- Bantoid
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Die Bantoid-Sprachen (oder kurz Bantoid) bilden eine Untereinheit des Ost-Benue-Kongo, eines Zweiges der Benue-Kongo-Sprachen, die ihrerseits zum Niger-Kongo gehören. Die rund 650 Bantoid-Sprachen werden von etwa 220 Millionen Menschen in Nordost-Nigeria, West-Kamerun und ganz Zentral- und Südafrika gesprochen.
Inhaltsverzeichnis
Überblick
Die Bantoid-Sprachen bilden zusammen mit den Cross-River-Sprachen das Bantoid-Cross. Innerhalb des Niger-Kongo ergibt sich damit die folgende Abstammungslinie:
- Niger-Kongo > Volta-Kongo > Benue-Kongo > Ost-Benue-Kongo > Bantoid-Cross > Bantoid
Insgesamt umfasst das Bantoid rund 650 Sprachen mit zusammen 217 Mio. Sprechern, davon sind etwa 500 Sprachen eigentliche Bantusprachen, die mit ihren 210 Mio. Sprechern die große Mehrheit ausmachen. Die Gruppe der 160 Bantoidsprachen, die nicht zum Bantu gehören, ist also insbesondere nach ihrer Sprecherzahl (6,5 Mio.) relativ klein und sehr diversifiziert: ihre durchschnittliche Sprecherzahl beträgt nur rund 40.000.
Zu den bedeutendsten Bantusprachen gehören Swahili, Shona, Zulu, Chichewa, Lingala, Rwanda, Xhosa, Luba-Kasai und Kikuyu (alle über 5 Mio. Sprecher). Von den Nicht-Bantusprachen der Bantoid-Gruppe überschreitet nur das in Nigeria im Benue State gesprochene Tiv mit 2,2 Mio. Sprechern die Millionengrenze. Weitere zehn Sprachen haben mindestens 100.000 Sprecher (siehe Klassifikation).
Abgrenzung Bantoid - Bantu
Die Bezeichnung „Bantoid“ wurde 1895 von Gottlob Krause für die Sprachen geprägt, die lexikalische Ähnlichkeiten mit den Bantusprachen aufweisen, Malcolm Guthrie (1948) bezeichnete mit Bantoid die westsudanischen Sprachen mit einem Bantu-ähnlichen Nominalklassensystem, die aber keine regulären Lautentsprechungen mit den Bantusprachen aufweisen.
Die Bantoid-Gruppe umfasst sowohl die eigentlichen Bantusprachen, als auch solche Sprachen, die zwar den Bantusprachen innerhalb des Niger-Kongo genetisch besonders nahe stehen, aber nicht sämtliche Merkmale der Bantusprachen besitzen. Solche Sprachen wurden auch Semi-Bantu-Sprachen genannt. Die Grenze zwischen den eigentlichen Bantusprachen (narrow bantu) und den Bantusprachen in einem weiteren Sinne (Bantoid, aber nicht Bantu) ist schwer zu ziehen und hängt von der Definition ab, was „eigentliches Bantu“ genau ausmacht (da sind sich die Forscher keineswegs völlig einig). Sämtliche Bantoidsprachen, die nicht zum eigentlichen Bantu gehören, werden in Ost-Südost-Nigeria und in Kamerun gesprochen, ihre Verbreitung ist also - im Gegensatz zu der der Bantusprachen - sehr eingeschränkt. Genau dieses Gebiet (Südost-Nigeria und Nordwest-Kamerun) scheint auch die Urheimat der eigentlichen Bantusprachen zu sein, von dem aus sie sich in den Osten und Süden des Kontinents ausgebreitet haben (siehe Artikel Bantusprachen).
Interne Klassifikation
Die Feststellung des Bantoid als genetische Einheit und die Grundzüge seiner heutigen internen Klassifikation gehen auf Greenberg (1950, 1963) zurück. Allerdings ist die interne Gliederung des Bantoid seitdem mehrfach überarbeitet worden. Wichtig war die Erkenntnis einer Nord-Süd-Grenze innerhalb der Gruppe. Zum nördlichen Bantoid - ob es eine genetische Einheit bildet, ist umstritten - gehören einzelne kleinere Gruppen wie Dakoid, Mambiloid und Tikaroid. Das Süd-Bantoid bildet eine eigene genetische Gruppe, die neben dem Jarawoid und Tivoid die sprachenreiche Grasland-Gruppe (rund 70 Sprachen mit 2,5 Mio. Sprechern, gesprochen in West-Kamerun)) und als gleichrangigen Zweig das eigentliche Bantu (500 Sprachen, 210 Mio. Sprecher) enthält.
Die folgende Darstellung zeigt die aktuelle Klassifikation der Bantoid-Sprachen nach Williamson-Blench (in Heine-Nurse 2000). Es sind nur die bedeutenderen Einzelsprachen aufgeführt. Der unten angegebene Weblink bietet eine vollständige Klassifikation aller Bantoid-Sprachen.
Klassifikation der Bantoid-Sprachen
- Bantoid (642 Sprachen, 216 Mio Sprecher)
- Nord-Bantoid (genetische Einheit nicht nachgewiesen)
- Süd-Bantoid
- Jarawoid: Jarawa (150 Tsd), Bile (30 Tsd), Duguri (20 Tsd), Kantana (20 Tsd), Kulung (15 Tsd), Mbula-Bwazza (40 Tsd)
- Tivoid: Tiv (2,2 Mio), Bitare (50 Tsd), Batu (25 Tsd), Esimbi (20 Tsd)
- Beboid: Noni (35 Tsd), Bebe, Naki
- Mbe: Mbe (15 Tsd)
- Ekoid: Ejagham (Ekoi) (120 Tsd), Ekajuk (30 Tsd), Nkem-Nkum (35 Tsd), Nde-Nsele-Nta (35 Tsd)
- Nyang (Mamfe): Kenyang (Nyang) (65 Tsd), Denya (12 Tsd)
- Mbam: Tuki (25 Tsd), Tunen (35 Tsd), Nugunu (35 Tsd); Leti (Ritualsprache)
- Grasland
- Bantu (487 Sprachen mit 210 Mio Sprechern)
Die Klassifikation des Bantu und die Einteilung der Bantusprachen in Guthrie-Zonen ist im Artikel Bantusprachen umfassend dargestellt. Eine Übersicht über die einzelnen Zweige des Bantoid (Anzahl der Sprachen, Sprecherzahlen, Verbreitung) liefert die folgende Tabelle.
Bantoid und seine Untergruppen
Unterzweig Anzahl
SprachenAnzahl
SprecherHauptverbreitungsgebiet Bantoid 642 216 Mio Nigeria, Kamerun; Ost- und Südafrika Nord-Bantoid 19 750.000 Ost-Nigeria, Nordwest-Kamerun Dakoid 3 120.000 Ost-Nigeria Mambiloid 12 240.000 Ost-Nigeria, West-Kamerun Tikaroid 3 35.000 Kamerun (Zentral- und Adamawa-Provinz) Fam 1 1.000 Südost-Nigeria Süd-Bantoid 623 215 Mio Nigeria, Kamerun; Ost- und Südafrika Jarawoid 15 300.000 Ost-Nigeria, Nord-Kamerun Tivoid 18 2,4 Mio Ost-Nigeria, West-Kamerun Beboid 11 50.000 West-Kamerun Mbe 1 15.000 Nigeria (Cross River) Ekoid 8 250.000 Südost-Nigeria, Nordwest-Kamerun Nyang (Mamfe) 3 80.000 West-Kamerun Mbam 13 120.000 West-Kamerun Grasland 67 2,5 Mio West-Kamerun Bantu 487 210 Mio Zentral-, Ost- und Südafrika Ob die Nord-Bantoid-Sprachen eine genetische Einheit bilden, ist bisher nicht endgültig geklärt worden.
Sprachliche Charakteristik
Die sprachlichen Eigenschaften sind denen der Bantusprachen sehr ähnlich (vgl. den entsprechenden Abschnitt des Artikels Bantusprachen). Das Nominalklassensystem ist im Bantu voll ausgeprägt - es ist sein wesentliches Charakteristikum -, bei den Nicht-Bantusprachen in einer unterschiedlich reduzierten Form. Verbalableitungen sind in allen Bantoidsprachen belegt. Pronomina werden im üblichen Umfang gebildet (unabhängiges Personalpronomen; abhängige Subjekt-, Objekt- und Possessivmarker), in der 3. Person herrscht Konkordanz mit den Nominalklassen. Die Satzstellung ist SVO, es werden durchgehend Präpositionen verwendet. In der Nominalphrase steht das bestimmte Nomen vorn, es folgen die Modifizierer (Genitivattribut, Adjektivattribut, Possessivum, Numerale, Demonstrativum); in den Bantusprachen herrscht innerhalb der Nominalphrase und zwischen Subjekt und Prädikat volle Klassenkonkordanz, in den anderen Bantoidsprachen ist die Konkordanz eingeschränkt bzw. teilweise nicht (mehr) vorhanden.
Siehe auch
Literatur
- Joseph Greenberg: The Languages of Africa. Mouton, The Hague and Indiana University Center, Bloomington 1963.
- Bernd Heine und andere (Hrsg.): Die Sprachen Afrikas. Buske, Hamburg 1981.
- Bernd Heine und Derek Nurse (Hrsg.): African Languages. An Introduction. Cambridge University Press 2000.
Darin: Kay Williamson und Roger Blench: Niger-Congo. - John Bendor-Samuel (Hrsg.): The Niger-Congo Languages: A Classification and Description of Africa's Largest Language Family. University Press of America, Lanham, New York, London 1989.
Darin: John R. Watters: Bantoid Overview. - Patrick Bennett and Jan Sterk: South Central Niger-Congo: A Reclassification. Studies in African Linguistics. 1977.
Weblinks
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