halmen, luftigen, zierlichen Blätterkronen, grasartigen Blättern und bisweilen riesigen Blütenrispen.

Die zweite Tribus der Bambusgewächse bilden die Olyreae, Taxa, die wie „normale“ Gräser wachsen, Horste bilden und nicht verholzen. Sie werden selten höher als einen Meter. Ihre Heimat ist Südamerika.

Der Name Bambus wird sowohl auf die Unterfamilie Bambusoideae als auch auf die Tribus Bambuseae angewandt. Dieser Artikel beschäftigt sich mit den 1447 verholzenden Bambusarten der Tribus Bambuseae.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Bambusse sind auf allen Kontinenten mit Ausnahme von Europa und der Antarktis beheimatet. Allein 500 Arten der Bambuseae kommen in China vor, weitere 100 meist kleinwüchsige Arten in Japan. Die hohen Bambusarten Japans wurden wohl aus China importiert. Eine große Zahl weiterer Arten stammt aus (Nord- und Süd-) Amerika, 130 Arten allein wachsen in den Anden Südamerikas. Aus Afrika stammen 17 Arten, aus Australien weitere drei. Es sind tropische bis subtropische Pflanzen. Doch manche Arten gedeihen auch in kälteren Bereichen gut. So bildet zum Beispiel Chusquea aristata in der östlichen Andenkette noch bei 4700 m NN undurchdringliche Dickichte und geht selbst bis zur Schneegrenze, auch im Himalaja steigen einige Arten bis 3800 m NN, und Bambusa metake aus Japan und mehrere chinesische Arten gedeihen in Mitteleuropa recht gut.

Beschreibung

Wuchs ausgewählter Arten

Die Zellen der Halme enthalten wie Bäume eine große Menge an Lignin und sind entsprechend hart. Daher können die Halme große Wuchshöhen erreichen. Einige Arten erreichen riesige Dimensionen – so wird zum Beispiel Dendrocalamus brandisii 38 Meter hoch, bei 80 cm Halmumfang. Bambusse gehören zu den für den Menschen nützlichsten Gewächsen, und insbesondere Bambusa arundinacea ist in dieser Hinsicht nur mit der Kokospalme zu vergleichen. Ihre eigentliche Heimat ist unbekannt; man findet sie in beiden Hemisphären, und sie gedeihen z. B. in Algerien und in Südfrankreich üppig. Aus dem Rhizom schießen zahlreiche Halme 18 Meter und höher mit großer Schnelligkeit auf. Die Blätter sind 16 cm lang, aber nur 1,3 cm breit. Die Blüten sollen erst im 25. Jahr und dann aber so zahlreich erscheinen, dass die Pflanzen sich durch die große Produktion von Früchten erschöpfen und ganz oder bis auf das Rhizom absterben. Dendrocalamus giganteus blüht erst im 30. Lebensjahr. Bambusa tulda in Hinterindien erreicht in einem Monat die Höhe von 22 Metern. Im Gebiet des Amazonas ist Bambusa latifolia ein wichtiger Bestandteil der Vegetation. Aus China, Korea und Japan werden buntblättrige Bambusse eingeführt, von denen besonders die japanische, niedrig bleibende Bambusa fortunei als Zierpflanze empfohlen wird.

Blütenstand – Detailansicht

Blütenbildung

Die meisten Bambusarten sind monokarpe Pflanzen und sterben nach der Blüte und der Fruchtbildung ab. Sie blühen synchron periodisch, je nach Art alle 12 bis 120 Jahre. Da die Pflanzen in einer Region gleichzeitig blühen, kann dieses Absterben von Pflanzen eine große Region betreffen. Das ist unter anderem in den 1990er-Jahren und 2006 in Europa vorgekommen, wo Bambus als Gartenpflanze genutzt wird. Dem Absterben kann man entgegenwirken, indem man den Bambus radikal zurückschneidet, gut gießt, und wartet bis die ersten Sprossen erscheinen. Erfolgreich war auch die Abdeckung mit Komposterde nach dem Rückschnitt in Bodennähe. Die neuen Sprosse erscheinen etwa zur Jahresmitte des auf die Blüte folgenden Jahres – ausschließlich aus der alten Wurzel hervorgehend. Eine Vermehrung durch Aussaat wurde beobachtet. Wegen der seltenen Frequenz ist die Blüte vom Bambus noch nicht eingehend erforscht, es ist z. B. noch nicht bekannt, wieso die Pflanze so selten blüht und was sie zum Blühen anregt. Es wird angenommen, dass die seltene und großflächige Blüte dazu beiträgt, die Samen zu erhalten, da sich keine Tiere auf ihren Verzehr spezialisieren können.

Rhizom und Wuchsform

Bambusse bilden unterirdische Rhizome, die den Wuchstyp des Bambus bestimmen. Dabei unterscheidet man zwei grundlegende Arten:

  • Leptomorphes Rhizom,
  • Pachymorphes Rhizom.

Leptomorphe Rhizome sind lang und schlank und wachsen horizontal in den oberen 30 cm des Bodens. Sie können mehrere Meter lang werden, bevor sich wieder ein Halm entwickelt. Die meisten in Europa verwendeten Bambusse haben diese Wuchsform und benötigen sehr viel Platz. Bei der Pflanzung solcher Bambusarten in heimischen, europäischen Garten ist zu beachten, dass sie stark Ausläufer bildend sind. Diese Rhizome können durchaus einige Meter pro Jahr zurücklegen. Um eine unkontrollierte Ausbreitung zu verhindern, empfiehlt es sich, eine Rhizomsperre um die Pflanze zu setzen. Die in Europa häufig als Zierpflanze verwendete Gattung Phyllostachys hat ein leptomorphes Rhizom.

Pachymorphe Rhizome sind dick und kurz und bilden in kurzen Abständen neue Triebe. Dadurch wachsen diese Bambusse in mehr oder weniger dichten Horsten und wuchern nicht. Die in Europa häufig zu sehende Gattung Fargesia gehört zu den Bambussen mit pachymorphem Rhizom.

Eine Zwischenstufe bilden amphipodiale Rhizome. Dabei handelt es sich um pachymorphe Rhizome die lange Triebstücke bilden können. Eine Gattung die eine solche Wuchsform zeigt ist z. B. Chusquea.

Bedeutung als Nutzpflanze

Weltweit bedeckt Bambus eine Fläche von ca. 37 Millionen Hektar, davon etwa sechs Millionen in China und neun Millionen in Indien. Je Hektar können 10 bis 15 Tonnen Biomasse pro Jahr nachhaltig gewonnen werden. Belastbares Zahlenmaterial zu Flächen und ökonomischer Bedeutung liegt bisher jedoch nicht vor, unter anderem da die Nutuzng häufig lokal erfolgt. Zudem wird Bambus von den forstwirtschaftlichen Produktionsstatistiken in der Regel nicht erfasst.

Verwendung

Bambus ist ein bedeutender, schnell nachwachsender Rohstoff. Vor allem in Asien hat er große ökologische, ökonomische und kulturelle Bedeutung; für etwa 1,5 Milliarden Menschen bilden Bambus und seine vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten eine Lebensgrundlage. Das verholzende Riesengras ist seit Jahrhunderten regionaler Lieferant von Baustoffen und Brennmaterialien. Das Spektrum der Anwendungen reicht dabei von der Verwendung als Nahrungsmittel über die Nutzung als Baumaterial für den Möbel- und Hausbau, die Produktion von Textilien und Biowerkstoffen bis hin zur Nutzung von Pflanzenauszügen (Bambusmilch) bei der Herstellung von Kosmetik- und Pflegeprodukten. Auch energetisch wird Bambus genutzt, beispielsweise in Form von Bambuspellets oder Bambus-Holzkohle, die aus Bambus hergestellt werden.

Lebensmittel

Frische Bambussprossen im Supermarkt
Snack mit frischem Bambus und Mayonnaise in einem kleinen Straßenrestaurant in Taipeh

Die Nutzung als Lebensmittel betrifft vor allem die jungen Schösslinge des Bambusrohrs, die als Gemüse genossen oder in Essig eingelegt werden. Besonders die Gattungen Bambusa, Dendrocalamus und Phyllostachys sind für den Verzehr geeignet. Frisch geerntete Bambussprossen haben ein sehr festes, hellgelbes Fleisch mit schmalen Luftkammern in der Mitte der Sprosse. Sie werden gewonnen, indem sie aus dem Boden ausgegraben werden und sind mit mehreren sehr festen, haarigen und dunkelbraunen Blättern umgeben, die vor dem Kochen entfernt werden. Bambussprossen werden vorwiegend aus Asien und Lateinamerika importiert. In Europa werden sie nur in Italien angebaut. Sie werden auch vorgekocht und abgepackt zum Verkauf angeboten.

Die Schösslinge enthalten ein Toxin (Blausäureglykosid), das durch Kochen neutralisiert werden muss. Da viele Bambusarten auch Bitterstoffe enthalten, sollten diese ebenfalls durch Kochen neutralisiert werden. In Japan werden Bambussprossen z. B. zusammen mit dem Mehl gekocht, das beim Polieren von Reis entsteht („nuka“) und vor allem die äußeren Schichten des Reiskorns enthält. Es ist auch möglich, zu diesem Zweck Chilischoten mitzukochen. Die eingelegten Bambussprossen werden „Achia“ oder „Atchia“ genannt.

Auch das haferähnliche Korn des Bambus ist essbar. Aus Bambusblättern gewonnener Tee hält langsam Einzug in Europa. Der Tee enthält vor allem Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Proteine, Fette, Mineralstoffe und Vitamine. Angeblich soll er helfen, Migräne vorzubeugen.

Wirtschaftlich erfolgreich ist der Einsatz von feinem Bambuspulver (oder –fasern) als Zuschlagstoffe für Lebensmittel. Sie sind geschmacksneutral bei einem Ballaststoffgehalt von über 98 %. Diese Bambusprodukte bieten sowohl die ernährungsphysiologische (z. B. Ballaststoffanreicherung, Kalorienreduktion) als auch die technologischen (z. B. Texturverbesserung, Wasserbindung) Vorzüge von Ballaststoffkonzentraten und lassen sich daher vielseitig in der Produktentwicklung einsetzen. Zwar ist ihr Einsatz in Deutschland nicht zugelassen, insbesondere in den USA und Kanada sowie im asiatischen Raum werden sie aber für verschiedene Nahrungsmittel und –ergänzungsmittel genutzt, beispielsweise in Fruchtsäften sowie in Gewürzen, Tabletten, Backwaren und Soßen.

Gartenbau

Winterlicher Kälteschutz aus Bambusstäben (Japan)

In der chinesischen Gartenkunst ist der Bambus ein wesentliches Gestaltungselement. Auch in europäischen Gärten wird der Bambus in den letzten Jahren immer beliebter. Dabei kann Bambus u. a. als Hain, Hecke, Bodendecker, Terrassen- und Innenhofbegrünung, Sicht- und Windschutz, für Dachgärten, als Kübelpflanze oder Wintergartenbegrünung eingesetzt werden. Das flirrend grüne Laub, die eleganten Halme in schönen Farben harmonieren mit zahlreichen Blüten und Bäumen und sind gestalterisch vielseitig einsetzbar.

Bambus ist eine immergrüne Pflanze. 80 Prozent aller in Deutschland angebotenen Bambussorten (Fargesia, Phyllostachys) sind robust und verkraften kurzzeitig Temperaturen bis −20 °C. Da Bambusstengel sehr hart sind, so dass er bei der Zerkleinerung gefährlich splittern und nur extrem langsam zersetzt werden, sind sie bei der Kompostierung problematisch. Die gilt besonders für hohe Arten mit kräftigen Stengeln.

Baustoff

Verwendung von Bambus: Ein Baugerüst in Mumbai, Indien
aus Bambus hergestelltes Furnier, unbehandelt
Bambusfahrrad

Bambus ist ein leicht verfügbarer und zugleich hochwertiger Rohstoff. In vielen Eigenschaften ist Bambus den Harthölzern ebenbürtig und in seiner Zähigkeit dem Holz sogar überlegen; durch die Hohlräume ist Bambus extrem leicht und elastisch. Während Bambus in Asien oft als „Holz der armen Leute“ gilt, ist es in Europa ein exklusiver Werkstoff für die Innenausstattung. Die größte Bedeutung hat Bambus traditionell als vielseitiger Baustoff. Die Verwendung reicht von temporären Bauten und dem Hausbau über den Möbelbau bis hin zu technischen Konstruktionen wie Brücken. Als konstruktives Baumaterial sind maßhaltige Bambusstangen mit einem der Anwendung entsprechenden Durchmesser erforderlich. Um die häufige Rissbildung zu minimieren, muss das altersgerecht geerntete Material zeitaufwändig und schonend getrocknet werden. Je nach Verwendung wird das Rohr zu Streifen geschnitten (was auch die Rissbildung minimiert), geschliffen, weiterverarbeitet und gegebenenfalls oberflächenbehandelt.

Aus dem zähen, leichten und sehr harten Holz werden traditionell Häuser gebaut, die Nutzung geht mit der modernen Bautechnik allerdings deutlich zurück und vor allem in Städten finden sich heute kaum noch Gebäude in Bambusbauweise. Früher wurden ganze Dörfer nur aus Bambus gebaut, und der größte Teil der Hauptstadt von Siam schwamm auf Bambusflößen. Auch Brücken und Wasserleitungen wurden aus Bambus gebaut, sowie Gerüste und Straßen. Für die Nutzung als Baustoff ist es allerdings notwendig, dass der Bambus vor seiner Verwendung behandelt wird, um ihn gegen Pilze und Insekten resistent zu machen. Während diese Vorbehandlung bisher vor allem chemisch stattfand, werden derzeit auf Borsalz basierende Lösungen entwickelt. Bei der Verwendung von Bambus als Baustoff ist es wichtig, dass er vor Feuchtigkeit geschützt wird. Dies geschieht dadurch, dass das Gebäude nicht auf dem Boden, sondern einem feuchtigkeitsresistenten Unterbau (Steine oder Betonsockel) steht und dass ein auskragendes Dach den Bambus gegen Feuchtigkeit schützt. In erdbebengefährdeten Gebieten (beispielsweise in Indonesien) zeigt sich, dass Bambushäuser den Erdstößen wesentlich besser gewachsen sind als Backsteinhäuser.

Gebrauchsgegenstände

Bambus wird traditionell auf vielfältige Weisen genutzt, um Möbel und allerlei Hausgeräte herzustellen, unter anderem kunstvoll geflochtene Körbchen, Vorhänge, Dosen u. Ä. Aber auch andere Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie Hüte, Körbe und Reusen werden aus Bambus hergestellt. Darüber hinaus dient das lange, krause Geschabsel zum Polstern. Ein Span von keilförmigem Querschnitt, dessen scharfe Kante von der kieselreichen äußeren, ungemein harten Schicht gebildet wird, gibt ein sehr scharfes Messer, die gleiche Schicht dient auch als Wetzstein für eiserne Messer. In einer Bambusröhre, die dabei zwar verkohlt, aber nicht verbrennt, kochten die Javaner an einem Bambusfeuer junge Bambustriebe. In China wurden zu Rollen zusammengebundene Bambusstreifen als Schreibmaterial verwendet. Zerklopfter Bambussplint kann als Pinsel genutzt werden, und auch in Europa werden Bambusfedern benutzt. Eine kletternde Art wird zu allerlei Flechtwerk, Säcken, ja selbst zu Jacken verarbeitet. Auch in Europa wurde Bambus zur Produktion von Stöcken (Pfefferrohr) und Regenschirmstielen genutzt, außerdem können Fahrräder aus Bambus hergestellt werden.[1]

In einigen Ländern und Regionen, zum Beispiel Java (Angklung), China oder Tahiti, werden auch Musikinstrumente aus Bambus hergestellt. In Japan wird Bambus vor allem benutzt, um Flöten wie die Shakuhachi oder Shinobue herzustellen. Auf Hawaii wird Bambus zur Herstellung eines flötenähnlichen Holzblasinstrumentes, des Xaphoons, genutzt. Es gibt jedoch auch Schlag- und Zupfinstrumente aus Bambus. Auch zu Waffen wurde Bambus verarbeitet: Blasrohre, Pfeilschäfte und Pfeilspitzen, Lanzen und Palisaden bestanden aus dem Material. In Japan wurden aus Bambus in einem komplizierten Prozess die Yumi (Bögen) der Samurai hergestellt. Ähnliche Bambusbögen werden auch heute in Japan und von fortgeschrittenen Schützen in Europa im Kyūdō verwendet. Mit Bambusspitzen bestückte Fallen und Fallgruben wurden noch im Vietnamkrieg im 20. Jahrhundert durch die Nationale Front für die Befreiung Südvietnams eingesetzt. Auch im Kendō wird mit sogenannten Shinais, die ebenfalls aus Bambusstreben bestehen, gekämpft.

Matten, Körbe und Gefäße werden aus schmalen, furnierähnlichen Streifen verschiedener Bambusarten geflochten. Mit Hilfe von Garnen können diese Streifen auch zu Bodenbelägen oder Jalousien verbunden werden; sie sind hart wie Holz und lassen sich wie ein Gewebe zusammenrollen. Weiteres Substitutionspotenzial für Bambus liegt bei Zeichenstiften, die bisher aus Holz oder auch aus Kunststoff hergestellt werden.

Werkstoffe

Einen bedeutenden neuen Markt für Bambus-Erzeuger nehmen die Plattenwerkstoffe ein. Die Produkte sind nur etwa halb so teuer wie die konkurrierenden Holzwerkstoffe. Wegen seiner hohen Stabilität und Festigkeit ist Bambus ein idealer Werkstoff für verleimte Platten und Grobspanplatten (OSB; Oriented Strand Board). Seit vielen Jahren wird Bambus-Sperrholz produziert. Es wird in großen Mengen zur Beplankung von LKW eingesetzt. Im konstruktiven Ingenieurbau werden derzeit neue Wege in punkto Erdbeben-Sicherheit mittels Bambuselementen beschritten. Temporäre Bauten und filigrane Konstruktionen werden trotz strenger baurechtlicher Vorgaben zunehmend häufiger realisiert. Geringes Gewicht bei zugleich hoher Zugfestigkeit sind bei allen High-Tech-Anwendungen die technisch und wirtschaftlich kaum kopierbaren Pluspunkte des Bambus.

Bambusparkett ist seit etwa 20 Jahren auf dem Markt erhältlich. Das Bambusrohr wird dazu der Länge nach gespalten und die Streifen werden zu Platten verleimt. Die Nachfrage nach solchem Parkett ist auf Grund der guten gestalterischen und technologischen Eigenschaften weltweit angestiegen. Eine Weiterentwicklung stellt Parkett aus verdichtetem Bambus mit einem Harzsystem als Bindemittel dar, ein strapazierfähiges Material mit vergleichsweise hohe Dichte von 1.100 kg/m3 (Bambusrohstoff: 600–800 kg/m3) und optisch reizvoller Oberfläche. Das Produkt wird als Alternative zu tropischem Hartholz bei Parkett und Terassenbodenbelägen angeboten.

Bambus lässt sich auch gut mit anderen Werkstoffen kombinieren. Als hochwertige Fasern mit einem günstigen Längen-Dicken-Verhältnis wirkt Bambus verstärkend, beispielsweise in Kombination mit Kunststoffen, als Schleifstaub (z. B. Reststoffe der Plattenfertigung) wirkt er versteifend in Verbundwerkstoffen. Die Zugabe von Naturstoffen soll zudem einem stabileren, erdölunabhängigeren Preis der Kunststoff-Compounds führen. Verbundwerkstoffe mit Bambusanteil sind seit einigen Jahren erfolgreich am Markt eingeführt; in Asien werden sie unter der Bezeichnung Wood-Plastic-Composites (WPC) gehandelt. In den USA und Europa allerdings werden unter dieser Bezeichnung gewöhnlich mit Nadelholzfasern gefüllte und verstärkte Verbundwerkstoffe verstanden. Für speziell aufbereitete Bambusfasern, besonders in Kombination mit Biokunststoffen, werden in der zukünftigen Werkstoffentwicklung erhebliche Marktchancen gesehen. Auch in Beton können größere Mengen Bambusfasern als preiswerter Zuschlag und Faserverstärkung eingesetzt werden, wie Versuche in Asien und Europa zeigen. Der Markt für derartige innovative Biowerkstoffe verzeichnet Wachstumsraten von jährlich bis zu 50 Prozent.

Zellstoff und Textilien

Bambus besteht aus langen fasrigen Zellulosesträngen, die aus dem Stamm gewonnen und zu feinem Garn gesponnen werden können. Der direkte Einsatz dieses Garns in Textilien ist aber unüblich, natürliche Bambusfasern kommen lediglich für grobe Textilien in Frage.

Die heute vielfach aus Marketinggründen als „Bambus-Textilien“ (woven bamboo) angebotene Bekleidung, vor allem Strümpfe, besteht aus Viskosefasern. Hierbei dient Bambus lediglich als Rohstoff für die daraus gewonnene und zur Viskosefaser weiterverarbeitete Cellulose. Neben Bambus können beispielsweise auch Buche, Birke, Kiefer, Fichte, Pinie oder Eukalyptus als Celluloserohstoff für die Viskosefaserherstellung verwendet werden. In der Regel liegt bei der Bezeichnung „Bambus-Textilien“ daher eine Irreführung der Verbraucher vor.

In China wurde historisch das meiste Papier aus dem Zellstoff junger Bambustriebe erzeugt. Bambus wird seit Jahrzehnten in erheblichem Umfang in der asiatischen und südamerikanischen Zellstoff- und Papierindustrie eingesetzt. Der Anteil des Bambus wird zwar global gesehen und relativ zum Einsatz von Holz als rückläufig bewertet, denn der schnellwachsende Eukalyptus und die langfaserigen Kieferngehölze liefen wirtschaftliche Vorteile für die Industrie, China wird dennoch vor allem auf Grund der riesigen (Binnen-)Nachfrage und begrenzter Holzvorräte weiterhin auf Bambus setzen. Auf Jamaika wird sehr viel Bambusfaser für die nordamerikanische Papierfabrikation gewonnen.

Inhaltsstoffe

Die moderne Biotechnologie ist ein wichtiges Standbein zur Sicherung der Rohstoffbasis für die Chemische Industrie und die Pharmazie. Gerade in Zeiten teurer werdender Produkte auf Erdölbasis stellen komplexe, biobasierte Grundstoffe eine ökonomische Alternative dar.

Bambuskampfer (Bambuszucker, Tabachir) ist ein chemischer Grundstoff, der sich als Konkretion aus der wässrigen Lösung in einzelnen Bambusarten entwickelt. Der Stoff bildet in den Internodien der Pflanze unregelmäßige, erbsengroße, weiß-gelbliche oder bräunliche, opalartig durchscheinende Ablagerungen. Sie können leicht in Handarbeit aus dem gespaltenen Halm gekratzt werden und stellen ein Zusatzeinkommen für Bambus-Besitzer dar. Bambuskampfer wird in der chinesischen Medizin auch als Poliermittel eingesetzt. Er wird in großer Menge in arabische Länder exportiert.

Weitere chemische Grundstoffe, vor allem Flavonoide, werden aus den Bambusblättern gewonnen. Flavonoide kommen in vielfältigen Strukturen in praktisch allen Nahrungspflanzen vor. Die meisten Flavonoide sind an Glucose oder Rhamnose gebunden und wirken als Antioxidantien. Viele der Wirkfunktionen sind jedoch noch unerforscht, hier wird ein großes Potenzial gesehen. Vor allem die Kosmetikindustrie hat die Vorteile aufgegriffen und setzt flavonoidhaltige Pflanzenauszüge vermehrt in Antifalten- oder Sonnencremes ein, kombiniert mit Vitaminen. In Europa sind außerdem Körperpflegeartikel (Duschgel, Seife, Badezusatz etc.) und Arzneimittel mit solchen Inhaltsstoffen auf dem Markt.

Energetische Nutzung

Bambus als Brennmaterial

Holzkohle aus Bambus ist in Asien ein altbekannter Energieträger zum Kochen und Heizen – und ein wichtiger Energieträger für die Industrie. China exportiert jährlich größere Mengen dieser „Charcoal“ nach Japan. Die hochverdichtete Bambus-Holzkohle hat eine zweieinhalbfach höhere Brenndauer als herkömmliche Holzkohle. Aus diesem Markt heraus werden seit einigen Jahren neue, höherwertige Anwendungen erschlossen, beispielsweise Filtersysteme für die Industrie oder zur Wasseraufbereitung, desodorierende Mittel oder hochwertige Zeichenkohle. Bambus-Pellets sind nicht nur preislich eine konkurrenzfähige Alternative zu Brennholz: Bambus hat bei gleicher Rohdichte den dreifachen Energiegehalt. Der globale Markt wächst rapide; die Nachfrage stieg allein in den Niederlanden und in Großbritannien in zwei Jahren von null auf über eine Million Tonnen.

Das primäre Verbrennen von Bambus wird jedoch ähnlich wie bei Holz kritisch betrachtet – in der Regel bietet die stoffliche Nutzung, bzw. die Herstellung hochwertiger Produkte, eine wesentlich höhere Wertschöpfung. Im Sinne einer Kaskadennutzung kann am Ende des Produktlebens immer noch die thermische Verwertung stehen. Zudem beeinflussen Prozess- und Transportemissionen die Ökobilanz und die bei Biomasse grundsätzlich CO2-neutrale Verbrennung negativ. Im dörflichen Bereich gibt es oftmals keine Alternative zur Verbrennung, da die Bewohner auf kurzfristig verfügbares Material zum Kochen oder Heizen zugreifen müssen.

Kulturelle Bedeutung

Malerei von Xu Wei (China, 1521–1597)

Dem Bambus werden verschiedene symbolhafte Bedeutungen zugeordnet. So ist er beispielsweise in China ein Symbol für langes Leben, in Indien jedoch ein Symbol der Freundschaft. Auf den Philippinen werden Bambuskreuze von Landwirten als Glücksbringer aufgestellt.

In Japan ist Bambus ebenfalls ein positiv besetzter Begriff. Da Bambus sehr gerade wächst und aufgrund seiner frischen grünen Farbe gilt er als Symbol der Reinheit. Er tritt als Symbol auch zusammen mit Kiefernzweigen und Pflaumenblüten auf. Die drei Pflanzen werden nicht nur als Glückssymbole eingesetzt, sondern auch, um wie z. B. bei Sushi verschiedene Preisstufen zu markieren (von unten nach oben: sho – chiku – bai, Kiefer – Bambus – Pflaume). Am Jahresende wird auf jeder Seite der Eingangstür ein Gebinde aus Bambusrohren und Kiefernzweigen aufgestellt, das Glück bringen soll („kadomatsu“).

Da Bambus nur selten blüht und die Samen vorwiegend während Hungerzeiten gegessen wurden, wird die Bambusblüte in manchen Kulturen als Vorbote einer Hungersnot interpretiert.

In einigen Kulturen Asiens, z. B. in den Andamanen, wird davon ausgegangen, dass die Menschheit bei ihrer Entstehung aus einem Bambusrohr herausgetreten ist. In Malaysia und Japan gibt es Legenden über eine junge (und sehr kleine) Frau, die in einem Bambusrohr lebt und erscheint, wenn das Rohr gekappt wird (Taketori Monogatari).

Systematik

Fälschlich als „Bambus“ bezeichnete Vertreter anderer Arten

Unter der aus botanischer Sicht völlig abwegigen Bezeichnung „Glücksbambus“ oder der englischsprachig anmutenden Benennung „Lucky Bamboo®“ kommen Sorten der pflanzensystematisch von Bambus weit entfernten Drachenbaumarten Dracaena sanderiana und Dracaena fragrans in den Handel. Der Name Glücksbambus ist ein eingetragenes Warenzeichen. Er wird in Europa in vielen Möbelhäusern, Baumärkten, Supermärkten, Gartencentern und Blumengeschäften angeboten.

Ebenfalls kein echter Bambus ist das Seychellengras, das als „Zwergbambus“ oder auch „Bonsai-Bambus“ angeboten wird. Der „Hängebaumbambus“ ist ebenso ein Gras, das sogenannte Flechtstraußgras. Weitere fälschlicherweise als Bambus bezeichnete Pflanzen sind „Himmelsbambus“ und „Mittelmeerbambus“.

Quellen und weiterführende Informationen

Literatur

  • Simon Crouzet und Oliver Colin: Bambus. Agrarverlag, 2003, ISBN 3-8001-4195-7.
  • Christian Gahle & Alexandra Brunnert: Bambus: Vom regionalen Baustoff zum globalen Rohstoff. Bambus-Journal 3/2008; ISSN 0942-4679

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bambus-Fahrrad von 1895

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