Bankhaus Bethmann

Bankhaus Bethmann

Das Bankhaus Bethmann war eine Privatbank mit Sitz in Frankfurt am Main. Als Teil der Bank Delbrück Bethmann Maffei, ist sie heute eine Tochtergesellschaft der niederländischen Bank ABN AMRO.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Bankhaus Bethmann wurde im Jahre 1748] von der Kaufmanns- und Bankiersfamilie Bethmann gegründet. Als Gründungsdatum des Bankhauses wurde die Aufnahme des jüngeren Bruders Simon Moritz Bethmann (1721–1782) als Teilhaber in das Geschäft des älteren Bruders Johann Philipp Bethmann (1715–1793) angesetzt. Dieser hatte bereits 1745 die Geschäfte seines Onkels Jacob Adamy übernommen. Die Firma wurde in "Gebrüder Bethmann" umbenannt und konzentrierte sich anfangs noch auf den Handel mit Kolonialwaren, Textilien und Farben.

Auch wenn Bethmann bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts am Warenhandel festhielt, so wandelte es sich schon bald nach seiner Gründung zu einem der führenden deutschen Bankhäuser. Verantwortlich dafür war insbesondere das Geschäft mit Anleihen, in welches das Bankhaus 1754 einstieg. Bis 1778 vermittelte Bethmann Anleihen im Gesamtbetrag von 1,9 Mill. Gulden an fürstliche Kunden aus Süd- und Zentraldeutschland.

Eine von Bethmann aus den Niederlanden übernommene Finanzinnovation brachte dann 1778 den entscheidenden Durchbruch. Für das österreichische Kaiserhaus gab die Bank erstmals im Deutschen Reich eine “Partialobligation" heraus. Sie hatte einen Gesamtwert von 200.000 Gulden und war in Einzelschuldverschreibungen von jeweils 1000 Gulden zerlegt. Bis 1793 konnte Bethmann weitere österreichische Anleihen von insgesamt 17,2 Mill. Gulden verkaufen. Für andere Fürstenhäuser und Reichsstädte kamen in diesem Zeitraum nochmals Anleihen des neuen Typus von 20,5 Mill. Gulden hinzu. Mit diesem großen kommerziellen Erfolg legte Bethmann den Grundstein für den modernen Rentenmarkt in Deutschland. Waren zuvor Anleihen bei einem oder einigen wenigen sehr wohlhabenden Geldanlegern platziert worden, die diese bis zur Rückzahlung hielten, so war die neue Partialobligation in kleine, frei handelbare Stücke unterteilt. Damit wurde nicht nur der Kreis potentieller Investoren deutlich vergrößert, sondern diesen auch die Möglichkeit gegeben, noch vor Ende der Laufzeit ihr Investment zu Geld zu machen bzw. dieses auszuweiten. Zwischen 1778 und 1818 emittierte das Geldhaus auf diese Weise gut 80 Anleihen.

Erst Mitte der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts verlor Bethmann langsam seine dominante Stellung im europäischen Anleihehandel zugunsten eines anderen Frankfurter Bankhauses, den Rothschilds. Während Letztere die Finanzierung europäischer Staaten zu beherrschen begannen, konzentrierte sich Bethmann nun zunehmend auf Industrieanleihen. So war die Bank im Verlauf des 19. Jahrhunderts maßgeblich an der Finanzierung des Eisenbahnbaus beteiligt. 1836 finanzierte Bethmann gemeinsam mit dem Bankhaus Rothschild die Taunus-Eisenbahn AG und 1844 initiierte es die Frankfurt-Hanauer Eisenbahn und die kurhessische Friedrich-Wilhelms-Nordbahn. In den 1850er Jahren beteiligte sich das Bankhaus Bethmann u.a. an der italienischen Zentraleisenbahn, der österreichischen Staatsbahn und der Rhein-Nahe-Eisenbahn-Gesellschaft.

Aber auch bei der Finanzierung der Dampfschifffahrt auf den Flüssen Rhein und Main und bei der Gründung der ersten Frankfurter Aktienbank war man maßgeblich beteiligt. Gemeinsam mit den führenden Frankfurter Bankhäusern Grunelius & Co., Rothschild sowie der Frankfurter Vereinskasse, erhielt Bethmann am 11. April 1854 vom Bürgermeister und dem Rat der Stadt Frankfurt die Konzession zur Gründung der Frankfurter Bank. Das neue Institut sollte als Zentralbank der Frankfurter Privatbankhäuser fungieren und stieg bald zu einer der führenden Banken Süddeutschlands auf. Auch der Eiffelturm in Paris wurde 1889 teilweise mit Finanzmitteln des Bankhauses Bethmann errichtet [1].

Im Bereich der Vermögensverwaltung erweiterte Bethmann seinen Wirkungskreis rasch über die Grenzen der Stadt Frankfurt hinaus aus. Historische Persönlichkeiten vertrauten dem Bankhaus ihr privates Vermögen an. Dazu zählten nebst Kaiserin Maria Theresia und Zar Alexander I auch Papst Pius VI. Johann Wolfgang von Goethe ließ sich 1786 seine Italienreise durch das Bankhaus Bethmann finanzieren. Napoleons Besuch im Hause Bethmann 1813 unterstrich nochmals deren wirtschaftliche und soziale Stellung im damaligen Europa. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein konnte die Bethmann Bank ihre in Deutschland führende Stellung in Vermögensfragen und in komplexen Industriefinanzierungen beibehalten.

Nach dem ersten Weltkrieg entwickelte sich das Bankhaus Bethmann erfolgreich von einer Spezialbank für Wertpapieremissionen und Vermögensverwaltung zu einer allgemeinen Geschäftsbank. 1964 wurden die ersten Zweigstellen eröffnet.

Ein Bruch in der Tradition des familieneigenen Bankhauses ereignete sich erst 1976, als die Bayerische Vereinsbank zunächst 50% der Bethmann-Bank und 1983 dann auch die restlichen Anteile übernahm. Das Bankhaus Bethmann wurde zu einer Tochtergesellschaft für die Vermögensverwaltung im Privatkundengeschäft. 2003 führte die mittlerweile selbst zur HypoVereinsbank fusionierte Muttergesellschaft das Haus mit der Münchner Maffei-Bank zusammen und verkaufte die Privatbank im Januar 2004 für 110 Mio. Euro [2] an die niederländische ABN AMRO. Diese führte daraufhin "Bethmann-Maffei" mit der bereits 2002 erworbenen Kölner Privatbank Delbrück & Co zum Bankhaus Delbrück Bethmann Maffei AG mit Sitz in Frankfurt am Main zusammen.

Literatur

  • Achterberg Erich, Der Bankplatz Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1955
  • Banken-Porträt Bethmann Bank. In: Baehring, Bernd / et al.: Finanzzentrum Frankfurt, S. 74-79. Düsseldorf, Wien, New York: Econ 1987.
  • Helbing, Claus: Die Bethmanns. Aus der Geschichte eines alten Handelshauses zu Frankfurt am Main. Gericke Verlag, Wiesbaden 1948.
  • Heyn, Udo: Private Banking and Industrialization. The Case of Frankfurt am Main, 1825–1875. New York: Arno Press, 1981.
  • Wanner, Claudia: Die Bank die Goethes Reisen finanzierte, im Handelsblatt vom 27. Januar 2005.

Einzelnachweise

  1. Rüdiger von Wedel, "Delbrück Bethmann Maffei - Ein Modell für zeitgemäßes Private Banking", S. 172, in Albrecht F. Schirmacher (Hrsg.), "Anlagestrategie der Kapitalmarkt-Elite“, Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden 2006, ISBN 3-8349-0397-3
  2. Annual Report 2006, S.166

Weblinks


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