Tomas G. Masaryk

Tomas G. Masaryk
Tomáš Garrigue Masaryk

Tomáš Garrigue Masaryk (* 7. März 1850 in Hodonín/Göding, Mähren; † 14. September 1937 in Lány) war Gründer und erster Staatspräsident der Tschechoslowakei, Philosoph und Schriftsteller. Selten wird er auch als Tomáš Masaryk angegeben. In Tschechien wird sein Name oft zu TGM abgekürzt. Den zweiten Namen Garrigue nahm er nach der Heirat mit Charlotte Garrigue an.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Masaryk stammte aus einfachen Verhältnissen. Er war Sohn eines slowakischen Kutschers und einer deutschmährischen Bauerntochter und Köchin aus Auspitz. Dennoch konnte er das deutsche Gymnasium in Brünn und später das Akademische Gymnasium in Wien besuchen. Danach studierte er von 1872 bis 1876 Philosophie in Wien (unter anderen bei Franz Brentano) und Leipzig (unter anderen bei Wilhelm Wundt). 1876 promovierte er, 1878 habilitierte er mit einer Schrift über den Suizid. 1879 wurde er Dozent in Wien, 1882 außerordentlicher und 1897 ordentlicher Professor in Prag.

1886 wurde er auf einen Schlag einer breiten Öffentlichkeit bekannt, als er sich in den Streit um zwei angeblich aus dem Mittelalter stammende, in Wirklichkeit aber zu Anfang des 19. Jahrhunderts gefälschte Handschriften („Königinhofer Handschrift“ und „Grünberger Handschrift“) einschaltete. In der Zeitschrift Athenäum ließ er die Gegner der Echtheit dieser Handschriften zu Wort kommen und vertrat vehement die Meinung, dass eine moderne Nation sich nicht auf eine erfundene Vergangenheit berufen solle.

Politik

Inschrift am Haus der Tschechoslowakischen Exilregierung in Paris

1887 ging er auch in die Politik und gründete eine Gruppe unter dem Namen Die Realisten. 1891 wurde er für die so genannten Jungtschechen, einer tschechischnationalen Partei, in den österreichischen Reichsrat gewählt, trat aber wegen Meinungsverschiedenheiten mit dieser Partei 1893 wieder zurück. 1900 gründete er die Realistische Partei, für die er 1900-1914 im Reichsrat saß. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs verließ er Böhmen und ging ins Exil nach Frankreich. Dort und in anderen westeuropäischen Ländern propagierte er in Zusammenarbeit mit der tschechischen und der slowakischen Emigration die Gründung eines gemeinsamen Staates nach Kriegsende (Neoslawismus). Ab Mai 1917 hielt er sich in Russland auf, wo er die so genannte Tschechoslowakische Legion organisierte, ab März 1918 war er in den USA, wo er Ende Mai 1918 mit der slowakischen Emigration den Pittsburgher Vertrag über die Gründung der Tschechoslowakei aushandelte.

Präsidentschaft

Tomáš Garrigue Masaryk, 1932

Am 14. November 1918 wurde er von der Tschechoslowakischen Nationalversammlung zum Präsidenten gewählt, am 21. Dezember 1918 kehrte er in die Tschechoslowakei zurück. In der Folge wurde ganz Böhmen und Mähren (einschließlich des geschlossenen deutschen Siedlungsgebiets in Böhmen, Mähren und österr. Schlesien - Sudetenland) sowie ungefähr das Gebiet der heutigen Slowakei zum Teil auch gegen den Widerstand der Bewohner von tschechoslowakischen Truppen und Truppen der Alliierten als das Gebiet des neuen Staats Tschechoslowakei besetzt. Masaryk wurde insgesamt dreimal wiedergewählt (1920, 1927 und 1934) und war bis zu seinem Tod die dominierende Persönlichkeit des neuen Staates. Nach seinem Rücktritt am 14. Dezember 1935 folgte ihm Edvard Beneš nach.

Als Verfechter eines liberalen und demokratischen Humanismus genoss Masaryk eine große Popularität. In den Nationalitätenkonflikten vertrat er zwar eine gemäßigte Richtung, konnte aber die Scharfmacher in der tschechischen 5-Parteienregierung nicht zu einem Ausgleich mit den großen Minderheiten von Sudetendeutschen, Slowaken, Ungarn und Ukrainern bewegen. Unter anderem blieb entgegen allen Versprechungen von 1919 Tschechisch die einzige Staatssprache. Auch war er aus der Zeit von 1918 und 1919 durch eine Reihe von minderheitenfeindlichen Äußerungen bei den Nicht-Tschechen in der ČSR diskreditiert. Außenpolitisch lehnte er sich an Großbritannien und Frankreich an.

Im Zuge der Stabilisierung der Tschechoslowakischen Republik ab Mitte der 1920er Jahre erwarb sich Masaryk ein gewisses Ansehen auch bei Teilen der sudetendeutschen Bevölkerung und wurde damit zu einem der wenigen integrativen Faktoren des neuen Staates.

Heutige Sicht

Als Philosoph und überzeugter Demokrat entwickelte er zum Teil utopische Ideen über die Entstehung eines „neuen Menschen“ durch eine bessere Gesellschaft. Als notwendige Grundlage hierfür erachtete er ein christlich-soziales Weltbild. Seine oftmals recht nationalistischen Äußerungen – die er später teilweise zu korrigieren oder zu relativieren suchte – scheinen aus heutiger Sicht schwer damit in Übereinstimmung zu bringen. Das Scheitern dieser Vorstellungen in „seinem“ Land – nicht zuletzt wegen des ungelösten Nationalitätenproblems – erlebte er nicht mehr. Neben vielen anderen waren der Autor Max Brod sowie der Philosoph und Journalist Felix Weltsch Kenner und Schätzer Masaryks.

Masaryk war mit der Amerikanerin Charlotte Garrigue verheiratet, unter seinen Kindern waren der Maler Herbert Masaryk und der Diplomat und Politiker Jan Masaryk. Die 1919 gegründete Universität Brno (Brünn) trägt seinen Namen, auch eine Rennstrecke, das Automotodrom Brno, ist in Tschechien als Masaryk-Ring (tschechisch Masarykův okruh) bekannt. In Prag wurde der älteste Bahnhof erstmals 1919 nach ihm benannt und trägt auch heute wieder den Namen Praha Masarykovo nádraží. Außerdem war er maßgeblich an der Gründung der School of Slavonic and East European Studies beteiligt, einem Teil der Londoner Universität.

Literatur

  • Inocenc Arnošt Bláha: Krásný individualism. T. G. Masarykovi k šedesátým narozeninám; 1910, 1930
  • Karel Čapek: Gespräche mit Masaryk, Übers. v. C. Hoffmann; Mindelheim 1990
  • Otakar A. Funda: Thomas Garrigue Masaryk: sein philosophisches, religiöses und politisches Denken; Bern 1978
  • Radan Hain: Staatstheorie und Staatsrecht in T.G. Masaryks Ideenwelt; Zürich 1999, ISBN 3725539138
  • Milan Machovec: Tomáš Garrigue Masaryk; Graz 1969
  • Zdeněk Nejedlý: T. G. Masaryk I–IV; Praha 1931–37
  • Zdeněk Nejedlý: Masaryk ve vývoji české společnosti a státu; 1950
  • Jaroslav Opat: Filozof a politik T. G. Masaryk 1882-1893. Příspěvek k životopisu; Praha 1990, ISBN 8070230444
  • Jaroslav Opat: Průvodce životem a dílem T. G. Masaryka; Praha 2001, ISBN 8086142132
  • Jan Patočka: Tři studie o Masarykovi; Praha 1991
  • Alain Soubigou: Tomáš Garrigue Masaryk; Praha, Litomyšl 2004, ISBN 8071856797
  • Dalibor Truhlar: Thomas G. Masaryk – Philosophie der Demokratie; Frankfurt am Main 1994

Weblinks


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