- Toll!
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Frontal21 ist ein Fernsehmagazin im ZDF, welches nach dem Ende der erfolgreichen Magazine Frontal und Kennzeichen D gestartet wurde. Teilweise wurden Mitarbeiter dieser zwei Vorläufermagazine in die neue Frontal21-Redaktion übernommen. Am 3. April 2001 lief die erste Sendung. Von Anfang an bis zu seiner letzten Sendung am 20. Januar 2009 wurde das Magazin von Theo Koll moderiert. Seine Nachfolgerin Hilke Petersen übernahm die Sendung am 24. Februar 2009.[1] Am Ende jeder Sendung steht die politische Satirerubrik Toll! der Autoren Werner Martin Doyé und Andreas Wiemers.
Inhaltsverzeichnis
Namensherkunft
Der Name des heutigen Fernsehmagazins wurde vom ehemaligen Fernsehmagazin Frontal übernommen, wobei der Zusatz 21 für die Uhrzeit ‚21:00 Uhr‘ und das ‚21. Jahrhundert‘ steht.[2]
Konzept
Frontal21 berichtet vor allem über politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen, die von verschiedenen Sichtweisen beleuchtet werden. Wesentlich für das Konzept der Sendung sind weiterhin klar gezogene und evidente Fronten zwischen in Beiträgen dargestellten Parteien. Dabei kam es in einigen wenigen Fällen, in denen Berichte, die Frontal21 sendete, von anderen Massenmedien aufgenommen wurden, in Teilen der Bevölkerung zu Entrüstungen. Nach Recherchen der Redakteure zu Betrugsmaschen im Gesundheitswesen schaltete sich die Staatsanwaltschaft Frankfurt ein, die erst durch die Ausstrahlung der Sendung auf die Straftaten aufmerksam geworden war. Über die Reaktionen der Beteiligten berichtet Frontal21 regelmäßig in der Rubrik „nachgehakt“. Die Satire Toll! steht am Schluss der Sendung als pointierter politischer Kommentar.
Toll!
Toll! ist ein zweiminütiger Satirefilm. Er bearbeitet mit satirischen Mitteln das politische oder gesellschaftliche Thema der Woche. Kennzeichen von Toll sind eine minimalistische Erzählweise und eine anarchistische Bildsprache. Dazu gehören unter anderem der Einsatz manipulierter Nachrichtenbilder und übertrieben einfacher Symbolbilder.
Autoren von Toll sind Werner Martin Doyé und Andreas Wiemers. Doyé und Wiemers produzieren auch Satirefilme für andere ZDF-Sendungen. Während der Fußball-WM 2006 belieferten sie etwa das ZDF-Sportprogramm mit der „WM-Rubrik, die wo noch keinen Namen hat“. Zum Jahresende produzieren Doyé und Wiemers eine eigene, 30-minütige Sendung Der satirische Jahresrückblick im ZDF. Die Ausgabe am 18. Dezember 2007 um 23:00 Uhr sahen knapp 2 Mio. Zuschauer.
Im Internet gab es bis Mitte Februar 2008 eine tägliche Satire namens Täglich Toll! in Schriftform, auf der Frontal21-Homepage, die nach der 2499. Ausgabe in der bisherigen Form eingestellt und durch Toll! Ein Blog ersetzt wurde.[3]
Redaktion
Die Redaktion setzt sich zusammen aus:
- Hilke Petersen, Moderatorin und stellvertretende Redaktionsleiterin
- Claus Richter, Redaktionsleiter
- Jörg Brase, Redakteur
- Werner Martin Doyé, TV- und Online-Redakteur
- Christian Esser, Redakteur
- Steffen Judzikowski, Redakteur
- Hans Koberstein, Redakteur
- Wolfgang Kramer, Redakteur
- Reinhard Laska, Redakteur
- Astrid Randerath, Redakteurin
- Thomas Reichart, Redakteur
- Christian Rohde, Redakteur
- Rita Stingl, Redakteurin
- Ulrich Stoll, Redakteur
- Andreas Wiemers, Redakteur, Satireautor
Moderatoren
- Theo Koll (03. April 2001 - 20. Januar 2009)
- Hilke Petersen (seit 24. Februar 2009)
Themen
Wichtige Themen von Frontal21 waren bislang unter anderem:
- die Krankenversicherungsreform
- Probleme bei der Einführung der LKW-Maut in Deutschland
- Sicherheitslücken beim Zoll am Frankfurter Flughafen
- Hartz IV und Folgen für Betroffene
- der Zustand von Altenpflegeheimen
- Kritik an angeblich gewaltverherrlichenden Computerspielen, die wiederholt als „Killerspiele“ bezeichnet wurden
- Berichte über Integrationspolitik
- Kartelle und Lobbyismus auf dem Energiemarkt
- Betrügereien (u.a. am Telefon)
- Armut im Alter
Auszeichnungen
- 2005 erhielt Theo Koll, "stellvertretend für die redaktionelle Gesamtleistung", den mit 7000 Euro dotierten Bayerischer Fernsehpreis "Blauer Panther" für seine Moderation von Frontal21[4]
- 2006 wurde Frontal21 mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnet. Frontal21 findet nach Ansicht der Jury von Woche zu Woche „neue Formen der kritischen Vermittlung aktueller politischer Themen auf hohem Niveau“. Auch gelinge es der Redaktion, über längere Zeit hinweg eine Vielzahl von Problemfällen im Blick zu behalten und für den Zuschauer transparent zu machen.
- 2007 wurde Frontal21 mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet.
- 2007 und 2008 wurden die Autoren der satirischen Kolumne Toll!, Andreas Wiemers und Werner Doyé für den Adolf-Grimme-Preis in der „Kategorie Spezial“ nominiert.
- 2009 wurden die Frontal21-Autoren Astrid Randerath und Christian Esser mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Förderpreis für ihre Fernsehdokumentation „Das Pharmakartell” ausgezeichnet. Die Jury sieht hier „ein herausragendes Beispiel von investigativem Journalismus”. [5]
Kritik
„Killerspiele“
Die bislang stärkste Kritik erhielt Frontal21 wohl für seine Berichte über möglicherweise gewaltverherrlichende Computerspiele, auch „Killerspiele“, „Gewaltspiele“ oder „Brutalspiele“ genannt.[6] Konkret geht es den Kritikern um den Beitrag „Videogemetzel im Kinderzimmer“ vom 9. November 2004 sowie den Beitrag „Gewalt ohne Grenzen“ vom 26. April 2005. Laut Frontal21 gingen nach dem Beitrag vom 9. November 2004 tausende E-Mails bei Frontal21 ein. Tatsächlich gab es zu dieser Zeit auch im Forum der Internetseite des ZDF tausende Postings. Bei beiden Beiträgen wird Frontal vorgeworfen,
- fehlende Neutralität an den Tag zu legen, gezielt videospielkritische Personen auszuwählen und bei den Befürwortern von sogenannten „Gewaltspielen“ solche Personen darzustellen, die wenig Medienkompetenz besitzen.[7]
- einen demagogischen und übertriebenen sprachlichen Ton zu verwenden, um so den Zusammenhang von Gewalt und Videospielen zusätzlich zu übertreiben.[8]
- das Spielziel mancher Computerspiele falsch darzustellen.
- gesellschaftliche und allgemein-mediale Einflüsse auf Gewalt außer Acht zu lassen.
- Computerspieler pauschal als potenzielle Amokläufer oder sozial schwach darzustellen.
Die Frontal21-Redaktion kann die Kritik nicht teilen und verteidigte sich mit einer Stellungnahme[9] auf ihrer Internetseite:
- „Die Behauptung, der Film befürworte die so genannte Stimulationstheorie, nach der Gewaltspiele auch aggressiv machen, war nicht Gegenstand des Filmbeitrages. Schon gar nicht Behauptungen wie ‚Killerspiele führen zu Massenmord‘“. Die zur Verifizierung dieser Theorie notwendigen Langzeitstudien existieren entweder nicht oder sind methodisch umstritten.
- „Besonders in einer modernen Gesellschaft muss die Frage gestellt werden, wie ein humanistischer Wertekonsens und das Grundgesetz auch in virtuellen Welten geschützt werden kann. Die Artikel der Verfassung haben auch in der virtuellen Welt ihre Gültigkeit.“ Die bestehenden gesetzlichen Regelungen und insbesondere das bereits bestehende Verbot gewaltverherrlichender Computerspiele wurde in dem Beitrag nicht erläutert.
- „Immer wieder wurde auch in vielen Briefen an die Redaktion unser Satz kritisiert, Doom 3 sei ‚nicht indiziert‘ und ‚gilt als nicht jugendgefährdend‘. Diese Aussage gibt exakt die Bewertung in den Kategorien des neuen Jugendschutzgesetzes wieder.“ Interviews über die Gründe dieser Einschätzung wurden mit den Verantwortlichen nicht geführt.
Am 21. August 2007 wurde ein ähnlicher Bericht mit dem Titel „Töten am Bildschirm” ausgestrahlt, der unter anderem Studien zu entkräften sucht, welche Videospielen positive Auswirkungen zusprechen. Im Speziellen wurde über das Projekt Spielraum der Fachhochschule Köln berichtet und dessen Neutralität angezweifelt, die Gefährlichkeit von Videospielen richtig einzuschätzen, da ein nicht bezifferter Anteil der Fördermittel an die FH Köln von Spielekonzernen geleistet wird.[10]
Im Widerspruch zu der Stellungnahme der Frontal21-Redaktion zu den vorangegangenen Sendungen wurden im neueren Artikel auch in Deutschland nicht zugelassene Importversionen[11] von Spielen gezeigt, bzw. durch sogenannte „Blut-Patches” veränderte Spiele.
Aber auch dem tritt die Frontal 21-Redaktion entgegen. Sie erklärt, die in dem Beitrag „Töten am Bildschirm” vom 21. August 2007 dokumentierten Spielszenen stammten allesamt aus nicht indizierten, mit USK-Alterskennzeichnung versehenen und daher im deutschen Handel erhältlichen Spielen. Die in dem Beitrag dokumentierten Spielsequenzen stammten auch nicht aus Spielen, die durch Zusatzpatches verändert worden seien.
Mindestens zwei der in der Frontal21-Sendung vom 26. April 2005 zitierten Reaktionen waren nicht, wie behauptet, E-Mails an die Redaktion, sondern Beiträge aus dem Forum zur Sendung (Beiträge mit „Kriegserklärung“/„Attacke“ und „Demos vor Zensorenwohnungen“/„kaputte Scheibe“). In weiterer Folge der Berichterstattung zu sogenannten Killerspielen wurde von Spielern auf die Mehrfachrolle der CDU-Politikerin Maria Böhmer als stellvertretende Vorsitzende im Fernsehrat des ZDF, als Anwärterin auf politische Ämter einer künftigen Bundesregierung und als treibende Kraft hinter der Aufnahme eines „Killerspiel-Verbots” in den Koalitionsvertrag der Bundesregierung von 2005 hingewiesen, was von Medien als möglicher Hintergrund der Computerspiel-Berichte gedeutet und von Maria Böhmer abgestritten wurde.[12]
Hörfunk-PR
Im Sommer 2007 berichtete Frontal21 in einem Beitrag über den Einfluss von PR im Radio. Später wurde dem ZDF vorgeworfen selbst einer der größten Auftraggeber von Radio-PR-Agenturen zu sein. [13] Auch die Redaktion von Frontal21 hatte selbst mehrfach Radio-PR Agenturen beauftragt.[14]
Hartmut Neßler
Der ehemalige Leiter des Hauptzollamts Frankfurt am Main-Flughafen, Hartmut Neßler, beschimpfte die Berichterstattung von Frontal21 zu seiner Person und dem deutschen Zoll als „billigen Schmierenjournalismus“. Allerdings wurde Neßler unter anderem nach den Berichten von Frontal21 am 20. April 2004 und 28. September 2004 durch das Bundesfinanzministerium im März 2005 von seinen Ämtern entbunden und in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
Vorgehen gegen Kritik und Satire
Im Mai 2006 verschickte eine im Auftrag des ZDF handelnde Medienanwältin aus Tutzing eine Abmahnung an den jugendlichen Betreiber einer Internetseite, der diese für einen Counterstrike-Clan erstellt hatte. Die Gruppe hatte sich, bezogen auf die Berichterstattung zu Computerspielen, ironisch Frontal21-Gaming genannt und eine gleich lautende Internet-Domäne angemeldet, außerdem Grafiken des ZDF leicht verändert verwendet. Obwohl das ZDF über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, die einfache Namenskonflikte kostenlos oder preisgünstig regeln sollte, stellte die extern beauftragte Anwältin dem Betreiber über 1.500 Euro Anwaltsgebühren für angesetzte 50.000 Euro Streitwert in Rechnung.[15]
Cannabis
Am 28. November 2006 sendete das Magazin einen Bericht über Cannabis, in dem berichtet wurde, THC verursache Hirnkrankheiten und sei krebsfördernd. In dem Bericht wurde die These vertreten, der gestiegene Gehalt an Tetrahydrocannabinol führe bei aktuellen Sorten häufig „direkt in den Wahn“,[16] da dieser aktuell bis zu 30 Prozent betrage und damit erheblich höher als in den 1960er und 1970er Jahren sei. Der Jahresbericht der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle 2006 fand hingegen Konzentrationen von maximal 17,7 Prozent in entsprechenden Produkten. [17]
Einzelnachweise
- ↑ Hilke Petersen moderiert künftig "Frontal 21"
- ↑ Herkunft des Namens "Frontal 21" (Frontal21-Redaktion)
- ↑ siehe ²
- ↑ http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/19/0,1872,2306451,00.html
- ↑ http://www.hanns-joachim-friedrichs.de/index.php Mitteilung über die Preisträger
- ↑ vgl. z.B. Bastian Birke: Warum mit den "Killerspielen" auch Werte verteidigt werden., Telepolis, 18. November 2007, online unter heise.de
- ↑ "Einseitge Berichterstattung" laut esb auf golem.de
- ↑ "In dem Bericht wurde gezielt ein falscher Zungenschlag verwendet." Jürgen Hilse (USK)
- ↑ Stellungnahme auf ZDF.de
- ↑ Manuskript zu "Töten am Bildschirm”
- ↑ US-Version von GTA: San Andreas laut gamestar.de
- ↑ Erwähnung auf heise.de
- ↑ blogmedien, online unter youtube.com
- ↑ Beleg Hörfunk-PR frontal21
- ↑ Bestätigung der Kosten und Stellungnahme des ZDF
- ↑ Unterschätzte Droge
- ↑ Jahresbericht der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle 2006, S. 28
Weblinks
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