- Tiegelautomat
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Als Tiegeldruckpresse wird in der Drucktechnik eine Druckerpresse bezeichnet, bei der sowohl der Press- als auch der Gegendruckkörper je eine ebene Fläche bilden. Der flache Gegendruckkörper wird als Tiegel bezeichnet. Oft wird die gesamte Tiegeldruckpresse verkürzt Tiegel genannt.
Inhaltsverzeichnis
Druckprinzip
Tiegeldruckpressen sind Handpressen oder Druckmaschinen, die für den Hochdruck konzipiert sind und nach dem Druckprinzip Fläche gegen Fläche arbeiten. Der Bedruckstoff wird durch den Tiegel parallel auf die Druckform geführt und mit sehr hohem Anpressdruck bedruckt.
In einer Tiegeldruckpresse steht die Druckform oft senkrecht und wird durch eine rotierende Farbwalze eingefärbt. Der Bedruckstoff wird über einen mit einem Aufzug versehenen Drucktiegel mit einer großen Kraft in die Druckform gebracht. Die Einstellung der Druckstärke wird anhand eines drehbaren Hebelsystems oder über ein Keilsystem vorgenommen. Dies hat den Vorteil, dass die Druckstärke der jeweiligen Druckform angepasst werden kann, da jede Druckform eine andere Druckstärke benötigt.
Der Tiegel ist die bewegliche Gegenplatte, die den Aufzug trägt und normalerweise auch als Papieranlage dient.
Anwendung
Es ist nur möglich, Formate bis DIN A3 sauber auszudrucken. Deshalb werden Tiegelpressen vor allem für den Druck kleinformatiger Erzeugnisse verwendet, zum Beispiel für den Druck von Prospekten. Gusseiserne Tiegeldruckpressen finden auch im Prägedruck Anwendung.
Konstruktionsarten
Es wird je nach der Anordnung der Druckform, Aufbau des Fundaments und der Tiegelbewegung werden unterschieden.
- Spindelpresse (Schraubenpresse)
- Stanhope-Presse (Kniehebelpresse)
- Boston-System: Sie wurde von Isaac Adam gebaut und wird vor allem in Kleinbetrieben im Akzidenzdruck eingesetzt. Das Fundament steht senkrecht und fest. Der Tiegel bewegt sich um eine Welle unterhalb des Fundaments auf die Druckform zu.
- Liberty-System: Das Satzfundament ist beweglich und auf einer Welle zusammen mit der Papieranlage. Der Liberty-Tiegel hat zwei gleich aufgebaute Seiten für den Tiegel und das Druckfundament, die beim Druck um einen gemeinsamen Drehpunkt aufeinander zu klappen.
- Gally-System: Das Satzfundament steht fest, während die Papieranlage auf einer Gleitbahn liegt. Die Gally-Tiegelpresse hat einen frei gelagerten Tiegel, der über ein System aus Gleitschienen, Knaggen und Schub-/Zugstangen parallel an das Fundament herangeführt wird. Das Fundament steht senkrecht. Der Tiegel nimmt kurz vor dem Druck eine parallele Stellung zum Fundament ein und wird durch Zugstangen an die Druckform gepresst.
- Gordon-System: Das Satzfundament ist beweglich auf einer Welle, während die Papieranlage beweglich auf einer separaten Welle liegt. Der Tiegel und das Fundament bewegen sich um getrennte Achsen aufeinander zu.
Tiegelautomat
Der Begriff Automat unterscheidet den Handtiegel vom vollautomatisch arbeitenden System, dem Tiegelautomaten. Beim Automaten sind sowohl die Papieranlage und die Einfärbung als auch die Auslage unabhängig vom Bediener. Tiegeldruckautomaten werden noch heute für Stanz- und Prägearbeiten in der modernen Druckerei eingesetzt. Es ist beispielsweise möglich, Hologramme auf bereits bedruckte Materialien aufzubringen. Da beim Tiegel zwei flache Flächen aufeinander drücken, wird der Bedruckstoff keiner mechanischen Belastung ausgesetzt, die zum Reißen oder Brechen führen können. Daher können sogar Plastikkarten (z.B. EC-Karten) auf diese Weise mit Hologrammen und Signierstreifen versehen werden.
Unterschieden wird in Tiegelautomaten mit Propellergreifersystem (Original Heidelberger Tiegelautomat (windmill), GrafoPress-Tiegeldruckpresse) und Tiegelautomaten mit separatem Anlegesystem (z. B. Kobold-Automat, PhönixA-Tiegel oder Victoria-Tiegeldruckpresse).
Jede Tiegelart hat spezifische Vor- und Nachteile im Druckbetrieb. In Deutschland konnten sich nur die Gally- (Beispiel Victoria Pressen) und die Bostonpresse (Beispiel Heidelberger OHT) durchsetzen.
Die Stundenleistung der Tiegelautomaten liegt bei etwa 4.500 Drucken. Dieses Tempo kann aber nur bei Arbeiten, die nicht registerhaltig sein müssen, auch genutzt werden. In der heutigen (2008) Praxis wird man selten erleben, dass ein Tiegelautomat jenseits seiner Minimalgeschwindigkeit von 1.500 Druck eingesetzt wird. Neben der Registerproblematik spielt dabei auch eine Rolle, dass bei dieser extrem niedrigen Geschwindigkeit der Verschleiß vernachlässigt werden kann: selbst die allerjüngsten Tiegelautomaten sind inzwischen fast 40 Jahre alt.
Auch der Mehrfarbdruck ist möglich.
Druckfarben, die in Tiegeldruckmaschinen zum Einsatz kommen, müssen über eine geringe Zügigkeit verfügen, damit der bedruckte Bogen nach dem Druck problemlos aus der Presse genommen werden kann.
Handtiegel
Als Handtiegel bezeichnet man kleine Druckpressen nach dem Tiegeldruckprinzip, die durch Muskelkraft angetrieben werden. Diese meist handangetriebenen Pressen wurden vorrangig für Akzidenzen verwendet also Visitenkarten, Briefpapier, Trauerkarten. Sie waren in der Anschaffung sehr viel günstiger als die automatischen Tiegel und konnten daher auch von kleinen Druckereien betrieben werden.
Handtiegel wurden seit ca. 1800 gebaut und stellen bis heute die Mehrzahl aller jemals gebauten Druckpressen dar. Sie werden im Formatbereich von ca. Briefmarkengröße bis A3+ gebaut. Darüber wird die zu erzeugende Druckkraft zu groß und der Tiegel mit Maschinentrieb bevorzugt. Schwungradgetriebene Handtiegel (Schwungerzeugung durch Handantrieb und Vorgelege) sind auch bekannt (z.B. Hogenforst EXPRESS). Die Farbwalzen (bis DIN A4 meist zwei Stück, bei DIN A3 meist drei) werden beim Handtiegel teilweise durch eine oder mehrere Verreibewalzen unterstützt. Handtiegel gibt es vorrangig in der Boston-Bauweise aber auch als Gally- oder Liberty-Tiegel.
Eine Sonderbauform sind die ganz kleinen Tiegel (Visitenkarten und etwas größer), die die Boston-Bauweise ohne Kniegelenk verwendet.
Durch eine Aufwärtsbewegung des Handgriffs öffnet sich der Tiegel. Anschließend wird das Papier von Hand in die Presse eingelegt. Das Färben wird über zwei Auftragswalzen vorgenommen. Die Druckform wird mit zwei Schließwerkzeugen in den Rahmen geschlossen. Anschließend wird sie in das Formbett des Tiegels gegeben und dort befestigt. Der Drucktiegel wird mit der Hand über das Kniehebelsystem an die Druckform gepresst. Nach dem Druck wird der Handgriff nach oben gedrückt und der Tiegel öffnet sich. Der bedruckte Bogen kann entnommen werden.
Geschichte und Entwicklung
Um 1450 hat Johannes Gutenberg eine bereits vorhandene Spindelpresse seinen Zwecken angepasst und sie mit einem Mechanismus versehen hat, welcher gestattete, Form und Papier leicht unter den druckenden Teil der Presse und ebenso leicht wieder aus demselben herauszubringen.
Die erste Abbildung einer Buchdruckpresse gibt 1507 das Druckerzeichen des Pariser Buchdruckers Iodocus Badius; es zeigt die Presse aus Holz, wie sie noch viereinhalb Jahrhunderte nach der Erfindung gebraucht worden ist, in ihren charakteristischen, noch sehr rohen Formen.
Die Hauptteil einer solchen sind das Gestell und der Karren. Ersteres besteht aus zwei senkrechten, durch einen oberen Querbalken (Krone) verbundenen Seitenwänden (Wangen); ein unterer Verbindungsbalken trägt die Schienen, auf welchen der Karren, d. h. der die Drucksorm tragende Teil der Presse, mit Fundament (einer geschliffen Eisenplatte), Deckel und Rähmchen vermittelst Kurbel und Treibgurt in und aus der Presse gedreht (ein- und ausgefahren) wird. Der Druck wird ausgeübt durch den Tiegel, dieser aber, eine Platte aus Metall (an den ältesten Pressen aus Holz), hängt an Hakenstangen horizontal am untern Ende einer mächtigen Schraube, der Pressspindel, welche in zwei zwischen den Presswänden befindlichen inneren Verbindungsbalken läuft, von denen der obere in Zapfenlöchern mit elastischen Lagern ruht, während der untere (die Brücke) feststeht; sie ist oben umfasst von einer kräftigen Schraubenmutter, unten übt sie mit gehärteter Stahlspitze ihren Druck auf die Mitte des Tiegels in einer Pfanne aus. Von der Mitte der Spindel steht waagerecht ab ein starker eiserner Hebel mit Holzgriff (Bengelscheide) und Schwungkugel, der Pressbengel; dessen Heranziehen bewirkt den Niedergang des Tiegels, resp. die Ausübung des Druckes.
Der Deckel sitzt in Gewinden am Karren, ebenso das Rähmchen an ersterem; im Deckel aber werden durch Schraubenköpfe die Punkturen, an gabelartigen, verstellbaren Eisen befindliche Stahlspitzen, gehalten, in welche die Bogen vor dem Druck eingestochen werden, um beim Druck der zweiten Form (des Widerdrucks) genau Register halten zu können, d. h. der Druck muss so erfolgen, dass die Seiten der Vorder- und die der Rückseite sich durchaus decken.
Das Rähmchen hat den Angelegten Bogen im Deckel festzuhalten und ihn vor dem Beschmutzen an den weiß bleibenden Stellen zu schützen; es wird deshalb vor Beginn des Druckes ganz mit Papier beklebt, und nur diejenigen Stellen werden ausgeschnitten, welche aus dem Bogen wirklich bedruckt werden sollen.
Zur Presse gehört der Farbtisch, auf welchem die Farbe dünn ausgestrichen und mit der Walze verrieben, dann aber auf die Form durch wiederholtes Überrollen mit der Walze „auf-getragen“ wird.
Der erste Verbesserer der Presse soll etwa hundert Jahre nach Gutenberg ein Buchdrucker, Danner, zu Nürnberg gewesen sein, indem er die bis dahin aus Holz oder Eisen angefertigt Spindel durch eine solche aus Messing ersetzte; ihm folgte um 1620 der Holländer Willem Janszoon Blaeu, welcher oberhalb des Tiegels (unter der so genannten Brücke) eine nach unten gebogene, stark federnde Platte anbrachte, die durch ihr Geradewerden beim Druck demselben seine stoßartige Plötzlichkeit nahm und ihn verstärkte, zugleich aber auch bei dessen Nachlassen den Pressbengel zurückschnellte.
Eine fast in allen Teilen ans Eisen konstruierte Presse schuf zuerst der Schriftgießer Wilhelm Haas (1772), und sein gleichnamiger Sohn und Nachfolger verbesserte dieselbe.
Die Haassche Presse war einem Prägewerk nachgebildet, und wie bei diesem befand sich der Bewegungsmechanismus, der Bengel, oberhalb des gusseisernen Pressgestells. Die Verbreitung der Haasschen Presse wurde durch zünftlerische Engherzigkeit beeinträchtigt.
Im April 1789 stellte der Hofdrucker Philippe-Denis Pierres die erste Konstruktion einer Klapptiegelpresse in Paris vor. In einem kastenförmigen Holzgestellt ruhte das Fundament mit der Druckform. Darunter war ein Exzentersystem angebracht. Dieses erzeugte anstelle der Spindel den Anpressdruck. Der Tiegel war durch Eisenscharniere am Gestell befestigt. Der Druckvorgang gestaltete sich genauso wie bei vorherigen Pressen, allerdings wurde ein stärkerer Anpressdruck ausgeübt. Dies ermöglichte das volle Ausdrucken der Druckform. Außerdem war mit dieser Presse ein leichteres Zurückschwenken in die Ausgangsposition möglich.
Eine Presse ganz aus Eisen baute um 1800 Charles Stanhope, deren kräftig wirkender Mechanismus den Druck einer Form mit einem einzigen Zug, mit einer Hand ausgeführt, gestattete, während die Holzpresse deren zwei und das Ziehen mit beiden Händen erforderte.
Mit Hilfe des Technikers Walker wurde die Stanhope-Presse hergestellt, welche zuerst in der Druckerei Bulmers, eines damals renommierten Druckers in London, zur Aufstellung kam.
Unabhängig von Stanhope hatte auch Friedrich Koenig gestrebt, die Presse zu verbessern;
Am 29. März 1810 erhielt Friedrich Koenig ein Patent auf seine Tiegeldruckmaschine. Im April 1811 erfolgte der erste Druck des „Annual Registers“ für 1810 in einer Auflage von 3.000 Exemplaren. Die Druckleistung dieser Maschine lag bei 400 Bogen pro Stunde.
Im Vergleich zu vorherigen Tiegeldruckmaschinen konnte diese einige Neuerungen vorweisen.
Des Weiteren war ein Mühlwerk eingesetzt worden, das den Antrieb gewährleistete. Es gab zwei Auftragswalzen, wobei eine die Druckform bei ihrem Hinlauf und die andere bei ihrem Rücklauf einfärbte. Dieses wurde durch ein abwechselndes Heben und Senken erreicht. Die Färbung wurde durch den Einsatz einer Farbbüchse mit einer dreifachen Führung verbessert.
Die Vorwärts- und Rückwärtsbewegung des Karrens erfolgte durch Treibriemen oder eine Kette über ein Schnurenrad und Endrollen. Das mechanische System wurde insofern verändert, als dass eine Bewegung des Tiegels und des Karrens erreicht wurde, die ein zweimaliges Stillstehen des Karrens während der Auf- und Abbewegung des Tiegels ermöglichte
Diese erste Tiegeldruckmaschine von Friedrich Koenig konnte sich nicht durchsetzen und ein Jahr später wurde sie neu entwickelt. Nach jahrelangen Mühen gelangte er zur Erfindung der Schnellpresse, bei der das Prinzip der Tiegelpresse "flach gegen flach" durch das neue Prinzip "flach gegen rund" ersetzt wurde. Doch war auch diese zuerst nur eine Handpresse mit mechanischer Färbung und ebensolchem Betrieb.
Eine sehr kräftig wirkende Presse schuf 1817 der Amerikaner George Clymer in der Columbiapresse, bei welcher die Schraubenspindel durch ein kombiniertes Hebelwerk ersetzt und die Presse selbst zum Druck der schwersten Formen geeignet gemacht, die Arbeit aber dem Drucker durch den vortrefflich konstruierten Mechanismus wesentlich erleichtert wurde.
Die „verbesserten Konstruktionen“ folgten sich jetzt rasch, so die „schottische Presse“ von John Ruthven, bei welcher nicht, wie bei allen bisher gebräuchlichen, der Tiegel, sondern das Fundament feststand, während ersterer auf Rollen hin- und hergeführt wurde; zu allgemeiner Aufnahme gelangten aber erst die Pressen der Amerikaner W. Hagar und S. Rust, die Hagarpresse und die Washingtonpresse, erstere zuerst in Deutschland von Christian Dingler in Zweibrücken gebaut und nach ihm Dinglerpresse genannt.
Sie übt den Druck durch Geradestellung eines oder mehrerer Kniee beim Anziehen des Bengels aus und wirkt sehr kräftig bei einfachster Konstruktion. Die gleichen Prinzipien liegen den seit Dingler in Deutschland von zahlreichen anderen Fabrikanten gebauten Pressen zu Grunde, und auch die Albionpresse, jetzt in England allgemein verbreitet und zuerst erbaut von R. C. Cope, ist nur eine vereinfachte und verbesserte Hagarpresse, deren Grundprinzipien von den Pressenerbauern in Belgien und Frankreich ebenfalls adoptiert und je den Bedürfnissen entsprechend angewendet worden sind.
Die Schnellpressen und Accidenzmaschinen haben indes den Handpressen jetzt nur noch ein sehr beschränktes Arbeitsgebiet gelassen.
Siehe auch
Literatur
- Funke, Fritz: Buchkunde. 6. Auflage. München: K.G. Saur Verlag, 1999. ISBN 3-598-11390-0
- Gerhardt, Claus W.: Geschichte der Druckverfahren. Teil II. Der Buchdruck. Stuttgart: Anton Hiersemann Verlag, 1975. ISBN 3-7772-7521-2
- Gutenberg Museum Mainz (Hrsg.): Von Gutenberg zum WorldWideWeb. Wien: Dachs Verlag, 2002.
- Hiller, Helmut und Füssel, Stephan: Wörterbuch des Buches. 6. Auflage. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann Verlag, 2002. ISBN 3-465-03220-9
- Liebau, Dieter und Weschke, Hugo: Polygraph Fachlexikon der Druckindustrie und Kommunikationstechnik. Frankfurt am Main: Polygraph Verlag, 1997.
- Wilkes, Walter: Buchdruck-Schnellpressen und Endlos-Rotationsmaschinen des 19. Jahrhunderts. Band1. Darmstadt: Technische Universität Darmstadt, 2004. ISBN 3-88607-152-9
- Wolfsturm, Hans-Jürgen und Burkhardt, Hermann: Hochdruck. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag, 1994. ISBN 3-473-48382-6
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