Trakl

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Georg Trakl

Georg Trakl (* 3. Februar 1887 in Salzburg; † 3. November 1914 in Krakau, Galizien) war ein österreichischer Lyriker des Expressionismus mit starken Einflüssen des Symbolismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Georg Trakl wurde als fünftes von insgesamt sieben Kindern in Salzburg geboren. Die Familie gehörte dem gehobenen Bürgertum an. Der Vater besaß eine Eisenhandlung. Die Mutter, tschechischer Abstammung, hatte ein schwieriges Verhältnis zu ihren Kindern und war drogenabhängig. Nach außenhin führte sie das Leben einer normalen Bürgersfrau.

Georg Trakl verbrachte seine Kindheit und Jugendzeit in Salzburg, wo er zusammen mit seinen Geschwistern von einer französischen Gouvernante aufgezogen wurde. Die Gouvernante, Marie Boring, stand 14 Jahre lang im Dienst der Familie und spielte für die Kinder eine wichtige Rolle als Mutterersatz. Sie war strenggläubige Katholikin und brachte den Kindern die französische Sprache bei, ferner las sie mit ihnen häufig französische Literatur und Magazine. Zu dieser Zeit begann Trakls Interesse an französischer Lyrik. In seinem späteren Werk sind u. a. Einflüsse von Arthur Rimbaud und Charles Baudelaire deutlich zu erkennen.

Zu seiner viereinhalb Jahre jüngeren Schwester Margarethe, genannt Gretl, entwickelte sich eine innige Beziehung. Trakl sah in ihr ein Abbild seiner selbst. Der Lyriker nahm an vielen Stellen seiner Gedichte auf seine Schwester Bezug. In allen Biographien wird eine inzestuöse Beziehung vermutet. In Trakls Gedichten wird Margarethe Trakl als Fremdlingin und Jünglingin bezeichnet. Eine inzestuöse Beziehung wird im Gedicht "Blutschuld" angedeutet: "Es dräut die Nacht am Lager unsrer Küsse. Es flüstert wo: Wer nimmt von euch die Schuld? Noch bebend von verruchter Wollust Süße. Wir beten: Verzeih uns, Maria, in deiner Huld."

Von 1897 bis 1905 besuchte er das humanistische Staatsgymnasium in Salzburg. Er galt als schlechter Schüler (unzureichende Leistungen in Mathematik, Latein und Griechisch) und musste 1901 die 4. Gymnasialstufe wiederholen. Trakls erste literarische Versuche erfolgten um 1904, als er sich dem Salzburger Dichterzirkel „Apollo“, später umbenannt in „Minerva“, anschloss.

Nachdem er 1905 erneut das Klassenziel nicht erreicht hatte, beendete er seine Schullaufbahn ohne Matura. In diese Zeit fielen auch Trakls erste Experimente mit Drogen (Chloroform, Morphium, Opium, Veronal, Alkohol). Im September 1905 begann er ein dreijähriges Praktikum in der Salzburger Apotheke „Zum weißen Engel“. Durch diese Anstellung war es für ihn leicht, an Rauschmittel zu kommen.

1906 wurden frühe Theaterstücke Trakls (Totentag, Fata Morgana) erstmals am Salzburger Stadttheater aufgeführt. Die beiden Einakter fanden aber wenig Anklang, weshalb der Dichter sie bald darauf vernichtete. Trakl fiel damals in eine erste Schaffenskrise. 1908 wurde mit Das Morgenlied das erste Gedicht Trakls in einer Zeitschrift veröffentlicht. Im selben Jahr schloss er das Apothekerpraktikum ab und begann in Wien Pharmazie zu studieren. Es folgten weitere Veröffentlichungen, nun auch außerhalb Salzburgs.

Nach dem Tod des Vaters 1910 geriet die Familie in finanzielle Schwierigkeiten. Trakl graduierte jedoch trotzdem als Magister der Pharmazie und trat kurz danach als einjähriger Freiwilliger in den Militärdienst zu einer Sanitätsabteilung nach Wien. Zu dieser Zeit verfiel Trakl immer mehr in Depression und Drogenexzesse. Damals gelang ihm jedoch auch ein dichterischer Durchbruch in eine reifere, schwermütige Lyrik, die sein Werk ab diesem Zeitpunkt charakterisieren sollte. Nach dem Ende seines Militärjahres versuchte er als Apotheker Fuß zu fassen, was ihm jedoch nie richtig gelang, ihn 1911 aber nach Innsbruck führte. Durch seinen Jugendfreund Erhard Buschbeck lernte Trakl dort 1912 auch seinen großen Förderer Ludwig von Ficker kennen, in dessen renommierter Halbmonatszeitschrift Der Brenner seine Gedichte von nun an regelmäßig veröffentlicht wurden. Außerdem entwickelten sich Bekanntschaften zu einigen wichtigen Personen der österreichischen Literatur- und Künstlerszene, darunter Karl Kraus, Adolf Loos und Oskar Kokoschka.

Trakl litt zunehmend unter Angst und Depression. Zeitweise hatte er nahezu panische Angst vor fremden Menschen, wohl auch mitbedingt durch Alkohol- und Drogenkonsum lebte er in Zuständen zwischen Euphorie und Betäubung.

1912 bekam Georg Trakl eine Stelle als Militärmedikamentenbeamter in Wien, die er jedoch nach einigen Wochen wieder aufgab. Auf der Suche nach einer geeigneteren Stelle und Verlegern für seine Gedichte pendelte er in der Folgezeit zwischen Salzburg, Wien und Innsbruck. Nachdem 1913 sein Manuskript Gedichte vom Leipziger Kurt Wolff Verlag veröffentlicht worden war, reiste Trakl mit Kraus, Loos und Ficker nach Venedig und hielt Ende des Jahres seine erste und einzige öffentliche Lesung in Innsbruck. Trotz seiner literarischen Erfolge sprach der Dichter von einer „Kette von Krankheit und Verzweiflung“, die sein Leben heimsuche. Im März 1914 reiste Trakl zu seiner erkrankten Schwester Margarethe, die in jenen Tagen eine Fehlgeburt erlitt, nach Berlin. Dort lernte er auch Else Lasker-Schüler kennen, die seiner Schwester ebenfalls Beistand leistete. Wieder in Innsbruck arbeitete Trakl weiter an seinem zweiten Gedichtband, Sebastian im Traum, den er selbst noch auf den Weg zur Veröffentlichung brachte.

Im August 1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Trakl wurde als Militärapotheker ins Heer einberufen. Er erlebte die Schlacht bei Grodek mit. Dabei hatte er fast einhundert Schwerverwundete unter schlechten Bedingungen allein und ohne zureichendes Material zu versorgen. Zwei Tage und zwei Nächte arbeitete er in dem Lazarett, das später in der Presse als eine der „Todesgruben von Galizien“ bezeichnet wurde. Trakl hatte keine Möglichkeit, den Sterbenden zu Hilfe zu kommen, was ihn in Verzweiflung stürzte. Nach dem Zeugnis seiner Vorgesetzten waren eine halbe Stunde zuvor dreizehn Ruthenen auf Bäumen vor dem Zelt gehängt worden. Trakl erlitt daraufhin einen Nervenzusammenbruch. Im gleichnamigen Gedicht "Grodek" verarbeitete Trakl wenige Tage vor seinem Tod am 3.November 1914 seine Kriegserfahrung.

Ein Suizidversuch wurde verhindert, Trakl wurde zur Beobachtung seines Geisteszustandes in ein Krakauer Militärhospital eingewiesen. Am Abend des 3. November 1914 starb er dort nach Einnahme einer Überdosis Kokain an Herzstillstand. Ob es sich dabei um einen Unfall oder um Suizid handelte, ist ungeklärt. Der Gedichtband "Sebastian im Traum" erschien im Frühjahr 1915 postum.

Georg Trakl wurde zunächst auf dem Krakauer Rakoviczer Friedhof begraben, 1925 jedoch auf Wunsch von Ludwig von Ficker nach Mühlau bei Innsbruck überführt.

Werk

Trakl veröffentlichte schon 1908 und 1909 erste Gedichte, aber in seiner Bedeutung erkannt wurde er erst von Ludwig von Ficker, in dessen Zeitschrift Der Brenner er von 1912 bis 1915, zuletzt postum, regelmäßig veröffentlichen konnte. 1913 erschien im Kurt Wolff Verlag die Sammlung Gedichte, 1915 postum, aber noch von Trakl selbst zusammengestellt, der Gedichtzyklus Sebastian im Traum. Nur wenige andere Gedichte und Prosaarbeiten Trakls wurden zu seinen Lebzeiten veröffentlicht. Neben einer frühen Sammlung von Gedichten aus dem Jahr 1909 (sog. „Sammlung 1909“, ohne Titel), für die Trakl keinen Verleger hatte finden können und die er später verwarf, finden sich im Nachlass ein reicher Schatz von unveröffentlichten Gedichten, alternative Fassungen veröffentlichter Gedichte sowie einige wenige Dramenfragmente und Aphorismen.

Im Werk Trakls überwiegen die Stimmung und die Farben des Herbstes, dunkle Bilder des Abends und der Nacht, des Sterbens, des Todes und des Vergehens. Zwar sind die Gedichte reich an biblisch-religiösen Bezügen, und vielen eignet eine kontemplative Offenheit zur Transzendenz, doch nur selten bricht das Licht der Erlösung in das Dunkel. Die häufige Farbsymbolik diente anfangs der Beschreibung realer Dinge, später waren die Farben (meist Blau - in etwa 52 Prozent aller Gedichte, dann Rot und Braun) oft als eigenständige Metaphern verselbständigt (etwa: Schwermut blaut im Schoß der Fraun (aus: Anblick)). Als Beispiel für Trakls Lyrik siehe Der Herbst des Einsamen. In dem Gedicht Grodek verarbeitete er seine Kriegserlebnisse. Zu den berühmtesten Gedichten Trakls zählen außerdem: Verfall, An den Knaben Elis, Helian, Ein Winterabend, Im Winter.

Charakteristisch für die Form seiner Gedichte um 1910-12 ist der expressionistische Reihungsstil, den er selbst charakterisiert als „meine bildhafte Manier, die in vier Strophenzeilen vier einzelne Bildteile zu einem einzigen Eindruck zusammenschmiedet“ (Brief an Erhard Buschbeck vom Juli 1910, Dichtungen und Briefe, Band I, S. 478). Sein späteres Werk (1913-14) ist bei hoher poetischer Suggestivität der Bilder semantisch von einer großen Offenheit, was eine inhaltliche Interpretation, zu der die Texte doch gleichsam auffordern, immer wieder sehr schwierig macht. Trakls Gedichte sind in der germanistischen Forschung sehr unterschiedlich gedeutet worden. Umstritten ist, inwieweit sich Trakls Drogenkonsum auf Form und Inhalt seiner Gedichte ausgewirkt hat. Auch wenn Trakl Drogenabhängigkeit in seinen Gedichten nicht direkt thematisiert hat, zeigen einige Gedichte Anspielungen auf Sucht und Wahnvorstellungen.

Bibliographie

  • Gedichte, Leipzig (K. Wolff), 1913
  • Sebastian im Traum, Leipzig (K. Wolff), 1915 (postum)
  • Dichtungen und Briefe, historisch-kritische Ausgabe, hrsg. von Walther Killy und Hans Szklenar, 2 Bände, Salzburg (Otto Müller), 1969, 2. Auflage 1987
  • Sämtliche Werke und Briefwechsel. Innsbrucker Ausgabe, historisch-kritische Ausgabe mit Faksimiles der handschriftlichen Texte Trakls, hrsg. von Eberhard Sauermann und Hermann Zwerschina, 6 Bände und 2 Supplementbände (Reprints der Erstausgaben von 1913 und 1915), Basel/Frankfurt (Stroemfeld / Roter Stern), 1995 ff. (bisher Bände I, II, III, IV.1/2 und Reprints der Erstausgaben von 1913 und 1915 als Supplemente erschienen)
  • Das dichterische Werk, München (dtv), 1972 (dtv 6001 bzw. 12496) (Diese Taschenbuchausgabe enthält das gesamte dichterische Werk Trakls in der Textfassung und Anordnung der historisch-kritischen Ausgabe von Killy/Szklenar, zu ausgewählten Gedichten den kritischen Apparat und eine Zeittafel. Briefe hier nicht enthalten)
  • Werke, Entwürfe, Briefe, hrsg. von Hans-Georg Kemper und Frank Rainer Max, Stuttgart (Reclam), 1984, bibliographisch ergänzte Ausgabe 1995 (Universal-Bibliothek 8251) (Diese Taschenbuchausgabe beruht auf der historisch-kritischen Ausgabe von Killy/Szklenar. Sie enthält die von Trakl selbst redigierten Gedichtbände, die Veröffentlichungen in Der Brenner 1914/15 und eine Auswahl aus dem Nachlass, den Entwürfen und Briefen. Im Anhang findet sich neben dem Apparat und einigen Daten zu Leben und Werk Trakls ein Nachwort Kempers und eine Auswahl-Bibliographie.)

Sekundärliteratur

  • Emil Barth: Georg Trakl, Essay. Zum Gedächtnis seines fünfzigsten Geburtstages am 3. Februar 1937, 2001. ISBN 3-89086-737-5
  • Martin Heidegger: 'Die Sprache im Gedicht. Eine Erörterung von Georg Trakls Gedicht. In: ders.: Unterwegs zur Sprache. Pfullingen: Neske (Neuausgabe bei Klett Cotta)
  • Erinnerung an Georg Trakl. Salzburg: Otto Müller
  • Annemarie Schwarzenbach: Georg Trakl [1931]. In: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv 23/2004, S. 47-81
  • Otto Basil: Trakl, Rowohlt-Verlag, ISBN 3-499-50106-6
  • Alfred Doppler: Die Lyrik Georg Trakls, Wien u. a. 1992
  • H. Esselborn: Georg Trakl. Die Krise der Erlebnislyrik. Böhlau Verlag KG, Köln 1981.
  • Helmut Schinagl: Die dunklen Flöten des Herbstes. Der Lebensroman des Dichters Georg Trakl, Graz 1971
  • Hans Weichselbaum: Georg Trakl. Eine Biographie mit Bildern, Texten und Dokumenten. Salzburg 1994, ISBN 3-7013-0889-6
  • Franz Kain: In Grodek kam der Abendstern, Bibliothek der Provinz, Weitra 1996, ISBN 3-85252-058-4
  • Hartmut Cellbrot: Trakls dichterisches Feld, Rombach Verlag Freiburg i. Br. 2003, ISBN 3-7930-9353-0
  • Francesco Gagliardi: L'azzurro dell'anima, Morlacchi Editore, Perugia, 2007

Siehe auch

Weblinks


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