Tibetische Exilregierung

Tibetische Exilregierung
Die tibetische Exilregierung Bod gZHung dGa' lDan PHo Brang PHyogs Las rNam rGyal
Flagge Tibets Wappen und Siegel
(Flagge) (tibetisches Wappen und Siegel)
Amtssprache Tibetisch
Standort Dharmshala, HP, Indien
Staatsoberhaupt Tendzin Gyatsho, 14. Dalai Lama
Regierungschef (Kalon Tripa) Lobsang Sangay
Nationalhymne Gyallu [1]

Die tibetische Exilregierung (englisch kurz: Central Tibetan Administration (CTA); lang: Central Tibetan Administration of His Holiness the Dalai Lama) ist eine Exilregierung, die den Anspruch erhebt, die rechtmäßige Regierung Tibets und der Tibeter zu sein. Sie wurde 1959 gegründet, nach der Flucht des 14. Dalai Lama, Tendzin Gyatsho ins indische Exil.

Inhaltsverzeichnis

Gebietsanspruch

Der Anspruch der Exilregierung umfasst das autonome Gebiet Tibet und Qinghai (Hainan, Haixi, Haibei, Yushu, Golog, Huangnan), sowie Teile der angrenzenden Gebiete Gansu (Gannan, Tianzhu), Sichuan (Garzê, Ngawa, Muli) und Yunnan (Dêqên). Diese Gebiete und Teilgebiete werden von der tibetischen Exilregierung als das historische Tibet [2] bezeichnet (siehe auch Tibet - Sicht der tibetischen Exilregierung). Der derzeitige 14. Dalai Lama Tendzin Gyatsho tritt politisch jedoch nicht für eine vollständige Unabhängigkeit Tibets (rangzen) ein, die nach seiner Ansicht nicht infrage kommt [3], sondern würde einen autonomen Status nach dem Vorbild Hongkongs akzeptieren. Dieser Standpunkt ist unter Tibetern jedoch umstritten. [4]

Im Falle einer Autonomie dieser Gebiete soll nach Vorstellung der tibetischen Exilregierung eine demokratische Regierungsform mit Gewaltenteilung geschaffen werden, in der die aktuellen Mitglieder der Exilregierung keine besonderen Privilegien erhalten sollen. Die politische Funktion des Dalai Lama soll zunächst von einem Übergangspräsidenten eingenommen werden und später von einem ordnungsmäßig gewählten Bürger Tibets.[5]

Geschichte

Nachdem Tendzin Gyatsho im Zuge des Tibetaufstandes nach Indien geflohen war, gründete er am 29. April 1959 in Masuri die Tibetische Exilregierung. Im Mai 1960 verlegte die Organisation ihren Sitz nach Dharamsala. [6] Am 2. September 1960 wurde ein Exilparlament (Versammlung der tibetischen Volksvertreter) gegründet und die tibetische Exilregierung wurde demokratisiert. Die erste tibetische Flüchtlingssiedlung auf indischem Gebiet war die im selben Jahr gegründete Lugsum Samdupling in Bylakuppe. Die erste weibliche Ministerin im Amt war die jüngere Schwester des Dalai Lama, Jetsun Pema. Sie war von 1990 bis 1993 Bildungsministerin [7].

2001 gab es eine weltweite Wahl der Tibeter im Exil für die Position des Premierministers (Kalon Tripa) die von Lobsang Tenzin gewonnen wurde[8], der für einen entschieden gewaltfreien Weg des Widerstands gegen die Besetzung Tibets durch das kommunistische China bekannt ist[9] und sich für eine Demokratisierung der tibetischen Gesellschaft einsetzt.[10] Der 14. Dalai Lama Tendzin Gyatsho betrachtete sich seither politisch als halb im Ruhestand.

Am 10. März 2011 kündigte Gyatsho an, bei der nächsten Sitzung des Exilparlaments einen Antrag auf Verfassungsänderung zu stellen, sodass er all seine politischen Agenden abgeben könne. [11] Dass der Dalai Lama diesen Schritt nur zehn Tage vor den Parlamentswahlen bekannt gab, wird auch als Aufruf zum Urnengang interpretiert. So wird der Ministerpräsident in Zukunft mehr Macht erhalten.[12] Ende April 2011 wurde der Jurist Lobsang Sangay zum Ministerpräsidenten und damit zum politischen Oberhaupt gewählt.[13]

Aufgaben

Eingang des Parlamentsgebäudes der tibetischen Exilregierung in Dharmshala

Die tibetische Exilregierung kümmert sich hauptsächlich um die Belange der rund 100.000 Exil-Tibeter in Indien. Sie unterhält Schulen, ein Gesundheitswesen, organisiert kulturelle Veranstaltungen und das wirtschaftliche Wachstum der tibetischen Exilgemeinschaft Indiens. Durch die Erlaubnis der indischen Regierung hat die tibetische Exilregierung eine eigene Rechtsprechung für die Exil-Tibeter in Nordindien.

International

Die tibetische Exilregierung ist international nicht als rechtmäßige Regierung anerkannt (siehe auch Tibet - Internationale Sicht), bekommt aber finanzielle Unterstützung von den Regierungen anderer Länder und internationaler Organisationen. Sie vertritt die Belange der Tibeter auch in der Organisation der nicht-repräsentierten Nationen und Völker.

Am 11. April 2002 wurde im europäischen Parlament über die Möglichkeit einer Anerkennung der tibetischen Exilregierung als rechtmäßige Vertretung des tibetischen Volkes diskutiert.[14]

Minister (Kalone) des Kabinetts (Kashag)

  • Lobsang Tenzin (Samdhong Rinpoche) (* 1939) - Premierminister (13. Kashag)
  • Tempa Tsering (* 1950) - Repräsentant des 14. Dalai Lama, New Delhi (13. Kashag)
  • Thupten Lungrik (* 1957) - Erziehungsminister (13. Kashag)
  • Tsering Phuntsok (* 1948) - Minister für Religion und Kultur (13. Kashag)
  • Ngodup Dongchung (?) - Sicherheitsminister (13. Kashag)
  • Tsering Dhondup (?) - Finanzminister (13. Kashag)
  • Chope Paljor Tsering (?) - Gesundheitsminister (13. Kashag)
  • Kesang Y. Takla (* 1944) - Ministerin für Information und internationale Beziehungen (13. Kashag)

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Central Tibetan Administration – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. nationalanthems.info: Gyallu (englisch)
  2. The Government of Tibet In Exile - Tibet at a Glance (englisch)
  3. BBC: China blames Dalai Lama for riots (2008)
  4. tibet.de: Tibeter im Exil - eine Demokratie entwickelt sich
  5. tibetjustice.org: Future Polity of Tibet (Address by His Holiness the Dalai Lama) (1994)
  6. Central Tibetan Administration
  7. Schwester eines Gottkönigs
  8. Snow Lion Publications Newsletter (englisch)
  9. igfm-muenchen.de: Satyagraha von Professor Samdhong Rinpoche (1995)
  10. tibet.de: Interview mit Samdhong Rinpoche
  11. Dalai Lama wird als politischer Führer abtreten vom 10. März 2011 auf derstandard.at - Abgerufen am 10. März 2011
  12. Christine Möllhoff: Dalai Lama will "nicht wie Mubarak sein". 20. März 2011, abgerufen am 21. März 2011.
  13. vgl. http://www.tagesschau.de/ausland/tibet498.html bei tagesschau.de, 27. April 2011 (aufgerufen am 27. April 2011).
  14. Europäisches Parlament 11. April 2002

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