Tribock

Tribock
Blide mit beweglichem Gegengewicht im Château des Baux, Frankreich (Rekonstruktion)

Das englisch Trebuchet, französisch Trébuchet, deutsch Tribock, Tribok (vom lat. Trabatium) oder Blide (<griech. palida: schleudern) genannte Gerät war die größte und präziseste Wurfwaffe unter den mittelalterlichen Belagerungsmaschinen.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Skizze der Funktionsweise
Die Blide (Rekonstruktion) auf Schloss Veldenz schleudert einen Kürbis.

Eine Blide funktioniert nach dem Hebelarmprinzip, bei dem ein Gegengewicht auf der kurzen Armseite für die notwendige Beschleunigung der langen Armseite sorgt. Zusätzlich ist am Ende der langen Armseite eine Schlinge angebracht, in der sich das Geschoss befindet. Die Rotation des Wurfarmes und der Schlinge sorgen für eine starke Beschleunigung des Geschosses, worin sich auch die enorme Reichweite der Bliden begründet. (Das Verhältnis kurzer zu langer Armseite liegt etwa bei 1:4 bis 1:6.)

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen „starrem“ und „beweglichem“ Gegengewicht. Ein starres Gewicht ist fest mit dem kurzen Armende verbunden und rotiert somit beim Abwurf um die Drehachse. Ein bewegliches Gegengewicht hängt (in einer Kiste o. ä.) am kurzen Armende. Das Gegengewicht folgt der kreisförmigen Bewegung des kurzen Armendes aufgrund der Massenträgheit nur teilweise. Relativ zum kurzen Armende schwenkt das bewegliche Gegengewicht zunächst nach innen und im weiteren Verlauf nach außen. Die Masse von Gegengewichten militärisch genutzter Bliden wird nach wissenschaftlichen Rekonstruktionsversuchen auf bis zu 12 Tonnen geschätzt; Wurfarme von 18 bis 20 m Länge führten zu hohen Reichweiten.

Die mittlerweile zahlreichen Rekonstruktionen[1][2][3] veranschaulichen die hohe Effektivität, jedoch muss man bedenken, dass nahezu keine historischen Pläne existieren. Alle Rekonstruktionen sind in Anlehnung an historische Abbildungen unter Zuhilfenahme neuzeitlicher Berechnungen entstanden. Die Blide am Warwick Castle mit einem Gesamtgewicht von 22 Tonnen und einer Höhe von 18 Metern wirft 15 kg schwere Steine 300 Meter weit.

Militärischer Einsatz

Munition

Die Maschine bestand fast vollständig aus Holz und war zerlegt auf Fuhrwerken transportabel. Auch der Neubau aus behauenen Baumstämmen vor Ort war mit einer Mannschaft von ca. einem Dutzend Holzfällern und Zimmerleuten in 2-3 Tagen möglich. Einige Bliden waren mit Rädern ausgestattet, um das Justieren und Zielen zu erleichtern. Die Vorstellung von mobilen Bliden, die auf Rädern von Ort zu Ort manövriert wurden, ist falsch.

Für den Einsatz einer Blide war ein ebener und fester Untergrund notwendig. Die Wurfweite wurde durch Verändern der Schlingenlänge und/oder des Gegengewichtes justiert. Durch den langen Wurfarm konnte man Steine bis zu 450 Meter weit schleudern[4]. Für damalige Verhältnisse stellte das die größte Reichweite aller Wurf- und Schußwaffen dar. (Langbogen erreichten gezielt etwa 200 m).

Die Flugbahn des Geschosses einer Blide ließ sich durch unterschiedliche Einstellung des Abwurfwinkels vorwählen. Für maximale Reichweite wählte man einen hohen Bogenwurf, für den größtmöglichen Schaden an Mauern eine flachere Flugbahn. So konnte auf Wehrgänge, Zinnen und Dächer einer belagerten Burg gezielt werden oder auf die Burgmauern. Historische Berichte, dass innerhalb von wenigen Tagen die Wehrhaftigkeit einer Feste durch den zeitgleichen Einsatz mehrerer solcher Waffen entscheidend beeinträchtigt wurde, sind glaubwürdig. Das Spannen und Laden einer Blide mit 15 Tonnen Gegengewicht dauert mit vier Personen in der praktischen Rekonstruktion nur eine halbe Stunde. [5]

Es wurden anstelle von Steinkugeln auch andere Gegenstände wie z. B. Kadaver oder Pestleichen in die feindlichen Festungen geschleudert, um den Gegner einzuschüchtern, Nahrungsvorräte belagerter Städte zu verunreinigen oder Krankheiten auf die belagerten Menschen zu übertragen.

Im Mittelmeerraum gab es diese Waffe (längs eingebaut) auch auf Schiffen, wobei das Gegengewicht durch eine Öffnung im Deck bis fast zum Kiel herunter schwang.

Historisches

Trébuchet/Blide aus dem 12.Jh. (Rekonstruktion)

In Mitteleuropa tritt die Blide ab etwa 1200 auf, wahrscheinlich handelt es sich um eine byzantinische Entwicklung, die von Kreuzfahrern und Arabern übernommen wurde. Vorgänger war die in Mitteleuropa bereits seit dem 10. Jahrhundert nachweisbare Zugblide, bei der bis zu 50 Mann mit Seilen den kurzen Hebelarm ruckartig nach unten zogen. Aufgrund der geringeren Zugkraft von Menschen gegenüber einem wahrscheinlich bis zu über 15 Tonnen schweren Gegengewicht bei der Blide konnte die Zugblide nur Geschosse deutlich geringeren Gewichts verschießen. Außerdem war sie weniger präzise, da die Zugleistung der Mannschaft von Wurf zu Wurf variierte.

Bau und Bedienung einer Blide setzte großes Fachwissen voraus. Der „Blidenmeister“ war ein gut ausgebildeter Spezialist. Der spätgotische deutsche Maler Hans Pleydenwurff führt seinen Namen sicherlich auf einen solchermaßen spezialisierten Vorfahren zurück.

In Wolfram von Eschenbachs Willehalm (um 1200) wird ein „drîbock“ (111,9) im Zusammenhang mit anderen Belagerungsmaschinen erwähnt – dies ist der früheste Beleg für diese Maschine. Nach Auskunft der "Marbacher Annalen" wurde sie zum ersten Mal von Kaiser Otto IV. bei der Belagerung der Stadt und Burg Weißensee in Thüringen im Jahr 1212 eingesetzt.

Literatur

  • Paul E. Chevedden: The Invention of the Counterweight Trebuchet. A Study in Cultural Diffusion. In: Dumbarton Oaks Papers 54 (2000), S. 71-116
  • Mark Feuerle: Blide – Mange – Trebuchet. Technik, Entwicklung und Wirkung des Wurfgeschützes im Mittelalter. Eine Studie zur mittelalterlichen Innovationsgeschichte, Verlag für Geschichte der Naturwissenschaft und der Technik, Stuttgart/Berlin: GNT-Verlag, 2005, ISBN 978-3-928186-78-0.
  • Mark Feuerle: Das Hebelwurfgeschütz. Eine technische Innovation des Mittelalters, in: Technikgeschichte (TG), Bd. 69 (2002), S. 1-39
  • Peter V. Hansen: Experimental reconstruction of a medieval trebuchet, in: Acta archaeologica, Munksgaard, Kopenhagen 63 (1992), S. 189-208
  • Bernhard Rathgen: Das Geschütz im Mittelalter, VDI-Verlag, Düsseldorf 1987, ISBN 3-18-400721-9 (Repr. d. Ausg. Berlin 1928; Zum Trebuchet und anderen Fernwaffen vor Erfindung des Schießpulvers ab S. 578; in den Schlussfolgerungen nicht unbedingt mehr aktuell, aber eine einzigartige Quellensammlung)
  • Spektrum der Wissenschaft 09/1995: Das Trebuchet – die mächtigste Waffe des Mittelalters

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.erlebtes-mittelalter.de/waffen/belagerung/trebuchet-nachbau.html
  2. http://www.stallhof.de/Kontor/Bauten/Katapult_und_Blide/body_katapult_und_blide.html
  3. http://stadt.cityreview.de/niedersachsen/beckdorf/bilder/25iz2c
  4. http://www.stallhof.de/Kontor/Bauten/Katapult_und_Blide/body_katapult_und_blide.html
  5. http://members.iinet.net.au/~rmine/middel3.html

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