Theocritus

Theocritus

Theokritos (um 270 v. Chr.) war als griechischer Dichter Schöpfer und Hauptvertreter der bukolischen Poesie der Griechen. Er wurde in Syrakus oder Kós geboren und lebte in Alexandria, Kos und Syrakus.

Unter seinem Namen sind außer einer Anzahl von Epigrammen 32 größere Gedichte überliefert, sogenannte Idylle (Eidyllia). Sie haben meist eine dramatische Form und sind teils künstlerische Nachahmungen des Wechselgesangs der sizilischen Hirten, teils stellen sie Szenen des Alltagslebens dar, während andere mythologische Erzählungen enthalten, noch andere rein lyrischer Natur sind. Bei der Schöpfung der ersteren stand Theokrit vor allem unter Einfluss des Mimus. Mimen sind kleine Possenspiele bzw. deren literarische Umsetzung, in welchen das Alltagsleben parodiert wird. Hauptvertreter dieser Gattung war Sophron (5. Jh. v. Chr.), der ebenfalls aus Syrakus stammte.

Überhaupt muss man sagen, dass die dichterische Umsetzung bei Theokrit in einer distanzierten, teils destruktiven Imitation klassischer Genres besteht, deren Funktionalität aufgrund der soziopolitischen Umgebung nicht mehr zeitgemäß sein konnte (die autarke Polis des 8.-5. Jhdts. v. Chr. gegenüber den hegemonialen monarchischen Flächenstaaten des 3. Jhdts. v. Chr.). Daher ist ganz im Gegenteil zur oft „idyllisierenden“ Hirtendichtung späterer Prägung in den thematisch verwandten Kurzgedichten Theokrits vor allem das, oft charmante, manchmal böse, Amusement des exzellent gebildeten Stadtbürgers über die ungeschickt-kunstlosen Unterhaltungen der Landbevölkerung zu konstatieren.

Etwa ein Drittel der im Corpus Theocriteum überlieferten sog. Eidyllia gilt heute als erwiesenermaßen unecht. Schon in der Antike standen die Werke Theokrits wegen seiner anspruchsvollen Reflexion älterer Dichtung sowie seiner minutiös ausgearbeiteten, gleichwohl lebendigen Darstellung in hohem Ansehen und waren Muster und Beispiel für spätere Dichter, zum einen (in der poetischen Auffassung) der Neoteriker, zum anderen (thematisch auf das Landleben bezogen) von Vergils Eklogen und dessen Epigonen Calpurnius Siculus. Auch hinsichtlich der Form und Sprache unterscheiden sich die Gedichte. Während diejenigen, in welchen hauptsächlich heroisch-epische Themen behandelt werden, auch die entsprechenden Formen annehmen und die Sprache ebenfalls hauptsächlich episch ist, herrscht in den mimetischen Gedichten eine dorische Kunstsprache vor. Der im Hellenismus allgemein bevorzugte Hexameter ist das Versmaß der Eidyllia 1-27.

Die Titel der einzelnen Gedichte sind:

I Thyrsis (Θύρσις) oder: Gesang (Ωδή Ode)
II Die Hexen (Φαρμακεύτριαι Pharmakeutriai)
III Amaryllis (Κῶμος Komos)
IV Die Hirten (Νομείς Nomeis)
V Geißhirt und Schafhirt (Αιπολικόν και Ποιμενικόν Aipolikon kai Poimenikon)
VI Die Rinderhirten (Βουκολιασταί Bukoliastai)
VII Das Erntefest (Θαλύσια Thalysia)
VIII Daphnis, Menalkas und Aipolos (Βουκολιασταί (Δάφνις, Μενάλκας και Αιπόλος)) [unecht]
IX Daphnis und Menalkas (Βουκολιασταί (Δάφνις και Μενάλκας)) [unecht]
X Die Schnitter (θερισταί Theristai) oder: Die (Feld)Arbeiter (Εργατίναι Ergatinai) (Μίλων και Βουκαίος)}})
XI Der Kyklop (Κύκλωψ Kyklops)
XII Der Liebling (Αΐτης Aites)
XIII Hylas (Ὕλας)
XIV Verlangen nach Kyniska (Κυνίσκας Έρως Kyniskas Eros) oder: Aischines und Thyonichos (Αισχίνης και Θυώνιχος Aischines kai Thyonichos)
XV Die Syrakusanerinnen (Συρακούσιαι Syrakusiai) oder: Die Adoniazusen (Αδωνιάζουσαι Adoniazusai)
XVI Die Chariten (Χάριτες Charites) oder: Hieron (Ἱέρων Hieron)
XVII Lobgedicht auf Ptolemaios (Ἐγκώμιον εἰς Πτολεμαῖον Enkomion eis Ptolemaion)
XVIII Brautlied der Helena (Ἑλένης Ἐπιθαλάμιος Helenes Epithalamios)
XIX Der Honigdieb (Κηριοκλέπτης Keriokleptes)
XX Der Rinderhirt (Βουκολίσκος Bukoliskos)
XXI Die Fischer (Αλιείς Alieis)
XXII Die Dioskuren (Δίοσκουροι Dioskuroi)
XXIII Der Verliebte (Εραστής Erastes) oder: Der verzweifelt Liebende (Δύσερως Dyseros)
XXIV Der kleine Herakles (Ηρακλίσκος Herakliskos)
XXV Herakles der Löwentöter (Ηρακλής Λεοντοφόνος Herakles Leontophonos)
XXVI Lenai (Λῆναι) oder: Die Bacchantinnen (Βάκχαι)
XXVII Liebesgeflüster (Οαριστύς Oaristys)
XXVIII Die Spinnrocken (Ηλακάτη Elakate)
XXIX Liebeslied an einen Knaben (Παιδικά Paidika)
XXX Auf den toten Adonis (Εις Νεκρόν Άδωνιν Eis Nekron Adonin)

Deutsche Übersetzungen gibt es von Johann Heinrich Voß (2. Aufl., Tübingen 1815), Friedrich Rückert (Leipzig 1867), Eduard Mörike (2. Aufl., Berlin 1882) und Prof. Harry C. Schnur (Reutlingen, 1975)

Ausgaben

  • Theokrit: Gedichte (Griech. /Dt.), 1999, ISBN 3-7608-1714-9
  • Maßgebliche Ausgabe von A.S.F. Gow, Bucolici Graeci, Oxford 1952
  • Theokrit: übersetzt und kommentiert von Harry C. Schnur, Reutlingen, 1975, ISBN 978-3-87421-054-6

Literatur

  • Thomas Reinhardt: Die Darstellung der Bereiche Stadt und Land bei Theokrit, 1988, ISBN 3-7749-2306-X
  • Rumpel: Lexicon Theocriteum, Leipzig 1879
  • B. Effe (Hg.), Theokrit und die griechische Bukolik. Darmstadt 1986

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