Treiman

Treiman

Sam Bard Treiman (* 27. Mai 1925 in Chicago; † 30. November 1999 in New York City) war ein US-amerikanischer theoretischer Physiker.

Treiman wuchs als Sohn jüdischer Einwanderer aus Litauen und Russland in Chicago auf. Er studierte ab 1942 Chemieingenieurwesen an der Northwestern University und, unterbrochen vom Wehrdienst im Zweiten Weltkrieg, in dem er Radaranlagen im Pazifik reparierte, Physik an der University of Chicago (damals eine berühmte Schule von Elementarteilchenphysikern unter Leitung Enrico Fermis), wo er 1952 bei John Simpson promoviert wurde. Danach war er Instructor an der Princeton University, 1958 Associate Professor und 1963 Professor. Ab 1977 war er dort Eugene V. Higgins Professor für Physik. 1981 bis 1987 war er Leiter der Physik-Fakultät in Princeton. 1998 emeritierte er. 1999 starb er an Leukämie.

Treiman beschäftigte sich vor allem mit Elementarteilchenphysik, wobei er nahe an den Experimenten blieb und neue experimentelle Überprüfungen vorschlug. Er begann mit der Untersuchung von Elementarteilchen in kosmischer Strahlung, u.a. von Zerfällen von K-Mesonen über die schwache Wechselwirkung. Nach der Entdeckung der Paritätsverletzung in der schwachen Wechselwirkung 1957 analysierte er mit John David Jackson und Wyld den Betazerfall unter diesem Aspekt neu[1] und schlug Experimente zum Auffinden einer möglichen Verletzung der Zeitumkehrinvarianz vor. Nach ihm und Marvin Goldberger ist die Goldberger-Treiman-Relation [2]benannt, die die Zerfallsrate des geladenen Pions\,f_{\pi} in der schwachen Wechselwirkung in Elektron bzw. Muon und entsprechendes Neutrino mit der Masse des Pions \,m_{\pi}, der schwachen axialen Kopplungskonstante \,g_A (gemessen im Betazerfall) und der Pion-Nukleon-Kopplungskonstante der starken Wechselwirkung g in Beziehung setzt: \, g  f_{\pi} = m_{\pi} g_A (experimentell etwa mit 10 % Genauigkeit erfüllt). Dies führte zur PCAC (Partially conserved axial vector current) Hypothese der näherungsweisen chiralen Symmetrie in der starken Wechselwirkung, die in den 1960er Jahren im Rahmen der „Stromalgebra“ zu vielen Vorhersagen führte, wie die Callan-Treiman-Relationen 1966 im K-Mesonen Zerfall durch Curtis Callan und Treiman selbst[3] oder die Adler-Weisberger-Relationen (durch Treimans Schüler Stephen Adler). Mit David Gross untersuchte er 1971 das (zuvor bei tiefinelastischer Streuung beobachtete) Scaling-Verhalten in Theorien mit Austausch von Gluonen als Vektormesonen[4], ein Vorläufer der späteren genaueren Analyse in der Quantenchromodynamik. 1972 schlug er mit Abraham Pais einen Test für das Vorhandensein neutrale Ströme in der elektroschwachen Theorie vor.[5] Er schrieb auch mit Frank Wilczek, Toussaint und Anthony Zee eine frühe Arbeit über eine mögliche Erklärung der Baryonenasymmetrie im Universum aus der beobachteten CP-Verletzung.[6]

Treiman war Mitglied der National Academy of Sciences. 1995 erhielt er die Oersted Medal für seine Leistungen in der Lehre. Zu seinen Doktoranden zählten Steven Weinberg, Curtis Callan, Stephen Adler, Glennys Farrar, Kazuo Fujikawa, Jonathan Rosner, Nicola Khuri, Y. S. Kim.

Er war Berater der US-Regierung (z.B. in Plasmaphysik, Physikunterricht und strategischer Planung) und Mitglied der JASON Defense Advisory Group. Ab 1970 baute er die Theoriegruppe am neu gegründeten Fermilab auf.

Er war seit 1952 mit der Psychologin Joan Little (einer Schülerin von Bruno Bettelheim) verheiratet und hatte drei Kinder.

Schriften

  • The Odd Quantum. Princeton University Press 1999
  • A Life in Particle Physics. In: Annual Review Nuclear Particle Physics. Band 46, 1996, S. 1 (Autobiographie)

Weblinks

Verweise

  1. Jackson, Treiman und Wyld: Possible tests of time reversal invariance in beta decay. In: Physical Review. Band 106, 1958, S. 417
  2. Goldberger und Treiman: Decay of the Pi Meson. In: Physical Review. Band 110, 1958, S. 1178
  3. Callan und Treiman: Equal time commutators in K-Meson decay. In: Physical Review Letters. Band 16, 1966, S. 153
  4. Gross und Treiman: Light cone structure of current commutators in quark-gluon model. In: Physical Review D. Band 4, 1971, S. 1059
  5. Pais und Treiman: Neutral current effects in a class of gauge field theories. In: Physical Review D. Band 6, 1972, S. 2600
  6. Treiman, Toussaint, Wilczek und Zee: Matter-Antimatter Accounting, Thermodynamics and Black Hole Radiation. In: Physical Review D. Band 19, 1979, S. 1036

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Treiman scale — Treiman scale, Treiman score See occupational prestige …   Dictionary of sociology

  • Sam Treiman — death place = New York, USA residence = United States citizenship = nationality = American ethnicity = Russian Lithuanian fields = Physicist workplaces = Princeton University alma mater = Northwestern UniversityUniversity of Chicago doctoral… …   Wikipedia

  • Sam Treiman — Sam Bard Treiman (* 27. Mai 1925 in Chicago; † 30. November 1999 in New York City) war ein US amerikanischer theoretischer Physiker. Treiman wuchs als Sohn jüdischer Einwanderer aus Litauen und Russland in Chicago auf. Er studierte ab 1942… …   Deutsch Wikipedia

  • Marvin Goldberger — Marvin Leonard Goldberger (* 22. Oktober 1922 in Chicago) ist ein US amerikanischer theoretischer Physiker. Leben und Werk Goldberger studierte an der Universität Chicago, wo er 1949 bei Enrico Fermi über die Streuung von Neutronen hoher Energie… …   Deutsch Wikipedia

  • Marvin Leonard Goldberger — Marvin „Murph“ Leonard Goldberger (* 22. Oktober 1922 in Chicago) ist ein US amerikanischer theoretischer Physiker. Leben und Werk Goldberger studierte am Carnegie Institute of Technology (Bachelor Abschluss 1943) und an der Universität Chicago,… …   Deutsch Wikipedia

  • Martian meteorite — EETA79001, shergottite A martian meteorite is a rock that formed on the planet Mars, was ejected from Mars by the impact of an asteroid or comet, and landed on the Earth. Of over 53000 meteorites that have been found on Earth, 99 are martian (as… …   Wikipedia

  • Mars meteorite — A Mars meteorite is a meteorite that has landed on Earth and originated from Mars. This could have been the result of an impact of a celestial body on Mars, sending material from Mars into space. Of the many thousand meteorites that have been… …   Wikipedia

  • QCD vacuum — The QCD vacuum is the vacuum state of quantum chromodynamics (QCD). It is an example of a non perturbative vacuum state, characterized by many non vanishing condensates such as the gluon condensate or the quark condensate. These condensates… …   Wikipedia

  • Soziale Herkunft — ist das sozialkulturelle Erbe von Ressourcen und Wertesystemen der sozialen Schicht oder Klasse, in die man geboren wurde. Nach Pierre Bourdieu bestimmt die soziale Herkunft in der Kindheit die Verinnerlichung der dem Milieu eigentümlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Météorite martienne — EETA79001 Une météorite martienne est une météorite retrouvée sur la Terre dont l origine est la planète Mars. Ces météorites peuvent résulter notamment par la chute sur la Terre d un résidu d impact cosmique entre Mars et un autre corps céleste …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”