- Thieman
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Der Thieman-Traktor, den die Thieman Harvester Co. in Albert City im US-Bundesstaat Iowa von 1936 bis 1942 baute, war ein Bausatz ohne Motor. Der Farmer musste ihn selbst zusammenbauen – am besten mit Motor, Getriebe, Antriebswelle und Hinterachse von einem alten Auto.
Inhaltsverzeichnis
Die Thieman Harvester Co.
Ursprünglich hatte sich die Firma Thieman auf landwirtschaftliches Zubehör spezialisiert. Aber dann kam die Weltwirtschaftskrise, die auch vor der Landwirtschaft nicht halt machte. Neue Traktoren waren für viele Bauern so gut wie unerschwinglich. Hinzu kam eine rätselhafte Schlafkrankheit die Mitte der 30er Jahre Massen von Arbeitspferden in Minnesota dahinraffte. Die Thiemans hatten die Lösung parat: „Erledigt die Arbeit von vier bis sechs Pferden zum Preis von weniger als einem Pferd“, versprach eine Broschüre. Laut der “Encyclopedia of American Farm Tractors” lief der Absatz der Bausätze so gut, dass die Thiemans in Spitzenzeiten 150 Leute rund um die Uhr beschäftigten bevor im 2. Weltkrieg aller Stahl für die Kriegsproduktion benötigt und deshalb die Produktion eingestellt wurde.
Der Bausatz kostete damals 185$ plus Zubehör. Der Farmer konnte sich dann Motor, Getriebe, Antriebswelle und Hinterachse aus einem alten Auto besorgen und alles zusammenbauen. Montageanleitungen gab es für Ford Model A, 1928er Chevrolet oder Dodge Four. „Verdienen Sie echtes Geld mit Ihrem alten Auto“, stand in einem Firmenprospekt, und: „Preiswerter als jeder andere Traktor gleicher Stärke.“ Dazu der Hinweis: “Ausführliche Anleitung zum Zusammenbauen beigefügt.”
Restaurierung
Anders als bei anderen Restaurierungsprojekten sind individuelle Abweichungen vom Original beim Thieman nicht weiter tragisch. Das liegt in der Natur des Bausatz-Konzeptes. Es gleicht sowieso kein Thieman dem anderen. Sehr gängig ist der Vier-Liter Ford Model A V-8 Motor. Ein weiteres überlebendes Modell läuft mit einem Ford-Vierzylinder und deshalb logischerweise auch mit anderem Antrieb.
Wer damals einen alten Dodge als Basis nahm, hat natürlich auch den Dodge-Grill über den Kühler gestülpt. Manche haben lange ovale Benzintanks, mache sind kugelförmig. Man besorgte sich was man bekommen konnte und hat es irgendwie zum Laufen gebracht.
Wartung
Ist ein Thieman erst einmal restauriert, halten sich Wartung und Reparaturen in Grenzen. Zwar rostet der Verteiler gern weil er oben ungeschützt den Elementen ausgesetzt ist. Aber sonst läuft er rund und hat ein einen sehr ausgewogenen Motor – ein schönes Gerät für Paraden und Ausstellungen.
Fahrgefühl
Den Thieman zu fahren ist ein kleines Abenteuer: Man fühlt sich nie so richtig sicher. Sie waren irgendwie gefährlich, neigten – vermutlich wegen der leichten Front – dazu rückwärts überzukippen. Wie das zugrunde liegende Auto, hat der Thieman drei Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang, aber mit nur einem Vorderrad ist alles sehr wackelig. Aber damals ging es vorwiegend darum, ein Auto kostengünstig in einen Traktor umzubauen.
Andere Traktor-Bausätze
Traktoren sahen nicht immer so aus wie heute – bevor sich auf die jetzige Form (vier Räder, zwei davon groß) und Zweck (spezialisiert auf Hof- und Feldarbeit, indem Zubehör hinterhergezogen wird) herauskristallisiert hatte, gab es eine Menge Experimente. Viele davon hatten ein Ziel: Kosten sparen. Traktorenbausätze waren dabei nicht unüblich. Meistens lief es darauf hinaus, die beliebten Ford-Automodelle T und A mit größeren Hinterrädern, modifizierter Heizung und dergleichen auszustatten. Der Thieman-Traktor ging das Problem von der entgegengesetzten Seite an: Thieman lieferte das Chassis, der Bauer musste nur Motor und dergleichen auftreiben.
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