Tibetische Währung

Tibetische Währung

Bei der Historischen Währung Tibets (auch: Tibetische Währung, Tibetanische Währung) handelt es sich um die, in der Zeit der Autonomie bzw. Selbständigkeit Tibets umlaufenden Zahlungsmittel. Dabei handelte es sich nicht nur um Gold- Silber- bzw. Kupfermünzen und Banknoten, teilweise wurde auch gepresster Tee oder Salz verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Einheiten

Es waren zwei Systeme nebeneinander in Gebrauch.

Srang

Tibetische 1 Srang Silber-Münze mit dem Datum 15-43 (= AD 1909) Avers
Tibetische 1 Srang Silber-Münze mit dem Datum 15-43 (= AD 1909) Revers

Das ältere System basierte auf dem srang, als Gewichtseinheit ursprünglich dem chinesischen Tael entsprechend, also knapp über 37 g. Bereits vor der Regierung König Songtsen Gampos im 7. Jahrhundert soll er in Gebrauch gewesen sein. Dabei wurde folgendermaßen unterteilt:

  • 1 srang = 10 qian (tibet.: zho)
  • 1 qian = 20 sawa
  • 1 sawa = 6 qung kier (Gerstenkörner)

der Silber-Srang (dngul srang) hatte folgende Unterteilungen:

  • 1 ngul-srang = 10 zho = 6 tangka + 1 zho (6 2/3 tangka) = 100 skar
  • 1 zho = 10 skar = 4 kha
  • 1 kha = 2½ skar[1]

1908 wurde erstmals ein Silber-Srang geprägt, der jedoch nur die Hälfte des Gewichts hatte, nämlich ca. 18,65 g. Für 1919 wird der Wert eines dngul srang (19,63 g) mit 1 Rupie 11 Annas gegeben. Der Metallgehalt betrug um 80%. Die Münze lief kaum um, sondern wurde wegen ihres hohen Reinheitsgehalts meist gehortet. 1933 wurden dann Münzen zu 3 srang geschlagen, die im Gewicht der standardisierten indischen Rupie von 11,66g entsprachen, der Wert verringerte sich also.[2]

Tangka

Tibetischer "gaden" Tangka, undatiert (ca. AD 1840), Avers
Tibetischer "gaden" Tangka, undatiert (ca. AD 1840), Revers

Der Tangka (auch tam, tamka, tamba ) wurde von Nepal aus übernommen. Das Gewicht entsprach ursprünglich 10,5 g Silber. Die nepalesische Malla-Dynastie normierte das Gewicht um 1640 bei etwa 5,4-5,6 g. Die nach diesem Standard geschlagenen Stücke hießen nepalesisch mohar, tibetisch bal tam. Nach dem Tibetisch-Nepalesischen Krieg von 1792 wurden keine Münzen für Tibet in Nepal mehr geprägt.

Unterteilungen ergaben sich folgende:

  • 1 tangka = 1,5 zho = 15 skar = 6 kha = 0,15 srang
  • ½ tangka = 1 phyad brgyad = 7½ skar
  • tangka = 1 skarma ngna = 2 kha = 5 skar
  • 1 khakang = 1/4 zho = 2½ skar
  • 1 tangka entsprach 1914 ca. 0,12 US$[1][3]

Geschichte

Teeziegel

Für die tibetische Grenzregion beschrieb Marco Polo den Gebrauch von Salz für Kleingeld.[4] In gewissem Masse dienten Butter[5] oder Teeziegel als Währung in Tibet.[6] Für kleinere Transaktionen fanden auch Tabak, Betelnüsse und Zeremonialschleifen(Tibetisch: Khata)Verwendung.[7]

Die Zeit, in der Münzen und Geldscheine in Tibet umliefen, lässt sich grob periodisieren:[1]

1650-1792

Zu dieser Zeit liefen in Nepal geschlagene Silbermüzen um. Anfangs waren dies die der Newari-Königreiche Kathmandu, Patan und Bhaktapur. Nach 1767 liefen Münzen der frühen Saha-Dynastie, die im Auftrag der tibetischen Herrscher hergestellt worden waren, um. Dazu kamen ältere Prägungen der Malla-Dynastie. In Lhasa wurde versucht, selbst Münzen nach dem Newari-Vorbildern herzustellen. Es war üblich, zur Gewinnung von Wechselgeld, die Münzen in kleinere Stücke zu schneiden. Der ausführende Silberschmied zwickte üblicherweise für seine Leistung ein weiteres Eckchen ab, ohne jedoch das Blütenmuster auf der Münze zu beschädigen, welches den Wert des Bruchstueckes bestimmte.

1792-1835

Während dieser Zeit waren chinesische Münzen mit dominierend, die während der Ären Qianlong, Jiaqing und Dao Guang geprägt wurden. Auf einer Seite war die Beschriftung tibetisch, auf der anderen chinesisch. Als „Kong-par“ bezeichnete Tangkas, die nur tibetisch beschriftet waren, wurden 1791-93 geprägt.

1836-1911

Undatierte Kelsang tangka, die 1910 an Mönche verteilt wurde. Avers
Undatierte Kelsang tangka, die 1910 an Mönche verteilt wurde. Revers

In dieser Periode nahm man eigene Prägungen wieder auf, die wiederum an die Newari-Vorbilder angelehnt waren. Vor 1909 wurden sämtliche Münzen handgeprägt, erst danach standen Maschinen zur Verfügung, die zunächst durch Wasserkraft, nach ca. 1925 elektrisch betrieben wurden. Die Standardmünze nach 1840 war der gaden tangka[8] zu 5,18-5,32 g (ø 26-28 mm). Ab 1850 verdrängten, besonders in Osttibet, dann indische Rupien die lokalen Prägungen. Um den übermäßigen Zufluss britischer Münzen zu verringern, prägten die Chinesen 1903-11 die Sichuan-Rupie (11,3 g, ø 30,5 mm) in Chengdu, auch in Stücken zu ½ und ¼. Diese Prägungen wurden 1930-42 in Kangding wieder aufgenommen. Eine Sondermünze (3,8 g, ø 25,8 mm), die die (kurzfristige) Rückkehr des Dalai Lama zwischen seinen Exilen 1909 und 1910 feierte. wurde anlässlich des Mönlam-Festes an Mönche verteilt.[9]

Unabhängigkeit

Tibetische 2 1/2 skar Kupfer Münze mit dem Datum 15-53 (= AD 1919), Avers
Tibetische 2 1/2 skar Kupfer Münze mit dem Datum 15-53(= AD 1919), Revers

Nachdem 1910-11 der chinesische Einfluss nochmal dominant war, versuchte die nun „unabhängige“ tibetische Regierung, den Zufluss ausländischer Währung zu verringern. Man begann verstärkt mit der Ausgabe eigener Münzen und Banknoten mit buddhistischen Motiven. Ab 1912 ist der Schneelöwe als Hoheitszeichen anzutreffen. Die einzige tibetische Goldmünze wurde 1918-21 in einer eigenen Prägeanstalt, der gser khang westlich des Norbulingka geprägt. Sie wog 11,1 g und hatte einen Durchmesser von 26,5 mm. Ursprünglich entsprach ihr Wert 13 Silber-srang. Inflation erhöhte dies bis 1921 auf 20 srang. Kupfermünzen zu 1 zho (4,2 g, ø 24 mm) wurden in großer Zahl geprägt. Aufgrund häufiger Fälschungen wurden 1932-38, auf den aus England importierten neuen elektrisch betriebenen Maschinen, 6 Millionen Münzen (5,6 g) eines neuen Typs geschlagen. Im Silbergehalt verminderte 3 srang-Münzen, etwa der indischen Rupie entsprechend, wurden 1933-34 geprägt. Nach dem Tod des 13. Dalai Lama wurde ihr Design (11 g, ø 31 mm) geändert. Ebenso geprägt wurden halbe Stücke.

Die 10 srang Münzen, die 1948-51 in verschiedenen Varianten ausgepägt wurden, enthielten nur noch 14% Silber, bei einem Gewicht von 16,7 g (ø 32,5 mm).

Die letzte in Tibet geprägte Münze

Tibetische Sonderprägung von 1953/54.Avers.
Tibetische Sonderprägung von 1953/54.Revers.

Die letzte originär tibetische Silbermünze ist eine 1953/4 geprägte 5 srang-Münze, die in einer Auflage von 331292 Stück hergestellt wurde. Das Muster auf dem Avers zeigt die acht buddhistischen Glűcksymbole. Im Zentrum des Revers ist ein Rad mit acht Speichen dargestellt. Hiermit ist das Rad der (Buddhistischen) Lehre oder „das Rad des Gesetzes“ (Tibetisch chos ´khor; Sanskrit dharma cakra) gemeint, welches durch Buddha in Bewegung gesetzt wurde. Im Zentrum seiner Achse sind zwei Komma-ähnliche Ornamente, die man als nor bu dga´ khyil (“sich drehender Freudenjuwel“) bezeichnet. Diese Münze aus gutem Silber nannten die Tibeter tangka dkar po gsar pa (“neuer weißer Tangka”).

Der Yuan Shikai Dollar

In der Zeit unmittelbar nach 1950 wurde der in Chengdu für Tibet nachgeprägte, Yuan Shikai Dollar populär. Diese Münze wurde von den chinesischen Besatzern u.a. eingesetzt, um tibetische Strassenarbeiter zu bezahlen und um sich das Wohlwollen einflussreicher Tibeter zu erkaufen. [10]

Banknoten

Hauptartikel: Tibetisches Papiergeld

Moderne Banknoten, die in ihrem Design sicher zu den ungewöhnlichsten aber auch ansprechendsten gehören, wurden ab 1912 im xylographischen Verfahren gedruckt, und ab 1913 in Tam-Nominale ausgegeben, jedoch hat sich für diese Nominale die Bezeichnung tangka eingebürgert. Die Noten wurden in Lhasa gedruckt, eine Seriennummer und Siegel (meist 2, ein rotes des Dalai Lama und ein schwarzes der Finanzverwaltung) dann von Hand oder maschinell eingefügt. In Silber umgerechnet war der (theoretische) Wert der Noten:

  • 5 tam = ¾ srang (Xylographien gültig bis 1936)
  • 10 tam = 1½ srang
  • 15 tam = 2¼ srang
  • 25 tam = 3¾ srang
  • 50 tam = 7½ srang. Neue Serie (maschinengedruckt) 1926-41

Die 50 Tam Noten von 1913 wurden häufig zum Schaden der Regierung gefälscht. Seit etwa 1932 wurde das Banknotenpapier in Kyemdong (Bezirk Dhagpo) hergestellt. Als Sicherheitsmerkmal wurde das Papier aus zwei verschiedenen Lagen, die aus unterschiedlichen Sträuchern, nämlich Daphne papyracea und D. bholua, gewonnen wurden, hergestellt.[11] Einzelne Klöster verausgabten Banknoten, die zum Kauf qualitativ hochwertiger Teeziegel verwendet werden sollten.[12] Chinesische Banken verausgabten in den 1930ern ihre Noten mit tibetischem Überdruck für die ehemalige Provinz Xikang, welche Teile von Osttibet und West-Sichuan umfasste.[13] Die ab 1939 ausgegeben Banknoten trugen die Nominale "srang".

  • 5 srang: 1942-5
  • 25 srang: 1950-55
  • 100 srang: 1939-49 und 1951-59

Die Banknotenausgabe endete 1959 mit dem Druck der letzten 100 Srang-Noten, seitdem ist der Renminbi alleiniges Zahlungsmittel. Während der Kulturrevolution dienten Bezugsscheine in gewisser Weise als Geldscheinsubstitut.[14]

Literatur

  • Bertsch, Wolfgang; The Currency of Tibet; Dharamśala 2002; ISBN 81-86470-32-8 (Katalog und umfassende Bibliographie nicht-tibetischer Quellen)
  • Bertsch, Wolfgang: “The Use of Tea Bricks as Currency among the Tibetans”. Der Primitivgeldsammler, Mitteilungsblatt der Europäischen Vereinigung zum Sammeln, Bewahren und Erforschen von ursprünglichen und außergewöhnlichen Geldformen (EUCOPRIMO). Jahrgang 27, Heft 1 (vol. 27, no. 1), Rüsselsheim, 2006, pp. 19-51.
  • Bertsch, Wolfgang: “The Kong-par Tangka of Tibet”. Journal of the Oriental Numismatic Society, no. 195, Croydon and Ringwood, spring 2008, p. 35-46.
  • Bertsch, Wolfgang: “Die Münzen von Tibet im Überblick”. Münzen Revue. International Coin Trend Journal, vol. 40, no. 9, H. Gietl Verlag & Publikations Service, Regenstauf, September 2008, p. 140 – 147.
  • Bertsch, Wolfgang and Rhodes, Nicholas: “The Use of Cut Coins in Tibet”. Mudraa. Journal of Nepal Numismatic Society, no. 1, Kathmandu, October 2007, p. 22-35.
  • Dahnke, K.-H.; Tibet: Handbuch der und Katalog der Marken und Stempel; Essen 1978, 1981 (Forschungsgemeinschaft China-Philatelie e. V.)
  • Gabrisch, Karl: Geld aus Tibet. Sammlung Dr. Karl Gabrisch, Winterthur and Rikon, 1990.
  • Hellrigl, Wolfgang; Gabrisch, Karl; Tibet: A Philatelic and Numismatic Bibliography; Santa Monica 1983
  • Rhodes, Nicholas G.: The Gaden Tangka of Tibet. Oriental Numismatic Society, Occasional Paper, no. 17, January 1983.
  • Rhodes, Nicholas G.: Tibetan Mints. Oriental Numismatic Society, Information Sheet no. 19, August 1978.
  • Shreshtra, Bhupendra Nayran; Tibetan Paper Currency; St. Albans (UK) 1987
  • Walsh, E.H.C.: “The Coinage of Tibet”. Memoirs of the Asiatic Society of Bengal, vol. II, no. 2, Calcutta 1907, p. 11-23.
  • Wang Haiyan: Xi zang di fang huo bi („Das regionale Geld von Tibet"). Zang xue wen ku (Tibetology Series). Qing hai ren min chu ban she (Qinghai People´s Publishing House/Qinghai Volksverlag), Xining, 2007.
  • Xiao Huaiyuan: Xi zang di fang huo bi shi ("Geschichte der Muenzen der lokalen tibetischen Regierung"), Min zu chu ban she (People´s Publishing Company) Beijing, 1987.
  • Zhu Jinzhong (chief editor), Wang Haiyan, Wang Jiafeng, Zhang Wuyi, Wu Hanlin, Wang Dui [dbang ´dus] and Tsering Pincuo: Zhong guo xi zang qian bi [Das Geld von Chinesisch Tibet] Xi zang zi zhi ou qian bi xue hui [Numismatischer Verein der Autonomen Region Tibet], Zhong hua shu ju, Beijing 2002, ISBN7 – 101 03360 – 1/Z . 449.
  1. a b c Bertsch, Wolfgang; The Currency of Tibet; Dharamśala 2002; ISBN 81-86470-32-8; Introduction
  2. zur Kaufkraft vgl.: Brauen, Martin; Peter Aufschneiter: Sein Leben in Tibet; Innsbruck 1983
  3. Aug. 1933: 24 khang = 12 karnga = 8 chegye = 6 cho = 4 trangha = 1½ Rupien = 1 ch. Tael:; Michel Briefmarken Katalog, Europa-Übersee 1934, Leipzig 1934, S 1573
  4. Lemke, Hans; Die Reisen des Venezianers Marco Polo; reprint: Köln 2001, ISBN 3-89340-004-4, S 319f
  5. 5 Pfund Butter = 1 ch. Silber-Dollar; vgl. Ekvall, Robert; Fileds on the Hoof …; New York 1968, S 60f
  6. Jordan, Reinhold; Ein Beitrag zum Teeziegelgeld; in: Die Münze, Vol 6 (1975), S 248ff
  7. Bertsch, Wolfgang: “Das in Tibet benutzte Geld im frühen 18. Jahrhundert nach einem Bericht des italienischen Kapuziners Domenico da Fano. (Currencies at Tibet of the early 18th century from an account of the Italian Capuchin Domenico da Fano)“. Der Primitivgeldsammler, Mitteilungsblatt der Europäischen Vereinigung zum Sammeln, Bewahren und Erforschen von ursprünglichen und außergewöhnlichen Geldformen (EUCOPRIMO). Jahrgang 29, Heft 1 (vol. 29, no. 1), Rüsselsheim, 2008, p. 3-8.
  8. Der Name kommt von den ersten beiden Silben der Münzinschrift, welche "dga' ldan pho brang phyogs las rnam rgyal" ("Der Gaden Palast, siegreich in alle Richtungen")lautet.
  9. Bertsch, Wolfgang: „The Silver Coin Presented by the 13th Dalai Lama to Monks in 1910 A.D.“ Tibet Journal, vol. 24, no. 4, Dharamsala, winter 1999, p. 22-34.
  10. Rhodes, Nicholas G.: A Communist Chinese Restrike. Spink’s Numismatic Circular, vol. 83, London, 1975, p. 239-240.
  11. Bower, Peter; Banknote Examination. Five Tibetan Banknotes …; London 1995 and Bower, Peter: “Splitting Tibetan Banknotes: An Investigation into the Structure of the Notes”. The Quarterly. The Journal of the British Association of Paper Historians, no. 41, London, January, 2002, p. 20-27.
  12. Bertsch, Wolfgang: “Tibetische Klostergeldscheine für den Kauf von Teeziegeln”. Der Geldscheinsammler, vol. 13, issue 7, Regenstauf, October 1999, p. 10-14
  13. vgl. Bertsch, Wolfgang; Bank Notes of the Farmer's Bank of China with Tibetan Overprints; in: Spink Numismatic Circular, Vol. CIX (2001), S 372f und Bertsch, Wolfgang: “Banknoten von West-China mit Legenden in tibetischer Schrift”. Münzen & Papiergeld. Zeitschrift für Münzen, Medaillen & Papiergeld. Regenstauf, Ausgabe März 2003 (03/2003), p. 141-151.
  14. vgl. Bertsch, Wolfgang; Tibetische Rationsscheine von 1960 bis 1996; in: Der Geldscheinsammler, Vol. 15 (2001), S 6-11, 25-8

Siehe auch


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