The Reader

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Filmdaten
Deutscher Titel: Der Vorleser
Originaltitel: The Reader
Produktionsland: USA, Deutschland
Erscheinungsjahr: 2008
Länge: 124 Minuten
Originalsprache: Englisch
Altersfreigabe: FSK 12[1]
Stab
Regie: Stephen Daldry
Drehbuch: David Hare
Produktion: Anthony Minghella
Sydney Pollack
Donna Gigliotti
Redmond Morris
Musik: Nico Muhly
Kamera: Chris Menges
Roger Deakins
Schnitt: Claire Simpson
Besetzung

Der Vorleser ist ein deutsch-US-amerikanischer Kinofilm aus dem Jahr 2008. Er basiert auf dem 1995 erschienenen, gleichnamigen Roman von Bernhard Schlink, der von einem 15-jährigen Schüler handelt, der eine Liebesbeziehung mit einer zwanzig Jahre älteren, ehemaligen KZ-Aufseherin eingeht. Das Drehbuch, das unter Mitwirkung des Autors entstand[2], wurde vom oscarnominierten Dramatiker David Hare geschrieben und hält sich eng an die literarische Vorlage. Der Film wurde unter der Regie des ebenfalls oscarnominierten britischen Regisseurs Stephen Daldry fast ausschließlich in Deutschland gedreht und startete am 10. Dezember 2008 in den US-amerikanischen Kinos. In Deutschland läuft er seit dem 26. Februar 2009.[3]

Inhaltsverzeichnis

Inhalt/Handlung

Die Rahmenhandlung des Films spielt im Jahr 1995. Der Rechtsanwalt Michael Berg trifft sich mit seiner Tochter Julia, fährt mit ihr zum Grab seiner ersten Liebe Hanna Schmitz und erzählt ihr, zum ersten Mal überhaupt, von sich und Hanna.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1958 in Neustadt. Der fünfzehnjährige Michael Berg übergibt sich auf seinem Heimweg. Eine fremde Frau, die 36-jährige Straßenbahnschaffnerin Hanna Schmitz hilft Michael, wieder auf die Beine zu kommen. Drei Monate später, nachdem Michael sich vom Scharlach erholt hat, beschließt er, die Fremde aufzusuchen und sich mit einem Strauß Blumen bei ihr zu bedanken. Ab diesem Tag entwickelt sich eine Liebesbeziehung zwischen den beiden, doch Hanna hält ihn auch auf Distanz, nennt ihn penetrant „Jungchen“. Michael lässt sich das gefallen, obwohl er rein körperlich einen Kopf größer ist als sie. Es entwickelt sich das Ritual, dass Michael Hanna – die auf diese Weise ihren Analphabetismus vor ihm zu verbergen sucht – vor dem Sex aus Büchern vorliest. Mit der Zeit kühlt die Beziehung etwas ab, Michael ist wieder mehr mit seinen Schulkameraden zusammen, unter anderem interessiert sich eine attraktive Mitschülerin für ihn. Eines Tages ist Hanna – aus Gründen, die nur dem Zuschauer offenbart werden – plötzlich verschwunden. Michael ist schockiert.

Im Jahre 1966 beobachtet Michael im Rahmen seines Jurastudiums einen Prozess gegen mehrere ehemalige KZ-Aufseherinnen in Mannheim. Unter ihnen ist, für Michael völlig überraschend, seine ehemalige Geliebte Hanna Schmitz. Sie macht unbegreifliche Aussagen. Zur Begründung des barbarischen Umgangs mit den KZ-Häftlingen gibt sie banale Motivationen an. So rechtfertigt sie etwa mit naiver Ernsthaftigkeit die Selektion von Häftlingen zur späteren Vergasung damit, dass man zu wenig Platz im Lager gehabt habe, um alle Häftlinge unterzubringen. Den Tod von 300 jüdischen Häftlingen in einer brennenden Kirche erklärt sie so, dass die Aufseherinnen den Häftlingen nicht hätten helfen können, weil sie das dann entstehende Chaos nicht hätten bewältigen können. Hinter Schmitz’ Verhalten steckt keine dreiste oder verächtliche Chuzpe bei vollem Bewusstsein der begangenen Verbrechen, sondern sie meint es ernst; sie war offenbar unfähig, die moralischen Dimensionen der Vorgänge im KZ richtig einzuordnen.

Gegen Ende des Prozesses beschuldigen die anderen Aufseherinnen Hanna Schmitz, die Hauptverantwortung für den Tod der 300 Häftlinge zu tragen. Dies soll durch eine Handschriftenprobe von Schmitz belegt werden, indem sie hier vor Gericht ein paar Zeilen schreiben soll. Hanna Schmitz ist aber Analphabetin, sie kann weder lesen noch schreiben. Aus übergroßer Scham, dies zuzugeben, sagt Schmitz nun, die Handschriftenprobe sei nicht nötig – und legt statt dessen ein Geständnis ab, indem sie sich als Hauptverantwortliche bekennt.

Michael erkennt nun, als einziger im Saal, Hannas Geheimnis, und ihm wird klar, dass ihre Scham wegen ihres Analphabetismus der Schlüssel zu vielen ihrer Handlungen ist: ihrem Eintritt in die SS, der Tatsache, dass sie sich sowohl von KZ-Häftlingen als auch von Michael aus Büchern vorlesen ließ, ihrem plötzlichen Verschwinden im Jahr 1959 und auch ihrer fatalen Übernahme der Hauptverantwortung im Prozess. Er ringt mit sich, das Gericht auf diesen wichtigen Umstand hinzuweisen, bringt es aber letztlich nicht fertig. Er begründet sein Nicht-Handeln mit dem Argument, dass Hanna die Bloßstellung ihrer Schwäche durch ihn auch nicht gewollt hätte. Der Prozess endet damit, dass Hanna Schmitz in Folge ihres Geständnisses zu lebenslanger Haft verurteilt wird, die anderen Aufseherinnen kommen mit je vier Jahren und drei Monaten davon.

Im Jahr 1976, Michael Bergs Ehe ist gerade zerbrochen, nimmt er den Kontakt zur inhaftierten Hanna wieder auf, indem er ihr Tonbandkassetten schickt, auf denen er für sie erneut aus Werken der Weltliteratur vorliest. Im Gefängnis bringt Hanna sich selbst das Lesen und Schreiben bei und ein spröder Briefwechsel entwickelt sich zwischen Hanna und Michael.

1988 bittet die Gefängnisleitung Michael Berg darum, sich der kurz vor der Entlassung stehenden Hanna anzunehmen, da diese nach 20 Jahren Haft weder Verwandtschaft noch Bekanntschaft hat. Berg zweifelt zunächst, lässt sich aber dann doch darauf ein.

Schließlich besucht er die stark gealterte Hanna Schmitz kurz vor ihrer Entlassung im Gefängnis. Doch ein echter Kontakt kommt nicht mehr zustande. Michael teilt Hanna mit, dass er ihr eine Arbeit und eine Wohnung besorgt hat und sie in einer Woche abholen werde.

Am Tag ihrer Entlassung begeht Hanna Schmitz Selbstmord. In ihrem Testament hat sie Michael beauftragt, ihr erspartes Geld aus einer blechernen Teedose sowie 7.000 DM von ihrem Konto einer der zwei Überlebenden jenes Kirchenbrandes zu übergeben, wegen dem Hanna vor Gericht gestanden hatte.

Diese Frau, Ilana Mather, lebt jetzt in New York. Einen Aufenthalt dort nutzt Michael zu einem Besuch. Ilana Mather zeigt sich reserviert und lehnt Michaels Versuche, Verständnis für Hanna Schmitz zu wecken, weitestgehend ab. Auf seine Information, dass Hanna Schmitz Analphabetin war, geht sie kaum ein. Hanna Schmitz’ Geld will sie nicht, da das in ihren Augen einer Absolution gleich käme. Michael schlägt daraufhin vor, das Geld einer jüdischen Organisation zu spenden, die sich für Alphabetisierung einsetzt, womit Ilana Mather einverstanden ist. Für sich selbst will sie nur Hannas alte Teedose, da Ilana Mather als Kind eine ähnliche Dose hatte.

Produktion

Kate Winslet, die Darstellerin der Hanna Schmitz, auf dem Palm Springs International Film Festival im Januar 2007.

Der Vorleser wurde auf deutscher Seite von der Studio-Babelsberg-Tochtergesellschaft Neunte Babelsberg Film GmbH und in den USA von The Weinstein Company und Mirage Enterprises mit einem Budget von 32 Mio. US-Dollar produziert.[4] Der Film wurde mit 500.000 Euro von der Filmförderungsanstalt bezuschusst.[5]

Vorbereitungen

Nachdem im Sommer 1997 die englische Übersetzung von Bernhard Schlinks Romanvorlage erschienen war, erwarb Miramax im April 1998 vom Diogenes Verlag die Rechte für die Verfilmung.[6] Als Drehbuchautor und Regisseur war Anthony Minghella vorgesehen[7], der das Projekt in seiner gemeinsam mit Sydney Pollack betriebenen Produktionsfirma Mirage entwickeln wollte. Nachdem David Hare das Buch gelesen hatte, bat er die beiden Produzenten, ihn das Drehbuch schreiben zu lassen. Das Projekt blieb danach zehn Jahre trotz der Bemühungen Hares liegen, bis sich Stephen Daldry im Herbst 2006 als Regisseur für die Verfilmung interessierte. Da Hare und Daldry schon bei dem Film The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit zusammengearbeitet hatten, willigte Minghella im Herbst 2006 schließlich ein, das Projekt an die beiden abzugeben.[8][9]

Für die Rolle der Hanna Schmitz war ursprünglich Kate Winslet vorgesehen, die jedoch zuerst ablehnte, weil sie mit Leonardo DiCaprio unter der Regie ihres Ehemannes Sam Mendes den Film Zeiten des Aufruhrs drehte und es in diesem Fall zu Terminschwierigkeiten gekommen wäre.[10] Danach entschied man sich für die Australierin Cate Blanchett, die aber im Jahr 2007 schwanger wurde und absagte.[11] Als nächstes sollte Nicole Kidman die weibliche Hauptrolle übernehmen, die jedoch am 8. Januar 2008 bekannt gab, dass sie ebenfalls ein Kind erwarte.[12] Da dies schon vorher bekannt war, führte der Produzent des Films, Harvey Weinstein, Gespräche mit Naomi Watts und Marion Cotillard und beabsichtigte, Cotillard die Rolle zu geben. Weil Daldry auf Kate Winslet beharrte, wurde sie doch noch genommen.[13] Bernhard Schlink sagte über die endgültige Besetzung: „Kate Winslet passt wunderbar.“[11]

Dreharbeiten

David Kross, der Darsteller des jungen Michael Berg, im Februar 2009 in Berlin.

Die Dreharbeiten begannen am 19. September 2007 in den deutschen Städten Berlin und Görlitz und wurden am 14. Juli 2008 in Köln abgeschlossen. An den Produktionskosten beteiligten sich diverse deutsche Filmförderungen mit insgesamt fast 4 Millionen Euro.

Während der Drehpause nach dem Ausstieg von Nicole Kidman musste Kameramann Roger Deakins die Produktion verlassen, da er vertraglich verpflichtet war, den Film Glaubensfrage zu drehen. Deakins wurde von Oscarpreisträger Chris Menges ersetzt.

Das musikalische Konzept des Filmes stammt aus der Feder des slowenischen Komponisten Ozren K. Glaser, doch die weitere Kompositionsarbeit wurde von Alberto Iglesias und Nico Muhly übernommen.

Bernhard Schlink, der Autor der Buchvorlage, hat einen Kurzauftritt in einer Biergartenszene.

Zwei Produzenten des Films, Minghella und Pollack, verstarben 2008 während der Dreharbeiten. Weil Harvey Weinstein als Vertriebspartner während der Postproduktion des Films auf eine schnellere Fertigstellung drängte, um eine Premiere im November 2008 zu ermöglichen[14] und damit den Film in das Rennen um die Golden Globes und Oscars schicken zu können, verließ Produzent Scott Rudin die Produktion und verzichtete auf Namensnennung im Abspann.

Kritik und Kontroverse

Im Vorfeld der Oscarverleihung meldete sich in den USA der jüdische Journalist Ron Rosenbaum zu Wort. Dieser bezeichnete den Vorleser als the worst Holocaust film ever made (dt.: den schlechtesten Film über den Holocaust, der je produziert wurde.) Des Weiteren vertritt er die Meinung: This is a film whose essential metaphorical thrust is to exculpate Nazi-era Germans from knowing complicity in the Final Solution (dt.: Die essenzielle Botschaft, die dieser Film vertritt, ist jene, den Deutschen der Nazizeit eine Absolution zu erteilen, je etwas von der Endlösung gewusst zu haben.) Über Kate Winslets Charakter und Darstellung meint Rosenbaum vernichtend: Illiteracy is something more to be ashamed of than participating in mass murder. (dt.: Analphabetismus ist beschämender, als an Massenmord beteiligt zu sein.)[15] Eine ähnliche Haltung vertritt auch Mark Weitzman, Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums in New York City: Essentially, it takes a woman who serves in, is responsible for, is complicit in, you pick the words, in the deaths of at least 300 Jews – and her big secret shame is that she's illiterate. (dt.: Es geht um eine Frau, die verantwortlich ist für den Tod von 300 Juden – und ihre größte Scham ist es, Analphabetin zu sein.)[16]

Daniel Sander schreibt auf Spiegel Online, dass der Film der Romanvorlage rigide folge und insofern eine „brave Nacherzählung“ sei. Die Gedankenwelten der Protagonisten deute der Film mit langen Kameraeinstellungen auf ihre Gesichter an.[17]

Auszeichnungen

Des Weiteren erhielt der Film Golden Globe Nominierungen in den Kategorien Bester Film/Drama, Beste Regie, Bestes Drehbuch.

Vier weitere Oscar Nominierungen folgten in den Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bestes adaptiertes Drehbuch, Beste Kamera.

Einzelnachweise

  1. Freigabekarte der FSK
  2. Presseheft zum Film, S. 10
  3. Offizielle Seite
  4. Der Vorleser. filmmag.de; abgerufen am 22. März 2009
  5. Ed Meza: “Reader” receives German funds. In: variety.com am 26. Oktober 2007; abgerufen am 22. März 2009
  6. Monica Roman: Miramax books “Reader”. In: variety.com am 8. Januar 2008; abgerufen am 22. März 2009
  7. Hanns-Georg Rodek: Als ob man ein fremdes Kind adoptiert. In: Welt Online vom 8. November 1999; abgerufen am 22. März 2009
  8. David Hare: Truth and reconciliation. In: The Guardian vom 13. Dezember 2008; abgerufen am 22. März 2009
  9. Presseheft zum Film, S. 9
  10. Michael Fleming/Ed Meza: Winslet replaces Kidman in “Reader”. In: Variety vom 8. Januar 2008; abgerufen am 22. März 2009
  11. a b A. Popovic/F. von Mutius: Kate Winslet ersetzt schwangere Nicole Kidman. In: Berliner Morgenpost vom 8. Januar 2008; abgerufen am 22. März 2009
  12. „Der Vorleser“ abgesagt – Nicole Kidman schwanger. In: ntv.de am 8. Januar 2008; abgerufen am 22. März 2009
  13. viviano.de: „Der Vorleser“: Kate Winslet war nur vierte Wahl. Abgerufen am 22. März 2009
  14. http://www.variety.com/article/VR1117997266.html?categoryid=2508&cs=1
  15. KATE WINSLET - THE READER IS 'WORST HOLOCAUST FILM EVER MADE'
  16. Oscars 2009: Kate Winslet's Holocaust movie The Reader faces renewed Jewish criticism
  17. Schuld und Sünde von Daniel Sander auf Spiegel Online
  18. goldenglobes.org: Best Performance by an Actress In A Supporting Role in a Motion Picture 2008 - Kate Winslet, abgerufen am 7. März 2009
  19. Studio Babelsberg informiert: OSCAR für Kate Winslet in Studio Babelsberg-Produktion DER VORLESER

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