Tempo Werk

Tempo Werk
Das Firmenlogo
Tempo T1 mit Ilo-Motor (1928–1930)
Tempo G 1200 (1939)
Ein restaurierter Tempo Hanseat
Ein Hanseat aus indischer Fertigung Baujahr ca. 2000 als Werbeträger
Tempo Hanseat mit Bierwerbung
Restaurierter Tempo Matador (1950–1952) mit Restaurator
Tempo Wiking mit Heinkel-Motor (1953–1955)
Tempo Matador E (1963–1967)
Harburger Transporter von Hanomag-Henschel

Die Vidal & Sohn Tempo-Werk GmbH mit Sitz in Harburg wurde 1928 gegründet, um Lieferwagen zu bauen. Aufgrund eines Gesetzes von 1928 durften Kraftfahrzeuge mit weniger als vier Rädern und einem Hubraum von weniger als 350 Kubikzentimetern ohne Führerschein gefahren werden und waren steuerfrei.[1] Deshalb gab es eine große Nachfrage nach entsprechenden Fahrzeugen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der erste Tempo (T1) entstand noch in der väterlichen Kohlenhandlung, an der Oscar Vidal als Juniorpartner beteiligt war. Dort bauten zwei Schlossermeister den sogenannten Vorderlader, ein Dreirad mit der Ladefläche vor dem Fahrersitz, der von einem Ilo-Motor angetrieben wurde. Die ersten im eigenen Werk hergestellten Fahrzeuge waren der T 6 und der T 10. Bekannt sind heute vor allem noch die Tempo-Dreiräder und das Modell Matador.

Gemeinsames Konstruktionsprinzip der Lieferwagen war, alles für den Antrieb Notwendige im Fahrerhaus unterzubringen, sodass man in der Wahl des Aufbaues freie Hand hatte. Entsprechend vielfältig war das Angebot an Sonderaufbauten für Spezialtransporte und Kommunen.

Ab 1933 wurden neben dem Dreirad, das jetzt ein geschlossenes Führerhaus vor der Ladepritsche hatte, auch vierrädrige Cabriolimousinen und Lieferwagen mit Kastenaufbau hergestellt.

Unter dem Druck des Marktes ging Oscar Vidal (Tempo) 1955 eine Verbindung mit der Hanomag ein; 1959 kamen beide Firmen zum Rheinstahl-Konzern. 1965 gab Vidal seine letzten Geschäftsanteile an den Rheinstahl-Konzern ab, woraufhin die Marke Tempo verschwand. Im selben Jahr übernahm die Hanomag das Unternehmen und entwickelte aus den Tempo-Lieferwagen die sogenannten Harburger Transporter, die zunächst unter dem Namen Hanomag vertrieben wurden. Ab 1966 fuhr auch der Tempo Matador mit dem Rheinstahl-Hanomag-Emblem. Das Tempo-Werk wurde 1969 Teil der neuen Hanomag-Henschel Fahrzeugwerke GmbH, welche 1971 von der Daimler-Benz AG übernommen wurde. Seitdem ist der heutige Daimler-Konzern Eigner des ehemaligen Tempo-Werkes, wo bis 1978 die „Harburger Transporter“ mit Mercedes-Stern als Mercedes L 206/307 weitergebaut wurden.

Bis 1984 konnten die Mitarbeiter des Werkes ihre Arbeitsstätte in Bostelbek von der in unmittelbarer Nähe gelegenen Bahn-Station Tempo-Werk der Niederelbebahn bequem zu Fuß erreichen.

Seit 1962 wurden Tempo-Dreirad-Fahrzeuge als Joint Venture-Produkt „Bajaj-Tempo“ in Indien gebaut (ab 1986 mit Lombardini-Dieselmotoren) und vereinzelt nach Europa importiert. Eine Variante des Hanseat wurde als Einzylinder-Viertakt-Diesel bis 2000 produziert und meist als Autorikscha eingesetzt.

Fahrzeuge von Tempo

Die ersten Dreiräder

Die ersten Tempo-Dreiräder entstanden aus einer Kombination von Motorrad und Pritsche, die sich vor dem Fahrer befand. In der Weiterentwicklung wurde das Führerhaus vor die Pritsche bzw. den Kasten verlagert. Die Tempo-Dreiräder waren mit Ein- bzw. Zweizylinder-Zweitakt-Ottomotoren ausgerüstet (Tempo A 400 von 1938 z. B. mit 400 cm³ und 12 PS), die über ein Getriebe und eine Kette das Vorderrad antrieben – Motor, Getriebe, der Kettenkasten als tragendes Teil und das Vorderrad waren hierzu als ein im Ganzen schwenkbares Teil gelenkig mit dem Rest des Fahrzeuges verbunden.

Geländewagen

1936 entwickelte Tempo einen Geländewagen mit zwei Motoren (einem vorn und einem hinten) und Allradantrieb. Die Motoren trieben jeweils eine Achse an, während der Fahrt auf der Straße ließ sich ein Motor abschalten.

Tempo Hanseat und Tempo Boy

Nach dem Krieg baute Tempo den A 400 bis zum März 1950 weitgehend unverändert weiter, mit Zweizylinder-Zweitakt-Motor von Ilo, nicht synchronisiertem Dreiganggetriebe und Seilzugbremsen. Träger der Aufbauten war ein Zentralrohrrahmen, der in zwei Größen geliefert werden konnte, und zwar wahlweise mit einem Radstand von 2870 oder 3170 Millimeter. Mit stärker abgerundeten Kanten an der Motorhaube und einem neuen runden Logo im Kühlergrill hieß der Wagen ab 1948 Tempo Hanseat. Unter dem Druck der Konkurrenz von Goliath wurde 1950 die Leistung von 12 auf 13 PS angehoben. Das Vorderrad erhielt einen Stoßdämpfer und an die Stelle der an Blattfedern aufgehängten hinteren Starrachse trat eine Pendelachse mit vier Schraubenfedern. Die Nutzlast des Pritschenwagens lag bei 750 kg; Preis 3300 DM. Andere Aufbauten wie Kasten oder Koffer waren lieferbar.

1953 lieferte das Konstruktionsbüro Müller-Andernach einen verbesserten Motor mit einer Leistung von 15 PS für den Hanseat, was aber nicht die inzwischen rückläufigen Verkaufszahlen anheben und den Trend zum vierrädrigen Transporter verlangsamen konnte.

Neben dem Hanseat baute Tempo seit 1950 das äußerlich ähnliche Modell Boy mit einem 197-cm³- oder wahlweise 250-cm³-Einzylindermotor. Beide Ausführungen zielten auf die Inhaber des damaligen Führerscheins Klasse IV für Fahrzeuge bis 250 cm³. Der Grundpreis betrug 2390 DM. Mit der maximalen Nutzlast von 420 kg erreichte der Tempo Boy eine Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h.

Tempo Matador und Tempo Wiking

Parallel zum Hanseat kamen die Tempo-Vierradlieferwagen Matador und Wiking (Spitzname: „Fischmaul“) in das Programm. Die ersten Matadore von 1949 (deren Frontpartie Kritiker gelegentlich mit dem Gesicht eines Boxerhundes verglichen) wurden von gebrauchten 25-PS-Motoren des VW Käfer aus Wehrmachtsbeständen angetrieben, später kamen auch neue Motoren zum Einsatz, bis VW-Chef Heinz Nordhoff 1952 die Lieferung dieses Triebwerks an Konkurrenz-Unternehmen einstellen ließ. Daraufhin wurde der Matador wahlweise mit einem 3-Zylinder-Zweitaktmotor (672 cm³) oder einem Viertaktmotor (1092 cm³, 34 PS) angeboten, beide Aggregate von Ing.-Büro Müller in Andernach. Ab 1957 wurde der Wagen von einem Austinmotor (948 cm³, 34 PS, aus dem A35) angetrieben. 1953 kam der Wiking auf den Markt, ein 3/4-Tonner (bis 850 kg Nutzlast) mit 452-cm³-Zweitaktmotor (17 PS) von Heinkel, der bis 1955 gebaut wurde. Auch die Vierradtransporter hatten Frontantrieb. Für den Bundesgrenzschutz (heute: Bundespolizei) fertigte das Werk zudem Land Rover in Lizenz.

Daten des letzten Tempo Matador vor der Übernahme durch Hanomag:

Tempo Matador 1963/64 Daten
Motor: 4-Zylinder-Reihenmotor (Otto)
Motorfabrikat: Austin (British Motor Corporation)
Hubraum: 1593 cm³
Hub × Bohrung: 89 mm × 76 mm
Leistung: 40 kW (54 PS) bei 4000/min
Max. Drehmoment: 113 Nm bei 2000/min
Kühlung: Wasser
Kraftübertragung: Frontantrieb, 4-Gang
Radaufhängung: Querlenker (vorn), Längslenker (hinten)
Länge × Breite × Höhe: 4400 mm × 1700 mm × 2140 mm
Radstand: 2400 mm
Leergewicht: 1330 kg
Nutzlast: 1550 kg
Höchstgeschwindigkeit: 100 km/h
Grundpreis: 8.875 DM

Die Angaben beziehen sich auf die Ausführung als Kastenwagen.

Modelle

1928-1943

Typ Bauzeitraum Stückzahlen
T 1 1928-1930 264
T 2 1928-1930 41
T 6 1929-1935 3.596
T 10 1930-1936 840
Pony 1932-1936 529
Front 6 1933-1935 6.100
Front 10 1933-1935 607
Front 7 (D 200) 1934-1936 1.150
Front 14 (D 400) 1934-1936 2.633
V 600 1935-1936 823
E 200 1936-1937 9.600
E 400 1936-1937 3.311
E 600 1936-1937 1.947
G 1200 / T 1200 1936-1943 1.253
A 200 1938-1940 6.294
A 400 1938-1940 36.790
A 600 1938-1943 11.479

1949-1966

Typ Bauzeitraum Stückzahlen
Matador 49 1949-1950 99
Hanseat 1949-1956 37.131
Matador 50 1950-1952 13.521
Boy 1950-1956 5.950
Matador 1000 1952-1955 4.923
Matador 1400 1952-1955 5.724
Wiking 1953-1955 12.590
Land Rover 1955-1957 278
Matador 56 1955-1957 1.959
Wiking 1 1955-1963 16.533
(Wiking) Rapid 1957-1963 21.454
Matador A50 1957-1963 13.327
Matador 1,5 to. 1958-1963 6.285
Matador E 1,0 to. 1963-1966 21.368
Matador E 1,3 to. 1963-1966 11.743
Matador E 1,6 to. 1963-1966 14.000
Athlet Hubwagen 1965-1966 16
Matador E 1,75 to. 1966 182
Matador E 2,5 to. 1966 69
Matador E (alle Modelle) Nov.-Dez. 1966 2.009
Athlet Zugkopf Dez. 1966 1

Weltrekorde

Mit einem Tempo wurden 1934 auf der Berliner AVUS fünf Weltrekorde in der 200-cm³-Klasse für offene Lieferwagen mit 500 kg Nutzlast aufgestellt. In der 350-cm³-Klasse für Dreiräder gelangen die Weltrekorde für 9, 10, 11 und 12 Stunden und über 1000 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 54,1 km/h.

Siehe auch

Quellen

  1. Michail Hengstenberg:Als ganz Deutschland Dreirad fuhr. In:einestages Zeitgeschichten auf SpiegelOnline

Literatur

Matthias Pfannmüller: Mit Tempo durch die Zeit, Die Dreiräder von Vidal & Sohn – Aus Hamburg in die ganze Welt, Delius Klasing Verlag GmbH, Bielefeld 2006, ISBN 978-3-7688-1729-5

Weblinks


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