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Theurgie (griech. theourgia [θεουργία]) ist die Bezeichnung für eine in der Antike entwickelte Technik, die es ermöglichen sollte, das göttliche Wirken zu erkennen sowie mit göttlichen Wesen in Verbindung zu treten und diese auch für die eigenen Zwecke einzusetzen (etwa: „göttliches Werk zu tun“).
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Ursprünglich wohl im 2. Jahrhundert n. Chr. vom Philosophen Julianus erdacht, der zur Zeit Mark Aurels lebte (siehe auch Chaldäische Orakel),[1] wurde die Theurgie von den spätantiken Neuplatonikern aufgegriffen, obwohl sie von Plotin noch weitgehend abgelehnt wurde. Besonders Iamblichos von Chalkis hing dann der Theurgie an: Sie reinige die Seele des Menschen und führe schließlich zur Vereinigung mit den göttlichen Wesen. Diese Interpretation wurde im Neuplatonismus sehr einflussreich, zumal in vielen heidnischen-spätantiken Kulten der Glaube an übersinnliche Phänomene zunahm. Im 4. und 5. Jahrhundert gab es mehrere philosophische Schulen, in denen theurgische Ansätze vertreten wurden, so etwa von Aidesios, Maximus von Ephesos und Proklos, wobei letzterer die Theurgie sogar „mächtiger als alle menschliche Weisheit und Wissenschaft“ einschätzte.[2] Auch in der heidnischen Oberschicht fand die Theurgie Zuspruch, ein bekanntes Beispiel dafür stellt Kaiser Julian Apostata dar.[3] Oft wurde in diesen Ritualen ein in Trance versetztes Medium benutzt.
Von vielen Zeitgenossen, sogar von einigen Neuplatonikern, wurde die Theurgie jedoch als Scharlatanerie abgelehnt. Es kam teils auch zu Prozessen wegen Ausübung von „Magie“ (eine in diesem Zusammenhang allerdings sehr unscharfe Bezeichnung) und zu Hinrichtungen, wie im Fall des oben genannten Maximus. Aber sogar einige wenige christliche Autoren griffen den Begriff auf und bezeichneten damit das Wirken des Heiligen Geistes oder von Jesus Christus selbst.[4] Im Oströmischen Reich kam es immer wieder zu Phasen, in denen theurgische Rituale, auch aufgrund der rasch fortschreitenden Christianisierung, nicht offen praktiziert wurden. Zur Zeit Justinians war die Theurgie fast erloschen, allerdings gibt es noch einige wenige Berichte aus späterer Zeit; Proklos’ Kommentar war sogar noch im 14. Jahrhundert bekannt.[5]
Siehe auch
Literatur
- John P. Anton: Theourgia – Demiourgia: A Controversial Issue in Hellenistic Thought and Religion. In: Richard T. Wallis/Jay Bregman (Hrsg.), Neoplatonism and Gnosticism. Albany/NY 1992, S. 9–31.
- Eric Robertson Dodds: The Greeks and the Irrational. Berkeley u.a. 1951 (dt.: Die Griechen und das Irrationale. 2. Aufl. Darmstadt 1991).
- Markus Enders: theourgia. In: Chr. Horn/Chr. Rapp (Hrsg.), Wörterbuch der antiken Philosophie. München 2002, S. 443f.
- Hartmut Leppin: Zum Wandel des spätantiken Heidentums. In: Millennium: Jahrbuch zu Kultur und Geschichte des ersten Jahrtausends n. Chr. 1 (2004), S. 59–81.
- Andrew Smith: Philosophy in Late Antiquity. New York 2004.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Zur Entwicklung vgl. Anton, Theourgia, S. 16ff., sowie Dodds, The Greeks, S. 282ff.
- ↑ Theol. Plat. I 25, zitiert nach Horn/Rapp, S. 444.
- ↑ Vgl. zur Entwicklung in den heidnischen Kulten Leppin, Wandel des spätantiken Heidentums, S. 72–75. Zu Julian, seiner Beziehung zum Neuplatonismus und der Theurgie siehe Joseph Bidez, Kaiser Julian, Hamburg 1956, S. 47–57, sowie Klaus Rosen, Julian. Kaiser, Gott und Christenhasser, Stuttgart 2006, S. 94ff.
- ↑ Vgl. Horn/Rapp, S. 444.
- ↑ Vgl. Dodds, The Greeks, S. 288f.
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