Thal (Ruhla)

Thal (Ruhla)
Thal
Stadt Ruhla
Ortswappen Thals
Koordinaten: 50° 55′ N, 10° 24′ O50.91666666666710.391666666667320Koordinaten: 50° 55′ 0″ N, 10° 23′ 30″ O
Höhe: 320 m
Einwohner: 1.975 (31. Dez. 2005)
Eingemeindung: 8. März 1994
Postleitzahlen: 99842, früher: 99843
Vorwahl: 036929

Der Ort Thal ist ein 1994 eingemeindeter Stadtteil der thüringischen Stadt Ruhla im Wartburgkreis. Der Ortskern Thals liegt etwa 2 km südlich der Kernstadt auf einer Höhe von etwa 320 Metern. Die Einwohnerzahl von Thal betrug im Jahr 2005 1975 Einwohner.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Besiedlung des Gebietes Thal und der näheren Umgebung erfolgte etwa zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert in der zweiten Rodungsperiode des Thüringer Waldes.

Im Jahre 1253 errichteten Mönche des Wilhelmiten-Ordens ihre erste Niederlassung in Thüringen, zunächst in einem kleinen Seitental des Erbstromes, dann, 1301 bis 1307 noch einmal am Heiligenstein, einem markanten Felssporn am Südrand Thals. Nach dem Bauernkrieg wurde das Kloster aufgehoben. Während die Kirche weiterhin zum Gottesdienst genutzt werden konnte wurde die Klosteranlage säkularisiert und verkauft. Der letzte Prior des Klosters konvertierte und wurde der erste evangelisch-lutherische Pfarrer von Thal.

Erwerbsgrundlage für die Bevölkerung bot neben der Landwirtschaft vor allem der Bergbau. Zahlreiche Pingen und Stollenreste belegen die Suche nach Kupfererzen im Forstrevier Zange. Im Talgrund wurden Mühlwerke und Schmelzhütten errichtet, um das geförderte Erz zu verarbeiten. Der durch den Ort fließende Erbstrom diente als Mühlwasser, er war ebenso, wie in Ruhla, auch seit dem 16. Jahrhundert die Grenze zwischen zwei sächsischen Herzogtümern. Der historische Ortskern von Thal mit der Scharfenburg gehörte zum Herzogtum Sachsen-Gotha (später Sachsen-Coburg und Gotha). Als Sitz des Justizamtes Thal befand sich im Ort ein Amtsgericht und weitere Verwaltungsbüros des Landratsamtes Waltershausen. Der westlich angrenzende Ortsteil Heiligenstein gehörte zum Herzogtum Sachsen-Eisenach (später Sachsen-Weimar-Eisenach). Erst bei der Bildung des Landes Thüringen im Jahr 1922 wurden beide Orte zu Thal-Heiligenstein vereinigt. Am 25. Februar 1936 wurde der Gemeindename amtlich in "Thal (Thüringen)" geändert[2].

Am 13. April 1813 fand bei Thal die spontane und kampflose Kapitulation der hier auf Befehl von Napoleon in einem Sammellager neu aufgestellten Thüringischen Regimenter vor einem preußischen Spähtrupp statt.

Nach 1850 wurde Thal durch den um diese Zeit einsetzende Kurbetrieb und Fremdenverkehr bekannt. Durch Frau Luise Schulte wurde 1865 das Kurhaus Luisenbad gebaut. Am westlichen Ortsrand entstand eine Promenade und auf einem markanten Felsen wurde das Tempelchen erbaut. Die 1888 beim Bergbau zufällig entdeckte und 1896 feierlich eröffnete Kittelsthaler Tropfsteinhöhle trug zu einem rasanten Anstieg des Fremdenverkehrs bei. Thal wurde in dieser Zeit mit dem Titel Bad Thal versehen. Neben einem Eisenbahnanschluss erhielt die Bevölkerung von Thal um 1905 eine neue Dorfschule errichtet. Im Jahr 1928/29 schuf der Thaler Schwimmverein unter Leitung des Unternehmers Wilhelm Naber aus dem versumpften Richters Teich eine großzügige Badeanlage, die sich schnell zum größten Freibad der Umgebung entwickelte und noch heute besteht.

Die Mehrzahl der Einwohner von Thal arbeitete seit dem Ersten Weltkrieg in Ruhlaer Betrieben. Am 25. März 1920 führten die bürgerkriegsähnlichen Unruhen nach Niederschlagung des Kapp-Putsches zu einem Massaker an Thaler Arbeitern - heute bekannt als die Morde von Mechterstädt. Hieran erinnert ein Gedenkstein auf dem Friedhof von Thal.

Die metallverarbeitende Industrie Ruhlas schuf auch in Thal Betriebsteile und Arbeitsplätze. Neben einer Fabrikationsstätte für die Massenproduktion von Nieten und Normteilen entstanden die Acosta-Werke, die zu DDR-Zeiten Elektrogeräte (vornehmlich Grills) produzierte. Die Fertigungsanlagen wurde 1991 von einem westdeutschen Elektrounternehmen übernommen.

Mit dem Abschluss der Gebietsreform 1994 in Thüringen wurde der ehemals selbstständige Ort Thal Ortsteil der benachbarten Stadt Ruhla.

Politik

In Thal ist ein Ortsteilrat aktiv, dessen Vorsitzender ist Karl-Josef Backhaus (CDU).

Die Partnerstadt Thals ist seit 1990 Lorsch in Hessen.

Das Ortswappen zeigt als Motive die Burg Scharfenstein über der Sonne und Mond (aus dem Uetterodtschen Wappen) erstrahlen.

Sehenswürdigkeiten

Scharfenburg

Scharfenburg

Die in der Region als Löttöpfchen bekannte Scharfenburg wurde 1137 erstmalig erwähnt. Als ersten Besitzer der Burg weist die Urkunde einen Boppo de Lapide (vom Stein) aus. Die Scharfenburg ist eine der ältesten Steinburgen in Westthüringen. Von der auf einem 396 Meter hohen, isolierten Bergkegel errichteten Burg sind noch Reste der Umfassungsmauer, des Torhauses und der vorgelagerten Wallgrabenbefestigung zu sehen. Der imposante Bergfried (Rundturm) im Zentrum der Anlage wird heute als Aussichtsturm genutzt, im Inneren befinden sich einige Schautafeln zur Burggeschichte. Im 12. Jahrhundert wurde die Scharfenburg durch das Kloster Fulda zur Kontrolle wichtiger Straßenverbindungen im Thüringer Wald erbaut. Als Pfandbesitz wechselte die Burg mehrfach den Besitzer (Herren von Stein, Herren von Frankenstein, Herren von Salza, Grafen von Henneberg und andere). Die Burg wurde im 15. Jahrhundert mehrfach belagert und zerstört, als die Herren von Laucha diese Gegend als Raubritter unsicher machten. 1452 erwarben die Brüder Hans und Berthold von Uetterodt den Besitz und errichteten im Ort Thal ein Festes Haus (Wasserburg), das heutige Amtshaus. [3]

Kloster Weißenborn

Die Kirche von Thal und einige Nebengebäude gehen zurück auf die mittelalterliche Klosteranlage Weißenborn. Die als Eremiten lebenden Mönche wurden von den Herren von Schlotheim unterstützt, welche ihnen Land für den Klosterbau zur Verfügung stellten. Aufgabe der Mönche war, neben der seelsorgerischen Betreuung der umliegenden Siedlungen auch Hilfe für die auf den Passstraßen des Ruhlaer Gebietes in Not geratenen Reisenden und Pilger (Herberge oder Spital) zu leisten. Bis zur Reformation wurde von den Mönchen auch die Wallfahrt zur Scharfenburg (Burgkapelle) betreut. [4]

Heimatstube

Im historischen Oberhof, einem Gebäude der Herrschaft Scharfenberg, in dem später die herzogliche Oberförsterei untergebracht war, befindet sich heute die Heimatstube Thal sowie die öffentliche Bibliothek des Heimatvereins. Die vom Heimatverein im Jahre 1999 eröffnete Heimatstube gibt in fünf Räumen Auskunft über die Geschichte Thals, die Burgruine Scharfenberg, das Wilhelmiten-Kloster Weißenborn, Hexenprozesse, Geologie, Flora, Fauna und Brauchtum des Ortes. Thaler Volkstrachten ergänzen die Einrichtung. [5]

Aussichtspunkte

Ein beliebtes Wanderziel und Aussichtspunkt ist das Tempelchen. An der Schossbergpromenade gelegen, wurde es wahrscheinlich in der Zeit des aufkommenden Fremdenverkehrs als Aussichtspunkt an einem Promenadenweg errichtet. Mehrmals instand gesetzt, erfolgte 1972/73 ein vollkommener Neuaufbau durch die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Thal. Seit dieser Zeit findet alljährlich das Tempelchenfest statt.

Gedenkstätten

Auf dem Friedhof von Thal befindet sich das Ehrenmal für die 15 erschossenen Arbeiter von Thal, die am 23. März 1920 während der Märzunruhen Kapp-Putsch von einem Studentenkorps (Marburg) erschossen wurden.

Ein weiteres Denkmal wurde dem Dramatiker, Schriftsteller und ersten Schiller-Biograpfen Emil Palleske gewidmet, welcher am 28. Oktober 1880 in Thal verstarb.

Das Stolldenkmal, eine Gedenktafel, wurde 1928 zu Ehren des Mundart- und Sprachforschers Dr. Walter Stoll (1902-1927) von Thaler Bürgern errichtet.

Im Park des „Haus Felseneck“ befindet sich das Grabmal des Generals und Pour le Mérite-Trägers Max Ludwig

Höhlen

Die Umgebung von Thal ist reich an natürlichen Höhlen und Zeugnissen des spätmittelalterlichen Bergbaus. Auf dem Gipfel des Schossberges befindet sich die Höhle Hohler Stein, sie ist für weniger beleibte Besucher zum Durchkriechen geeignet. Bereits im Mittelalter war die Ritterhöhle auf der gegenüberliegenden Talseite am Osthang des Spitzigen Stein bekannt. Die sogenannten Sylvesterlöcher machen sich bei strengem Frost durch aufsteigenden Dampf bemerkbar, der den mit Erdreich überdeckten Erdspalten unweit der Kittelsthaler Tropfsteinhöhle entweicht. Das Backofenloch befindet sich etwa zwei Kilometer östlich von Thal in der Nordwand des Großen Wartberges. Auch diese Naturhöhle ist mit dem Auftreten der sagenumwobenen Venetianer verknüpft. Die Wittgensteiner Höhle befindet sich etwa zwei Kilometer nördlich von Thal in der Flur Farnroda. Sie liegt in der Felswand Wittgenstein, die sich etwa 30 m über den Talgrund des Erbstroms erhebt. Bei der Freilegung der Höhlenkammer konnte zur Überraschung der Höhlenforscher auch ein mittelalterlicher Keramiktopf geborgen werden. Die Höhlen wurden somit nachweisbar als Versteck genutzt. Verschiedene Zeugnisse mittelalterlichen Bergbaus wurden durch Schautafeln kenntlich gemacht. Aus Sicherheitsgründen wurden die einsturzgefährdeten Bergwerksstollen, beispielsweise am Burgberg unterhalb der Schafenburg, schon seit Jahrzehnten von der Bergsicherung verwahrt.[6][7]

Trivia

Der einst bei Thal befindliche natürliche See wurde im 19. Jahrhundert abgelassen und verfüllt, an seiner Stelle befindet sich das Freibad von Thal und die Tennisplätze. Im Fuchsgrund bei Thal wurde in den 1960er Jahren ein Rückhaltebecken angelegt, um Brauchwasser für die Industriebetriebe von Ruhla und Seebach speichern zu können. In der Ortsmitte erinnert der Flurname Am Wasserfall an eine hier ehemals vorhandene Kaskade, ein weiterer „Wasserfall“ befindet sich beim Texas.

Impressionen

Literatur

 Wikisource: Inmitten der Thüringer Romantik – mit 2 Illustrationen, in Die Gartenlaube (1866), Heft 26, S. 411–414
  • Walter Böhm; Festausschuß 750-Jahrfeier Thal (Hrsg.): Festschrift zur 750-Jahrfeier Gemeinde Thal. Druckerei Frisch, Eisenach 1991, S. 62.

Weblinks

 Commons: Thal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Stadt Ruhla: 16 Jahre Strukturwandel in Ruhla 1990 - 2006 , Hegl Druckerei.
  2. Statistik des Deutschen Reichs, Band 450: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich, Teil I, Berlin 1939; Seite 275
  3. Wolfgang Eberhardt: Aus der Geschichte der Scharfenburg bei Thal , Ruhla (1994).
  4. Wolfgang Eberhardt: Kleine Geschichte des Wilhelmitenklosters Weißenborn bei Thal , Bruchsal (1979).
  5. Adelheid Schulze: Historischer Rundgang durch den Ruhlaer Ortsteil Thal , Ruhla (2008).
  6. Geyer, Jahne, Storch: Geologische Sehenswürdigkeiten des Wartburgkreises und der kreisfreien Stadt Eisenach. In: Landratsamt Wartburgkreis, Untere Naturschutzbehörde (Hrsg.): Naturschutz im Wartburgkreis. Heft 8, Druck- und Verlagshaus Frisch, Eisenach und Bad Salzungen 1999, ISBN 3-9806811-1-4, S. 72–75.
  7. Klaus & Anita Schöllhorn, G. Malcher; Stadtverwaltung Ruhla (Hrsg.): Die Kittelsthaler Tropfsteinhöhle. 4. überarbeitete Auflage. Verlag + Druckerei Löhr, Ruhla 2006, Der historische Bergbau um Kittelsthal, S. 11–13.

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