Textilstrand

Textilstrand
Gruppe von Nudisten am Strand

Die Freikörperkultur (FKK) (auch: Nacktkultur, Naturismus, Nudismus) bezeichnet die gemeinschaftliche Nacktheit, meistens in der Natur. Anliegen dabei ist die Freude am Erlebnis der Natur oder auch am Nacktsein selbst, ohne direkten Bezug zur Sexualität.

Inhaltsverzeichnis

Begriff und Abgrenzung

Freikörperkultur, Nudismus und Naturismus

Nacktsport als Teil der Freikörperkultur

Die Anhänger dieser Kultur heißen traditionell Naturisten, FKKler oder Nudisten (lat. nudus „nackt“). Seit der weitgehenden Enttabuisierung der öffentlichen Nacktheit – in der Bundesrepublik Deutschland ungefähr seit den 1980er Jahren – wird auf einen besonderen Begriff für nackte Menschen zunehmend verzichtet.

Der Begriff Freikörperkultur umfasst im deutschsprachigen Raum heute zwei Ausprägungen. Neben dem Nudismus, der unabhängig von weiteren positiven Zielen die Lebensgestaltung ohne Kleidung bevorzugt, steht der Naturismus.

Im Unterschied dazu ist der Naturismus ein Lebensstil, der weitere Ziele miteinschließt, etwa eine Kultur der gegenseitigen Rücksichtnahme und Solidarität und ökologisches Engagement. In diesem Sinne steht der Naturismus durchaus in der Tradition der Lebensreform, auch wenn ihm dessen asketische Tendenz (Verzicht auf Alkohol und Nikotin, Vegetarismus usw.) meist abgeht. Der teilweise Missbrauch des Begriffs „FKK“ zu pornografischen Zwecken – nicht zuletzt im Internet – hat dazu geführt, dass der Begriff des Naturismus auch in Deutschland den Begriff „FKK“ zunehmend ersetzt.

Außerhalb des deutschen Sprachraums gibt es den Begriff Freikörperkultur nicht, dort werden in der jeweiligen Übersetzung meistens die Begriffe Naturismus oder (weniger häufig) Nudismus verwendet. In vielen Ländern Europas ist auch das deutsche Fremdwort „FKK“ gebräuchlich. Im englischen Sprachraum wird häufig die Bezeichnung "clothing optional" (dt.: Kleidung optional) verwendet, um zu verdeutlichen, dass Nacktheit toleriert beziehungsweise explizit erlaubt ist.

Die Bezeichnung Freikörperkultur ist erweitert aus Körperkultur, worunter Anfang des 20. Jahrhunderts die Hinwendung zum Körperlichen durch Sport, Wandern und andere Freizeitgestaltung in der Natur verstanden wurde. Dies galt als Gegenbewegung zu einem als „muffig“ empfundenen Bürgertum und einer beengten, städtischen Lebens- und Wohnsituation mit wenig Luft und Licht. Diese Bewegung mit bequemer und gesunder Kleidung vollzog dann zum Teil den Schritt zur Nacktheit und wählte den Zusatz frei- zum Hauptbegriff Körperkultur. Der Begriff Freikörperkultur trat dann zunehmend an die Stelle des zunächst bevorzugten Begriffs „Nacktkultur“, der auf starke Tabuschranken stieß. Als Reflex des früheren Tabus sind noch heute Formulierungen verbreitet wie, „wir haben FKK gemacht“, statt „wir haben nackt gebadet“. Der Ausdruck FKK hat als Synonym für nackt auch sonst in viele Wortschöpfungen Eingang gefunden, zum Beispiel in FKK-Baden für Nacktbaden, FKK machen (oder … treiben) für Nacktsein generell. Dem Selbstverständnis der Anhänger einer nackten Lebensweise ist FKK- bzw. Naturismus forgendermaßen definiert:

„Sie [diese Lebensweise] kommt zum Ausdruck in der gemeinschaftlichen Nacktheit, verbunden mit Selbstachtung, sowie Respektierung der Andersdenkenden und der Umwelt. Gemeinschaftliche Nacktheit ist ein essentielles Kennzeichen des Naturismus, der die Naturelemente Sonne, Luft und Wasser völlig auswertet. Der Naturismus stellt das physische und psychische Gleichgewicht wieder her, indem er Erholung in einer natürlichen Umgebung bringt, durch Bewegung und Respekt für die Grundprinzipien von Gesundheits- und Ernährungslehre. Der Naturismus fördert viele Aktivitäten, die die Kreativität entwickeln. Völlige Nacktheit ist der geeignetste ‚Anzug‘, um eine Rückkehr zur Natur zu verwirklichen und ist mit Sicherheit der sichtbarste Aspekt des Naturismus, auch wenn sie nicht der einzige ist. Sie hat eine ausgleichende Wirkung auf Menschen, indem sie sie von Spannungen befreit, die durch Tabus und Provokationen der heutigen Gesellschaft verursacht sind, und den Weg zu einer einfacheren, gesunderen und menschlicheren Lebensweise zeigt.“ (Definition der Internationale Naturisten Föderation (INF-FNI) vom Weltkongress Cap d’Agde, 1974)

Abgrenzung zum Exhibitionismus

Der Begriff Nudisten wird zuweilen abwertend gebraucht und ihr Nacktsein in die Nähe von Exhibitionismus gerückt. Jedoch lässt sich auch eine klare Trennung ziehen: der Exhibitionismus, zumindest im klinisch-pathologischen Sinne, besteht in der Lust an den schockierten Reaktionen anderer Menschen. Gerade im klassischen FKK-Kontext ist mit solchen Reaktionen nicht zu rechnen. Der Nudismus dringt jedoch zunehmend auch in die normale Öffentlichkeit vor, auch hier steht aber vielmehr die Lust am Nacktsein im Vordergrund.

Oft wird der Begriff Exibitionismus allerdings auch in einem breiteren und allgemeineren Sinne als "Lust am zeigen" verwendet. Hier ist eine Überlappung, gerade mit neueren Formen des Nudismus, durchaus möglich. (siehe Freikörperkultur in der Gegenwart)

Geschichte

Anfänge im 18. Jahrhundert

In weiten Teilen Mitteleuropas badeten die Menschen bis ins 18. Jahrhundert hinein in Flüssen und Seen nackt, wenn auch oft nach Geschlechtern getrennt. Erst im späten 18. Jahrhundert begann hier die wirksame Tabuisierung der öffentlichen Nacktheit, die im dünner besiedelten Skandinavien nie durchgesetzt wurde. Parallel dazu propagierte und praktizierte Lord Monboddo (1714–1779) bereits im 18. Jahrhundert das Nacktbaden als Wiedererwachen der altgriechischen Nacktkultur. Es fand literarische Erwähnung in Georg Christoph Lichtenbergs (1742–1799) Buch Das Luftbad.

„Nacktkultur“ und Lebensreform-Bewegung bis zum Ersten Weltkrieg

Nudistenwanderung kurz nach 1900

1898 entstand in Essen der erste FKK-Verein. Um 1900 kam das Schwedisch-Baden im Raum Berlin und an Nord- und Ostsee immer mehr auf. Wenige Jahre zuvor war vielerorts ein gemeinsames Baden in der Öffentlichkeit – selbst in zeitgemäß umfänglicher Badebekleidung – offiziell verboten oder galt als unmoralisch. Ebenfalls um 1900 begann die naturistische Bewegung in Frankreich.

Hinter der Freikörperkulturbewegung stand – jedenfalls in Deutschland – eine Lebenseinstellung, nach welcher der nackte Körper kein Grund für Schamgefühle ist. Die Nacktheit der FKK sollte nicht das Bedürfnis nach Sexualität ansprechen. In diesem Sinne gehört die Nacktheit unter der Dusche oder in der Sauna auch nicht zur Freikörperkultur, da sie hier praktisch notwendig ist. Sie setzte hier auch früher schon keinen besonderen Gruppenkonsens voraus und erforderte deswegen keine reservierten Zonen, wie etwa abgetrennte Strände oder Vereinsgelände.

Noch lange Zeit nach der politischen Liberalisierung versuchten konservative Kreise das besonders unter urbanen Intellektuellen zunehmend populäre Nacktbaden als Sittenverfall zu bekämpfen. Als Gegenbewegung dazu formierten sich vor allem in Preußen, das traditionell toleranter war als andere Länder des Deutschen Reiches, lebensreformerische und naturistische Nacktkultur(FKK)-Vereinigungen, von denen es bereits 1913 über 50 gab. Der hohe ideologische Anspruch dieser Vereine zeigt sich in Namen wie „Die neue Zeit“ u. Ä..

Die meisten der frühen Protagonisten der FKK standen politisch eher links, einige auch rechts. Man wollte – pointiert formuliert – mit der Nacktheit entweder die Gleichheit aller Menschen erreichen oder aber die Rückkehr zu den abgehärteten, nackten Germanen, von denen der römische Schriftsteller Tacitus in seiner Germania berichtet. Wirklich ideologiefreie FKK-Vereine, die das Nacktsein einfach als die angenehmere und intensivere Art des Naturerlebnisses betrachtet hätten, gab es zu dieser Zeit kaum.

Der Naturismus in der Weimarer Republik und dem Dritten Reich

Nachdem 1920 in Deutschland der erste offizielle Nacktbade-Strand auf Sylt entstand, wurde das Nacktbaden außerhalb geschlossener Vereinsgelände ab 1931 wieder generell verboten und die FKK-Vereine nach 1932 entweder aufgelöst oder als Sportverbände in nationalsozialistische Organisationen, wie dem Bund für Leibeszucht, integriert. Am Ende der Weimarer Republik hatten die FKK-Vereine ca. 100.000 Mitglieder[1].

Generell machte der Naturismus in den 1930er Jahren jedoch Fortschritte: Es entstand das "Lichtschulheim Lüneburger Land" (LLL) in Glüsingen (Lüneburger Heide). Die erste Doktorarbeit über die FKK-Bewegung wurde geschrieben (von Amalie Lichtenberger). Am 5. Mai 1931 wurde in Leipzig das erste öffentliche FKK-Schwimmfest durchgeführt, Anfang August 1939 fanden in Thielle (Schweiz) die 1. Naturistischen „Olympischen Spiele“ statt, und in Elysian Fields (Kalifornien) wurde die erste beurkundete Naturisten-Hochzeit gefeiert. – In Deutschland wurde das Verbot des Nacktbadens per Reichsverordnung vom 10. Juli 1942 gelockert, indem das Nacktbaden abseits von Unbeteiligten gestattet wurde. Es gab im Dritten Reich jedoch auch eine “rassistische Nacktkultur”, deren bekanntester Vertreter Hans Surén war und die die nationalsozialistischen Körperideale verherrlichte[2]

FKK in der DDR

FKK-Strand an der Buxine zwischen Golzow und Joachimsthal, 1983
Nacktbereich des Strandbad Müggelsee in Ostberlin, 1989

In der DDR war das Nacktbaden an offenen Badeseen und Gewässern (beispielsweise der Ostsee) seit den 1970er Jahren altersunabhängig weit verbreitet. An Gewässern, an denen das Baden offiziell gar nicht erlaubt war (Kiesgruben u. Ä.), wurde vielfach nackt gebadet, an offiziellen Badeseen gab es häufig FKK-Bereiche. An der Ostsee gab es in den meisten Badeorten Strandabschnitte, die für FKK ausgewiesen waren. Häufig lagen diese links und rechts des textilen Abschnitts an der jeweiligen Hauptpromenade. Generell herrschte in der DDR, zumindest ab den 1970er Jahren, eine weitaus größere Toleranz gegenüber öffentlicher Nacktheit als in der Bundesrepublik.

FKK-Verbotsschild am Strand von Warnemünde, August 1953

Der Beginn des Naturismus in der DDR lag in den frühen 1950er Jahren in Ahrenshoop. In dem Badeort an der Ostsee entstanden Bereiche, in denen Künstler und Intellektuelle erstmals das Nacktbaden einführten. Die Region war ein Badeort der gesellschaftlichen Avantgarde der DDR, ein Urlaubsort für zahlreiche Schriftsteller, Schauspieler und Politiker. Es kam in den folgenden Jahren zu Konflikten zwischen bekleideten und unbekleideten Badegästen, bis die Stadtverwaltung Ahrenshoop im Mai 1954 das Nacktbaden verbot. Aus dieser Zeit stammt auch die später bekanntgewordene Anekdote, wonach Johannes R. Becher eine nacktbadende Frau mit den Worten: „Schämen Sie sich nicht, Sie alte Sau?“ anschrie. Es handelte sich dabei um Anna Seghers, die er jedoch nicht erkannte. Die Begebenheit wurde öffentlich, als Seghers die Laudatio Bechers bei der späteren Verleihung des Nationalpreises unterbrach und zu diesem meinte: „Für Dich, Hans, immer noch alte Sau“[3].

Mit dem Verbot des Nacktbadens regte sich bald Unmut innerhalb der FKK-Anhängerschaft, die auf eine erneute Legalisierung des Nacktbadens drängten. Unter anderem setzten sich Rudolf Bernstein, Chef des Progress Film-Verleih sowie Werner Otto, Dramaturg an der Komischen Oper Berlin für das Nacktbaden ein. Das Nacktbaden wurde daraufhin in Ahrenshoop wieder erlaubt, blieb jedoch auf diese Region beschränkt. In anderen Teilen des Landes ging die Staatsführung weiterhin gegen Nacktbader vor. Zum Teil kam es zu eskalierenden Konflikten, wobei (vermeintlich) feindselige, bekleidete Badegäste zwangsentkleidet oder an Bäume gefesselt und beschimpft wurden. Auch kam es zu wilden und ausschreitenden Strandfesten, die sich zunehmend verbreiteten. Als Der Spiegel im September 1954 über die ostdeutsche Nudistenszene berichtete, sah die Staatsführung ihren internationalen Ruf gefährdet und verhängte ein vollständiges Nacktbadeverbot an der gesamten Ostseeküste. Auf diesen Entscheid regte sich nunmehr noch größerer Widerstand, zahlreiche Einschreiben, Protestbriefe und öffentliche Aufrufe folgten, bis die DDR-Führung das Verbot 1956 wieder zurücknahm. Es folgte die „Anordnung zur Regelung des Freibadwesens“, wonach „(...)ein Baden ohne Schwimmbekleidung an Orten, zu denen jedermann Zutritt hat, dann gestattet sei, wenn diese Orte als ausdrücklich dafür von den zuständigen örtlichen Räten freigegeben und entsprechend gekennzeichnet sind.“ Das öffentliche Nacktbaden hatte nun in dafür ausgewiesenen Zonen volle Legalität und entwickelte sich spätestens mit der zunehmenden Liberalisierung der Gesellschaft ab den 1970er Jahren zur Massenbewegung[4].

Nachkriegszeit bis 1980

1953 wurde unter dem Einfluss der Jugendbewegung die fkk-jugend gegründet. Ihr ursprünglicher, vollständiger Name „fkk-jugend – Bund der Lichtscharen“ zeigt die fortdauernde ideologische Orientierung der deutschen FKK-Bewegung in den 1950er Jahren. Allerdings nahm die Tabuisierung des Nacktseins ab, nachdem um 1950 die ersten FKK-Urlaubsanlagen entstanden (1949/50 Centre-Hélio-Marin in Montalivet-les-Bains, Südfrankreich).

Ab Mitte der 1960er Jahre kam es zu einem starken Aufschwung des Naturismus, die Mitgliederzahlen der Vereine nahmen sprunghaft zu. Besondere Popularität erlangte durch ausgiebige Berichterstattung in den Medien der Nacktbadestrand bei Kampen auf Sylt; die FKK-Strände und -Anlagen in Jugoslawien (heute Kroatien), Frankreich und an der Ostseeküste wurden zu beliebten Urlaubszielen. Der Aufschwung der FKK-Bewegung ging zeitlich mit der gesellschaftlichen Liberalisierung der 68er-Bewegung einher. Seit Ende der 1960er Jahre ist die Nacktheit ein selbstverständliches Ausdrucksmittel etwa des Theaters und der Aktionskunst. Diese kulturelle Entwicklung kann als Teil der FKK-Bewegung bezeichnet werden.

Entwicklung seit etwa 1980

FKK-Strand in Leucate, Frankreich

Ab dem Jahr 1979/80 sorgten die „Nackerten“ vom Englischen Garten in München für Aufsehen. Immer öfter nutzten in den Sommermonaten Münchner aller Altersgruppen den zentral gelegenen Ort, um nackt zu sonnen oder im Eisbach zu schwimmen. Nach kurzen und eher halbherzigen Versuchen der Münchner Stadtverwaltung und Polizei, den spontanen Naturismus zu unterbinden, wurde das Nacktbaden in zwei recht großen Bereichen des Englischen Gartens offiziell erlaubt. Der Englische Garten wurde damit zum weltweit ersten frei zugänglichen (und auch nicht durch Sichtschutz abgegrenzten) innerstädtischen Nacktbadegebiet. Es folgten ähnliche Bereiche an Berliner Seen (Badewiese Halensee) und eine starke Zunahme inoffizieller, aber geduldeter Nacktbademöglichkeiten an Seen, Stränden und Flüssen. Auch die spontane Nacktheit etwa auf Rockkonzerten und Festivals (Roskilde, Burning Man, Nambassa u. a.) nahm zu. Zur gleichen Zeit nahm auch in der DDR das Nacktbaden weiter zu und fand teilweise allgemeine Verbreitung. Mehrere Reiseanbieter gingen dazu über, ihre FKK-Angebote nicht mehr separat zu präsentieren, sondern sie in ihre allgemeinen Kataloge zu integrieren; ähnlich verfuhren die Verleger von Campingführern.

Parallel mit dieser weitgehenden Enttabuisierung wurde es für FKK-Vereine immer schwieriger, Mitglieder zu werben. Die Möglichkeit zur gemeinschaftlichen Nacktheit reichte als einziger oder auch nur primärer Vereinszweck immer weniger aus. Die Zahl der FKK-Vereinsmitglieder sank von etwa 150.000 Anfang der siebziger Jahre auf etwa 60.000 Ende der neunziger[5].

Gegenwart

Grillfest an einem FKK-Badesee
Das Naked Race während des Musikfestival Roskilde

Die allgemeine Präsenz von Nacktheit hat gerade in den Medien in den letzten Jahren stark zugenommen, nackte Menschen sind zu einem normalen Teil der westlichen Kultur geworden. Während die Zahl in Vereinen organisierten Naturisten zurückgeht, ist für vielen Menschen Nacktheit am Strand inzwischen Normalität. Laut Kurt Fischer, Präsident des Deutschen Verbandes für Freikörperkultur (DFK), haben die Vereine 45000 Mitglieder, jedoch zählen zirka sieben Millionen Deutsche zu den Anhängern des nackten Badens[6][7]

Nackte Personen auf einer Demonstration in San Francisco

In neuester Zeit gibt es seitens Gruppen von Nackt-Aktivisten Bestrebungen, die Zulässigkeit des Nacktseins auf den gesamten öffentlichen Raum auszudehnen. Zunehmend werden nackte Fahrradtouren organisiert oder im innerstädtischen Raum nackten Aktivitäten nachgegangen, Nacktsport wie Nacktrudern oder Nacktreiten gewinnt vermehrt Anhänger[8] und wird mitunter als „neuer Lifestyletrend“ gehandelt[9]. Auch Prominente wie die Sängerin Shakira geben sich als erklärte FKK-Anhänger[10]. Auf dem Musikfestival Roskilde in Dänemark hat sich inzwischen das vom FKK-Camp des Festivals organisierte, alljährliche Naked Race etabliert. Dabei gehen zahlreiche Festivalteilnehmer zu einem Nacktlauf, bei dem der Gewinner Freibier bekommt. Das Rennen hat inzwischen Kultstatus[11][12]. Im Jahr 2009 wurde in Braunlage im Harz der erste Nacktrodelwettbewerb ausgetragen.[13][14]

Dem wachsenden Bedürfnis nach Nacktheit im öffentlichen Raum wird auch kommerziell begegnet. So werden von einem Reiseveranstalter seit 2008 Flugreisen angeboten, auf denen man sich im Flugzeug nackt aufhalten kann[15]. Im selben Jahr wurde in Wernigerode im Harz vom Harzer Verkehrsverband (HVV) ein spezieller Nacktwanderweg in Planung gegeben. Auf diesem soll nacktes Wandern ausdrücklich erlaubt sein[16].

Die FKK-Verbände und Vereine stehen diesem Trend ablehnend gegenüber. So sperrt sich der Deutsche Verband für Freikörperkultur gegen Menschen, die außerhalb abgesperrter Anlagen Nacktkultur leben. Kurt Fischer bezeichnete Nacktwanderer als „Neurotiker und Psychopathen“, er wünsche „FKK-Aktivitäten nur in eingezäumtem Gelände“[17].

Die organisierte FKK-Kultur im Verein ist in den letzten Jahren allerdings stark zurückgegangen, wobei auch der Nachwuchs ausbleibt. Ein Grund mag darin liegen, dass insgesamt die Anzahl der nackt Badenden stark zugenommen hat und inzwischen verbreitet ist. Die generelle Akzeptanz von Nacktheit in der Öffentlichkeit ist mittlerweile hoch, so dass es keine klare Gegnerschaft mehr gibt[18].

Teilweise wird Nacktsein in der Öffentlichkeit auch als Protesthaltung bei Demonstrationen eingesetzt (etwa gegen Studiengebühren, gegen die Globalisierung oder für mehr Tierschutz). Jedoch ist hier ein ähnlicher Effekt wie im Theater erkennbar: Das Ausdrucksmittel verliert durch Alltäglichkeit an Kraft. Also muss wieder das Argument oder die schauspielerische Leistung überzeugen. Die Nacktheit ist nicht mehr dominantes, sondern nur noch beiläufiges oder ergänzendes Ausdrucksmittel, womit aber die naturistische Bewegung eines ihrer Ziele erreicht hätte.

Siehe auch: Nacktheit als politisches Signal.

Nacktheit und Recht

Nacktheit im öffentlichen Raum: nackte Frau in Köln
Nacktradeln während des World Naked Bike Ride in London

Während Nacktheit am Strand und Badeseen weitgehend geduldet ist und keine rechtlichen Konsequenzen nach sich zieht, ist Nacktheit außerhalb von diesem Kontext bisher oft sanktioniert. Andererseits findet öffentliche Nacktheit zunehmend Verbreitung, auch in Städten. Die Grenze zum Exhibitionismus ist dabei fließend[19][20] In Deutschland wird öffentliche Nacktheit strafrechtlich nicht geahndet, jedoch gelegentlich wegen Belästigung der Allgemeinheit als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld belegt[21].

Ob und in welcher Höhe ein Bußgeld verhängt wird ist nicht bundesweit einheitlich geregelt und hängt oft von den kommunalen Behörden ab. Die Reaktion von Öffentlichkeit und Justiz ist uneinheitlich. Während durch Gerichtsurteile die Nacktheit an Stränden faktisch legalisiert ist, und Aktivitäten wie Nacktwandern oder Nacktreiten in gemischten Gruppen und ländlicher Umgebung kaum auf Widerstände stoßen, wurden nackte Radtouren in letzter Zeit (bis 2006) wiederholt gerichtlich untersagt. Je nach sozialer Situation sind auch Nacktjoggen, Nacktbalgen (ein Ringsport) oder Nacktgärtnern (außerhalb des privaten Gartens) nicht generell erlaubt.

Der wachsenden Beliebtheit wird von Behördenseite jedoch verstärkt durch Verbote begegnet. So erließ die Stadt Brattleboro in den USA im Jahr 2007 ein Verbot öffentlicher Nacktheit, nachdem Jugendliche immer öfter nackt in der Stadt auftauchten.[22][23] Der zunehmende Trend des Nacktwanderns soll im Schweizer Kanton Appenzell Innerrhoden nach einem Volksentscheid an der Landsgemeinde 2009 durch erhöhte Bußgelder eingeschränkt werden[24]. Diese Entscheidung wurde von Seiten der wandernden Nudisten kritisiert, da die öffentliche Nacktheit keinen Tatbestand erfüllt und sämtliche diesbezügliche Regelungen 1992 aus dem Schweizerischen Strafgesetzbuch gestrichen wurden[25].

In skandinavischen Ländern und neuerdings auch Spanien ist Nacktheit an allen öffentlichen Orten implizit (durch ein fehlendes Verbot) oder sogar explizit erlaubt.

Die in Freiburg im Breisgau ansässige Bürgerinitiative Wald-FKK und ähnliche Initiativen in Großbritannien treten für die Anerkennung der öffentlichen Nacktheit als Bürgerrecht ein[26].

Regionale Unterschiede

Neue Bundesländer

Nach der Wiedervereinigung wurde das Nacktbaden in den neuen Bundesländern nach vereinzelten Protesten von West-Touristen zurückgedrängt. Besonders an den Ostseestränden kam es in den 1990er Jahren zu Konflikten um das Nacktbaden, in deren Folge einige Kommunen die FKK-Strände wieder verkleinerten.

An einigen Binnenseen in Mecklenburg und anderen Regionen im Osten hat sich die ungezwungene Nacktheit trotzdem weitgehend erhalten. Auch an der Ostsee wurden die Gepflogenheiten zuletzt wieder etwas lockerer. Inzwischen ist es an vielen ehemals textilfreien Orten weitgehend akzeptiert, sowohl bekleidet als auch nackt zu sein. Ausnahme bilden ausgesprochene Textilstrände und von FKK-Vereinen betriebene Strandabschnitte und Seen.

Ausland

In vielen Kulturen der Welt wird Nacktheit in der Öffentlichkeit als anstößig betrachtet und ist - außer in bestimmten Zusammenhängen - verboten. Unter dieses Verbot kann auch schon die Entblößung des Oberkörpers bei Frauen fallen.

Verenigten Staaten

In den Vereinigten Staaten gibt es in den warmen Gegenden zahlreiche Urlaubsort-Privatgeländen, wo das Nacktsein erlaubt wird, oder sogar erforderlich ist. Dagegen wird das Nacktsein an öffentlichen Badestränden nahezu überall rechtlich untersagt.

Naturismus als Wirtschaftsfaktor

FKK-Anlage in Leucate, Frankreich

In Deutschland wird der Markt für FKK-Ferien auf etwa 10 Millionen Urlauber jährlich geschätzt. Führende Reiseziele in diesem Segment sind derzeit Frankreich und Kroatien. Allein in Frankreich gibt es über 100 naturistische Feriendörfer und Campingplätze, der jährliche Umsatz erreicht einen dreistelligen Millionenbetrag.

Bekannte FKK-Pioniere

  • Karl Wilhelm Diefenbach (1851–1913) – Maler und FKK-Vorkämpfer
  • Adolf Koch (1896–1970) – Arzt und Sozialist
  • Heinrich Pudor (1865–1943) – Früher Propagandist der Nacktkultur, völkisch-nationaler Publizist
  • Arnold Rikli (1823–1906) – Schweizer Naturheiler, neuzeitlicher Begründer des Naturismus
  • Herbert Rittlinger (1909–1978) – Weltreisender und Schriftsteller, der u. a. in seinen Büchern die Verbindung von FKK und Kanusport schildert
  • Hans Surén (1885–1972) – Autor von FKK-Schriften, wegen seiner Nähe zur NS-Ideologie umstritten
  • Richard Ungewitter (1869–1958) – Buchautor und erster Organisator der FKK-Bewegung

Literatur

  • Michael Grisko (Hrsg.): Freikörperkultur und Lebenswelt: Studien zur Vor- und Frühgeschichte der Freikörperkultur in Deutschland. Kassel University Press, Kassel 1999, ISBN 3-933146-06-2
  • Michael Andritzky, Thomas Rautenberg (Hrsg.): „Wir sind nackt und nennen uns Du“: von Lichtfreunden und Sonnenkämpfern; eine Geschichte der Freikörperkultur. Anabas-Verlag, Gießen 1989, ISBN 3-87038-142-6 (Fesselnde Kulturgeschichte der FKK-Bewegung von Kaisers Zeiten bis in die 1970er)
  • Josie McLellan: State Socialist Bodies. East German Nudism from Ban to Boom. In: The Journal of Modern History, Vol. 79 (2007), S. 48–79
  • Achim Freudenstein, Jugenderziehung durch Freikörperkultur. Eine Dokumentation. 4., durchges. Aufl. - Edermünde 2005, 126. S.
  • Maren Möhring (2004): Marmorleiber. Körperbildung in der deutschen Nacktkultur (1890-1930). Köln/Wien/Weimar: Böhlau. (= Kölner Historische Abhandlungen 42) ISBN 978-3-412-14904-8
  • Maren Möhring (2006): Nacktheit und Leibeszucht. Die FKK-Praxis im Nationalsozialismus. In: Diehl, Paula (Hrsg.) (2006): Körper im Nationalsozialismus. Bilder und Praxen. München: Fink, 211-228.
  • Thomas Kupfermann: Sommer, Sonne, Nackedeis. FKK in der DDR (2008), ISBN 978-3-359-01667-0

Quellen

  1. Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft
  2. Wiener Zeitung
  3. Anna Seghers nackt - und noch mehr Funde - Die Welt
  4. Aufstand der Nackten: FKK in der DDR - EinesTages, Spiegel
  5. SPIEGEL-Online: „Ein Leben lang nackt“
  6. Die Welt 14.06.2008
  7. FKK-Präsident: Rund sieben Millionen Deutsche verzichten im Urlaub auf Kleidung / 45 000 sind in Vereinen organisiert - maerkischeallgemeine
  8. Hilfe, die Nackten kommen - Flitzer, Nacktradler-Touren und bald Nacktruderer, Nudisten haben Saison. - Tz-Aktuell
  9. FKK-Lifestyle: Die neuen Nackten - in: Der Stern
  10. Leben wie Eva im Paradies, Shakira wäre gern immer nackt - RP
  11. Skulle bare delta i nakenløpet, Så ballet det på seg med nakenhet. Se 360-bildet fra Roskildes Camp Nude. - Dagbladet
  12. Naked Run caught up - Official Festival Site
  13. Nackte rodeln im Harz um die Wette - GMX
  14. Erster Nacktrodel-Meister ermittelt - Focus
  15. Nackt-Flüge: FKK-Abenteuer in luftiger Höhe - Der Stern
  16. Harzer Verkehrsverband plant Nacktwanderweg - Der Spiegel
  17. Nacktwandern: FKK-Verbände stützen Verbot - Baseler Zeitung
  18. Naturisten ärgern sich über schamlose Nudisten - Stuttgarter Nachrichten
  19. Hilfe, die Nackten kommen - Flitzer, Nacktradler-Touren und bald Nacktruderer, Nudisten haben Saison. - Tz-Aktuell
  20. FKK-Lifestyle: Die neuen Nackten - in: Der Stern
  21. Sunderner skatet nackt im Vogelschutzgebiet
  22. Town well-known for nakedness outlaws public nudity - Herald Tribune
  23. Nude visitors test Brattleboro's blind eye policy - Telegraph
  24. Naked ramblers face Swiss fines, BBC
  25. «Nackt sein ist nicht strafbar» - Tagblatt
  26. Nackt im Grünen: "Ohne Notfallunterhose im Wald", ARD

Weblinks


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