Thierry de Chartres

Thierry de Chartres

Thierry von Chartres (* um 1085; † um 1155; lateinisch Theodoricus Carnotensis) war ein platonischer Philosoph.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Thierry lehrte 1121 an der Domschule von Chartres, dann in Paris, wo Johannes von Salisbury sein Schüler war, ab 1142 wieder in Chartres. Er wurde früher als Bruder des berühmten Gelehrten Bernhard von Chartres betrachtet, doch nach heutigem Forschungsstand beruht diese Annahme auf einer Verwechslung. Thierry war ein führender Repräsentant der Schule von Chartres, einer philosophischen Richtung, die in der Naturphilosophie und Kosmologie an die platonische Tradition, besonders an Platons Dialog Timaios anknüpfte. Thierry war einer der ersten westlichen Gelehrten, die sich für die Verwendung arabischer Literatur eingesetzt haben.

Heptateuchon

Thierry schrieb ein Buch über die Sieben Freien Künste, das Heptateuchon. Dafür wertete er insgesamt 45 antike und mittelalterliche Schriften aus. Die Zusammenfassungen sortierte er nach den einzelnen Fächern des Trivium und Quadrivium. Für den Abschnitt über die Dialektik hat er große Teile des Organon von Aristoteles in das Lateinische als damaliger Wissenschaftssprache übertragen. Damit wurde erstmals ein größerer Kreis von mittelalterlichen Gelehrten mit der aristotelischen Logik bekannt gemacht.

De sex dierum operibus

In seinem platonisch ausgerichteten Kommentar über die sechs Tage der Genesis, De sex dierum operibus, lehrt Thierry, dass Gott die höchste Idee ist, durch die alle anderen Ideen geschaffen sind. Gott als Vater ist die Wirkursache, als Sohn und Weisheit ist er die Formalursache und als Heiliger Geist ist er die Finalursache der Welt. Mit Himmel und Erde schuf Gott am Anfang die Materie. Darin erkannte Thierry im Sinne Platons die vier noch miteinander vermischten Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde. Die Weltseele setzte er mit dem Heiligen Geist und dem über den Wassern schwebenden Geist Gottes aus dem Schöpfungsbericht gleich. Sie formt die Materie als Gestaltungsprinzip durch die in den Elementen angelegten Keimkräfte. So entsteht auf gleichsam mechanische Weise der geordnete Kosmos dann von selbst.

Im Sinne der platonischen Tradition deutete Thierry auch die trinitarische Struktur Gottes. Die Zahl Eins bringt alle Zahlen hervor. Jede Vielheit und damit Anderssein setzt Einheit voraus. Alles Geschaffene ist durch Veränderung und damit durch Anderssein bestimmt. Damit setzt es dann aber Einheit voraus. In dieser Einheit liegt der Ursprung, auf den alles zurückgeführt werden kann: das Eine, Gott. Alles Geschaffene sind zwar Einheiten, aber sie bestehen nur durch die Teilhabe an dem absoluten Einen. Die Eins mit sich selbst multipliziert ergibt die Eins. Gott erzeugt die Gleichheit mit sich und aus sich selbst heraus. Die Teilhabe alles Geschaffenen an dieser Gleichheit liegt vor, insoweit Gegenstände untereinander aufgrund gemeinsamer Form gleich sind. Diese idealen Formen sind im göttlichen Geist (Weisheit). Der Heilige Geist verbindet das Eine mit der Weisheit als der Gleichheit.

Literatur


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