- Tonwaren
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Unter Keramik versteht man eine Gruppe anorganischer Rohstoffe. Die Bezeichnung Keramik stammt aus dem Altgriechischen. Keramos war die Bezeichnung für Tonmineral und die aus ihm durch Brennen hergestellten formbeständigen Erzeugnisse.
Die Produktion von Keramik gehört zu den ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Ihre älteste Nutzung scheint bei semi-sesshaften Jägerkulturen im Gebiet des oberen Nil erfolgt zu sein. Ihre enorme Verbreitung verdankt sie aber ursprünglich den erweiterten Möglichkeiten zur Aufbewahrung (Vorratshaltung) von Nahrung, wie sie mit dem Neolithikum erforderlich wurde. Keramik spielt eine wesentliche Rolle im Rahmen der Determination (Identifizierung und Datierung) neolithischer Kulturen. Das Ausgangsmaterial Ton bot jedoch schon sehr früh auch Anreize zu künstlerischer Gestaltung. Seit vielen Jahrzehnten hat Keramik in technischen Anwendungen große Bedeutung erlangt.
Der Begriff Keramik umfasst neben den folgenden Rohstoffen, die für die Herstellung keramischer Produkte verwendet werden, und ihrer Aufbereitung zur eigentlichen Keramik (Tonkeramik, Porzellan, technische Keramik, Glaskeramik, Verbundkeramik) auch die aus Keramiken geformten und gebrannten Gegenstände selbst, die als Bauteile, Gebrauchs- und Ziergegenstände oder Werkzeuge verwendet werden (etwa Töpferei, Sanitärkeramik, Keramikfliesen und anderes).
Begriff und Unterteilung
Heute ist der Begriff breiter gefasst. Keramiken sind weitgehend aus anorganischen, feinkörnigen Rohstoffen unter Wasserzugabe bei Raumtemperatur geformte und danach getrocknete Gegenstände, die in einem anschließenden Brennprozess oberhalb 900 °C zu härteren, dauerhafteren Gegenständen gesintert werden. Der Begriff schließt auch Werkstoffe auf der Grundlage von Metalloxiden ein. Keramik wird heute im zunehmenden Maße für technische Einsatzzwecke genutzt (technische Keramik) und in ähnlichen Prozessen, allerdings meist höheren Sintertemperaturen, hergestellt. Im Bereich der faserverstärkten Keramik sind auch siliciumhaltige organische Polymere (Polycarbosilane) als Ausgangsstoffe zur Herstellung von amorpher Siliciumcarbid-Keramik in Verwendung. Sie wandeln sich in einem Pyrolyseprozess vom Polymer zur amorphen Keramik um.
Eine klare Systematik der keramischen Werkstoffe – wie beispielsweise bei Metall-Legierungen – ist schwierig, weil es hinsichtlich der Rohstoff-Zusammensetzung, des Brennvorgangs und des Gestaltungsprozesses fließende Übergänge gibt. Keramische Produkte werden deshalb häufig nach den jeweils im Vordergrund der Betrachtung stehenden Aspekten unterschieden, zum Beispiel nach regionalen Keramiktypen wie Westerwälder Keramik, Bunzlauer Keramik oder auch Majolika und Fayence, bei technischer Keramik nach den verwendeten Rohstoffen (zum Beispiel Oxidkeramik und Nicht-Oxid-Keramik) oder auch nach dem Verwendungszweck (zum Beispiel Funktionskeramik, Gebrauchskeramik, Sanitärkeramik und Strukturkeramik).
Gebräuchlich ist auch die Unterteilung in Grob- und Feinkeramik. Zur ersteren gehört die große Gruppe der Baukeramik (zum Beispiel Bau- und Dachziegel, Kanalisationsrohre); diese Produkte sind dickwandig, häufig inhomogen, von oft zufälliger Färbung. Feinkeramik ist dagegen feinkörnig (Korngröße unter 0,05 mm), von definierter Färbung (zum Beispiel weiß für Haushaltskeramik, Tischgeschirr und Sanitärkeramik); hierher gehören auch die künstlerischen Erzeugnisse. Feinkeramik erfordert bezüglich Aufbereitung der Rohmasse, der Formgebung und des Trocknens sowie Brennens eine erheblich größere Sorgfalt als sie bei der Herstellung von Grobkeramik nötig ist. Die Eigenschaften keramischer Produkte werden bestimmt durch Art und Menge der in ihnen enthaltenen Kristalle und die als Bindung funktionierenden Verglasungen (sogenannte Glasphasen). Keramiken sind formbeständig, im Allgemeinen hart (es gibt Ausnahmen: z. B. pyrolytisches Bornitrid (hexagonal) ist flexibel durch seine Schichtstruktur) und hitzebeständig.
Keramische Rohstoffe
Silicat-Rohstoffe
Dieser Bereich umfasst generell alle Rohstoffe, welche [SiO4]4 --Tetraeder in der Kristallstruktur eingebaut haben.
Tonminerale und deren Gemische
Tone sind wasserhaltige Aluminiumsilikate. Siehe auch Tonmineral. Man unterscheidet zwischen Primärton und Sekundärton. Tone und Lehme entstehen durch die Verwitterung von Feldspäten und verwandten Mineralien. Die Hauptbestandteile sind Illit, Montmorillonit und Kaolinit, die Korngrößen reichen herab bis 0,002 mm. Je nach Verwendungszweck unterteilt man diese Rohstoffe ein in Steinzeugtone, Steinguttone, Töpfertone und -lehme. Mergeltone haben einen hohen Gehalt an Kalk, der stark verflüssigend wirkt. Da an solchen Scherben Blei- und Zinnglasuren sehr gut haften, werden sie häufig für Ofenkacheln und Fliesen eingesetzt. Bentonite sind ein Verwitterungsprodukt vulkanischen Ursprungs, sie wirken bereits bei geringen Zugaben sehr stark plastifizierend, verbessern die Formbarkeit und die Standfestigkeit während des Trocknungsprozesses. Aus der hohen Wasseraufnahme der Bentonite im Formgebungsprozess resultiert eine enorme Schwindung schon während des Trocknens. Durch die Trockenschwindung kann es zu Rissen im Formling kommen.
Die Auswahl und Mischung der Rohstoffe muss folgenden Forderungen genügen: Gute Formbarkeit der Masse, geringe Schwindung beim Trocknen und Brennen, hohe Standfestigkeit beim Brennen, geringe oder keine Verfärbung des Endproduktes.
Kaoline
Kaolin, auch Porzellanerde genannt, ist ein Verwitterungsprodukt von Feldspat. Es besteht weitgehend aus Kaolonit, einem hydratisierten Alumosilikat, begleitet von Quarzsand, Feldspat und Glimmer. Letztere Bestandteile werden durch Schlämmen und Sieben entfernt, das Endprodukt muss möglichst plastisch, beim Trocknen formstabil und nach dem Brennen weiß sein. Zur Erzielung der gewünschten Eigenschaften werden Kaoline unterschiedlicher Herkunft gemischt (Mineral Dressing); um ein gutes Gießverhalten zu erreichen, gibt man noch Plastifizierungsmittel, wie Wasserglas und/oder Soda zu.
Nichtplastische Rohstoffe
Feldspate sind im Vergleich zum Kalk ebenfalls gute Flussmittel, die aber mit steigender Brenntemperatur eine höhere Verdichtung der Erzeugnisse bewirken. Der Trocknungsschwund wird zwar reduziert, der Schwund beim Brennen steigt jedoch. Quarz senkt als Magerungsmittel den Trocknungs- und Brennschwund, verschlechtert jedoch die Plastizität. Quarz wird als feinstkörniger Sand oder als gemahlenes Ganggestein eingesetzt, er muss möglichst rein sein, um unerwünschte Verfärbungen zu vermeiden. Kalk wird als geschlämmte Kreide oder als gemahlener Kalkstein eingesetzt. Als Magerungsmittel unterstützt er die Formstabilität beim Trocknen, beim Brennen wirkt er als Flussmittel. Allerdings liegen sein Sinter- und sein Schmelzpunkt nahe beieinander, bei zu hohen Brenntemperaturen besteht mithin die Gefahr von Deformationen. Schamotte, als gemahlener gebrannter Ton oder Tonschiefer, ist ein Magerungsmittel, das die Porosität erhöht und die Trocknungs- und Brennschwindung reduziert. Magnesiummineralien (Talkum, Magnesit) verleihen den Erzeugnissen eine hohe Temperaturwechselbeständigkeit; sie werden bevorzugt für elektrotechnische Produkte eingesetzt.
Oxidische Rohstoffe
Mit den im Folgenden aufgeführten oxidischen Rohstoffen werden Oxidkeramiken hergestellt, die sich in vielen Anwendungen der technischen Keramik finden. Bei einem Teil handelt es sich um synthetische Rohstoffe.
Aluminiumoxid
Aluminiumoxidkeramiken basieren auf α-Al2O3, dem Korund. Sie dienen zum Beispiel als Schleif- und Poliermittel und werden auch als Trägermaterial für integrierte Schaltkreise eingesetzt. Aus gesintertem Korund oder Schmelzkorund lassen sich feuerfeste Erzeugnisse herstellen. Aluminiumoxiderzeugnisse können Glasphase enthalten, ein hoher Glasphaseanteil setzt die Sintertemperatur herab, jedoch auch die Festigkeit und Temperaturbeständigkeit.
Um die Festigkeit weiter zu erhöhen, kann Zirkonoxid zugesetzt werden. Diese besonders zähe Keramik wird als ZTA (Zirconia toughened alumina) bezeichnet.
Berylliumoxid
Aus gesintertem Berylliumoxid (BeO) werden Tiegel für chemische Reaktionen bei sehr hohen Temperaturen hergestellt. Des Weiteren wurden aus BeO elektrisch isolierende, aber hoch wärmeleitfähige Chip-Träger produziert, um die entstehende Wärmeenergie an einen Kühlkörper abzuleiten. Wegen des hohen Preises und der Giftigkeit ist BeO zunehmend durch andere Materialien ersetzt worden, z. B. Aluminiumoxid oder das teurere Aluminiumnitrid zur Wärmeableitung und Graphit für Hochtemperatur-Laborgefäße.
Weitere oxidische Rohstoffe
Weitere oxidische Rohstoffe, die bei der Keramikherstellung verwendet werden, sind Zirconium(IV)-oxid und Aluminiumtitanat.
Nichtoxidische Rohstoffe
Die im Folgenden aufgeführten nichtoxidischen Rohstoffen werden zur Herstellung von Nicht-Oxid-Keramiken verwendet, die sich in vielen technischen Anwendungen (siehe technische Keramik) durchgesetzt haben. In der Praxis werden alle diese Rohstoffe künstlich erzeugt.
Siliciumcarbid
Siliciumcarbid (SiC) gehört aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten aktuell zu den wichtigsten Industriekeramiken für Hochleistungsanwendungen. Es wird als Schleifmittel, in Gleitlagern von Chemiepumpen, als Partikelfilter und für Hochtemperaturanwendungen als temperaturstabiles Formbauteil (z. B. Receiver bei Solarturm-Kraftwerken) verwendet, da es sehr hart sowie thermisch und chemisch resistent ist. Eine weitere Verwendung sind Ringe in Gleitringdichtungen.
Die wichtigste Herstellung (Acheson-Verfahren) erfolgt aus Quarzsand und Koks bei 2.200 °C nach:
SiO2 + 3 C → SiC + 2 CO Sie ist vergleichbar der Reduktion von Quarz zu Rohsilicium; es wird allerdings ein Überschuss von Kohlenstoff verwendet. Für bessere Formgebung ist die Herstellung aus geschmolzenem Silicium und Kohlenstoff geeignet. Hierbei hat sich Holzkohle, die vorher auf die richtige Form gebracht wurde, bewährt. Durch die Poren kann Silizium aufgenommen werden und dann zu SiC reagieren. Es entsteht dabei eine Sonderform des Siliciumcarbides, das sogenannte SiSiC (siliciuminfiltriertes SiC), in dem sich immer noch einige Prozente von nicht-reagiertem Silicium befinden, das die Korrosionsbeständigkeit negativ beeinflusst.
In der Natur wird SiC nur selten gefunden. Es wird dann als Moissanit bezeichnet.
Bornitrid
Da Bornitrid (BN) bei Normalbedingungen analog zu Graphit aufgebaut ist und darüber hinaus sehr temperaturbeständig ist (es reagiert erst bei 750 °C mit Luft), ist es als Hochtemperaturschmiermittel geeignet. Die diamantähnliche Modifikation Borazon ist nach Diamant das härteste Material.
Die hexagonale Kristallstruktur kann man ableiten, wenn man bei Graphit abwechselnd die Kohlenstoffe durch Bor und Stickstoff ersetzt. Anders ausgedrückt besteht sie aus Ebenen von an allen Seiten kondensierten Borazin-Ringen. Bornitrid ist nicht elektrisch leitfähig wie Graphit, da die Elektronen stärker an den Stickstoffatomen lokalisiert sind.
Bei 60-90 kbar und 1.500-2.200 °C wandelt sich BN in kubisches Borazon um, das in der zu Diamant analogen Zinkblendestruktur kristallisiert. Borazon ist ähnlich hart wie Diamant, aber oxidationsbeständiger und wird daher als Schleifmittel eingesetzt.
Borcarbid
Borcarbid (B4C) ist ein weiterer sehr harter Werkstoff (an dritter Stelle nach Diamant und Borazon). Es wird als Schleifmittel für Panzerplatten und Sandstrahldüsen verwendet. Die Herstellung erfolgt bei 2.400 °C aus B2O3 und Kohlenstoff.
Weitere nichtoxidische Rohstoffe
Weitere nichtoxidische Rohstoffe, die bei der Keramikherstellung verwendet werden, sind Siliziumnitrid, Aluminiumnitrid und Wolframcarbid.
Manipulierte keramische Rohstoffe
Ursprünglich hier „metallisch-keramische Rohstoffe“ genannt. Die Keramik hat in der Regel nichts mit metallischen Werkstoffen zu tun. Da man Metalle ähnlichen Formgebungsprozessen zuführen kann wie keramische Rohstoffe, wurde diese Rubrik wohl irreführend so genannt. Es handelt sich um Trockenpressen, Schlickergießen, oder plastische Formgebung mittels Bindemitteln. Man bezeichnet diesen Teil der Herstellung metallischer Werkstoffe als Pulvermetallurgie. Dabei wird mit feinsten Körnungen gearbeitet.
- Trockenpressen: Das Keramikpulver wird trocken in einer Stahlmatrix durch Druck von einem Unter- und einem Oberstempel mit Drücken von über 1 t/cm² verpresst. Es ist auch kaltisostatisches Pressen möglich. Dabei wird das Keramikpulver in eine Gummiform gefüllt und mittels Flüssigkeitsdruck (meist Öl) von allen Seiten gleichmäßig gepresst. Nach der Formgebung wird das Werkstück gebrannt bzw. gesintert. Bei dem Formgebungsverfahren des kaltisostatischen Pressens sind gegenüber dem Trockenpressen gleichmäßige Eigenschaften im gesamten Werkstück möglich.
- Schlickergießen: Das keramische Pulver wird mit Wasser und einem geeigneten Verflüssiger (Elektrolyt) bei geringe Viskosität in Suspension gebracht. Dabei ist es möglich, die Viskosität der Suspension durch den Einsatz von Peptisationshilfsmitteln herabzusetzen, so dass möglichst viel Feststoff/Volumen in die Suspension/den Schlicker eingebracht werden kann. Durch Gießen des Schlickers in Gips-Gießformen, wobei die Gipsform das Wasser aus dem Schlicker absorbiert, bildet sich am Formenrand eine plastische Haut. Wenn die „überflüssige“ Schlickermasse (im wahrsten Sinne des Wortes) abgegossen wird, verbleibt in der Form das eigentliche Produkt. Nach der anschließenden Trocknung und Sinterung wird das Endprodukt hergestellt.
- Plastische Formgebung: Durch Versetzen des keramischen Pulvers mit sogenannten Plastifizierungsmitteln wird eine Formbarkeit des Materials erreicht. Diese Plastifizierungsmittel sind häufig organischen Ursprungs. Sie härten durch Polykondensation bzw. durch Polymerisation aus, so dass sie durch die vollständige Reaktion des Plastifizierers aushärten und eine ausreichende Festigkeit erhalten. Die Formgebung selbst geschieht entweder durch Strangpressen oder durch das Pressen in Formen. Die organischen Zusätze verbrennen später im Sinterungsprozess. Diese Materialkombination wird in flüssigerer Form mittlerweile auch beim Rapid Prototyping (3D-Druck) angewendet.
Andere Zusatzstoffe
Weitere Zusatzstoffe sind Flussmittel in der Glasindustrie. Plastifizierer oder Flockungsmittel verbessern die Formbarkeit und verbrennen beim Brennprozess. Organische Plastifikatoren sind zum Beispiel Leim, Wachse, Gelatine, Dextrin, Gummiarabikum, Paraffinöl. Weiterhin verwendet werden Verflüssiger oder Peptisatoren, die zur Verhinderung von Flockung des Rohmaterials eingesetzt werden.
Sonstige Hilfsmittel sind feingemahlene Ausbrennmittel wie Säge- und Korkmehl, Stärke, Kohlestaub und Styroporkugeln. Sie machen den Scherben porös und leicht und können interessante Oberflächeneffekte erzeugen; sie verbrennen ebenfalls beim Brand. Sogenannte Porosierungsmittel haben den Haupteinsatzzweck in der Ziegelindustrie, wobei sie die Dichte und die Wärmeleitfähigkeit der Ziegel reduzieren.
Aufbereitung der Rohstoffe
In der industriellen Keramikproduktion werden die Komponenten, nachdem sie teilweise vorgebrannt wurden, entsprechend der Rezeptur gemeinsam in Trommelmühlen fein gemahlen. Nach dem Schlämmen unter Zugabe von Wasser wird dieses in Filterpressen wieder weitgehend entfernt. Der zurückbleibende Filterkuchen wird getrocknet und nochmals gemahlen. In dieser Form wird die Rohmasse entweder gelagert oder sofort unter Zugabe von Wasser und verflüssigenden Hilfsstoffen in Maschinen geknetet und ggf. entlüftet. Daneben hat in jüngerer Zeit die halbnasse und die trockene Aufbereitung bei der industriellen Herstellung Bedeutung gewonnen. In der Töpferwerkstatt wird zum Teil noch heute dieser Prozess in aufwändiger Handarbeit durchgeführt. Da Mahlwerke oft nicht zur Verfügung stehen, kommt dem Schlämmen große Bedeutung zu. Die Homogenisierung der Masse wurde in mühsamer Knetarbeit erreicht. Heute stehen dafür meist Maschinen zur Verfügung. Ziel ist es, eine möglichst homogene, geschmeidige und blasenfreie Arbeitsmasse zu erzeugen.
Die Formgebung
Die Formgebung erfolgt bei Grobkeramik unter anderem durch Strangpressen (zum Beispiel Rohre und Stangen) oder durch Formpressen. Feinkeramik wird (analog der historischen Entwicklung) durch folgende Verfahren geformt:
- Modellieren
- Extrudieren
- Aufbauarbeit aus einzelnen Strängen (z. B. bei Hohlgefäßen)
- Plattentechnik
- Drehen rotationssymmetrischer Hohlgefäße auf der Töpferscheibe
- Gießen dünnflüssiger Mischungen in geteilte Gipshohlformen, die das Wasser aufsaugen
- Formgebung auf motorgetriebenen Scheiben in Hohlformen mit Hilfe von Schablonen (sog. Eindrehen und Überdrehen)
- Pressen
- Spritzguss und temperaturinverser Spritzguss
- Foliengießen
- Trennende Nachbearbeitung mit Funkenerodieren, Stanzen oder Fräsen
Industriell hat die halbtrockene und die trockene Formgebung Bedeutung erlangt, weil die Trocknungszeiten sehr verkürzt werden und eine hohe Maßhaltigkeit der Produkte erreicht wird. Allerdings können Verunreinigungen wie lösliche Salze nicht abgetrennt werden, daher eignet sich dieses Verfahren nicht so gut zur Herstellung von Feinkeramik wie z. B. Porzellan.
Sonderverfahren
In der technischen Keramik werden auch folgende Sonderverfahren angewandt:
- CVD (Chemical Vapour Deposition, oder auf deutsch: chemische Gasphasenabscheidung): Bei diesem Verfahren reagieren mehrere Gase unter einem bestimmten Druck und hohen Temperaturen und scheiden auf Oberflächen den keramischen Stoff ab. So lassen sich zum Beispiel Bornitridschichten durch ein Gasgemisch aus Bortrichlorid und Ammoniak, Siliciumcarbidschichten durch ein Gemisch aus Methytrichlorsilan und Wasserstoff, Kohlenstoffschichten durch ein Gemisch aus Methan und Argon oder Propan und Argon herstellen. Wird die Schicht vom formgebenden Untergrund (zum Beispiel Grafit) getrennt, hat man das fertige keramische Bauteil.
- CVI (Chemical Vapour Infiltration, oder auf deutsch: chemische Gasphaseninfiltration). Hier ist die Form durch ein zu infiltrierendes Teil vorgegeben, zum Beispiel durch eine fixierte Gewebestruktur aus zum Beispiel Kohlefasern oder ein andere offenporige, schwammähnliche Struktur. Gasgemische und Abscheideprodukt entsprechen denen des CVD-Verfahrens. (siehe auch keramischer Faserverbundwerkstoff)
Das Trocknen
Nach der Formgebung ist der Rohling feucht durch
- mechanisch eingeschlossenes Wasser in den Hohlräumen
- physikochemisch gebundenes Wasser (Adhäsion, Kapillarwasser)
- chemisch gebundenes Wasser (Kristallwasser)
Die Trocknungsgeschwindigkeit hängt außer von dem umgebenden Klima stark von der Rezeptur der Rohmasse ab. Um die Trocknungsgeschwindigkeit zur Vermeidung von Rissen niedrig zu halten, können die Rohlinge abgedeckt werden. Industriell erfolgt das Trocknen in klimatisierten Räumen. Das unter Nr. 2, insbesondere aber das unter Nr. 3 genannte Wasser wird allerdings erst durch den Brand vertrieben.
Die drei Stadien des Trocknens
- Lederhart: Der Scherben lässt sich nicht mehr verformen, besitzt aber noch soviel Feuchtigkeit, dass man ihn dekorieren kann.
- Lufttrocken: Der Scherben gibt bei Raumtemperatur keine Feuchtigkeit mehr ab und fühlt sich kühl an.
- Brennreif: Der Scherben fühlt sich nicht mehr kühl an, sondern erweist sich als bedingt saugfähig. (Versuch: Zunge bleibt an Scherben kleben.)
Der Brennprozess
Der Brennprozess (Roh- oder Schrühbrand) überführt den getrockneten Formköper in ein hartes wasserfestes Produkt. In der technischen Keramik wird dieser Prozess auch als Sintern bezeichnet. Bei niedrigen Temperaturen (<1.000°C) werden flüchtige Bestandteile ausgetrieben (Wasser, Kohlendioxid, organische Hilfsstoffe). Dabei zersetzen sich die tonigen Bestandteile und bilden neue Minerale. In dem entstehenden „Scherben“ schließen sich Kristalle an den Korngrenzen zusammen (Kristallwachstum) und werden (falls enthalten) durch glasige Anteile verkittet. Anteil und Art (Korngrößenverteilung, Texturen etc.) der Kristall- und Glasphase sowie der Poren bestimmen die Eigenschaften des gebrannten Gutes.
Die angewandten Temperaturen reichen bis etwa 1.400 °C; bei Sonderkeramiken auch erheblich höher, hängen von der Rohmischung, also von dem zu erzeugenden Produkt ab, und müssen in vielen Fällen während des Brennprozesses variiert werden (Temperaturprofil). Überdies ist es häufig wichtig, dass der Prozess zeitweilig unter reduzierender Atmosphäre verläuft (z. B. Vermeiden von Gelbfärbung durch Eisenverunreinigungen bei weißem Geschirr oder bei Sanitärkeramik).
Man unterteilt die Ofensorten in periodische und kontinuierliche Öfen. Eingesetzt werden Kammer- und Ringöfen sowie Tunnelöfen (Herstellung von Porzellan) und Rollenöfen (für flache Erzeugnisse wie Fliesen). In Handwerksbetrieb kommen elektrische Öfen oder mit fossilen Brennstoffen befeuerte Öfen zum Einsatz. Hier ist zu unterscheiden zwischen offenen Systemen, bei denen die Brenngase (mit unterschiedlicher Flammführung) in unmittelbaren Kontakt mit der Ware treten und Muffelöfen, bei denen die Brenngase das Brenngut indirekt erhitzen.
Für die nachträgliche Ermittlung von Brenntemperturen, wie es zum Beispiel bei antiken Keramiken üblich ist, gibt es zwei methodische Ansätze. Entweder wird das angenommene Ausgangsmaterial experimentell solange kontinuierlich erhitzt, bis äquivalente Eigenschaften erzielt sind, oder es werden temperatur-indizierende Minerale (wie etwa Gehlenit), die ein begrenztes Temperatur-Stabilitätsfeld haben, genau untersucht und auf diese Weise die Brenntemperatur abgeschätzt. [1]
Glasuren
Glasuren sind dünne Glasüberzüge, die zwei wesentliche Forderungen erfüllen. Zum einen machen sie den porösen Tonkörper nahezu wasserdicht und geben ihm eine leicht zu reinigende Oberfläche. Zum anderen ermöglichen sie eine abwechslungsreiche, dekorative Gestaltung der Keramiken. Glasuren können farbig, transparent oder deckend (opak), glänzend, halbmatt oder matt sein. Sie können weich und niedrig schmelzend (max. 1.000 °C) oder hart und hoch schmelzend (Über 1.200 °C) sein. Nach ihrer chemischen Zusammensetzung kann man z. B. zwischen Borosilikat-, Feldspat-, Salz- und bleihaltigen Glasuren unterscheiden. In jedem Fall ist aber der glasbildende Hauptbestandteil SiO2, wie beim Flaschen- oder Fensterglas. Die Glasuren werden häufig (z. B. Tonwaren) erst nach dem Schrühbrand der Ware aufgebracht (Tauchen, Spritzen, Pinseln, Stempeln) und in einem erneuten Brennprozess (Glattbrand), der aber unterhalb der Brenntemperatur des Rohlings liegen muss, verglast.
Bei der traditionellen Salzglasur wird beim Brand Steinsalz in das Feuer gegeben, dessen Gase das Brenngut überstreichen. Dabei senkt das entstehende, sich niederschlagende Natriumoxid oberflächlich die Schmelztemperatur und erzeugt auf dem Scherben eine Glasur.
Orientierende Einteilung keramischer Massen
1 Irdengut
- Tonerde bzw. Kaolin und gegebenenfalls Quarz und/oder Feldspat, Kalk. Poröse, nicht durchscheinende, kristallisierte Scherben.
1.1 Baukeramik
- Nicht feuerfest. Ziegelsteine, Formsteine (1.200 - 1.350 °C), Klinker, Dränrohre (1.000 - 1.150 °C), Dachziegel
1.2 Feuerfeste Massen
- Schamottesteine für Herde, Öfen (1.300 °C). Sillimanit, Magnesit, u.a. zur Auskleidung von Industrieöfen in der Eisen- und Zementindustrie (1.500 °C)
1.3 Sonstiges Irdengut
1.3.1 Steingut
- Reinweißer bis elfenbeinfarbener, poröser Scherben mit durchsichtiger Glasur. Rohbrand 1.150 - 1.250 °C; Glasurbrand >960 °C, aber unterhalb der Rohbrandtemperatur; meist durchscheinend oder farblos.
1.3.1.1 Kalk- oder Weichsteingut
- Ton, Kaolin, Quarz, Kalk. Brenntemperatur 1.120 - 1.150 °C. Besonders für Unterglasurmalerei geeignet.
1.3.1.2 Feldspat- oder Hartsteingut
- Ton, Kaolin, Quarz, Feldspat. Brenntemperatur 1.220 - 1.250 °C. Frostsichere Wandplatten, Sanitärartikel, Geschirr.
1.3.1.3 Mischsteingut
- Ton, Kaolin, Quarz, Kalk, Feldspat. Wandplatten, Geschirr.
1.3.2 Tonwaren
- Flussmittelreiche Tone, bis 40 % Kalk
1.3.2.1 Unglasierte Tonwaren
- Gelb bis rot gebrannte wetterfeste Keramik. Terrakotta (Zugabe von Schamotte- oder Ziegelmehl); Figuren, Gebrauchs- und Ziergegenstände, Blumentöpfe.
1.3.2.2 Glasierte Tonwaren
1.3.2.2.1 Majolika
- Eine zuverlässige Differenzierung zwischen Majolika und Fayence ist nicht möglich, weil diese Bezeichnungen in der Literatur wechselweise benutzt werden. Ursprünglich: Farbiger poröser Scherben mit undurchsichtiger farbiger Glasur.
1.3.2.2.2 Fayence
- Eine zuverlässige Differenzierung zwischen Majolika und Fayence ist nicht möglich, weil diese Bezeichnungen in der Literatur wechselweise benutzt werden. Ursprünglich: Weißer, gelbgrauer oder hell-rot-braune, poröser Scherben, weiße deckende Glasur.
1.3.2.2.3 Sonstige Töpferware
- Weißer, ocker bis rotbrauner poröser Scherben mit mattem, feinkörnigem Bruch. Brenntemperatur 1.000 - 1.200 °C. Von Hand (Töpferscheibe, Gießverfahren) oder mittels Presse geformte Tonwaren. Geschirr, Gerätschaften für Haus und Garten, Zierkeramik.
2 Sinterzeug
- Tonerde bzw. Kaolin und gegebenenfalls Quarz und/oder Feldspat, Kalk. Nichtkristallisierte dichte Massen, nicht oder nur an den Kanten durchscheinend, hohe Festigkeit
2.1 Steinzeug
- Dicht, nicht durchscheinend. Scherben auch farbig, meist aber hell.
2.1.1 Grobsteinzeug (nicht weißbrennend)
- Brenntemperatur 1.100 - 1.400 °C. Häufig Lehm- oder Anflugglasur. Klinker, Fliesen, Tröge, Kanalisationsrohre, Gefäße für die chem. Industrie.
2.1.2 Feinsteinzeug (weiß- oder hellbrennend, ähnlich dem Porzellan)
- Ton, Quarz, Feldspat. Brenntemperatur 1.250 - 1.300 °C (gemeinsamer Roh- und Glasurbrand). Porzellanähnlich. Geschirr, Sanitärartikel, chemische Geräte, Mosaiken, Ziergefäße. Übergangsform zum Porzellan: Porzellangut, Halbporzellan, Vitreous China.
2.2 Porzellan
- Hartporzellan: Dichter transparenter Scherben. Kaolin, Quarzsand, Feldspat. Rohbrand 900 °C, Glasurbrand 1.400 °C. Gebrauchs- und Ziergeschirr Weichporzellan hat eine ähnliche Zusammensetzung, aber eine niedrigere Temperatur für den Glasurbrand. Bevorzugt für Zierplastiken.
3 Keramische Sondermassen
- Dazu zählen Raku, Paperclay, technische Massen für Dentalkeramik oder Zahnkeramik, hochgesinterte Oxidkeramiken als Schneidstoff für Schneid- und Schleifkörper (Aluminium-, Zirconium-, Magnesium-, Beryllium-, Thoriumoxid; frei von Siliziumdioxid). Im weiteren Sinne gehören dazu auch die Ferrite und Titanate.
3.1 Hochtemperatur-Sondermassen (auch Mischkeramik genannt)
- Hochfeuerfeste Oxidkeramik mit geringen Beigaben verschiedener Metalle. Zähigkeit der Metalle ist hier mit der Korrosionsbeständigkeit und Feuerfestigkeit der Keramik vereint. Verwendung als Turbinenschaufeln oder als Schneidwerkzeuge.
3.2 Elektrotechnische Sondermassen
- Elektroporzellan für Isolatoren, Titanoxid-Keramik für Kondensatoren, Piezokeramik für elektroakustische Wandler, Werkstoffe für Magnete, Halbleiterwiderstände.
Als Grobkeramik werden die Klassen 1.1; 1.2; 2.1.1 bezeichnet. Alle anderen zählen zur Feinkeramik: Ausgewählte Rohstoffe, sorgfältige Aufbereitung der Mischungen, aufwändigere Formgebung, z.T. von Hand.
Einzelnachweise
- ↑ [Tschegg, C., Ntaflos, Th., Hein, I., 2009. Thermally triggered two-stage reaction of carbonates and clay during ceramic firing - a case study on Bronze Age Cypriot ceramics. Applied Clay Science 43, 1, 69-78.]
Literatur
- Kleine Enzyklopädie Technik, Bibliographisches Institut, Leipzig, 1972
- Lueger Lexikon der Technik, hier Werkstoffe und Werkstoffprüfung – Grundlagen (vier Bände), Rowohlt Taschenbuch-Verlag, Reinbek, 2003, ISBN 3-499-19008-7
- P. Rada: Die Technik der Keramik, Dausien 1989, ISBN 3-7684-1868-5
- Sven Frotscher: dtv-Atlas Keramik und Porzellan, München 2003, ISBN 3-423-03258-8
- R. Schreg: Keramik aus Südwestdeutschland. Eine Hilfe zur Beschreibung, Bestimmung und Datierung archäologischer Funde vom Neolithikum bis zur Neuzeit. Lehr- und Arbeitsmaterialien zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit (Tübingen 1998. 3. Aufl. 2007)
- Brevier Technische Keramik, Fahner Verlag, Lauf a.d. Pegnitz, 4. Auflage 2003, ISBN 3-924158-77-0, Herausgeber: Verband der Keramischen Industrie e.V., Weblink siehe unten
Weblinks
- Homepage des Fachbereiches Werkstofftechnik Glas/Keramik der FH Koblenz
- Homepage der Staatlichen Fachschulen für Keramik, Höhr-Grenzhausen
- Homepage des Kompetenzzentrums für zeitgenössische Keramik der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Genf/CH
- Homepage des Verbandes der Keramischen Industrie, Informationszentrum der Fachgruppe Technische Keramik, Selb
- Homepage der Verbände der Keramischen Industrie, Selb
Siehe auch
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