Thermopane

Thermopane

Mehrscheiben-Isolierglas (MIG), fälschlich und umgangssprachlich verwendeter Ausdruck für die Fachbezeichnung Wärmedämmverglasung (siehe Wärmedämmung)[1]. Diese Art der Verglasung ist ein aus mehreren (meistens zwei, in einigen Fällen auch drei) planparallel liegenden Flachglas-Scheiben zusammengesetztes Glaselement. In den letzten Jahrzehnten verdrängte diese Technik die historische Einscheiben-Verglasung in den Industrieländern der gemäßigten und kalten Klimazonen. Der Vorteil liegt insbesondere im größeren Wärmeschutz. Mehrscheiben-Isolierglas bildet daher heute die gängige Art und Weise der Verglasung, beispielsweise bei den Fenstern von Gebäuden. In den ersten Jahrzehnten der Verbreitung (1950er - 1970er-Jahre) hatte der US-Hersteller Thermopane im deutschen Sprachraum einen vergleichsweise großen Marktanteil.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Zwischen den einzelnen Scheiben befindet sich in der Regel Argon- oder Kryptongas (früher: getrocknete Luft). Dadurch ist die Wärmeleitfähigkeit senkrecht zu den Glasflächen herabgesetzt, und der Wärmedämmungseffekt sehr hoch. Aus Gründen der Schalldämmung wurden Fenster mit Schwefelhexafluorid (SF6) befüllt. Betroffen sind vor allem Fenster mit einem Schalldämmmaß von über 40-42 dB. Vor allem in Industrie- und Gewerbebetrieben fanden diese Fenster breite Verwendung. Das Treibhauspotenzial von Schwefelhexafluorid beträgt 22.800 CO2-Äquivalente[2]. Das ist zehnmal so viel wie bei gängigen H-FCKWs. Bei heutigen Schallschutzgläsern wird in der Regel Argon verwendet; die dadurch schlechtere Schalldämmung wird durch höhere Glasstärken ausgeglichen.

Die Glasscheiben werden an ihrem äußeren Rand durch Abstandhalter, die aus Aluminium, Edelstahl oder Kunststoff gefertigt sind, voneinander getrennt. Die Abstandhalter, meist 10-20 mm dick, erhalten auf ihren Schenkeln einen thermoplastischen Dichtstoff (Isobutylen), der sich durch Verpressen fest mit den Glasoberflächen verbindet. Seit 1996 gibt es ein Produktionsverfahren, bei dem der Abstandhalter komplett aus einem thermoplastischen Kunststoff besteht (engl. ThermoPlastic Spacer TPS) und direkt auf das Glas aufgetragen wird. Wird ein solcher Randverbund thermisch isolierend ausgeführt, nennt man ihn auch Warme Kante. Anfangs war der äußere Rand starr und man konnte das Glas wirtschaftlich nur in einem Industriebetrieb fertigen. 1959 brachte Alfred Arnold bei Stuttgart ein neues Fertigungsverfahren auf den Markt, bei dem der starre Rand durch einen geklebten elastischen Rand ersetzte. Das erlaubte nun auch kleinen Werkstätten, maßgeschneiderte Mehrscheiben-Isolierglas wirtschaftlich herzustellen. Nach der Befüllung mit Luft oder Edelgas in den Scheibenzwischenraum wird die Randfuge, die durch den Abstandhalter und die beiden Glaskanten gebildet wird, mit einem Dichtstoff aus Polyurethan oder speziellen Polysulfiden abgedichtet. Das Isolierglas ist danach hermetisch abgedichtet und besitzt im Scheiben-Zwischenraum die Luftmenge, die sich durch den Luftdruck am Tag der Produktion ergab.

In die Hohlräume der Abstandhalterprofile muss zur Trocknung der im Scheibenzwischenraum eingeschlossenen Luft ein Trocknungsmittel gefüllt werden. Dies besteht aus Stoffen, die in die Materialfamilie der Silicagele oder Molekularsiebe (Zeolithe) fallen. Sie können Wasser aufnehmen und physikalisch binden. Das verhindert die Bildung von Wasserdampf im Scheibenzwischenraum und ein störendes Beschlagen der Scheibe durch Kondensation von Wasserdampf, wenn die Taupunkttemperatur, etwa im Winter, unterschritten wird. Moderne Varianten der Abstandhalter beinhalten das Trocknungsmittel jedoch schon, so dass ein nachträgliches Befüllen nicht mehr erforderlich ist.

Metalldampfbeschichtungen moderner Gläser halten im Sommer langwelliges Infrarotlicht ab, lassen aber kurzwelliges sichtbares Licht durch. Das verhindert im Sommer ein nicht gewolltes Aufheizen und bringt im Winter einen zusätzlichen Wärmegewinn. Diese Metallbeschichtung reflektiert und dämpft zugleich als Nebeneffekt auch noch langwelligere Funkwellen. Im Frequenzbereich von modernen Mobilfunktelefonen wird somit eine Dämpfung von bis zu 30 dB erreicht. Das entspricht einer Abschirmung von bis zu 99,9 %. Die Metallbedampfung wird auch für den Spiegeleffekte der Glasfront verwendet und dient somit auch der architektonischen Gestaltung.

Viele Hochhäuser (etwa in Manhattan New-York, USA) mit ihren gewaltigen Glasflächen haben meist aus Gewichts- und Kostengründen nur das veraltete Einfachglas. Diese Gebäude müssen daher im Sommer extrem gekühlt und im Winter stark geheizt werden. Das steigert die Unterhaltskosten pro Quadratmeter auf das Vielfache eines modernen Einfamilienhauses.

Varianten

U-Werte von Mehrscheiben-Isolierglas

Schon seit Jahren gibt es außer dem herkömmlichen Isolierglas auch spezielle Versionen, etwa Wärmeschutz-, Schallschutz-, Sonnenschutz- oder Sicherheitsisolierglas. Der technische Unterschied zwischen diesen und den herkömmlichen Isoliergläsern besteht vor allem im jeweiligen Aufbau: durch speziell beschichtete Gläser und unterschiedliche Gasfüllungen lassen sich wesentliche Vorteile, beispielsweise hinsichtlich des Schallschutzes, erzielen. In diesem Zusammenhang konnte insbesondere der Wärmedurchgangskoeffizient moderner Mehrscheiben-Isolierverglasungen gegenüber den älteren Konstruktionen signifikant gesenkt werden. Allerdings spielt bei der bauphysikalischen Gesamtbetrachtung eines Bauteils (Fenster, Türen) auch die Rahmenkonstruktion eine Rolle. Durch guten Wärmeschutz wird einerseits der Energieverlust eines Hauses im Winter reduziert und gleichzeitig der Komfort für die Bewohner erhöht. Ab einem U-Wert von etwa 2 W/m²K oder weniger wird der Aufenthalt in der Nähe der Fenster auch bei kalter Witterung als angenehm empfunden. Die nebenstehende Abbildung zeigt die Entwicklung der U-Werte von marktgängigem Mehrscheiben-Isolierglas in den letzten 50 Jahren.

Zukunftsaussichten

Im Zuge der Klimadiskussion wird nicht nur in Deutschland die Forderung nach besserer Wärmedämmung lauter. Daher ist abzusehen, dass die U-Werte auch bei Mehrfach-Isoliergläsern in Zukunft weiter sinken müssen. Herkömmliche Isoliergläser bestehen standardmäßig aus zwei Scheiben, die durch einen luft- oder gasgefüllten Scheibenzwischenraum getrennt sind. Sie erreichen einen U-Wert bis 1,0 W/m²K, der bereits an der Grenze des Machbaren liegt. Geringere Werte lassen sich im Zwei-Scheiben-Aufbau nur mit großem Aufwand erreichen und sind so für die Massenproduktion nicht geeignet. Daher werden schon in naher Zukunft Dreifach-Isolierverglasungen den Standard darstellen. Von den drei Scheiben dieses so genannten Klimaschutzglases weisen zwei eine Oberflächenbeschichtung mit Sonnenschutz- bzw. Wärmedämmfunktion auf. Getrennt werden die drei Gläser durch zwei gasgefüllte Scheibenzwischenräume, die mit besonderen, thermisch isolierenden Abstandhaltern, auch Warme Kante genannt, ausgeführt sind. Die für die Wärmedämmeigenschaften bestimmenden Aspekte, Beschichtung und gasgefüllter Scheibenzwischenraum, sind beim Klimaschutzglas somit doppelt vorhanden. Durch diesen aufwändigen Isolierglasaufbau wird der Wärmeverlust im Vergleich zu herkömmlichen Zweifach-Isolierverglasungen um bis zu 50 Prozent reduziert. Klimaschutzglas weist je nach Ausführung einen U-Wert zwischen 0,7 W/m²K und 0,5 W/m²K auf.

Gütesicherung

Die Gütesicherung der RAL-Gütegemeinschaft Mehrscheiben-Isolierglas e.V. (GMI) stellt zusätzliche, über die Produktnorm DIN EN 1279 hinausgehende Anforderungen an das Mehrscheiben-Isolierglas sowie an die Güte und Eigenschaften der Vorprodukte. Dies dient zur Sicherstellung der Gebrauchstauglichkeit und der Langlebigkeit des Mehrscheiben-Isolierglases. Darüber hinaus gewährleisten eng gefasste Toleranzen der strahlungsphysikalischen Eigenschaften, des Emissionsvermögens und des Gasfüllgrads verlässliche Funktionswerte, die durch eine unabhängige Überwachungsstelle regelmäßig überprüft werden. Die geltenden Güte- und Prüfbestimmungen zur Erlangung des RAL-Gütezeichens Mehrscheiben-Isolierglas (RAL-GZ 520) wurden durch das RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung im Juni 2008 veröffentlicht.

Weblinks

Anmerkungen und Quellen

  1. Bei der Festlegung der Bezeichnung, insbesondere der Abkürzungen für die Glas-Elementstärken (IV...) nach DIN, war man sich der falschen Bezeichnung „Isolierglas“ bewusst: nur der Elektriker „isoliert“. Angesichts der bereits erfolgten und unkritisch verwendeten Bezeichnung in der Praxis durch die Industrie auf Verpackungen, Produkten, in Produktkatalogen und der darauf ebenso bedenkenlos erfolgten Übernahme dieses Begriffes in Fachbüchern sahen sich die definierenden Fachstellen aufgrund des faktischen Bekanntheitsgrades und Gebrauches dieses Begriffes zu seiner Übernahme in normierenden Werken gezwungen.
  2. Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Solomon, S., D. Qin, M. Manning, Z. Chen, M. Marquis, K.B. Averyt, M.Tignor and H.L. Miller (eds.)], Chapter 2, Table 2.14. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA. (PDF)

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