Thormodus Torfæus

Thormodus Torfæus
Þormóður Torfason

Þormóður Torfason (latinisiert Thormod Torfaeus) (1636–1719) war ein isländischer Historiker. Er lebte in Kopervik auf Karmøy in Norwegen. Er war königlich dänischer Historiker, der erste in der Neuzeit. Er sammelte mittelalterliche Texte und übersetzte isländische Manuskripte ins Dänische.

Leben

Þormóður wurde 1636 auf Engey in Island geboren. Er studierte an der Universität in Kopenhagen. Im Jahre 1660 wurde er zum königlichen Übersetzer alter isländischer Manuskripte berufen. Mit Schreiben vom 17. Mai 1662 beauftragte ihn der König, in Island alte Manuskripte zu sammeln. 1664 ernannte in König Friedrich III. zum Amtsschreiber des Verwaltungsbezirks Stavanger und 1682 zum königlichen Historiker für Norwegen. 1665 heiratete er Anna Stangeland aus Kopervik, die aus einer Stavanger Familie stammte und dort Güter besaß. Die Ehe blieb kinderlos, aber Þormóður hatte viele außereheliche Kinder. Er war ein streitbarer Mann. Nach einem Schiffbruch bei Skagen im Jahre 1671 kam er in einem Wirtshaus in Streit mit einem Gast und tötete ihn mit seinem Degen. Dafür wurde er zum Tode verurteilt. Da es sich offenbar um Notwehr handelte, wurde er vom dänischen Obersten Gerichtshof begnadigt. Er engagierte sich aber auch für andere Menschen und verhinderte unter anderem, dass eine norwegische Frau als Hexe verbrannt wurde.

Sein Grab befindet sich unter dem Chor der Olavskirche in Avaldsnes auf Karmøy.

Der Historiker

1705 verfasste er die Historia Vinlandiae Antiquae, 1706 die Grœnlandia Antiqua und 1711 die Historia Rerum Norvegicarum, die die Zeit vom Anfang bis ins Jahr 1387 umfasste. Ihr Schwerpunkt liegt in der Zeit des frühen Mittelalters. Er hatte viele Manuskripte aus dem Mittelalter, insbesondere die alten Sagas zur Verfügung und benutzte diese als Erster als Quellenmaterial. Er bildete aus diesem Material einen zusammenhängenden lateinischen Text. Außerdem verfasste er eine Vielzahl lateinischer Geschichtswerke sowohl über das Mittelalter als auch über die neuere Zeit. So wurden seine Untersuchungen einem breiten Leserkreis in Europa bekannt. Alles, was im folgenden Jahrhundert über norwegische Geschichte geschrieben worden ist, ging im Wesentlichen auf seine Arbeiten zurück. Von ihm stammt auch eine Geschichte über die Färöer und die Orkney.

Torfäus gilt als der Begründer der so genannten "Isländischen Schule" der skandinavischen Geschichtsschreibung, welche die isländischen Sagas als Geschichtsquelle nutzte, freilich nicht nur für die Besiedlung Islands und die unmittelbar vorhergehende Zeit, sondern auch für die skandinavische Vorgeschichte.

An den Werken seines Vorgängers Saxo Grammaticus kritisierte Torfaeus die benutzten Quellen. Die Heldengesänge, auf die dieser sich beziehe, seien in dieser Form nicht vorhanden, die Runensteininschriften verstümmelt und schwer zu verstehen, so dass die erste Hälfte des Geschichtswerkes von Saxo keinen Glauben verdiene. Er stellt eine Liste der skandinavischen Könige auf, die mit Odin und seinem Sohn Skiold beginnt, letzterer soll wenige Jahre vor Christi Geburt regiert haben. Die Herrscher, die Saxo vor dieser Zeit aufführt, verwirft er, auch unter den Herrschern nach Chr. Geburt nimmt er zahlreiche Umstellungen und Streichungen vor.

In seinem Werk vertrat er einen unverhüllt norwegischen Standpunkt zu einer Zeit, als Norwegen noch dänische Provinz war. Die Auswahl der Zitate aus den Sagas deutet auf ein erstes norwegisches Nationalbewusstsein hin, und er war der erste, der die Existenz einer Norwegischen Nation zu legitimieren versuchte.

Sein 2000 Seiten umfassendes Werk gilt als erster Versuch einer Geschichtsschreibung nach den Sagas und als Brücke zu den neueren Historikern Gerhard Schøning und Peter Andreas Munch. Er wurde deshalb der Vater der norwegischen Geschichtsschreibung genannt. Dennoch dauerte es Jahrhunderte, bis sich eine norwegische Geschichtswissenschaft etablierte. Sein Mangel an Quellenkritik, insbesondere, dass er an Zauberei glaubte, hat seinem Nachruhm sehr geschadet. Dies überschattete sein Verdienst um eine systematische und methodische Darstellung von Geschichte. Aber nicht nur der Detailreichtum seiner Historia Rerum Norvegicarum hat Informationen aufbewahrt, die andernfalls im großen Brand von Kopenhagen 1728 verloren gegangen wären, sondern auch seine Gewohnheit, die isländischen Manuskripte auf Karmøy erst einmal abzuschreiben, bevor er sie nach Kopenhagen weitersandte. Aus Brandschutzgründen bewahrte er sie nicht in seinem Hause auf, sondern in einem separaten Keller auf dem Stangelandshof bei Stavanger.

Erst in allerneuester Zeit beginnt man Þormóður Torfason wieder differenzierter zu betrachten.

Von der Thormod-Torfaeus-Stiftung wurde seine lateinische Historia rerum Norvegicarum ins Norwegische übersetzt und 2005 vollständig herausgegeben.

Werke

  • Thormodus Torfaeus, Thormodi Torfæi ... Trifolium Historicum, seu dissertatio historico-chronologico-critica, de tribus potentissimis Daniæ regibus, Gormo Grandævo, Haraldo Caerulidente, et Sueno Furcatæ (seu admorsæ) Barbæ, ubi ... origo atque descriptio Urbis Julini Winethae lectori sistuntur. In supplementum Seriei regum Daniae, etc.
  • Historia rerum Norvegicarum

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