Titus Flavius Vespasianus

Titus Flavius Vespasianus
Vespasian

Vespasian (ursprünglich Titus Flavius Vespasianus, als Kaiser Caesar Vespasianus Augustus; * 17. November 9 in Falacrinae; † 23. Juni 79 in Aquae Cutiliae) war vom 1. Juli 69 bis 23. Juni 79 römischer Kaiser. Er konnte den Bürgerkrieg und die Auseinandersetzungen um das Kaiseramt im Vierkaiserjahr 69 n. Chr. für sich entscheiden und wurde der erste römische Kaiser aus der flavischen Dynastie.

Während seiner zehnjährigen Herrschaft gelang es ihm, das Reich sowohl politisch als auch finanziell zu stabilisieren, wobei er sich auch durch seinen Charakter positiv von Vorgängern wie Caligula oder Nero abhob. Mit Vespasian bestieg ein Mann den Thron, der wegen seiner toleranten und weltoffenen Art eine Ausnahmeerscheinung in dieser Position darstellt. Er galt und gilt als einer der bedeutendsten Kaiser und wird in diesem Zusammenhang mit Augustus und Trajan in eine Reihe gestellt.

Inhaltsverzeichnis

Leben bis zum Herrschaftsantritt

Jugend und erste Ämter

Vespasian

Vespasian wurde am 17. November 9 n. Chr. in Falacrinae (in der Nähe des heutigen Rieti) als Titus Flavius Vespasianus geboren. Sein Vater Flavius Sabinus gehörte zum Ritterstand und war Beamter in Aventicum, wo Vespasian einen Teil seiner Jugend verbrachte. Vespasian war somit der erste Kaiser, der nicht der Senatsaristokratie entstammte. Ein Bruder seiner Mutter Vespasia Polla war allerdings bereits in den Senatorenstand erhoben worden.

Vespasian und sein Bruder Sabinus waren die ersten Mitglieder ihrer Familie, die senatorische Posten erreichten. Vespasians Karriere brachte ihn unter Tiberius als Militärtribun nach Thrakien. Er war außerdem Quaestor der Provinz Creta et Cyrene. Es gelang ihm, sich bei Caligula einzuschmeicheln, und so wurde er im Jahre 40 Praetor.

Aufstieg unter Claudius

In den Jahren 43 und 44 befehligte Vespasian während der Eroberung Britanniens die legio II Augusta, was ihm die Insignien eines Triumphators und in der Folge zwei Priesterämter einbrachte. 51 wurde er Konsul, später noch Prokonsul über die Provinz Africa. Da er nicht, wie die meisten seiner Vorgänger, in die eigene Tasche wirtschaftete, ging er beinahe bankrott und musste von seinem Bruder aus großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten errettet werden.

So karrierebewusst er seine öffentlichen Ämter ausübte, so unüblich war die Wahl seiner Frau, Flavia Domitilla. Domitilla war die ehemalige Mätresse eines Ritters und zunächst nicht einmal im Besitz des vollen römischen Bürgerrechts. Diese Wahl hinderte Vespasian aber nicht daran, die beiden Söhne, welche dieser Ehe entsprangen, Titus und Domitian, später zu seinen Nachfolgern zu bestimmen. Die Mutter seiner Söhne starb allerdings noch vor seinem Regierungsantritt.

Nach dem frühen Tod Domitillas lebte Vespasian mit Antonia Caenis zusammen, einer Freigelassenen der jüngeren Antonia. Aufgrund des Standesunterschieds wählte er für diese Verbindung die Form des Konkubinats, die im römischen Recht als zweite Form der monogamen heterosexuellen Beziehung neben der Ehe anerkannt war. Caenis verfügte als ehemalige Privatsekretärin der Kaisermutter über großen Einfluss am Hof des Claudius und konnte auf diese Weise den Aufstieg ihres Partners hervorragend unterstützen. Als Vespasian Kaiser geworden war, trat sie in der Öffentlichkeit als seine Gattin auf und war ihrem immer neue Einnahmequellen suchenden Lebensgefährten bei seinen finanziellen Transaktionen behilflich. Dabei konnte sie auch selbst ein beträchtliches Vermögen ansammeln. Sie starb 73 oder 74.

Vespasian unter Nero

Denar des Vespasian

Nero machte Vespasian zu einem seiner offiziellen Gefährten, die ihn auf seinen Gesangstourneen nach Griechenland begleiten mussten. Vespasian soll während eines dieser Vorträge eingeschlafen und dafür beim Kaiser in Ungnade gefallen sein. Er wurde aber bald wieder in Gnaden aufgenommen, da Nero einen unverdächtigen Heerführer für den Osten brauchte, um die Gefahr einer Militärrevolte gegen seine zunehmend unbeliebte Herrschaft zu verringern.

So übernahm Vespasian das Kommando über die Niederschlagung des Jüdischen Aufstands. Er rückte 67 an der Spitze dreier Legionen, darunter eine unter dem Kommando von Trajans Vater Marcus Ulpius Traianus, und starker Hilfstruppen, insgesamt rund 60.000 Mann, in der Provinz Iudaea ein. Offensichtlich wurde der Flavier auch weiterhin als loyal angesehen. Die Kämpfe zogen sich über Jahre hin, verliefen aber letztlich für die Römer erfolgreich. Erst als Vespasian bereits Kaiser war, wurde der Aufstand von seinem Sohn Titus blutig niedergeschlagen; Flavius Josephus berichtet darüber in seinem Geschichtswerk Bellum Iudaicum.

Das Vierkaiserjahr

Als Vespasian von Neros Suizid erfuhr, setzte er zunächst auf den greisen Galba. Doch die Wirren des Vierkaiserjahrs verstand er am Ende selbst am besten zu nutzen. Nach dem Tod Galbas und Othos übernahm Vitellius die Macht. Nun wurde auch Vespasian aktiv. Er traf sich mit dem Statthalter von Syrien, Gaius Licinius Mucianus, um über ihr weiteres Vorgehen zu beraten. Mit Unterstützung des Statthalters von Ägypten, Tiberius Iulius Alexander, planten sie nun die Rebellion. Berichte über eine spontane Akklamation Vespasians gehören eher in den Bereich der Propaganda, als relativ sicher gilt aber, dass er am 1. Juli 69 von Iulius Alexander zum Kaiser ausgerufen wurde. Jedenfalls bekannten sich bis August des Jahres 69 alle Legionen im Orient und an der Donaugrenze zu Vespasian, der damit über das Gros der Armee verfügen konnte.

Die flavischen Truppen unter Mucianus sollten nach Italien marschieren, während Vespasian sich nach Ägypten begab, um die Getreideversorgung Roms in seine Hand zu bekommen. Die Beendigung der Belagerung von Jerusalem legte er in die Hände seines Sohnes Titus. Diese Planungen wurden jedoch hinfällig, als die Donaulegionen unter Marcus Antonius Primus, offenbar aus eigener Initiative, in Italien einfielen, um Vespasian den Thron zu sichern. Primus konnte sich schließlich durchsetzen und marschierte am 20. Dezember 69 in Rom ein, wo es ebenfalls zu Kämpfen zwischen Anhängern Vespasians und Anhängern des Vitellius gekommen war. Vespasians Bruder Sabinus, der sich auf dem Kapitol verschanzt hatte, kam dabei ums Leben. Vitellius selbst hatte sich nach der Auflösung seiner Truppen, die sich bei Carsulae nördlich von Rom den flavischen Truppen ergeben hatten, versteckt, war jedoch gefunden und schließlich getötet worden. Das Reich fiel nun Vespasian zu, der Mitte 70 in Rom eintraf, wo Mucianus solange für Ruhe gesorgt hatte. Mit der so genannten lex de imperio Vespasiani (die nur fragmentarisch erhalten ist) wurden ihm alle Vollmachten eines Princeps übertragen.

Vespasian als Kaiser

Militär- und Verteidigungspolitik

Nach dem Bürgerkrieg stand Vespasian vor einem ähnlichen Problem wie vor ihm schon Augustus: Es gab zu viele Legionen. Wie Augustus entließ er diese nach und nach, stellte aber auch drei neue auf; am Ende standen 29 Legionen unter Waffen. Er bewies dabei großes Fingerspitzengefühl und sorgte für die notwendige finanzielle Abfederung, ohne diese zu übertreiben. Veteranen wurden in Kolonien angesiedelt, vor allem auf dem Balkan und in Africa, was sich bei der Romanisierung dieser Regionen als hilfreich erwies.

Auch das Heer wurde reorganisiert. Die Rheinlegionen entmachtete Vespasian, indem die großen Lager am Rhein abgebrochen und die Truppen auf kleinere Lager entlang der Grenzen verteilt wurden. Dabei wurde darauf geachtet, die Truppen möglichst inhomogen zu halten, so dass keine Volksgruppe innerhalb einer Einheit die Oberhand gewann. Dies trieb die Romanisierung der linksrheinischen Gebiete voran und sicherte Vespasian die Loyalität der Truppen. Anders als Vitellius legte er auch Wert darauf, jenen Tag als seinen ersten im Amt zu kennzeichnen (dies imperii), an dem ihn die Truppen zum Herrscher ausgerufen hatten. Um die Grenze am Rhein zu verkürzen, wurden das so genannte Dekumatland (agri decumates) dem Reich einverleibt, das Gebiet zwischen Donau und Hochrhein. Auch wurden mehrere Legionslager wieder instandgesetzt, unter anderem Mogontiacum, Bonn und Neuss. Mit der Errichtung der ersten Limites wurde auch deutlich gemacht, dass Vespasian einer Defensivpolitik den Vorzug vor Eroberungen gab. Nach dem Aufstand des Batavers Julius Civilis (69/70) wurde die Stärke der Rheinarmee verringert und auch ihre Zusammensetzung verändert. Einige Legionen, die durch ihre Beteiligung während des Bürgerkriegs als unzuverlässig galten, wurden sogar ganz aufgelöst. Die germanischen Auxiliareinheiten wurden ebenfalls aufgelöst und neu aufgestellt, Truppen aus Klientelstämmen wurden nun römischen Offizieren unterstellt.

In Britannien wurde Vespasian in der Grenzsicherung aktiv: Er leitete die endgültige Eroberung der Insel bis zur Grenze des heutigen Schottlands ein. Wir sind darüber relativ gut informiert, da der Historiker Tacitus in seinem Werk Agricola, seinem gleichnamigen Schwiegervater gewidmet, auch auf die römische Politik in Britannien eingeht. Die Eroberung der Insel wurde aber nicht mehr zu Lebzeiten Vespasians abgeschlossen.

Auch im Osten arrondierte Vespasian die Grenzen. Nach der Niederschlagung des Jüdischen Aufstands wurden mehrere Klientelreiche wie Kommagene annektiert und Truppen in Kleinasien stationiert: Die legio XVI Flavia Firma bezog in Samosata Quartier, während die legio XII Fulminata in Melitene Garnison bezog. Offensichtlich erwartete Vespasian, der den Osten aus eigener Erfahrung recht gut kannte, einen Konflikt mit den Parthern, den östlichen Nachbarn Roms, und sorgte für die entsprechenden Vorkehrungen im Falle einer Konfrontation. Die Grenzbegradigung im Osten sollte Rom jedenfalls in Zukunft von Nutzen sein und nicht als das geringste Verdienst der Flavier angesehen werden, die zudem auch die Infrastruktur durch den Bau zusätzlicher Straßen verbesserten.

Finanzpolitik

Vespasians Erfindungsreichtum bei der Vermehrung der Staatseinnahmen war bekannt. So hatte er aufgrund der hohen Schulden, die Nero hinterlassen hatte, eine Latrinensteuer eingeführt. Als sich sein Sohn Titus bei ihm darüber beschwerte, hielt Vespasian Titus eine Münze hin, die aus dieser Steuer stammte. Titus musste eingestehen, dass sie nicht stank, woraufhin Vespasian ihm entgegenhielt: „Und dennoch stammt sie aus dem Urin.“[1] Hieraus dürfte die Redewendung „Geld stinkt nicht“ entstanden sein.

Tatsächlich übernahm Vespasian einen Staat, der nach den Eskapaden seiner Vorgänger so gut wie bankrott war. Vespasian sanierte die öffentlichen Haushalte mit großem Erfolg, wobei er die Steuerfreiheit von Achaea, die Nero aufgrund seines Philhellenismus gewährt hatte, sofort wieder rückgängig machte. Er richtete auch drei Spezialkassen ein: fiscus Iudaicus, fiscus Alexandrinus und fiscus Asiaticus. Sicherlich half bei der Sanierung der Finanzen auch die Beute aus dem Jüdischen Krieg, aber auch in Italien erschloss er neue Steuerquellen. Seine Maßnahmen belegten dabei jenes Fingerspitzengefühl, das er auch bei der Entlassung der Truppen bewies. Er erhöhte zwar die Steuern, ließ aber zunächst einmal Steuersünder verfolgen und Rückstände eintreiben. Auch verkaufte er zwar öffentliche Ämter an Meistbietende, anders als seine Vorgänger enteignete er aber nie aus bloßer Geldgier einen politischen Gegner.

Hatte er zum Beginn seiner Amtszeit noch einen hohen Sanierungsbedarf ermittelt, so hinterließ er bei seinem Tod geordnete Kassen und keine Schulden. Seine Finanzpolitik wurde auch von Sueton und Tacitus gelobt.

Politische Reformen und Herrschaftssicherung

Vespasian, der öffentlich gerne behauptete, sich an der augusteischen Politik zu orientieren, betrieb in Wahrheit die zentralistische des Claudius. Es ging ihm um die Alleinherrschaft, was man schon daran ersehen kann, dass er 73 das Amt des Zensors wieder einführte, das er auch zunächst selbst bekleidete, und das ihm dabei half, die Senatoren zu kontrollieren; ebenso bekleidete er mehrmals das Konsulat. Gleichzeitig schmeichelte er dem Senat damit, dass er regelmäßig dessen Sitzungen besuchte, ohne ihm allerdings mehr Rechte einzuräumen oder darauf zu verzichten, vorsichtig die Gegner seiner Politik aus dem Gremium entfernen zu lassen. Insgesamt unterhielt er jedoch gute Beziehungen zum Senat. Ein Nebeneffekt seiner Politik war, dass die Rekrutierungsbasis für den Senat verbreitert wurde und immer mehr Senatoren aus den Provinzen stammten, was möglichen Intrigen alteingesessener Senatoren von vornherein erschwerte. Auch betrieb Vespasian geschickte Propaganda, indem er den Zustand des Imperiums in der Zeit Neros einem Neubeginn unter seiner Herrschaft gegenüberstellte. Auf Münzen wurde Vespasian etwa als Verteidiger der Freiheit des römischen Volkes gefeiert.[2]

Dem Prozessstau, der sich durch den Bürgerkrieg gebildet hatte, weil der Senat mit seinen Aufgaben nicht mehr fertig werden konnte, begegnete Vespasian durch eine Verfahrensbeschleunigung. Die Romanisierung des Reiches machte, wie oben bereits angesprochen, unter Vespasian einige Fortschritte. Hispanien erhielt sogar das latinische Bürgerrecht (ius Latii), eine Vorstufe zum römischen Bürgerrecht. Zur Verwaltung des Reiches legte Vespasian mit den Jahren immer mehr Aufgaben in die Hand seines Sohnes Titus, den er damit systematisch zu seinem Nachfolger aufbaute. Dieses Vorgehen forderte zwar einigen Widerstand heraus, aber nachdem Titus Prätorianerpräfekt und selbst auch Zensor geworden war, hatte Vespasian Fakten geschaffen, gegen die kein echter Widerstand mehr möglich war. Damit schuf sich Vespasian eine durch familiäre Bindungen abgesicherte Herrschaftsbasis, und musste nicht befürchten, von einem ehrgeizigen Prätorianerpräfekten gestürzt zu werden, zumal sich Titus, der militärisch begabt war, aber bevor er nach dem Tod Vespasians 79 selbst Kaiser wurde auch einige menschlichen Schwächen offenbarte, loyal verhielt. Nur Domitian, Vespasians zweiter Sohn, sah sich offenbar zurückgesetzt, verhielt sich aber dennoch treu gegenüber seinem Vater.

Vespasian war gewissenhaft und fleißig, wenn es um die Regierungsgeschäfte ging, darüber hinaus aber auch beim Volk beliebt. Er galt als bürgernah und bodenhaftig, zumal er auf Kritik nicht mit der bei seinen Vorgängern üblichen Paranoia reagierte, sondern diese zumeist gelassen hinnahm, wenngleich es gerade Widerstand aus philosophischen Kreisen gab, denen besonders die erkennbare zentralistische Tendenz des Staates missfiel. Dabei manifestierte sich die Opposition vor allem in der Person des Helvidius Priscus, der das (freilich inzwischen anachronistische) Ideal der res publica libera hochhielt. Er wurde zunächst nur verbannt, später aber hingerichtet (entweder 71, als mehrere kynische Philosophen aus Rom ausgewiesen wurden, oder 74, als es zu einer allgemeinen Ausweisung aus Rom und wohl auch ganz Italien kam). Möglicherweise geht diese Hinrichtung auf das Konto des Titus, der Helvidius nicht besonders gewogen war. Dennoch förderte Vespasian auch zahlreiche Gelehrte. So wurde in seiner Regierungszeit der erste Lehrstuhl für Rhetorik in Rom eingerichtet. Insgesamt ist aus Vespasians Zeit auch nur eine Verschwörung bekannt, die das Ziel hatte, ihn zu beseitigen. Diese wurde aber 79 aufgedeckt. Auch im Privatleben, das sich deutlich von dem Neros oder Caligulas unterschied, galt er als ein zurückhaltender und bescheidener Mann.

Das Kolosseum

Bautätigkeit

Durch gewaltige öffentliche Investitionen, vor allem auf dem Bausektor, kurbelte Vespasian die Wirtschaft des Römischen Reiches an, zumal von einem princeps Bauvorhaben innerhalb der Hauptstadt erwartet wurden. So ließ er das Kapitol wiederaufbauen, das während der Kämpfe 69 zerstört worden war, sowie einen Friedenstempel bauen, den Plinius der Ältere unter die Weltwunder einreihte. Am bekanntesten dürfte allerdings das flavische Amphitheater sein, dessen Bau er initiierte und das heute als Kolosseum bekannt ist. Aber auch in den Provinzen, wo neue Straßen und Brücken angelegt wurden, entfaltete Vespasian eine rege Bautätigkeit.

Tod und Nachfolge

Titus

Vespasian war in vielerlei Hinsicht anders als seine Vorgänger, und anders war auch sein Ende: Er starb eines natürlichen Todes. Er weilte 79 gerade in Kampanien, als er erkrankte und sich zur Kur in ein Heilbad nahe seiner Heimatstadt begab. Dort erlitt er am 23. Juni 79 einen schlimmen Durchfall, der ihn beinahe ohnmächtig werden ließ. Er versuchte sich noch aufzurichten, was ihm allerdings nicht mehr gelang.[3] Nachfolger wurde ohne Schwierigkeiten sein Sohn Titus, der bald schon als mustergültiger Herrscher galt – ähnlich wie sein Vater, der das Reich nach den Wirren des Vierkaiserjahrs wieder stabilisiert und gefestigt hatte.

Persönlichkeit

Sueton und Tacitus, die beiden wichtigsten erzählenden Quellen für Vespasians Regierungszeit, beschreiben ihn als bescheidenen Mann von mittlerer Größe und kräftiger Erscheinung mit einem allzeit angespannten Gesichtsausdruck. Mit seiner Herrschaft änderten sich auch die Abbildungen der Herrscher. Während sich noch der 70-jährige Augustus in Standbildern als jugendlicher Held abbilden ließ, zeigen die Abbilder Vespasians wesentlich mehr Realismus und weniger Idealisierung. Vespasian galt als bodenständig und volksnah, zudem als humorvoll bis zum Zynismus, was die ihm von Sueton zugeschriebenen Zitate verdeutlichen. Als Vespasian erste Anzeichen einer schweren Krankheit bemerkte, die ihn schließlich das Leben kosten sollte, soll er sich über den Divinisierungswahn der Römer lustig gemacht (Divinisierung = Erhebung eines Toten unter die Götter) und gesagt haben: „Wehe, ich glaube, ich werde ein Gott!“[4]

Literatur

Quellen

Die wichtigsten Quellen zum Leben Vespasians sind Suetons Biografie über Vespasian und Cassius Dios Geschichtswerk, die die Zeit vom Jüdischen Aufstand bis zu Vespasians Tod behandeln, sowie die erhalten gebliebenen Inschriften und Münzen. Für die Anfangszeit der Herrschaft wichtig sind die erhaltenen Partien der Historien des Tacitus und der Jüdische Krieg des Flavius Josephus.

  • Cassius Dio: Römische Geschichte. Übersetzt von Otto Veh, Artemis-Verlag, Zürich 1985,(englische Übersetzung bei LacusCurtius); für Vespasian sind insbesondere die Bücher 63–66 relevant.
  • Flavius Josephus: De bello Iudaico. Griechisch/deutsch, hrsg. und mit einer Einleitung sowie mit Anmerkungen versehen von Otto Michel und Otto Bauernfeind, 3 Bde., 1959-1969.
  • Sueton: Vespasian. Ausführliche antike Biographie aus der Sammlung der Kaiserbiographien von Caesar bis Domitian. Zahlreiche Ausgaben, beispielsweise mit deutscher Übersetzung in: Gaius Suetonius Tranquillus: Sämtliche erhaltene Werke. Magnus, Essen 2004, ISBN 3-88400-071-3, (lateinischer Text, englische Übersetzung).
  • P. Cornelius Tacitus: Historiae (Historien). Mehrere Ausgaben, z. B.: Lateinisch-deutsch. Herausgegeben von Joseph Borst unter Mitarbeit von Helmut Hross und Helmut Borst. 4. Aufl. München 1979.

Sekundärliteratur

Überblickswerke
  • Hermann Bengtson: Die Flavier. Vespasian, Titus, Domitian. Geschichte eines römischen Kaiserhauses. C. H. Beck, München 1979, ISBN 3-406-04018-7 (Darstellung, die in Inhalt und Quellenkritik höchst umstritten ist[5]).
  • Karl Christ: Geschichte der Römischen Kaiserzeit. 4. aktual. Aufl. Beck, München 2002, S. 243ff. ISBN 3-406-36316-4.
  • Miriam Griffin: The Flavians. In: Alan K. Bowman, Peter Garnsey und Dominic Rathbone (Hrsg.): The Cambridge Ancient History 11. The High Empire, A. D. 70–192. Cambridge University Press, Cambridge 2000, ISBN 0-521-26335-2, S. 1–83.
Darstellungen
  • Egon Flaig: Den Kaiser herausfordern. Die Usurpation im Römischen Reich. Frankfurt/Main 1992, ISBN 3-593-34639-7, S. 356–416.
  • Christopher P. Jones: Egypt and Judaea under Vespasian. In: Historia. Band 46, 1997, S. 249–253.
  • Barbara Levick: Vespasian. Routledge, London und New York 1999, ISBN 0-415-16618-7.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Atqui, e lotio est.; Sueton, Vespasian, 23.
  2. Zur „flavischen Ideologie“ vgl. Levick, Vespasian, S. 65ff.
  3. Zitat: imperatorem ait stantem mori oportere; „...ein Imperator muss im Stehen sterben“: Sueton, Vespasian, 24.
  4. Vae, puto deus fio!; Sueton, Vespasian, 23.
  5. Werner Eck: Rezension von Hermann Bengtson. Die Flavier. Vespasian, Titus und Domitian. In: Gnomon 53, 1981, S. 343–347

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