- Transientenschutz
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Unter Überspannungsschutz wird der Schutz elektrischer und elektronischer Geräte vor zu hohen elektrischen Spannungen verstanden. Die Überspannungen werden durch den Blitz als Naturereignis oder durch kapazitive und induktive Einkopplungen anderer elektrischer Systeme hervorgerufen.
Eine weitere Ursache ist ESD (Elektrostatische Entladung) aufgrund der Handhabung.
Der Blitz-Überspannungsschutz ist Teil der DIN-Blitzschutznorm VDE 0185. Diese Norm ist im Jahr 2002 überarbeitet worden und in 4 Teilen neu herausgegeben. Der Teil 4 beschäftigt sich ausschließlich mit dem Überspannungsschutz.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen für Überspannungen
Eine der Hauptursachen für kritische Überspannungen sind Blitzeinschläge in Energie- und Signalleitungen und in deren Nähe. Durch kapazitive und induktive Wirkungen der Blitze (LEMP von engl. lightning electromagnetic pulse) werden in Leiterschleifen in der Umgebung von ca. 200 Metern unzulässige Spannungen induziert. Bis ca. 2 km können durch ohmsche Effekte (Erdwiderstand) noch gefährlich hohe Potentialdifferenzen auftreten.
Auch durch Schaltvorgänge im Mittel- oder Niederspannungsnetz im Haus können Überspannungen (SEMP von engl. switching electromagnetic pulse) auftreten. So treten in Leitungen neben Leuchtstofflampen mit konventionellem Vorschaltgerät (Drossel) oder beim Abschalten von Motoren Schaltüberspannungen bis mehrere Kilovolt auf.
Eine seltene Ursache extrem energiereicher Überspannungen kann auch der nukleare Elektromagnetische Puls (NEMP von engl. nuclear electromagnetic pulse) sein.
Energiearme, aber sehr steile Überspanungsimpulse entstehen durch elektrostatische Entladungen – sie gefährden insbesondere empfindliche elektronische Bauelemente und Baugruppen und werden durch unsachgemäße Handhabung und Transport verursacht.
Gegenmaßnahmen
Blitzschutz
Besonders wichtige oder gefährdete Gebäude werden mit Blitzschutzsystemen ausgerüstet. Dazu gehört der äußere Blitzschutz mit seinen Fangleitungen, Ableitern und Erdern sowie der innere Blitzschutz. Der innere Blitzschutz umfasst alle Maßnahmen gegen die Auswirkungen des Blitzstroms. Dazu gehören hauptsächlich der Potentialausgleich und der Überspannungsschutz.
In der VDE-Blitzschutznorm ist festgelegt, dass ein äußerer Blitzschutz mit der Erdung und dem Potentialausgleich des Gebäudes verbunden werden muss. Im Falle eines Einschlags wird das Erdpotential gegenüber den Außenleitern (im TNC- und TT-Netz) stark angehoben oder abgesenkt, was Isolationsschäden und Brände zur Folge haben kann. Daher muss in jedem Gebäude mit äußerem Blitzschutz unbedingt auch der innere Blitzschutz konsequent ausgeführt werden, um die Potentialunterschiede auszugleichen, die beim Einschlag in Erdreich oder Energieversorgungsleitung (z.B. Dachständer) entstehen.
Blitz- und Überspannungsschutz ist nur dann voll wirksam, wenn alle Zugänge zum System abgesichert werden. Das umfasst in Gebäuden die Netzeinspeisung, die Datenkabel (Kabelfernsehen, Telefon), metallene Gebäudeteile und Rohrleitungssysteme.
Geräteschutz
In Geräten sind die Netzstromversorgung und Datenleitungs-Verbindungen (LAN, Antennenkabel, Modemverbindungen) gegen Überspannungen geschützt.
Da einige Netzwerk-Geräte schon sehr preiswert zu bekommen sind, macht es nicht in jedem Fall Sinn, diese Bereiche mit Überspannungsschutz auszurüsten. Außerdem bietet die transformatorische Potentialtrennung[1] bei LAN und Ethernet einen gewissen Schutz. Glasfasernetze sind nicht gefährdet. WLAN ist nur bei exponierten Antennen gefährdet.
Die Entscheidung, welche Anlagen/Systeme geschützt werden sollten, basiert auf folgenden Schwerpunkten:
- Anlagenteile, die prinzipiell besonders gefährdet sind, sollten geschützt werden. So sind Außenantennen, lange Datenleitungen und Leitungen in der Nähe von Einrichtungen der Energieübertragung besonders gefährdet.
- Systeme die besonders teuer in der Anschaffung sind, sollten gut gegen Überspannung gesichert werden. Das können Computer, Spezialanfertigungen oder auch Hochleistungs-Netzwerkrouter sein.
- Gefährdung für Gebäude oder Personen: Ist ein erhöhtes Verletzungsrisiko im Fall von Überspannung gegeben, werden zusätzliche Maßnahmen zum Blitzstrom-Potentialausgleich und zur Überspannungsvermeidung getroffen. Dies wird auch insbesondere in öffentlichen Gebäuden über Normen/Auflagen gesetzlich geregelt. Beispiele sind die Medizintechnik und die Elektronik von Fahrstühlen und Kranen.
Einteilung
Einen Überspannungsschutz kann man folgendermaßen unterteilen:
- Schutz von Signalleitungen
- Schutz der Netzzuleitungen auf Niederspannungsniveau (<1000 V)
- Schutz von Verteilungsnetzen auf Mittel- und Hochspannungsniveau, insbesondere von Freileitungen und deren Anschlussstellen
Je nachdem, wie hoch der Schutz angestrebt wird und wie stark die Überspannungsereignisse zu erwarten sind, werden gestaffelte Überspannungsschutzeinrichtungen angewendet, die als Grob-, Mittel- und Feinschutz bezeichnet werden. Sie unterscheiden sich durch ihr Ableitvermögen (Energie-Absorptionsvermögen, Maximalstrom), das Abschaltverhalten (vorgeschaltete Sicherung löst aus oder nicht) und den Schutzpegel (maximal verbleibende Überspannung beim Ansprechen).
Klein- und Signalspannung
Kleinspannungen werden häufig mit einer Suppressordiode (ähnlich einer Zener-Diode) geschützt. Auch Varistoren werden mittlerweile auch für kleine Spannungen gefertigt. Beide Elemente zeichnen sich dadurch aus, dass sie nach dem Überspannungsereignis selbsttätig wieder sperren - das interne Netz wird dadurch nicht gestört.
Die folgende Grafik zeigt die prinzipielle Funktion der Überspannungsbegrenzung mit einer Suppressordiode:
In Kleinspannungs-Stromversorgungen wird gegen interne, zu Überspannung führende Defekte oft eine so genannte Klemmschaltung (Thyristoren) verwendet, welche ab einer bestimmten Überspannung durch aktiven Kurzschluss der Versorgung die Sicherung in der Zuleitung auslöst.
Eine weitere Möglichkeit sind Schutzdioden, mit denen man auch Signaleingänge von Integrierten Schaltungen schützt (Feinschutz).
In Telefonnetzen werden häufig Gasableiter und Vierschichtdioden eingesetzt (Mittelschutz).
Antennenkabel werden häufig mit Funkenstrecken (Grobschutz) und Gasableitern geschützt.
Netzspannung
Netzzuleitungen werden in Geräten oder vorgeschalteten Zwischensteckern oft mit Varistoren geschützt. Sind Gasableiter verbaut, löst in jedem Fall die vorgeschaltete Sicherung aus, da die Bogenentladung auch bei Nennspannung weiterbrennt.
In Hauseinlässen werden ebenfalls Varistoren oder auch Funkenstrecken verwendet. Diese Schutzeinrichtungen (siehe Bild oben) verfügen über wesentlich höheres Ableitvermögen als Geräteschutzmaßnahmen.
Mittel- und Hochspannung
Zum Schutz der Isolatoren von Freileitungen werden Funkenstrecken verwendet. Zum Schutz von an Freileitungen angeschlossenen Transformatoren werden Varistoren verwendet. Diese kann man für beliebig hohe Spannungen herstellen. Sie bestehen aus einem Stapel von Scheiben aus Metalloxidkeramik (zum Beispiel Zinkoxid).
Grob-, Mittel- und Feinschutz
Ein komplettes Überspannungsschutzkonzept berücksichtigt alle externen und internen elektrisch leitenden Verbindungen und ist oft in drei Stufen aufgebaut, die sich bei Gebäudeschutz im Wesentlichen an den Bemessungsstoßspannungen für die Überspannungskategorien gemäß DIN VDE 0110/IEC Publikation 664 orientieren:
- Klasse A fällt in den Bereich des Energieversorgers.
- Grobschutz
- (Typ 1, früher Klasse B.) Der Grobschutz in der Gebäudeeinspeisung soll den Energieinhalt des Blitzes ableiten und die verbleibende Restspannung auf Werte kleiner als 1300 bis 6000 V (je nach verwendeter Technologie) begrenzen. Es wird mit Strömen von 50/100 kA mit einer Impulsform 10/350 µs gerechnet, was den typischen Werten eines direkten Blitzeinschlages entspricht. Vor wenigen Jahren galten 3000 V als guter Wert für Grobschutzableiter. Durch neue Technologien konnte der Schutzpegel auf 1300 V bei koordinierten (kombinierten) Ableitern gesenkt werden.
- Mittelschutz
- (Typ 2, früher Klasse C.) Der Mittelschutz befindet sich bei Gebäuden üblicherweise in den Etagenverteilern und begrenzt die verbleibenden Überspannungen auf weniger als 600 bis 2000 V und ist darauf angewiesen, dass die von ihm abzufangenden Überspannungen 4000 V nicht überschreiten.
- Feinschutz
- (Typ 3, früher Klasse D.) Ein Feinschutz schützt die jeweiligen Steckdosen und die Steckverbindungen aller anderen Leitungen. Er reduziert die verbleibenden Überspannungen auf das von den angeschlossenen Geräten, Baugruppen oder Bauteilen verkraftbare Maß. Die Hersteller elektrischer und elektronischer Geräte sind in den meisten Ländern verpflichtet, ihre Geräte mit einem für den sicheren Betrieb erforderlichen Feinschutz auszustatten (CE-Zeichen deutet darauf hin). In Deutschland ist dies durch das Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten (EMVG) geregelt. Dennoch gibt es signifikante Unterschiede; ein ab Werk eingebauter Feinschutz muss sich nicht automatisch auf dem gleichen Qualitätsniveau befinden wie ein guter externer Feinschutz. Insbesondere Überspannungsschutzadapter (Zwischenstecker) und Überspannungsschutz-Steckdosenleisten besitzen oft keine Sicherheit, die bei Überhitzung der Varistoren oder deren Zerstörung diese vom Netz trennen, was im Extremfall zu Bränden führen kann. Diese Schutzgeräte leiten ohnehin Überspannungen nur gegen den parallel verlaufenden Schutzleiter ab, was meistens nicht ausreicht.
Die Schutzwirkung jeder Stufe baut auf der vorherigen auf. Das bedeutet die vorherige Stufe reduziert den Energieinhalt der Überspannung um eine thermische Überlastung des nachfolgenden Schutzmoduls zu vermeiden (energetisch koordinierter Überspannungsschutz). Der Verzicht auf eine Stufe kann den Überspannungsschutz nahezu unwirksam machen, dies gilt ebenfalls für lange Leitungslängen zur Ableitung der Energie oder falsche Positionierung und Auswahl der Produkte. Das Herz jedes Überspannungsschutzes ist der Mittelschutz. Er ist die wichtigste Komponente und muss je nach Bedarf durch Feinschutzableiter (für empfindliche / elektronische Geräte) und Grobschutz (bei vorhandenem äußeren Blitzschutz, bei Netz-Einspeisung über Dachständer, bei weitläufigen Außenanlagen und anderen Faktoren) ergänzt werden. Oftmals sind mehrere Mittelschutz- und Grobschutzeinheiten nötig: wieder nach außen führende Leitungen (Wegbeleuchtung, Swimming Pool usw.) müssen in der Regel ebenso gesichert werden wie die Netzeinspeisung, jedoch umgekehrt: Zunächst kommt der Mittelschutz, dann der Grobschutz, da der Störstrom aus der anderen Richtung eingeleitet wird. Ableitungen von B- oder C-Ableitern dürfen nicht durch herkömmliche FI-Schutzschalter (und auch LS, je nach Ableiter und LS-Typ) geführt werden, da die hohen Ableitströme den FI bzw. den Leitungsschutzschalter bei einer Auslösung zerstören würden.
Quellen
- http://www.bsi.bund.de/gshb/deutsch/m/m01025.html Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
Weblinks
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