Theano von Kroton

Theano von Kroton

Theano wird in antiken Quellen als Pythagoreerin und meist als Frau des Philosophen Pythagoras von Samos bezeichnet. Demnach lebte sie im späten 6. und vielleicht noch im frühen 5. Jahrhundert. Allerdings ist ihre Existenz zweifelhaft.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Angaben über ihre Herkunft sind widersprüchlich; sie stammen aus Quellen der römischen Kaiserzeit. Einer der Überlieferungen zufolge war sie Kreterin, nach einer anderen stammte sie aus Kroton (heute Crotone in Kalabrien, Süditalien), nach einer weiteren aus Metapont in der Basilicata. Ihr Vater soll ein Pythagoreer namens Brontinos oder Brotinos gewesen sein; nach einer abweichenden Angabe war er ihr Ehemann. Die weitaus meisten Quellen bezeichnen sie als Frau des Pythagoras, der sich um 530 in Süditalien niederließ und zunächst in Kroton, später in Metapont lebte. Sie soll Kinder gehabt haben, für die unterschiedliche Namen überliefert sind; ein Sohn soll Telauges geheißen haben, eine Tochter Myia; auch von einer Tochter namens Damo ist in späten Quellen die Rede.

Rezeption

Für die Nachwelt wurde Theano eine legendenhafte Gestalt, eine Verkörperung weiblicher Weisheit und Tugend. Zu diesem Ruf trugen vor allem die ihr zugeschriebenen pseudepigraphen (unechten) Briefe bei, die in der römischen Kaiserzeit verbreitet waren. Sieben davon sind erhalten geblieben; von diesen sind fünf an Frauen gerichtet.[1] Sie handeln von den Aufgaben einer Ehefrau und Mutter, von einer angemessenen Reaktion auf einen vom Ehemann begangenen Ehebruch, von Erziehungsfragen (wobei vor Verwöhnung der Kinder gewarnt wird) und vom Umgang mit dem Gesinde. An der Unechtheit aller Briefe besteht kein Zweifel.[2] Außer den Briefen wurden Theano auch Schriften über philosophische Themen vor allem aus dem Bereich der Tugendlehre zugeschrieben, von denen außer ihren Titeln wenig bekannt ist, sowie eine Spruchsammlung;[3] überliefert sind einzelne angebliche Sprüche Theanos sowie die nur in syrischer Übersetzung erhaltene Spruchsammlung Rat der Theano, deren griechische Originalfassung wohl aus der römischen Kaiserzeit stammte.

Die erste Edition der Briefe erschien 1499 bei Aldus Manutius in Venedig; es folgten weitere Ausgaben sowie Übersetzungen. Christoph Martin Wieland, der eine deutsche Übersetzung anfertigte, äußerte sich enthusiastisch über die angeblichen Briefe der Pythagoreerinnen und besonders über die Weisheit Theanos. Er hielt nur drei der ihr zugeschriebenen Briefe für echt.[4]

Ausgabe

  • Alfons Städele: Die Briefe des Pythagoras und der Pythagoreer, Meisenheim am Glan 1980 (Edition mit Übersetzung). ISBN 3-445-02128-7

Literatur

  • Kurt von Fritz: Theano, in: Pauly-Wissowa RE Bd. 5 A/2, Stuttgart 1934, Sp. 1379-1381
  • Ute Possekel: Der 'Rat der Theano'. Eine pythagoreische Spruchsammlung in syrischer Übersetzung, in: Le Muséon 111 (1998) S. 7-36

Anmerkungen

  1. Herausgegeben und übersetzt von Städele S. 166-185 (mit Kommentar S. 251-353).
  2. Die Darstellungen von Daniela Nisticò: Thèano: una pitagorica attuale, Soveria Mannelli 2003, und Mary Ellen Waithe (Hg.): A History of Women Philosophers, Bd. 1, Dordrecht 1987, S. 12-15, 41ff. sind ohne Beachtung des Forschungsstands geschrieben.
  3. Holger Thesleff: An Introduction to the Pythagorean Writings of the Hellenistic Period, Åbo1961, S. 22f.
  4. Städele S. 27f., 137-147.

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